Jetzt ist es offiziell: Markta aus Österreich muss Insolvenz anmelden. Die 2018 gegründete Regional-Lebensmittel-Plattform, die in den vergangenen Jahren vom reinen Online-Händler zum stationären Anbieter mit zwei Geschäften in Wien geworden war, hat den wirtschaftlichen Herausforderungen nicht standhalten können.
Gründerin Theresa Imre verkündete die Nachricht per Instagram-Video und Pressemitteilung. Als Gründe nennt sie „globalpolitische Entwicklungen“ sowie „Auswirkungen auf den Finanzmarkt“ an. Die beiden stationären Märkte in der Alser Straße und der Zollergasse in Wien bleiben vorerst geöffnet, auch um eine „faire Verteilung der Insolvenzmasse zu ermöglichen“, wie es in einer Nachricht heißt.
Die Geschichte von Markta begann visionär: Als „digitaler Bauernmarkt“ wollte das Start-up eine direkte Verbindung zwischen regionalen Produzent:innen und Konsument:innen schaffen – mit fairen Preisen und transparenten Lieferketten. Nach der Online-Phase eröffnete Markta im Frühjahr 2023 die erste stationäre Filiale in Wien (siehe Supermarktblog).
Vom Online-Boom zur Filialstrategie
Noch im Januar 2025 – nur drei Monate vor der Insolvenzanmeldung – kam schließlich die zweite Filiale in der Wiener Zollergasse hinzu („Kein Egal im Regal“). Die Pläne waren ehrgeizig: Bis zu zehn Standorte schwebten der Gründerin vor, wie sie laut Branchenportal Brutkasten.com erklärte: „Schau ma mal, was aus dem Naschmarkt wird. Auch der Kutschkermarkt und der 2. Bezirk lachen mich an.“

Dass Markta überhaupt den Weg in die Fläche suchte, war auch eine Reaktion auf veränderte Marktbedingungen nach der Pandemie. Während Corona hatte das Unternehmen einen regelrechten Boom erlebt – „etwa das 20-fache der bisherigen Bestellmenge“, wie man im vergangenen auf Supermarktblog-Anfrage verriet. Doch nach Ende der Lockdowns gingen die Online-Bestellungen deutlich zurück.
Der Online-Shop wurde zwischenzeitlich sogar komplett eingestellt. Laut „Brutkasten“ hatte Imre eine Wiedereröffnung nur unter der Bedingung in Aussicht gestellt, 1.000 Abo-Interessent:innen zu sammeln. Dazu kam es offensichtlich nicht (mehr).
Zu viel Expansion bei zu wenig Basis?
Um eigenständig wirtschaftlich zu sein, hätte es laut Imres Einschätzung „drei bis vier Geschäfte“ gebraucht, sagt sie nun.
Die Annahme, dass diese plötzlich jene Profitabilität bringen würden, die mit einer oder zwei Filialen nicht erreicht werden konnte, erscheint zumindest gewagt. Denn jede neue Filiale brächte zunächst einmal erhebliche Fixkosten mit sich: Miete, Personalkosten, Ladenausstattung. Ob die damit verbundenen Skaleneffekte tatsächlich ausgereicht hätten, um die finanziellen Schwierigkeiten zu überwinden – fraglich.
Besonders auffällig an Imres Begründung ist die Ironie, dass ausgerechnet ein auf regionale Wertschöpfung fokussiertes Unternehmen nun durch „globale“ Faktoren zu Fall gebracht werden soll. Eigentlich müsste ein Geschäftsmodell, das auf Resilienz durch Regionalität und kurze Lieferketten setzt, weniger anfällig für internationale Verwerfungen sein. Möglich, dass am Ende die zunehmende Vorsicht der Investor:innen die Sache entschied.


Gleichwohl deutet einiges darauf hin, dass die tatsächlichen Herausforderungen auch in der Grundstruktur des Geschäftsmodells und im lokalen Wettbewerbsumfeld zu suchen sind.
Eine zentrale Herausforderung für Markta dürfte zweifellos die enorme Konzentration im österreichischen Lebensmittelhandel gewesen sein. Weite Teile des Marktes werden von nur drei Unternehmen dominiert: Spar, Rewe International und Hofer/Aldi. In diesem Umfeld ist es für unabhängige Anbieter grundsätzlich schwer, sich zu behaupten.
Zwischen Idealismus und Wirtschaftlichkeit
Hinzu kommt, dass die etablierten Händler das Thema Regionalität längst für sich entdeckt haben und intensiv bewerben (siehe Supermarktblog). Mit Marketingbudgets und Einkaufsmacht, von denen ein Start-up wie Markta nur träumen kann, haben sie das Alleinstellungsmerkmal des jungen Unternehmens zunehmend verwässert.
Markta stand vor der klassischen Herausforderung vieler idealistisch motivierter Unternehmungen: Den Spagat zwischen gesellschaftlichem Anspruch und wirtschaftlicher Realität zu meistern. Imre selbst brachte diese Grundhaltung auf den Punkt, als sie bei der Eröffnung der zweiten Filiale sagte: „Seit ich ein Kind bin, find ich die Wirtschaft ein bisschen falsch. Wir Menschen verirren uns im konsumgetriebenen Wirtschaftssystem.“

Dieses Grundmotiv spiegelte sich auch im Geschäftsmodell wider: Ein Drittel des Verkaufspreises ging an Markta, zwei Drittel an die Produzent:innen – ein Verhältnis, das für die Erzeuger:innen deutlich besser war als bei konventionellen Handelsketten. Aber möglicherweise zu wenig Marge für die eigene wirtschaftliche Stabilität ließ.
Schwieriger Markt für Regio-Innovationen
Markta reiht sich damit in eine längere Liste von gescheiterten oder kämpfenden Regional-Food-Konzepten ein. In Deutschland musste Frischepost 2022 Insolvenz anmelden, in Großbritannien stellte Farmdrop bereits 2021 den Betrieb ein. Auch der Schweizer Online-Hofladen Farmy konnte sich Anfang 2025 nur durch den Verkauf an den Biogrosshändler Pico retten – es fehlte neues Kapital, um die Finanzierung bis zur Gewinnschwelle zu sichern.
Der gemeinsame Nenner: Alle Unternehmen verzeichneten während der Pandemie einen enormen Boom, konnten diesen aber nach der Rückkehr zur Normalität nicht in nachhaltige Wirtschaftlichkeit überführen.
Trotz des wirtschaftlichen Scheiterns hat Markta wichtige Impulse für den österreichischen Lebensmittelhandel gesetzt. In jedem Fall bleibt zu hoffen, dass die Idee eines transparenten, fairen Handels mit regionalen Lebensmitteln auch nach dieser Insolvenz weiterlebt – sei es in neuer Form oder als Inspiration für andere Konzepte.
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Der Beitrag Markta-Insolvenz: Regionales Konzept mit globalen Problemen erschien zuerst auf Supermarktblog.