Die wenigsten Reiseführer empfehlen ihren Lesern den Besuch interessanter Supermärkte am Urlaubsort. Hab ich noch nie verstanden. Wie kann man nur auf so wichtige Tipps verzichten? Zum 5. Geburtstag dieses Blogs wird es Zeit, das auszugleichen: mit fünf (plus zwei) außergewöhnlichen Supermärkten, die ich in den vergangenen Jahren besucht habe. Und die Sie sich auch anschauen sollten, wenn Sie mal in der Gegend sind.
Top 5: Real – Asda – Tesco Metro, Essen und London
Den fünften Platz teilen sich drei Läden, die ein bisschen anders sind als die meisten.
Wie ein schlafender Drache aus Glas und Rasen sieht das Center aus, in dem Real 2013 sein modernstes SB-Warenhaus eröffnet hat. Man braucht bloß ein bisschen Fantasie. An der wuchtigen Kopfseite prangt gut sichtbar das Supermarkt-Logo, die Dachebenen sind begrünt, die Fenster riesengroß.
Bloß das Reingehen können Sie sich sparen: Weil die Real-Designaufpäppelung zweieinhalb Jahre nach ihrer Erfindung längst wieder veraltet ist und mit der Drachenarchitektur draußen ganz und gar nicht mithalten kann.
Hinkommen: Haedenkampstraße 21, 45143 Essen; ÖPNV: S1, S3, S9 bis Essen-West, dann 600 m zu Fuß.
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Wer sagt eigentlich, dass Supermärkte Türen, Fenster und Regale brauchen? Beim britischen Walmart-Ableger Asda, der einen Pakt mit der Londoner Transportgesellschaft TfL geschlossen hat, reicht auch ein Parkplatz an einer Tube-Station. Auf dem holen Kunden, die vorher lässt online bestellt haben, ihre Einkäufe an kleinen Lieferwagen ab (wie hier an der Highgate Station). Außer man versäumt, ähem, zur richtigen Zeit da zu sein. (Auf dem Friedhof in der Nähe ist übrigens Karl Marx begraben, aber nicht deswegen.)
Hinkommen: Highgate Station Car Park, Archway Rd, London N6; ÖPNV: Northern Line oder Busse 43, 134, 263, dann die lange Treppe runtergehen.
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Kein Mensch fährt gerne in den Keller, um einzukaufen. Es sei denn, dort hängen schwarze Melonen von der Decke und es duftet nach frisch gebackenem Brot. So wie bei Tesco Metro, gleich um die Ecke der Londoner Tower Bridge. Dort testen die Briten im Kleinen, wie ihre Läden mit der Zeit gehen können: mit schlanken SB-Kassen, Mittagessen-Kombis und einer Selberkochauswahl, die jeden Restaurant-Lieferdienst in Panik versetzen würde.
Hinkommen: 125 Tooley St, London SE1 2TH; ÖPNV: Busse 47, 343, 381 bis Abbots Lane, direkt vor der Tür.
Top 4: Tegut, Wiesbaden
Oben in Sonnenberg, über der Wiesbadener Altstadt, zeigt Tegut den Marktführern, wie moderne Nachbarschaftsmärkte aussehen müssen. Es gibt eine klare Kundenführung, geschwungene Regalen, offene Bedientheken. Mag sein, dass das neuen großzügige Laden-Design, das 2014 in der hessischen Landeshauptstadt gestartet ist, Verkaufsfläche verschenkt. Dafür verschenken die vollgequetschten Wettbewerber die Chance, ihren Kunden den Einkauf um die Ecke so angenehm zu machen wie man das unter Nachbarn eben schätzt.
Hinkommen: Richard-Wagner-Straße 86,65193 Wiesbaden; ÖPNV: keine Verbindung. Ab Kurhaus Wiesbaden 1,4 km zu Fuß (bergauf).
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Top 3: Hiebers Frische Center, Bad Krozingen
Ja, in dem anthrazitfarbenen Tetris-Designwürfel am Ortsaugsang des Kurorts Bad Krozingen im Breisgau kriegen Sie tatsächlich Lebensmittel. Glücklicherweise ist dem selbstständigen Edeka-Händler Dieter Hieber bei der Planung seines Ladens nicht nur wichtig gewesen, was wir einkaufen, sondern auch wie.
Nämlich: In angenehmer Atmosphäre, mit breiten Fluren, futuristischen Kühltheken, Weinberatung und ohne Quengelbelastung an den schlichten, schicken Kassen. Regionale Spezialitäten gibt’s obendrauf. Und von der Drogerieabteilung können sich dm und Rossmann noch was abgucken.
Hinkommen: Tulpenbaumallee 22, 79189 Bad Krozingen; ÖPNV: RE von Freiburg bis Bad Krozingen, Bus 7241 bis Hieber’s Frische Center.
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Top 2: Aldi, Berlin-Reinickendorf
In J.J. Abrams neuer Serie „11.22.63“ (läuft gerade bei Fox) entdeckt ein junger Mann in einer Diner-Abstellkammer ein Zeitportal in die 60er Jahre. Mit Verlaub, in Berlin-Reinickendorf haben wir das schon länger. Das Zeitportal befindet sich in einem Aldi-Markt, bei dessen Betreten man nicht nur augenblicklich in die 60er zurückversetzt wird. Sondern auch in die 70er, 80er und das Beste von heute.
Schauen Sie nur, die zusammengestoppelten Kühltruhen!
Und die famose Deckenbelüftung!
Und die freundliche Gesamtatmosphäre!
Zugegeben: Ich kann nicht sagen, wie der Laden heute aussieht. Falls die Antwort lautet: genauso, sollte er augenblicklich unter Denkmalschutz gestellt und als Museum erhalten werden, um staunende Kinder durchzuführen und ihnen zu erzählen: Schaut, so haben eure Eltern früher eingekauft.
Hinkommen: Am Pfingstberg 25, 13465 Berlin; ÖPNV: U6 bis Alt-Tegel, Bus 125 bis Bergstraße.
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Top 1: Jumbo Foodmarkt, Amsterdam-Noord
In einem alten Amsterdamer Schiffsindustriegebiet demonstriert Jumbo, was passiert, wenn man nicht den Supermarkt neu erfindet – sondern ganz unbescheiden gleich das komplette Einkaufen. Der große Markt ist in zwei Bereiche geteilt: einen zweckmäßigen, mit langen geraden Fluren und Produkten, die wir immer wieder kaufen.
Und einen, in dem alles, was Kunden das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, in Theken und Regalblöcken präsentiert wird wie ein Goldschatz. Wer beim Entdecken hungrig wird, kriegt an einer der Restaurantstationen ein Mittagessen, das er im angeschlossenen Café verzehren kann. Und mit den frisch eingekauften Zutaten später zuhause nachkochen.
Hinkommen: Gedempt Hamerkanaal 223, 1021 KP Amsterdam; ÖPNV: Fähre 901 ab Veer Centraal Station, Busse 38, 105 bis Havikslaan, 280 m zu Fuß (oder: Fähre 901, dann 1,6 km zu Fuß).
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Und Ihr Lieblingssupermarkt? Steht sicher gleich in den Kommentaren.
Fotos: Supermarktblog