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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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Zubereitungstheken für Obst und Gemüse bei Merkur und Spar: Das Fenster zur Küche

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„Fertig ist das neue Frisch!“

So wirbt Rewe für Salate, Sandwiches und Smoothies seiner Sofortessen-Eigenmarke Rewe to Go.

Aber, pssst, kleiner Hinweis: Stimmt so gar nicht.

Richtiger wäre: „Frisch und fertig ist das neue Frisch.“ Das hat sich in vielen Supermärkten hierzulande nur noch nicht herumgesprochen. (Auch nicht großflächig in denen, die damit werben, Lebensmittel zu lieben: Viel zu oft endet die Liebe, sobald der Nachschub von der Palette ins Regal eingeräumt worden ist.)

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Im Ausland verkaufen Händler wie z.B. Wegmans oder Whole Foods frisches Obst und Gemüse nicht nur im Originalzustand, sondern alternativ auch für den Direktverzehr vor- und zubereitet. In einigen Filialen können Kund:innen sogar selbst entscheiden, in welcher Schnittform sie ihr Gemüse mit nachhause nehmen möchten. Dabei muss man gar nicht so weit fahren, eigentlich reicht schon ein Blick in österreichische Supermarktkühltheken.

„Frisch zubereitet im Markt“

Dort verspricht eine zunehmende Zahl an Produkten, dass sie „handgemacht im Markt“ sind, „frisch selbstgemacht“ oder „frisch zubereitet im Markt“ und „täglich so lange der Frische-Vorrat reicht“ verfügbar – nicht nur Salate und Sandwiches, sondern auch Pasta, Wurst- und Käseplatten, Sushi, Müslis.

Dieser Trick ist natürlich nicht neu. Die Handelsketten mussten ihn sich bloß bei Anbietern wie der britischen Sandwichkette Pret A Manger abgucken (siehe Supermarktblog). Und natürlich beinhaltet er das Händler besonders nervös machende Risiko, mit  überschüssig produzierter Ware Verluste zu machen.

Zugleich ist die Vor- und Zubereitung im Markt aber ein ideales Mittel, um eigene Frischekompetenz zu demonstrieren. So wie zum Beispiel Merkur und Spar. Im Shoppingcenter The Mall Wien-Mitte kommen Spar-Kund:innen automatisch an der Kombination aus Zubereitungstresen und Kühltheke vorbei, für die im Laufe des Tages permanent Nachschub zubereitet wird.

Auch Wettbewerber Merkur baut „Vitaminbars“ in seine Läden ein, an denen sich jede:r selbst überzeugen kann, was gerade alles frisch geschnippelt wird. Dazu verspricht die Rewe-Tochter:

„Holen Sie sich Vitamine aller Art von uns zubereitet.“

Notfalls reicht auch ein Fenster zur Küche, um zu signalisieren: hier wird frisch zubereitet.

Die Direktproduktion hat zudem den praktischen Nebeneffekt, dass Alternativen zu klassischen Plastikverpackungen eingesetzt werden können, ohne dass wegen langer Anlieferwege erhöhte Durchweichgefahr besteht (was Merkur zwar ausprobiert, bislang aber leider nicht überall durchgesetzt hat; siehe Foto).

Damit senden die Händler drei wichtige Signale an ihre Kund:innen:

  • Frischekompetenz: Vorbereitete Lebensmittel sind vorher nicht bis zum Erwelken durchs Land gekarrt worden, sondern kommen direkt aus der Obst- und Gemüseabteilung.
  • Verantwortungsbewusstsein: Ausverkaufte Salate oder belegte Weckerl können direkt nachproduziert werden – idealerweise in genau der Menge, die sich am selben (oder am nächsten) Tag auch verkaufen lässt.
  • Vertrauen: Wer so frisch und transparent im Laden produziert, muss sich auch sonst ziemlich gut mit Lebensmitteln auskennen.

Nehmt das, Discounter!

Dass die Vor- und Zubereitung im Markt nicht nur einen guten Endruck macht, sondern auch den Verkauf ankurbeln kann, haben freilich auch deutsche Händler erkannt. Hierzulande werden offene Zubereitungstresen aber in erster Linie in Vorzeigeprojekte wie Reals Markthalle (in Krefeld) oder Zurheides E-Center The Crown (in Düsseldorf) eingebaut, viel seltener (oder gar nicht) jedoch in Standardmärkte.

Dabei könnten die Tresen den Supermärkten hervorragend helfen, sich zusammen mit den etablierten Bedientheken für Fleisch, Fisch und Käse wieder stärker von den Discountern abzugrenzen, die immer supermarkiger werden.

Vor allem Rewe könnte längst einen riesigen Vorsprung haben – man müsste sich bloß abgucken, was bei den österreichischen Töchtern gut funktioniert. Sogar einen Prototypen für die hiesigen Filialen hätten die Kölner schon parat: die fürs neue Ladendesign erprobte (und bislang nicht großflächig eingeführte) Feinkost- und Antipaste-Theke (siehe Supermarktblog), die als zentraler Zubereitungsort im Markt nicht nur schick aussähe, sondern noch dazu eine abwechslungsreiche und moderne Produktpräsentation ermöglichen würde.

Am fehlenden Platz im Laden kann die Zögerlichkeit eigentlich nicht liegen: Den überlassen die Supermärkte bislang bloß xternen Partnern, die sich dort mit Sushi-Würfeln und alternativen Salattheken einrichten  – und es spricht ja auch per se nichts gegen Kooperationen, vor allem für gastronomische Angebote (siehe Supermarktblog).

Allerdings wird der Händler dann selten als Absender wahrgenommen – und rückt in der Wahrnehmung der Kund:innen in den Hintergrund. Das führt z.B. bei Rewe in Berlin zu der Kuriosität, dass der Partner EatHappy vorne im Laden fleißig Suhsi rollt, während die Rewe-Mitarbeiter:innen zum Salatschneiden und Sandwichbelegen auf winzige Nebenräume zwischen Geldautomat und Pflanzenregal am Rand ausweichen müssen – ohne dass Kund:innen die Anstrengungen dort zur Kenntnis nehmen. Eine verschenkte Chance.

Schwierigkeitsstufe 2: Bedientresen

Wer die Tresenvielfalt bereits beherrscht, kann sich derweil an die nächste Schwierigkeitsstufe wagen: Bedientresen, an denen nicht nur frisch belegte Sandwiches ausgegeben werden, sondern Kund:innen direkt im Anschluss mit ihrem kompletten Einkauf abkassiert. (Was freilich nur in kleineren Läden oder mit Artikelbegrenzung sinnvoll ist.)

Der Vorteil? Ist eigentlich ganz einfach. Würden Sie lieber ein wie folgt in Plastik verschaltes Eier-Baguette aus der Marktkühltruhe kaufen (Rewe in Berlin)?

Oder nicht doch lieber das mit der Banderole gleich viel hochwertiger wirkende Theken-Pendant, das von einer Mitrabeiterin bzw. einem Mitarbeiter in einer Papiertüte über den Tresen gereicht wird (Merkur in Wien)?

Je größer die Konkurrenz an gastronomischen Mitnahme-Angeboten mit frischen, gesunden Mahlzeiten für zwischendurch wird, desto eher steigt der Druck auf klassische Lebensmitteleinzelhändler, die sich überlegen müssen, wie sie dagegen halten können. Wer „Frisch im Markt“ heute erfolgreich hinkriegt, sichert sich einen großen Vorsprung vor der Konkurrenz.

Und wer das verpennt? Der wird sich ziemlich bald fragen, warum seine Kund:innen in der Mittagspause und zum Feierabend künftig vielleicht lieber woanders einkaufen gehen.

Ihr Supermarkt kriegt das schon jetzt viel besser hin? Teilen Sie Ihr Wissen mit uns in den Kommentaren!


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Fotos: Supermarktblog

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Der Beitrag Zubereitungstheken für Obst und Gemüse bei Merkur und Spar: Das Fenster zur Küche erschien zuerst auf Supermarktblog.


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