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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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Rossmann und der “Produkttester”-Trick auf Facebook

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Der “Sexy Skin Duschgenuss”, der “Eyeshadow Mono”, “Neutrogena Body Lotion mit Nordic Berry”, “Syoss Supreme Selection”-Haarpflegeprodukte und die “Palmolive Schaum Handseife Magic Softness Himbeere” stehen bisher wahrscheinlich nicht auf dem Einkaufszettel für Ihren nächsten Drogeriebesuch. Aber wenn Sie ein paar Minuten Zeit investieren, erklären Ihnen “exklusive” Rossmann-Kunden gerne, warum das ein Fehler ist. 5000 Gutscheine verteilt die Drogeriekette derzeit wöchentlich an ihre Facebook-Fans, die sich auf der Social-Media-Plattform als “Produkttester” beworben haben (und vorher “Gefällt mir” gedrückt).

"Produkttester"-Aktion von Rossmann auf Facebook

Die “Bewerbung” besteht darin, montags, dienstags und mittwochs mit der Comicversion eines halswirbelreichen Paarhufers auf einer schlecht gezeichneten Wiese Schmetterlinge anzuhüpfen, die daraufhin in der Luft zerplatzen und im Idealfall den gewünschten Gutschein freigeben. In diesem Fall kommt Email-Post mit dem Betreff: “Wir freuen uns darüber, Dich als Produkttester begrüßen zu dürfen!”:

“Du hast die Giraffe richtig geleitet und den Produkttester-Coupon entdeckt. Herzlichen Glückwunsch! Im Anhang findest du deinen persönlichen Coupon, den du in allen Rossmann Filialen einmalig einlösen kannst.”

Es ist nicht ganz klar, weshalb Rossmann davon ausgeht, dass seine auf Facebook aktiven Kunden von Beruf hauptsächlich Erstklässler sind. Aber die viel entscheidendere Frage ist ja auch: Warum macht Rossmann das?

Um die Produkte zu testen, sagen Sie?

Tatsächlich schreiben die Gutschein-Nutzer nachher eifrig Produktbewertungen. Das ist nämlich Bedingung, um wieder mitmachen zu können. Was aber damit geschieht, inwiefern Rosmann diese an die Hersteller weitergibt oder auswertet, um Eigenmarken zu verbessern (die auch schon “getestet” werden konnten), verrät das Unternehmen auf Anfrage nicht. Vielleicht, weil es egal ist.

Auf einer Marketing-Veranstaltung, mit der sich Facebook bei der Industrie als ideales Werbeumfeld vorstellen wollte, erzählte der Rossmann-Teamleiter Social Media Ende April, worum es bei der Produkttester-Aktion eigentlich geht: darum, die Leute mit den Gutscheinen in die Läden zu locken, wo sie sich das “Test”-Produkt abholen können – und, wenn sie schon mal da sind, gleich noch ein bisschen mehr einkaufen. “Horizont” schreibt dazu:

“100.000 zusätzliche Kunden besuchten aufgrund der Aktion [im vergangenen Jahr] eine Rossmann-Niederlassung, was für Zusatzumsätze über den eingelösten Coupon hinaus sorgte.”

Das ist schon deshalb ganz praktisch, weil Kunden, die Rossmann vorher auch auf Facebook besucht haben, einer GfK-Untersuchung zufolge im Durchschnitt anderthalb mal mehr ausgeben wie Nicht-Facebook-Besucher, und sogar zwei mal mehr für Rossmann-Eigenmarken. Über 90 Prozent der ausgegebenen Gutscheine würden tatsächlich eingelöst.

Die Aktion ist für Rossmann also vor allem: ein gutes Geschäft.

Und ein noch besseres, wenn man annähme, dass die Hersteller dazu verpflichtet würden, die 5000 Produkte auch Rossmann gratis zur Verfügung zu stellen. Ob es eine solche Forderung gibt, möchte Unternehmenssprecher Josef Lange nicht sagen. Eigentlich möchte Rossmann zur Produkttester-Aktion (für deren Teilnahme  Nutzer Zugriff auf ihr Profil, ihre Email, ihre Freundesliste und sämtliche Gefällt-mir-Angaben freigeben) auf Anfrage sogar gar nichts sagen:

“Wir müssen Ihnen (…) eine Beantwortung der Fragen versagen, da es sich um sensible bzw. wettbewerbsrelevante Informationen handelt.”

Ergänzung vom 7. Oktober: Rossmann konnte sich im Nachhinein doch noch zu einer Auskunft durchringen. Zusätzlich zur auf Facebook einsehbaren Produktbewertung würden “oftmals 3–5 zusätzliche Fragen an den Nutzer gestellt, dessen Antworten nicht öffentlich auf Facebook sichtbar sind”, u.a. “zu Konsistenz, zum Duft, zur Anwendung oder auch Wünsche zur Sortimentserweiterung”.

Diese Daten würden “anonymisiert gesammelt und den Produktmanagern sowie den Industriepartnern zur Verfügung gestellt, (…) um gegebenenfalls Änderungen am Sortiment oder am Produkt vorzunehmen”.

Screenshots: Supermarktblog

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