Gerade einmal drei Monate hat’s gedauert, bis in den von Rewe übernommenen Kaiser’s-Märkten in Berlin die Kaffeekannen eingemottet waren. An den 60 Läden steht inzwischen gut sichtbar der neue Betreiber dran, der sich schon deshalb nicht so viel Zeit mit der Umbenennung lassen konnte, weil Wettbewerber Edeka mit dem Großteil des Filialnetzes auch die Markenrechte der dahin geschiedenen Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann übernommen hat.
In den Läden selbst sind die Änderungen deutlich weniger auffällig. Ein paar Regale wurden geköpft, ein paar alte Logos überklebt. Und übrig gebliebene Artikel aus dem Kaiser’s-Sortiment in Gittertisch-Resterampen gekippt. Aber im Großen und Ganzen sehen viele der Supermärkte weiter aus als hätten sie nach der (Zwangs-) Eheschließung lediglich ihren Nachnamen geändert.
Viel mehr war in der kurzen Zeit auch kaum möglich. Rewe hat sich erstmal aufs Wesentliche konzentriert: Die Umstellung der IT – und die Marktbeschmückung mit Hinweisen, die ehemalige Kaiser’s-Kunden zu Teilnehmern des Kundenausspionierprogramms Payback konvertieren sollen, das Rewe massiv anschiebt.
In ganz Berlin? Nein! Ein unbeugsamer Laden im Norden der Hauptstadt (Titelfoto oben) behielt bis zum vorletzten Märztag den Kaiser’-Schriftzug über der Eingangstür. Und hat dann komplett dichtgemacht. Weil ein Penny draus wird, wie Rewe auf Supermarktblog-Anfrage bestätigt:
„Der Standort (…) ist der einzige aus dem Kaiser’s-Paket, der zu einem Penny umgebaut wird. Aus diesem Grund ist er auch aktuell geschlossen. Er wird (…) in ein paar Wochen wieder als Penny eröffnet.“
Die Auflagen der Ministererlaubnis würden dennoch eingehalten, heißt es aus dem Unternehmen. Alle Mitarbeiter des Markts werden weiterbeschäftigt, „entweder bei Penny oder Rewe“.
Der Arbeitsweg ist im Zweifel sowieso derselbe: Weil direkt nebenan der riesige Rewe-Neubau eröffnet hat, den regelmäßige Supermarktblog-Leser bereits kennen. Den (kleineren) Kaiser’s ebenfalls als Rewe weiterzuführen, wie zunächst spekuliert wurde, wäre kaum sinnvoll gewesen. Insofern ist die Übergabe an Penny aus Sicht des Unternehmens durchaus nachvollziehbar. (Auch Edeka hat übernommene Filialen in Nordrhein-Westfalen und Bayern bekanntlich auf sein Discountkonzept Netto [ohne Hund] umgestellt.)
Warum aber drängte Rewe in den Verhandlungen mit Edeka überhaupt darauf, bei der Filialaufteilung ausgerechnet diesen Kaiser’s-Markt zu kriegen?
Die einfachste Antwort ist: Weil das Unternehmen seinem neuen Konzeptmarkt damit Edeka als direkten Wettbewerber vom Hals halten kann. Im Zweifel lässt sich außerdem ein bisschen mit den Preisen experimentieren.
An einem weiteren Berliner Standort, den sich Kaiser’s mit dem Discount-Wettbewerber Penny teilte, sind nach der Neueröffnung durch Rewe bei einigen Markenprodukten die Preise gestiegen. Einen ernst zu nehmenden Supermarkt-Wettbewerber gibt es im engeren Umkreis für Rewe nicht mehr. Und die Kölner können in Ruhe ausprobieren, ob die Kunden im Kiez tatsächlich so preissensibel sind, dass sie für einen Teil ihres Einkaufs zu Penny nebenan wechseln (wo der Umsatz ja in der Konzernfamilie bleibt). Oder ob sie die paar Cent mehr aus Bequemlichkeit in Kauf nehmen.
Das ist vermutlich nicht ganz das, was Kartellamts-Präsident Andreas Mundt gemeint hat, als er nach der Genehmigung der Kaiser’s-Aufteilung erklärte, „die Weitergabe von Standorten von EDEKA an REWE“ führe aus Sicht des Kartellamts „sogar zu einer relativen Wettbewerbsverbesserung.“
In Berlin führt sie vielerorts dazu, dass jeder der beiden Wettbewerber ein hübsches Supermarkt-Mini-Monopol auf Kiezebene aufbauen kann (siehe Supermarktblog), was ganz und gar nicht im Sinne der Kunden ist.
Mittelfristig werden sowohl Rewe als auch Edeka allerdings noch einmal kräftig in die Übernahmefilialen investieren müssen, um sie stärker dem eigenen Ladendesign anzupassen – oder in besonders schwierigen Fällen von Grund auf neu zu bauen.
Wo und wann das passiert, ist bislang noch unklar. Rewe erklärt:
„Wir sind bei den übernommenen Märkten in bestehende Mietverträge eingestiegen. Insofern können wir bzgl. der Frage nach Neubauten aktuell schwerlich etwas sagen.“
Mehr zu Edekas Integration der Kaiser’s-Märkte ins eigene Filialnetz steht demnächst im Supermarktblog. Interessante Beobachtungen dazu gerne in die Kommentare oder per Mail schreiben!
Danke an Sven E. für den Hinweis und das Foto.
Fotos: Supermarktblog
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