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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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Warum Fenebergs Vollbremsung mit Freshfoods für Edeka die ideale Gelegenheit ist, „Bringmeister direkt“ zu starten

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Der Allgäuer Lebensmitteleinzelähändler Feneberg stellt an diesem Mittwoch seinen Münchner Lieferdienst Freshfoods ein. Als Grund für das Aus nennt die Kaufmannsfamilie gegenüber Kunden die „hohen Investitionen“. Der Schritt kommt nur drei Monate, nachdem Freshfoods seinen Online-Shop umfassend relauncht und ein neues Lieferkostenmodell eingeführt hat (siehe Supermarktblog).

Auf der Website werden Kunden eingeladen, mit ihrem Profil zum Edeka-Lieferdienst Bringmeister umzuziehen. Nicht nur Adressdaten, sondern auch Favoritenlisten werden im Falle der Zustimmung zum bisherigen Mitbewerber übertragen, der sich bei Feneberg nicht nur für den Schwung neuer Kunden bedanken kann, sondern auch für eine Erweiterung seines Bio-Sortiments. In Kürze sollen die regionalen Bio-Produkte der Feneberg-Eigenmarke „Von Hier“ über Bringmeister bestellbar sein werden.

Dass Feneberg auf diese Weise einen (vermeintlichen) Konkurrenten stärkt, liegt daran, dass die regionale Supermarktkette ohnehin eng mit Edeka kooperiert und einen Teil seiner Waren über die Einkaufsgemeinschaft bezieht. Im Februar hatte die „Lebensmittel Zeitung“ gemeldet, Feneberg habe sich mit einem „langfristigen Vertrag“ an Edeka gebunden.

Damit schien absehbar, dass die zuvor zwischen Feneberg und Amazon vereinbarte Kooperation für den Schnelllieferdienst Prime Now keine langfristige Perspektive haben dürfte. Die Allgäuer sind bei Prime Now zwar derzeit weiter in der Pflicht, aber – wie zahlreiche anderen Amazon-Partner – nicht zufrieden.

Filial-Picking für Prime Now

Statt wie bisher aus dem Freshfoods-Lieferlager, das offensichtlich vermietet werden soll, werden Bestellungen über Prime Now ab diesem Dienstag aus einer Feneberg-Filiale in München-Schwabing gepickt und ausgeliefert. Dafür hat Feneberg sein bisheriges Picking-System entsprechend umgebaut.

Ob das zur Dauerlösung wird, ist ungewiss. In einem Interview hatte Geschäftsführer Hannes Feneberg die Kooperation mit den „raffen Jungs“ vor einem Jahr „nicht sehr partnerschaftlich“ genannt und erklärt: „[I]ch kann Ihnen heute noch nicht sagen, wie lange wir uns noch lieb haben.“ Der Vertrag laufe über anderthalb Jahre. Demnach könnte schon Ende Januar bzw. Anfang Februar 2019 Schluss sein.


Screenshot: freshfoods.de

Für Amazon wäre das ein weiterer Rückschlag bei seinen Anstrengungen, Partner für die Lebensmittel-Ambitionen in Deutschland zu gewinnen – und zugleich ein Argument, sich noch stärker auf Übernahmen zu konzentrieren, um die Entwicklung des Geschäfts (so wie in den USA mit Whole Foods) stärker selbst steuern zu können.

Als Gewinner der Feneberg-Entscheidung darf sich in erster Linie Edeka fühlen, zumindest falls es Bringmeister gelingt, ehemalige Freshfoods-Besteller langfristig an sich zu binden. Konsequent zu Ende gedacht ist die Allianz aber nicht. Sonst müsste Edeka sich eigentlich massiv dafür einsetzen, den Partner davon zu überzeugen, sich nicht komplett aus dem Liefergeschäft zu verabschieden – sondern das vorhandene Know-How und die Technik zu nutzen, um sich unter Edeka-Flagge ein eigenes Prime Now zu bauen und mit einem „Bringmeister direkt“ wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Schneller liefern in der Stadt

In Großbritannien experimentieren die großen Handelsketten bereits seit längerer Zeit mit Schnelllieferdiensten (siehe Supermarktblog): In London bringen Sainsbury’s Chop Chop und Tesco Now bis zu 25 Supermarkt-Artikel innerhalb von einer Stunde nachhause. Gerade ist Mitbewerber Waitrose mit seinem „Rapid Delivery“-Angebot nachgezogen.


Foto: Waitrose

Mit dem Feneberg-Kommissioniersystem wäre das schnelle Picking in der Filiale wohl auch für Edeka problemlos möglich; es fehlte nur noch ein Logistik-Partner, der die (überschaubaren) Warenkörbe in die Nachbarschaft ausliefert, ohne dafür riesige Kühltransporter bewegt zu müssen – so wie die zahlreichen Food-Delivery-Dienste an, die in ihren quadratischen Rucksäcken ja keineswegs bloß Restaurant-Essen ausliefern müssten. (Im Ausland bringt sich Uber schon mal in Position für die Lebensmittellieferung.)

Eine solche Allianz – die Technik vom regionalen First Mover, das Sortiment von Deutschland größtem Lebensmittelhändler, die Logistik vom agilen Food-Delivery-Start-up – böte eine unmittelbare Chance, mit Amazon gleichzuziehen, ohne sich dafür in teuren Exkursionen zu verzetteln.

Ganz so weit scheint die Vorstellungskraft im traditionsverhafteten deutschen Lebensmitteleinzelhandel aber derzeit noch nicht zu reichen.

Titelfoto [M]: Feneberg/Supermarktblog

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Der Beitrag Warum Fenebergs Vollbremsung mit Freshfoods für Edeka die ideale Gelegenheit ist, „Bringmeister direkt“ zu starten erschien zuerst auf Supermarktblog.


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