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Na endlich: Rewe trägt in Berlin den Pop-up-Store-Trend zu Grabe

Wir unterbrechen die (an dieser Stelle begründete) Nicht-Berichterstattung über Pop-up-Stores deutscher Lebensmittelhandelsketten für, ähm, einen Bericht über den neusten Pop-up-Store einer deutschen Lebensmittelhandelskette.

Und zwar, weil der Ende März in Berlin-Mitte aufgesperrte „Rewe Pop-up“ nicht nur ein wunderbares Beispiel dafür ist, wie sehr die nervige, inzwischen von unzähligen Marken betriebene Sonderflächeneröffnerei ihren Zenith überschritten hat – sondern auch ein guter Anlass ist, diesen überstrapazierten Trend zu Grabe zu tragen.

Rewe nutzt die riesige Ladenfläche an den Hackeschen Höfen in erster Linie, um die Produkte seiner Eigenmarke ja! zu bewerben. Dafür hat das Unternehmen herausfinden lassen, was die „Lieblingsgerichte der Deutschen“ sind, ein kleines Wiki dazu an die Wand genagelt und – Potzblitz! – gemerkt, dass man die Mahlzeiten alle mit ja!-Produkten nachkochen kann.


Um das zu veranschaulichen, wurde auf der angemieteten Fläche für jedes Gericht ein eigener Tisch mit Kochanleitung aufgebaut – wofür sich die Gestalter ziemlich schamlos bedenkenlos bei der Ästhetik des Rezept-Anbieters Kochhaus (der gerade Insolvenz anmeldete) bedient hat.

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Auf großen Tafeln kriegen Besucher erklärt, wie man die Gerichte zubereitet, die sie angeblich ja ohnehin besonders oft bzw. gerne essen – und das verrät schon ganz gut, für wie doof Rewe seine Kunden halten muss.

Hätten Sie gewusst, dass man für Spaghetti Bolognese „Spaghetti kochen“, „Hackfleisch anbraten“, „Zwiebeln und Knoblauch hacken“, „geschälte Tomaten [Verb fehlt]“ und „Basilikum zupfen“ muss?

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Wer sich in der Begeisterung hinreißen lässt, kann die passenden Zutaten gleich an Ort und Stelle käuflich erstehen – und kriegt sie, wenn die richtige Gesamtsumme geschätzt wird, umsonst. Botschaft dieser sehr bemühten Spielerin ist:

„Leckeres Essen muss nicht viel kosten.“

Vor allem aber natürlich: Wer günstig einkaufen mag, braucht nicht unbedingt zum Discounter zu gehen, sondern wird auch bei Rewe fündig – wie die vielen jungen, sehr freundlichen und sehr unterbeschäftigten Pop-up-Bewacher in Rewe-Kluft nicht müde zu erklären werden.

Wie wär’s mal mit: Vielfalt?

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Sagen Sie mir Bescheid, wenn ich mich mit meiner Annahme zu sehr aus dem Fenster lehne, aber: Ich glaube, das wissen die meisten Kunden längst. Womöglich ist es sogar eher kontraproduktiv, ausgerechnet jetzt mit einer klaren Kernkompetenz der Discounter zu werben –und zwar nicht nur, weil die sich herausgefordert fühlen könnten, die Gelegenheit für ein ordentliches Störfeuer zu nutzen. So wie Netto (ohne Hund) am Wochenende.

Sondern vor allem, weil sich Aldi nach der Erweiterung seines Angebots an klassischen Markenprodukten derzeit mit Lidl einen wöchentlichen Kampf um die Preishoheit liefert und die Supermärkte dabei manches Mal ziemlich alt aussehen.

Müsste man in dieser Situation als Händler nicht viel eher für etwas werben, das die Discounter nach wie vor nur eingeschränkt bieten (können) – zum Beispiel: Vielfalt?

Eigentlich wäre es für Rewe kein Problem gewesen, den Fake-Laden zu nutzen, um die ganze Bandbreite günstiger, hochwertiger, besonderer Produkte aller seiner Eigenmarken herauszustellen (nicht nur die von ja!).

Leicht hätte sich erklären lassen, dass die „Lieblingsgerichte der Deutschen“ mit Produkten aus dem Supermarkt ganz easy aufzupeppen sind (ohne ihren Grundcharakter zu verfälschen): zum Beispiel Spaghetti Bolognese mit Oliven und Kapern von Rewe Beste Wahl; oder Nudelauflauf Tomate-Mozzarella mit Linsen-Penne der frisch relaunchten Rewe Bio-Marke; oder Pizza al Gusto mit einem edlen Käse von Rewe Feine Welt.

Ein überstrapaziertes Konzept

Das wäre nicht bloß „Großer Geschmack für kleines Geld“ gewesen, sondern vor allem: „Mehr Vielfalt mit wenig Aufwand“ – einfach zu besorgen bei einem Einkauf im Rewe-Supermarkt Ihres Vertrauens.

Diese Botschaft hätte auch deutlich besser an den ausgesuchten Pop-up-Ort gepasst, wo – schon klar – ziemlich viele Leute vorbeikommen. Aber glaubt Rewe wirklich, dass sich in Berlin-Mitte die Kernzielgruppe für die beabsichtigte Botschaft (Rewe kann auch billig) finden lässt? Oder hat man in Köln einfach all das zusammen in einen Topf geworfen, was noch im Schrank zu finden war: die Reste vom Marketing-Budget fürs Discountpreis-Angebot und den Marketing-Trick, der schon von so vielen anderen Firmen durchgenudelt worden ist, dass selbst König Pop-up gerade bekannt gegeben hat, künftig auf den Quatsch verzichten zu wollen und lieber richtige Läden zu eröffnen?

Ende dieser Woche schließt der begehbare ja!-Store wieder; 50 Meter rechts davon hält der jes-Store des Markenherstellers Katjes allerdings die Stellung. Sieht man eh kaum, den Unterschied.

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Und als nächstes arbeiten wir dann daran, dass der Handel gegen diese grassierenden Instagram-Influencer immunisiert wird, okay?

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