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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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Netto (ohne Hund) macht Platz

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Kleiner Scherz zum Jahresanfang: Wieviele Leute passen gleichzeitig in eine Telefonzelle? Ist doch klar: Halb so viele wie in einen Netto-City-Markt. (Ohne Hund, natürlich.)

Nach der Plus-Übernahme gehörten dem Edeka-Discounter Netto (ohne Hund) vor ein paar Jahren auf einen Schlag massig Filialen, die zwar günstig gelegen waren: dort, wo in der Stadt täglich viele Leute einkaufen, weil sie um die Ecke wohnen. Für alle, die zu Platzangst neigen, waren die kleinen, engen, vollgestellten Läden jedoch ein Graus. Das versucht Netto (ohne Hund) jetzt zu ändern. Am Berliner Alexanderplatz, direkt hinter dem – ähm: Hofbräuhaus, hat vor im Dezember ein neuer Innenstadtladen eröffnet, der fast schon verschwenderisch Platz für Platz lässt.

Schauen Sie mal, da steht weit und breit keine Stolperpalette:

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Vor dem neuen Brötchenknast könnte sich demnächstauch die örtliche Yoga-Gruppe aus dem Wohnkomplex treffen, der obendrüber gerade fertiggebaut wird. (Ähnlich wie bei Rossmanns neuem Ladenytpen, der vor einem Jahr ebenfalls in Berlin Premiere hatte.)

Großzügigkeit ist nicht das einzige, das sich die Nummer 3 im deutschen Discount-Markt hat einfallen lassen, um es dem Konkurrenten Lidl bei seiner Supermarktwerdung etwas schwerer zu machen. Auch wenn manche Neuerung deutlich aus Neckarsulm inspiriert zu sein scheint: Nettos Brötchenknast (ohne Hund) …

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… verspricht „Die neue Backtradition“, ist gut und gerne fünf Meter breit und lässt Kunden ihre bevorzugte Aufbackware mit dem Eisenrüttler über eine kleine Rampe in eine gläserne Auffangschale schubsen.

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Anders als in Filialen, die Netto (ohne Hunds) „Backstube“ nachträglich eingebaut bekommen haben, steht der Aufbackofen auch nicht mehr daneben im Laden, sondern ist direkt hinter die Brötchenknastzellen gebaut, die von dort auch befüllt werden. „Alle unsere Backwaren sind DLG-prämiert“, wirbt der Discounter. (Was exakt gar nichts bedeutet.)

Direkt ans Kühlregal angedockt ist eine deutlich schickere „Snack to Go“-Abteilung, die ein paar extra Glastüren spendiert bekommen hat, die einen Inhalt versprechen, der „Kühl & Sicher“ ist.

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Das soll vermutlich zusätzliche Frische suggerieren. Energietechnisch relevant können die Türen jedenfalls kaum sein, die übrige Kühlabteilung kommt schließlich weiterhin ohne aus.

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In der gegenüberliegenden Ladenhälfte hat die Frischfleisch-Kühlung einen Aufsatz in Holzoptik bekommen und lockt mit dem etwas rätselhaften Satz „So schmeckt die Heimat“.

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Das Weinregal ist, anders als bei Lidl, in die Höhe gebaut und deutlich von den übrigen alkoholischen Getränken abgesetzt.

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Ordentlich Mühe hat sich der Netto-(ohne Hund)-Designer vor allem beim Obst und Gemüse gegeben, das wie gewohnt (und im Gegensatz zu anderen Discountern) direkt hinterm Eingang platziert ist, aber komplett in die Unsere-Kleine-Farm-Optik getunkt, der sich bislang vor allem Edeka bedient.

An der Wand prüft ein Bauerndarsteller kritisch-lächelnd die Kartoffeln auf dem Feld, aus einem prallvollen Apfelkorbbild springt daneben die Zusage „Hier wächst der Genuss“. Wobei das hoffentlich nicht wörtlich gemeint ist.

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Um die schöne heile Landwirtschaftswelt nicht gleich wieder zuzuhängen, verzichtete Netto (ohne Hund) in der Abteilung – zumindest nach der Eröffnung – fast vollständig auf Preisschilder, die von der Decke hängen. (Ausnahme sind die gleich vorne beworbenen Wochenangebote.) Stattdessen stehen die Preise unten an den anthrazitfarbenen Gemüseböcken, auf die die Kisten gestellt sind.

Vor einiger Zeit ist bereits der wöchentliche Werbeprospekt neu gestaltet worden, nach einem ganz ähnlichen Prinzip wie der Laden: mit viel mehr Platz. Vor allem aber ohne die bisherige 90er-Jahre-Optik, die durch eine – nun ja: aufgemotzte 80er-Jahre-Optik ausgetauscht wurde.

Die aus dem Namenszusatz „Marken-Discount“ bekannte Schrift spielt in den Handzetteln jetzt eine deutlich größere Rolle (vermutlich: SG Frankfurter – von 1978).

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Die Neuerungen sind allesamt sehr deutliche Zugeständnisse an einen neuen Standard im Discount, den nicht mehr Aldi, sondern Lidl vorantreibt: Märkte wie in Großbritannien sollen bei Lidl auch in Deutschland künftig die Regel sein, zum Teil wolle die Kette dafür sogar alte Filialen abreißen, um sie an derselben Stelle neu zu bauen, berichtet die „Lebensmittel Zeitung“. Das wird für Netto (ohne Hund) – abgesehen von den gigantischen Kosten – kaum möglich sein. Es sei denn, man sortiert künftig einen Großteil des riesigen Filialnetzes mit 4100 Läden aus. (Zum Vergleich: Lidl kommt auf rund 3180, Penny auf 2160; Quelle: Trade Dimensions/LZ.)

Die andere Möglichkeit ist, flexibler zu sein als die Konkurrenz – zum Beispiel mit Innenstadtläden, in denen man sich beim Einkaufen nicht mehr durch die Gänge quetschen muss.

Vielen Dank an @TheU2L für den Hinweis.

Fotos: Supermarktblog, Handzettel-Screenshot: Netto (ohne Hund)


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