Quantcast
Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
Viewing all articles
Browse latest Browse all 1000

Scan & Go bei Aldi, Rewe & Co.: Bezahlbeschleuniger oder Checkout-Bremse?

$
0
0
Partner:

📵 Aldi Nord beendet seinen Scan-&-Go-Test in den Niederlanden

Anderthalb Jahre nach dem Start stoppt Aldi Nord seinen Test mit Scan & Go in den Niederlanden. Der Discounter hatte die ersten Versuche mit dem Smartphone-gestützten Einkauf im Mai 2023 in einer Pilotfiliale in Berkel-Enschot begonnen. Im darauffolgenden September weitete man die Testphase auf mehrere Märkte in den Provinzen Gelderland, Nord-Brabant und Utrecht aus (Retail Optimiser berichtete dazu).

Zu den Besonderheiten des Tests gehörte, dass Scan & Go inklusive der Bezahlung von vornherein komplett in die reguläre Aldi-App integriert war – und nicht an den klassischen Self-Checkout gebunden, wie es sonst meist der Fall ist. Dafür setzte man auf die Technologie des österreichischen Anbieters Shopreme.

Aldi Nord in den Niederlanden: mit Scan und Go und richtig moderner Kassenzone; Foto: Shopreme

Das Schaltfeld für Scan & Go war prominent und einfach zugänglich in die oberste App-Leiste integriert. Nach dem Bezahlvorgang in der App erhielten Kund:innen einen Code, mit dem sich die Ausgangsschranken öffnen ließen – ganz ohne an einer stationären Kasse zu stehen.

ANZEIGE

Nun hat Aldi seinen Kund:innen mitgeteilt, dass der Service in zwei Stufen eingestellt wird: In fünf Filialen (u.a. Utrecht, Maarssen, Haren) endete Scan & Go bereits am 20. Januar, in den übrigen 19 Märkten (u.a. Culemborg, Ijsselstein, Nieuwegein) ist der 23. Februar finaler Check-out. Wer seine digitalen Kassenbons aufbewahren möchte, zum Beispiel für Garantien auf gekaufte Artikel, muss sie vor dem 26. Februar herunterladen. „Danach werden die Kassenbons nicht mehr zugänglich sein.“

Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt ein Sprecher von Aldi Niederlande:

„Unsere Tests in den Niederlanden haben gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit unserer Kund:innen Produkte lieber nicht mit dem eigenen Smartphone scannt, sondern Self-Checkout-Optionen an einem Terminal nutzt. Deshalb konzentrieren wir uns jetzt auf diese Art von Testszenarien.

Bei unseren Kassentests probieren wir verschiedene Hardware- und Software-Lösungen aus. Die Testszenarien werden von Zeit zu Zeit angepasst. Welche Rolle diese Self-Scanning-Kassen in Zukunft spielen werden, können wir derzeit nicht sagen. Zu Nutzerzahlen oder Kosten äußern wir uns nicht.“

Die Entscheidung folgt nur wenige Wochen nach der Ankündigung, auch den Shop-&-Go-Markt in Utrecht mit automatischer Warenerkennung zu schließen (siehe Supermarktblog). Stattdessen will sich Aldi Nord künftig auf klassische Self-Checkout-Lösungen konzentrieren.


Damit folgt der Discounter in einem breiteren Trend: Auch Penny hat sein Scan-&-Go-Angebot in Deutschland wieder komplett eingestellt. Gegenüber dem Supermarktblog erklärte ein Penny-Sprecher, die Funktion sei „von einer vergleichsweise kleinen und kaum wachsenden Kundengruppe genutzt“ worden (siehe Supermarktblog). Netto (ohne Hund) hat seine Tests ebenfalls stark zurückgefahren und bietet Scan & Go nur noch in einzelnen Märkten an.

Lidl, das gerade erst einen Scan-&-Go-Test in Deutschland fährt, geht klassischer vor: Die Funktion ist an die SB-Kasse gekoppelt; eine zunächst geplante direkte Bezahlung in der App wurde aus Sicherheitsgründen verworfen. Außerdem bleibt der Test zunächst auf eine Filiale beschränkt (siehe Supermarktblog).

🚧 Rewe und die Baustellen von Scan & Go im Einkaufsalltag

Wenn der Supermarkt dir einen Handscanner in die Hand drückt, kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen. Denkst du. Die Technik ist erprobt, die Bedienung kinderleicht. Der deutsche Lebensmittelhandel liebt schließlich große Technik-Versprechen. Aber zwischen Marketing-Traum und Supermarktwirklichkeit liegen manchmal dann halt doch 15 Minuten an der Kasse – und ein Handscanner, der dir erklärt, dass er dein Aktionsprodukt nicht kennt.

Bei Rewe lässt sich auch exakt fünf Jahre nach dem Start noch gut beobachten, wie eine an sich gute Idee im Alltag scheitern kann. Dabei macht die Handelskette eigentlich alles richtig: Statt nur aufs Smartphone zu setzen, gibt es im Markt robuste Handscanner. Die liegen prima in der Hand, haben ein gut ablesbares Display und sind kinderleicht zu bedienen.

Rewe hält (vorerst) an Scan & Go fest: Foto: Smb

Ein Ton bestätigt jeden erfolgreichen Scan. Keine Probleme mit instabilem WLAN oder Mobilfunkempfang zwischen den Regalen. Und am Ende lässt sich der komplette Einkauf per Code an die SB-Kasse übertragen.

Es kommt aber weiterhin regelmäßig vor, dass Aktionsartikel nicht hinterlegt sind, selbst wenn die gerade großflächig beworben werden. Der Scanner meldet dann lapidar: „Dieses Produkt konnte leider nicht gefunden werden. Schließen.“ Nicht einmal für einen Hinweis, dass sich der Artikel später an der Kasse nachscannen lässt, reicht der Platz auf dem Display. Noch ärgerlicher ist, wenn man artig alle Artikel scannt, Obst und Gemüse abwiegt – und am Ende die SB-Kasse, an die die Technologie gekoppelt ist, wegen Personalmangel nicht besetzt ist.

Stattdessen steht man doch wieder in der regulären Kassenschlange. Nur halt mit dem festen Vorsatz, sich beim nächsten Mal lieber nicht mehr die Zeit, sondern den Aufwand zu sparen.

(Dabei hätte ein Hinweis an der Scanner-Ausgabe auf die vorübergehende Wieder-Anstehpflicht ja gereicht, um sich eigenmächtig entscheiden zum können, ob man trotzdem scannen möchte.)

Das eigentliche Problem ist gar nicht die Technik. Es ist die fehlende Einbindung von Scan & Go in den Supermarktalltag (siehe Supermarktblog). Der Handel investiert Millionen in Scanner und Software, vergisst aber allzuoft die Basics: Wie informiere ich Kund:innen über Einschränkungen? Wie integriere ich neue Systeme in bestehende Abläufe? Was passiert bei Problemen?

Diese Fragen werden oft erst gestellt, wenn es zu spät ist. Und bei vielen Kund:innen aus anfänglicher Begeisterung für moderne Einkaufstechnologie längst Frust geworden ist.

🔮 Die Zukunft von Scan & Go

Die gegensätzlichen Entwicklungen bei Discountern und klassischen Supermärkten offenbaren ein Dilemma: Selbst mit praktischen Handscannern hapert es noch an der Integration in den Ladenalltag. Für Discounter, die aus Kostengründen beim Smartphone bleiben wollen (Penny war eine kurzzeitige Ausnahme), potenzieren sich die Probleme. Offensichtlich lassen sich Kund:innen nicht mit besonderer Begeisterung darauf ein, ihren Einkaufskorb per App zu scannen. Auch nicht, wie Aldi Nord demonstriert, wenn sich dann noch schneller bezahlen ließe.

Dazu kommen theoretisch Kontrollen, die noch viel häufiger notwendig sein dürften als am leichter überwachbaren regulären Self-Checkout. Das ist personalintensiv und aufwändig – und dürfte ein zusätzliches Argument dafür sein, Scan & Go wieder aufzugeben, wenn es nicht sehr intensiv genutzt wird.

Die große Frage ist, ob Lidl mit seinem verspäteten Einstieg in den deutschen Markt diese Entwicklung noch drehen kann. Oder ob der Discounter am Ende die gleichen Erfahrungen macht wie andere: Dass halbe Innovationen manchmal problematischer sein können als gar keine.

Der Beitrag Scan & Go bei Aldi, Rewe & Co.: Bezahlbeschleuniger oder Checkout-Bremse? erschien zuerst auf Supermarktblog.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 1000