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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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Sofortessen-Gestümper bei Kaufland und Lidl: Snack lass nach!

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Lediglich wenige Jahre nach der kompletten Konkurrenz hat sich bei den Kühlthekenverantwortlichen der Schwarz-Schwester-Discounter Kaufland und Lidl die Erkenntnis durchgesetzt, dass es sich lohnen könnte, die zum Sofortverzehr geeigneten Artikel hervorzuheben, um zur Lunchzeit mittagessenaffine Kunden in die Läden zu locken.

Bei Kaufland führte das im vergangenen Jahr dazu, dass in modernisierten Märkten große Kühlhippos mit gut sichtbarer „To Go“-Kennzeichnung aufgestellt wurden – als Ersatz für die eher schmalen Theken, die sich Fertigsalate und Veggie-Artikel bis dahin in den meisten Läden als Anhängsel des Obst- und Gemüse-Sortiments teilen mussten (siehe Supermarktblog).

Die Hippos haben sich offensichtlich nicht durchsetzen können. Aber eine lange Kühlregalreihe am Markteingang gehört bei Kaufland inzwischen zum Standardinventar. Auch wenn das „To Go“ darüber eher schlecht als recht gut beschreibt, was Kunden darin finden. Die Regale sind eher so eine Art All-You-Can-Eat-Kühlbuffet, dem nicht nur Salate, Sandwiches und Smoothies zusortiert sind – sondern auch alle anderen Kühlartikel, die Kaufland sonst nirgendwo dazu sortiert kriegt, vom Veggie-Schnitzel bis zur Blattsalatkombi.

Um noch ein bisschen besser mit der dennoch erweiterten Lunch-Kompetenz punkten zu können, verpasst der Großflächen-Discounter einem Teil seines Snack-Sortiments derzeit das neue Eigenmarken-Label „K to go“.

Salate in der Plastikschale, Müsli und Joghurt-Kombis stehen schon neu verpackt im Regal. Und dass bei der gestalterischen Genese jemand kreative Purzelbäume schlagen musste, kann nach der ersten Begutachtung quasi ausgeschlossen werden. Mit großen bunten Buchstaben auf weißem Grund und den Umbrüchen mitten im WO
RT erinnern die K-to-go-Artikel (vermutlich nicht ganz zufällig) an das 2016 von McDonald’s eingeführte Verpackungsdesign, das auch die Discount-Schwester Lidl bereits schonungslos kopiert hat.

Regelmäßige Fastfood-Esser, die zwischendurch mal zum Mittag in den Großflächendiscounter wechseln, mag das ansprechen. Alle anderen Snack-affinen Kunden könnten sich davon eher abgeschreckt fühlen.

Auch die Chance, den Start der neuen Marke zum Anlass für Produktinnovationen zu nutzen, hat Kaufland verstreichen lassen. Die größte Innovation ist bislang, dass der vormals im eckigen Zweier-Pack angebotene Ungarische Wurstsalat nun im runden 200-Gramm-Becher bereitsteht. (Was den Inhalt wundersamerweise nicht schmackhafter aussehen lässt.)

Und eine in Plastik eingeschweißte Plastikgabel dazu liefert – gerade rechtzeitig zur Ankündigung der EU Anfang der Woche, Plastikbesteck künftig verbieten zu wollen, um Abfall zu vermeiden und die Vermüllung der Ozeane zu reduzieren.

Relativ offensiv ist Lidl Ende März die Einführung seines „Select & Go“-Labels angegangen und versprach per Pressemitteilung „bessere Orientierung und Sichtbarkeit“ des Sofortessens durch einen „gebündelte[n] To-go-Bereich im Kühlregal“. Seit zwei Monaten weisen nun Papptrenner in den Kühlregalen auf Produkte hin, von denen Lidl glaubt, sie seien „für beispielsweise die Mittagspause im Büro oder den schnellen Happen zwischendurch“ geeignet.

Dazu gehören offensichtlich auch: mit Fertigpatties belegte Cheeseburger im Zweierpack, 10er-Packs Chicken Nuggets und vegetarische Bolognese in der Aufwärmschale. In vielen Filialen sind klassische Fertigmahlzeiten mit in den Snack-Block sortiert. Damit lassen sich Angestellte erfreuen, die nach dem Einkauf die Büro-Mikrowelle zum Glühen bringen wollen; für „bessere Orientierung und Sichtbarkeit“ klassischer Sofortsnacks sorgt das aber nicht.

Genauso wenig wie die „chef select to go“-Kennzeichung, die signalisieren soll, dass ein gekennzeichnetes Produkt ohne zusätzliches Besteck verzehrbar ist – wenn man es zwischen dem ganzen anderen Kram denn findet.

„Für unseren erweiterten und neu gestalteten To-go-Bereich sind uns vor allem drei Dinge wichtig: Absolute Frische, qualitative Vielfalt und attraktive Produkte“,

ließ sich Jan Bock, Geschäftsleiter Einkauf bei Lidl Deutschland, zur großen Kühlthekenumwidmung im Frühjahr zitieren. Aber das kann nur als Gag gemeint sein, wenn man sich die traurige Realität ansieht. Statt Gemüsesticks mit Quark-Dip oder der Weiterentwicklung der (größtenteils wieder eingestellten) Veggie-Snacks gibt’s plattgedrückte Vollkorn-Klappstullen mit Sparbelag, in undefinierbarer Soße gebadete Sandwiches und Bagels, die schon vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums aussehen als seien sie zurück in die Zukunft gereist.

Oder wie appetitanregend auf der Verpackung steht: „Weizenkleingebäck mit Hähnebrustaufschnitt aus Fleischstücken zusammengefügt, gepökelt und gegart, Brotaufstrich mit Frischkäse und Salatmayonnaise-Senf-Creme, mit Zuckern und Süßungsmitteln.“

Lid hat’s tatsächlich geschafft, nach jahrelanger Vernachlässigung das To-Go-Sortiment für sich zu entdecken, dem aber keinen eigenen Spin zu geben, sondern bloß das bekannte Discountsnack-Allerlei umzusortieren und daneben ein paar Getränke kaltzustellen. Dafür hätte es gewiss keine eigene Kennzeichnung gebraucht.

Wie’s besser geht, macht Discount-Rivale Penny vor, das seine To-Go-Produkte schon vor vier Jahren in klar gekennzeichnete Kühltheken einsortiert hat (siehe Supermarktblog). In der Regel ist zwar auch dort eindeutig der Preis wichtiger als die geschmackliche Raffinesse. Dafür testet die Rewe-Tochter mit ihrer Eigenmarke regelmäßig neue Snack-Kombinationen und sorgt immer mal wieder für Abwechslung im Kühlregal.

Penny hat auch verstanden, dass Sofortsnacker nicht dieselben Kunden sind, die Fertigmahlzeiten zum Aufwärmen kaufen, und setzt die Abgrenzung nicht nur mit seiner Zweitmarke „penny heat & eat“ ganz gut um, sondern hebt die beiden Sortimente in den umgestalteten Läden neuerdings auch getrennt voneinander hervor (siehe Supermarktblog). Besser macht das im deutschen Discount derzeit sonst keiner.

Mal sehen, ob dem selbst ernannten Nachhaltigkeits-Discounter („Mit gutem Gewissen einkaufen“) auch als erstes eine passende Lösung dazu einfällt, wie sich das Sofortessen aus dem Supermarkt künftig so verpacken lässt, dass nach dem Verzehr keine riesigen Berge aus Plastikverpackungen mehr übrig bleiben.

Fotos: Supermarktblog"

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Der Beitrag Sofortessen-Gestümper bei Kaufland und Lidl: Snack lass nach! erschien zuerst auf Supermarktblog.


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