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Neues Logo, neues Ladendesign: Hat Netto (mit Hund) noch genügend Biss für die Revierverteidigung?

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Der Übermacht von Aldi und Lidl zum Trotz hat Deutschlands kleinster Discounter seine härtesten Kämpfe zuletzt eher mit sich selbst ausgefochten. In den zurückliegenden Jahren wechselten Zuständigkeiten genauso schnell wie Ladendesigns; dazu kam eine handfeste Identitätskrise. Erst wollte man ein bisschen „Supermarkt“ sein, dann „MehrWerte-Discounter“ und ist inzwischen auf „schwarz-gelber Discounter“ umgeschwenkt.

Kurz gesagt: Netto (mit Hund) hat sich’s mit seinen 347 deutschen Filialen in der Vergangenheit nicht gerade einfach gemacht.

Dieser hart erarbeitete Wettbewerbsnachteil verstärkte sich zusätzlich dadurch, dass Konkurrenten dieselbe Zeit nutzten, um ihre Konzepte deutlich weiterzuentwickeln – nicht nur in Deutschland. Im Heimatland Dänemark ist Netto (med en hund) der Discount-Herausforderer Rema 1000 (aus Norwegen) auf den Fersen. Und in Polen drängt der alte Bekannte Lidl auf Expansion.

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Immerhin scheint man sich am Unternehmenssitz in Kopenhagen einig gewesen zu sein, dass das so nicht weitergehen kann. Deshalb holte der Netto-(mit Hund)-Eigentümer, die dänische Salling Group, vor zwei Jahren Michael Løve als neues Herrchen (CEO) von Netto International an Bord. Und drückt seitdem die Daumen, dass der seinem Ruf als Supermarktsanierer gerecht wird.

Vielleicht war es auch deshalb eine kleine Überraschung, als Løve in diesem Frühjahr erstmal bekannt gab, Netto International noch ein bisschen weniger international werden zu lassen – und 160 Filialen in Südschweden, wo Netto (mit Hund) seit 2002 vertreten war, an den Wettbewerber Coop zu verkaufen. Der will die Läden für eine Übergangszeit unter ihrem bisherigen Namen weiterführen und stellt sie dann auf das eigene Format um. Damit ist Netto (mit Hund) nur noch in drei europäischen Ländern vertreten: Dänemark, Polen und Deutschland. Aus Großbritannien hatte man sich vor einigen Jahren gleich doppelt verabschiedet: Erstmals 2010, als sämtliche Filialen an die Walmart-Tochter Asda verkauft wurden; und 2016, als das mit Sainsbury’s aufgezogene Kooperationsabenteuer nach gerade mal anderthalb Jahren wieder beendet wurde.

Hat Netto (mit Hund) überhaupt noch genügend Biss für die Revierverteidigung?

Løve glaubt: ja. Und verpasst der dänischen Discountkette dafür ein Konzept, das sehr viel zentraler gesteuert ist als es bislang üblich war. Vor allem aber soll es Kundinnen bzw. Kunden einen sichtbaren Neuanfang vermitteln. Der dürfte einer der Gründe gewesen sein, warum Løve bereit war, sich aus dem schwedischen Markt zu verabschieden: Das erlöste Geld soll größtenteils in die Märkte der verbleibenden Länder investiert werden.

Das neue Logo

Der beabsichtigte Neuanfang spiegelt sich zu allererst: im neuen Logo. Für das wurde nicht nur Discounter-Maskottchen Scottie, der schwarze Terrier, von seinem bisherigen Stammplatz ganz vorne in einen gelben Kreis ans Ende umquartiert. Der Unternehmensname ist auch in neuer Schrift gesetzt, die ohne Versalien auskommt – was das Logo sehr viel weniger bullig als bisher wirken lässt.


Abb.: Netto (mit Hund)

In Dänemark und Polen ziert es Märkte und Prospekte schon länger. In Deutschland erfolgte die offizielle Umstellung Anfang September. Und zwar mit dem ebenso überflüssigen wie unschlüssigen PR-Kniff, damit den 29. Geburtstag des Discounters in Deutschland feiern zu wollen. (Bis alle Läden umgebaut sind und das neue Logo überall hängt, dürfte es aber noch einige Zeit dauern.)

Designtagebuch.de beschäftigte sich bereits im März mit der Änderung und urteilte:

„Nach der Umstellung zeigt die neue Wortmarke nun deutliche Ähnlichkeit mit dem Netto-Markendiscount-Schriftzug. Fast könnte man meinen, dies sei beabsichtigt.“

Ja, fast – immerhin sind sich die beiden Nettos, deren Namensgleichheit bei vielen Kund:innen nach wie vor Irritationen auslöst, nun auch mit ihren Auftritten näher denn je. Vor fast genau einem Jahr hatte bereits Netto (ohne Hund) sein Erscheinungsbild modernisiert (siehe Supermarktblog).

Die beiden Nettos unterscheiden sich – grob gesagt – nun nur noch eine Kursivierung und einen (geschrumpften) Hund voneinander.

Das ist vielleicht weniger Absicht als Schusseligkeit. Zumal das neue Netto-(mit Hund)-Logo sehr an das erinnert, das die Dänen bereits für ihren vorübergehenden Marktwiedereintritt in Großbritannien hatten aufpolieren lassen (siehe Supermarktblog).

Die jetzt genutzte Variante ist eine geringe Abwandlung mit leicht angepasster Schrift (gelb auf schwarz statt schwarz auf gelb). Bloß Scottie sitzt in seiner runden Ecke nun ziemlich abseits herum, wie das Opfer eines „Wir müssen leider draußen bleiben“-Schilds. Nicht mal das mehrfarbige Körbchen hat der Ärmste behalten dürfen. (Dabei hätte genau das den entscheidenen Akzent liefern können, um die Unterscheidung vom gleichnamigen Wettbewerber zu stärken.)

Das Netto 3.0-Design

Die Hauptänderung betrifft aber – mal wieder – das Design der Filialen, die wertiger, übersichtlicher, dänischer wirken sollen. Das ist auch dringend notwendig. Die Läden seien „hässlich, langweilig und veraltet“ gewesen, urteilten die Autoren des Food Research Project von NHH.no, und kamen zu dem Schluss:

„Cheap is no longer enough for the Danish consumer.“

Bis 2022 sollen sämtliche dänischen Netto-(mit Hund)-Filialen auf das neue Konzept umgestellt sein; auch in Polen sind die Änderungen schon seit einiger Zeit sichtbar. Nach und nach kommen die ersten Umbauten in Deutschland dazu, dem (bislang) noch wichtigsten Auslandsmarkt des Discounters. Den Anfang machten im Frühjahr Neubrandenburg und Berlin; inzwischen werden regelmäßig weitere Wiedereröffnungen angekündigt.

In den modernisierten Läden sticht eines sofort ins Auge: Schwarz.

Von weißen Wänden, roten Aktionsflächen und gelben Truhenverkleidungen hat sich Netto (mit Hund) mit seinem neuen Auftritt vollständig getrennt und den ganzen Markt in pechschwarz getunkt. Auch die Decke. Das wirkt – ungewöhnlich. Und ist gleichzeitig mutig und leichtsinnig. Weil die umgebauten Läden (vorerst) zwar sehr viel edler wirken als König Ramsch es bis dahin fertigzubringen vermochte. Kleine und verwinkelte Filialen scheinen dadurch aber gleichzeitig noch höhlenartiger als sie es ohnehin schon sind.

„Kunden sollen einen ruhigeren Laden vorfinden, in dem es sich leichter navigieren lässt,“ erklärte Netto-(mit Hund)-Chef Løve gegenüber FødevareWatch.dk. Statt auf billige Pappen setzt der Discounter jetzt auf höhenwertig wirkende Naturmaterialien. „Wenn es wie Holz aussieht, ist es auch Holz.“ Tatsächlich sind Kühltheken und Truhen mit Echtholz verkleidet, die bunten Sortimentsbeschilderungen ausgesägt statt bloß aufgedruckt.

Grundzüge der neuen Optik waren bereits in der weiterentwickelten Obst- und Gemüseabteilung zu besichtigen, die testweise in einige deutsche Filialen gebaut wurde (siehe Supermarktblog). Fürs Netto-3.0-Konzept ist die Idee noch weiter entwickelt worden: Zu dem Kühlregal mit Snacks und Convenience-Artikeln ist zusätzlich eine Kühltruhe mit frischem Fleisch gerückt. Løve: „Wenn der Einkaufs fürs Abendessen schnell gehen soll, finden Kunden da schon alles und können gleich zur Kasse.“

Den umworbenen Frische-Schnelleinkäufern hat der Discounter sogar einen eigenen Gang zur Blitzbezahlung frei gelassen: „Kurzer Weg zur Kasse“, steht mit einem Pfeil auf der Regalwand am Ende der Frische-Abteilung. Und das ist tatsächlich eine gut überlegte, konsequent umgesetzte Idee.

Der Discounter legt zudem Wert darauf, dass im Zuge des Umbaus auch das Angebot an frischen Produkten erweitert wurde (zu Lasten der immer noch reichlich vorhandenen Flächen für Aktionsartikel).

Bei der Aufbackauswahl legt man sich ebenfalls stärker ins Zeug.

Die Ladenschaufenster zieren Bilder aus dem – vermutlich – dänischen Wald (bevor der für die Einrichtung ins Sägewerk kam). Was genau an der zweifellos herausstechenden Obst- und Gemüse-Abteilung aber das spezifisch „Dänische“ sein soll, bleibt das Geheimnis der Ladendesigner. Durch die aufgehängten Bastlampen wirkt das Ensemble eher wie ein hastig eingerichtetes Asia-Restaurant – zumal die anfangs in den Testmärkten präsentierte Pflanzenwand sich in der Umsetzung offensichtlich doch als zu teuer erwiesen hat und deshalb in zahlreichen Umbaumärkten fehlt.

Das ändert nichts daran, dass das neue Design sehr viel mehr aus einem Guss wirkt als die hingehuddelten Scheinverbesserungen der vergangenen Jahre (siehe Supermarktblog). Mit der niedrigeren Regalhöhe schafft Netto (mit Hund) mehr Übersichtlichkeit und gehört ausnahmsweise sogar mal mit zum den Trendsettern im Discount. (Penny probiert Ähnliches in seinen Testmärkten in der Nähe von Berlin.)

Und selbst die für Netto (mit Hund) typischen Regale mit den durcheinander gewürfelten Aktionsartikeln fallen nicht ganz so negativ auf, wenn sie quer statt längs im Kundenlauf angeordnet sind. Statt „Aktionsartikeln“ steht darauf nun gelb auf schwarz: „Nur jetzt“.

Doch das Konzept hat auch so seine Tücken. Zum einen sabotiert Netto (mit Hund) die gewünschte Übersichtlichkeit durch den Einsatz unzähliger verschiedener Schriftarten an der Wand, an Regalen, an Tiefkühltruhen. Das sorgt eher für zusätzliche Unruhe und erschwert die Orientierung massiv.

Zum anderen wird der Wunsch, dänischer zu wirken, insbesondere durch das gleich gebliebene Sortiment der deutschen Filialen konterkariert, in denen man sich weiter stark auf die vermeintlichen Markenvorlieben ostdeutscher Kundschaft konzentriert – und deshalb neben der Ansage, „Mehr Qualität zu günstigen Preisen“ weiter „NVA-Feldsuppe“ in der Dose in den Gittertisch rammt. Das ist ein Spagat, der auf Dauer nicht wirklich gut gehen kann.

Dazu kommt, dass bei aller neuen Liebe zum Detail, auch in der Kommunikation mit den Kund:innen so manches inkonsequent wirkt: Wenn der Andrang in der Bezahlschlange zu groß wird, sagt eine Stimme vom Band: „Wir öffnen eine neue Kasse für Sie“ – aber leider nicht: welche. Was augenblicklich Unruhe in der Schlange auslöst.

Damit ist das Problem eigentlich schon ganz gut auf den Punkt gebracht: Im Umbauen und Neumachen war Netto (mit Hund) in der Vergangenheit immer ziemlich schnell bei der Sache. Die Feinarbeit an neuen Designs und Konzepten allerdings wurde anschließend allerdings stets vernachlässigt oder gleich ganz sein gelassen. In den Nutzerbewertungen der Filialen auf Google kommentieren Kund:innen regelmäßig, wie gelungen sie „ihren“ Laden nach einem Umbau fanden – und wie sehr in den Monaten danach alles wieder verlottert und durcheinander geraten ist.

Geht auch schon wieder los:

Genau das muss Netto (mit Hund) besser in den Griff kriegen, um als kleiner Discounter gegen die großen zu bestehen. Weil sonst all die anderen Anstrengungen wirkungslos verpuffen – und sich die Bäume für die Kühltheke im Naturholzgewand ganz umsonst haben zersägen lassen.

Fotos: Supermarktblog"

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