Gruseln bzw. freuen Sie sich nicht zu früh: Bei dem schwarzen Kasten mit der metallenen Öffnung auf dem Bild oben handelt es sich nicht um ein frühes Replikatormodell, in dem sich Ihre künftigen Abendessen aus dem Nichts materialisieren lassen. Gekocht wird schön weiterhin selbst! Drin ist, was drauf steht: eine „Mehrweg-Hygiene-Schleuse“.
Sie steht in einem der zwölf Märkte des selbstständigen Edeka-Kaufmanns Dieter Hieber, der – wie regelmäßige Supermarktblog-Leser wissen – Spaß am Tüfteln und Designen hat. Und sie ist der Versuch, den Unverpackt-Trend aus kleinen Läden in den klassischen Supermarkt zu holen.
Die Inspiration stamme tatsächlich vom Berliner Laden-Start-up Original Unverpackt, sagt Hieber. Es gebe bei den Kunden einen Bedarf, weniger Verpackung einzukaufen.
„Die Bevölkerung ist da weiter als der Handel. Also hab ich überlegt, wie sich das Prinzip in einen größeren Supermarkt übertragen lässt, vor allem an den Frischetheken.“
Das Problem ist: Bislang können die Kunden nicht einfach ihre eigenen Mehrwegboxen mitbringen, um sie hinter der Theke mit Fleisch oder Käse befüllen zu lassen anstatt alles in Plastik eingewickelt zu kriegen. Das erlauben die Hygienevorschriften nicht. (Das kennen Sie vom Brötchenknast.) Also hat sich Hieber nach Alternativen umgesehen.
„Der erste Gedanke war ein Tauschsystem, bei dem Kunden Mehrwegboxen gegen Pfand mit nachhause nehmen. Das wäre aber sehr aufwändig gewesen. Als zweites hab ich an eine Turbo-Spülmaschine gedacht, die Boxen mit Dampfstrahlen reinigt. Aber dann sind wir aber aufs UV-Licht gekommen: Das wird in Metzgereibetrieben eingesetzt, um Messer zu sterilisieren.“
So ist die Mehrweg-Hygiene-Schleuse entstanden. Die Kunden legen ihre mitgebrachten Boxen dort ein, drinnen werden sie mit UV-Licht sterilisiert, dann dürfen die Mitarbeiter sie an der anderen Seite herausnehmen und befüllen. Sieht toll aus, hat irre viel Geld gekostet – und kann augenblicklich ins Technikmuseum.
Denn zwischenzeitlich ist Hieber eine weitere Idee gekommen.
„Unsere Vorgabe lautet: Wir dürfen die Mehrwegboxen der Kunden nicht anfassen und im Hygienebereich hinter der Theke abstellen. Also reichen wir dem Kunden jetzt ein Tablett, er stellt seine offene Box darauf, der Mitarbeiter legt die abgewogene Ware in die Box und reicht sie mit dem Tablett zurück.“
Die Kunden müssen nur noch den Klebezettel mit dem Preis selbst draufkleben. Und sie sind selbst verantwortlich dafür, dass die Boxen sauber sind. (Anders als in der Schleuse, wo die Verantwortung auf den Laden übergeht.)
Die Hygienekontrolle wisse Bescheid und habe nichts dagegen, sagt Hieber. Derzeit gibt’s die Thekentabletts nur in einem Markt, nach Pfingsten sollen aber auch die anderen damit ausgestattet sein. Das Beste daran ist: Es ist fast kein Aufwand dafür nötig. Die Theken selbst müssen nicht umgebaut werden, lediglich die Waagen kriegen Halterungen angeschraubt. Hieber sagt:
„Meine Hoffnung ist, dass das Thema Schule macht. Es haben schon viele Kaufleute angerufen und gefragt: Wie genau macht ihr das?“
Wenn das umgesetzt ist, geht’s beim Obst und Gemüse weiter, wo die Knotenbeutel aus Plastik durch leichte wieder verwertbare Netze, zum Beispiel aus Baumwolle, ersetzt werden sollen. Theoretisch können die Kunden auch Jutebeutel verwenden. Dafür ließe sich eine Taste an der Waage programmieren, die das Gewicht der Netze bzw. Beutel automatisch vom Gesamtgewicht abzieht.
Es scheint so, als hätte die Unverpackt-Bewegung tatsächlich den Anstoß geliefert, dass wir künftig nach dem Einkaufen zumindest ein bisschen weniger Verpackung in den Müll stopfen müssen, sogar im klassischen Supermarkt.
Nur die Mehrweg-Hygiene-Schleuse wird jetzt leider ein Unikat bleiben. Wobei: Wenn Hieber demnächst wieder Zeit zum Tüfteln hat, wird es ja vielleicht doch noch was mit der Erfindung des Replikators. Das Gehäuse dafür wäre jedenfalls schon fertig.