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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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Edeka und Rewe teilen sich Kaiser’s Tengelmann: Nichts zu feiern

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Am Donnerstag hat das Bundeskartellamt den Verkauf von bundesweit 67 Kaiser’s-Tengelmann-Filialen durch den künftigen Eigentümer Edeka an Rewe genehmigt. Damit steht endgültig fest: Die Ministererlaubnis von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wird umgesetzt, Edeka erkauft sich die Übernahme durch die Abgabe besagter Märkte an seinen schärfsten Konkurrenten. Der hat dafür seine Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf zurückgezogen.

Edeka und Rewe feiern die Einigung. Tengelmann-Chef Karl Erivan Haub sagt: „Das ist eine gute Nachricht.“ Die Mitarbeiter, deren Jobs Haub aufs Spiel gesetzt hat, um Edeka als Partner für die Übernahme durchzusetzen, schließen sich an.

Alle anderen, die immer noch glauben, damit sei dem „Gemeinwohl“ geholfen, sollten jedoch so langsam mal von ihrem Mondurlaub zurückkommen.

Zum 1. Januar 2017 – 27 Monate nach dem Vertragsschluss – übernimmt Edeka die Supermarktkette mit Filialen in Berlin, Rhein-Ruhr und München zunächst komplett (u.a. inklusive dem Lebensmittel-Lieferdienst Bringmeister und den Birkenhof-Fleischwerken) und verkauft dann die vereinbarten Läden an Rewe. Für zwei der fünf größten Lebensmittelhändler des Landes ist das ein guter Deal. Edeka kriegt noch Zugriff auf 80 Prozent des bestehenden Filialnetzes von Kaiser’s Tengelmann, Rewe immerhin die Hälfte der Märkte in Berlin und Umland (63 von 118).

Praktische Mini-Monopole

Das Kartellamt wertet diese Lösung unbegeistert als „relative Wettbewerbsverbesserung“, aber eben nur im Vergleich mit dem ursprünglichen Szenario, in dem Edeka sämtliche Läden übernommen hätte. Das Amt glaubt auch, dass die Abgabe an Rewe „zu keiner Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen führt, sondern sogar zu strukturellen Verbesserungen“.

kaisersberlin01Zumindest die Berliner dürften das beim Einkaufen künftig grundlegend anders wahrnehmen. Auf einer Karte hat der „Tagesspiegel“ verzeichnet, wie sich Edeka und Rewe die Berliner Filialen aufteilen. (Quelle dafür sind Rewe-Angaben, Edeka will die Informationen – vermutlich aus Gemeinwohl-Interesse – nicht bestätigen.)

In Schöneberg fallen sämtliche Kaiser’s-Filialen an Edeka. Im nördlichen Prenzlauer Berg kriegt Rewe nach zahleichen Neueröffnungen und Umbauten in den vergangenen Monaten fast alle Kaiser’s-Filialen obendrauf. Interessant ist die Aufteilung vor allem an Standorten, wo Kaiser’s bislang in Konkurrenz zu Discountern der beiden großen Handelsketten stand: In den Einkaufszentren Wilmersdorfer Arcaden und Schönhauser Allee Arcaden zum Beispiel, wo Edeka bereits mit seiner Discount-Tochter Netto (ohne Hund) vertreten ist und sich nun zugleich die bisherigen Kaiser’s-Filialen gesichert hat. Rewe lässt sich dort nieder, wo nebendran bereits die Discount-Tochter Penny grüßt. Und schafft sich an der Friedrichstraße durch die Kaiser’s-Übernahme einen lästigen Konkurrenten seines Untergeschoss-Markts im Einkaufszentrum The Q aus dem Weg.

Damit scheint genau das zu passieren, was das Bundeskartellamt eigentlich verhindern wollte: In vielen Kiezen können Anwohner in der direkten Nachbarschaft kaum noch anders, als bei einer der beiden großen Supermarktketten (oder deren Discount-Töchter) einzukaufen.

Edeka und Rewe haben sich die Hauptstadt in praktische Mini-Monopole aufgeteilt, gegen die sich nun vor allem Lidl, Aldi und die zunehmend expandierenden Bio-Ketten (denn’s, Bio Compnay, Alnatura) stemmen.

Die einen haben Jobs, die anderen Pech

Möglich gemacht hat das der Wirtschaftsminister mit seiner Klientelpolitik für Verdi-Mitglieder; Sigmar Gabriel hat das Kunststück fertig gebracht, in seiner Ministererlaubnis das kurzfristige „Gemeinwohl“ einiger weniger über das langfristige Gemeinwohl vieler zu stellen. Zu denen gehören nicht nur die Kunden, für die eine weitere Konzentration in der Branche spürbare Folgen haben wird. Sondern auch alle Mitarbeiter im Lebensmittelhandel, die nicht das Glück haben, mit einer (vorübergehenden) Jobgarantie beschenkt worden zu sein.

Thomas Gutberlet, Geschäftsführer der zur Schweizer Migros gehörenden Supermarktkette Tegut, hat Gabriels Entschluss im Interview mit dem „Handelsblatt“ als „mittelstandsfeindlich“ bezeichnet (Paywall):

„Sie benachteiligt kleinere Händler und verschärft die Konzentration im Lebensmittelhandel. Minister Gabriel hat das Argument des Gemeinwohls einseitig zugunsten der großen Wettbewerber ausgelegt. (…) Der Markt hätte die bessere Lösung hervorgebracht als der politische Eingriff des Ministers.“

Vor allem die Standorte in Berlin und München wären auch für mittelgroße Supermarktketten interessant gewesen. Für die wird es zunehmend schwerer, sich gegen die Großen zu behaupten, die – politisch abgesegnet und gegen alle Widerstände von Experten – weiter Marktanteile gewinnen können und immer stärker dominieren.

Es ist gut, dass der Kampf um Kaiser’s Tengelmann, nachdem die Taktiererei der Beteiligten zwischenzeitlich absurde Züge angenommen hatte, vorbei ist. Das ist aber tatsächlich das einzige, was es jetzt zu feiern gibt.


Alle Blogtexte zur Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka.

Foto: Supermarktblog; Screenshot: kaisers.de


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