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„Werde Schnellzahler!“: Penny bringt Einkaufs-App „Scan & Go“ in über 100 Filialen

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Kund:innen haben keine Lust, beim Einkauf mit Maske unnötig lange an der Kasse anzustehen? Und sich in den vergangenen Wochen ohnehin daran gewöhnt, bargeldlos zu zahlen? Da muss in der Kölner Zentrale von Deutschlands viertgrößtem Discounter ein grünes Lämpchen angegangen sein: Moment mal, dazu haben wir doch schon was Passendes in Arbeit!

Während die meisten Discounter sich derzeit eine PR-Rechthabeschlacht darum liefern, wer die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung zuerst umgesetzt hat und bei wem Kund:innen am wenigsten bezahlen müssen …

… arbeitet Penny einfach daran, den ohnehin günstigen Discount-Einkauf ein Stück weit bequemer zu machen.


Bereits im vergangenen Jahr testete die Rewe-Tochter in zwei Märkten in Köln und Marburg, ob Kund:innen Lust haben, Produkte während ihres Einkaufs im Laden mit dem eigenen Smartphone zu scannen, um sie nachher an einer separaten Kasse schneller bezahlen zu können (siehe Supermarktblog). Die Antwort lautete offensichtlich: ja, haben sie.

Bargeldlose Zahlung an der Schnellkasse

Zumindest weitet Penny die Funktion nun deutlich aus: Mitte Juni wurde „Penny Scan & Go“ – wie der zunächst „Penny Go“ getaufte Service inzwischen heißt – in 20 neuen Märkten freigeschaltet; Anfang dieser Woche sind noch einmal 89 Märkte hinzu gekommen, verteilt über nahezu alle Bundesländer.

Das Prinzip ist nach wie vor dasselbe: Wer sich die App heruntergeladen hat, kann sie ohne Anmeldung benutzen, indem er (in teilnehmenden Filialen) an der Servicestaion in der Obst- und Gemüse-Abteilung einen QR-Code zur Filialidentifikation scannt. Und anschließend die Artikel, die gekauft werden sollen.

Im virtuellen „Warenkorb“ bleiben die gescannten Produkte die ganze Zeit im Blick. Über die Schaltfläche „Jetzt zahlen“ wird ein QR-Code generiert, der wiederum an der separat ausgewiesenen Scan-&-Go-Kasse gescannt werden muss. Bezahlt wird ausschließlich bargeldlos am klassischen Karten-Terminal. (Die technologische Basis für die Lösung stammt vom niederländischen Self-Scanning-Spezialisten Re-Vision.)

Die Hauptargumente für die Nutzung kommuniziert Penny klar und schnörkellos:

„Schneller bezahlen.“
„Sofort einpacken.“

Das letztgenannte Versprechen bestätigt man noch einmal in den FAQ:

„[D]u kannst deine Artikel direkt nach dem Einscannen am jeweiligen Regal in deiner eigenen Einkaufstasche verstauen.“

Das beißt sich derzeit zwar mit der Corona-bedingten Vorgabe, per De-Facto-Einkaufswagenpflicht weiter nur eine begrenzte Zahl von Kund:innen in einen Markt zu lassen; aber – mal sehen.

Kleine Barcodes am Regal

Denn abgesehen von ein paar Kleinigkeiten funktioniert die Lösung wie versprochen: Bei meinem Testeinkauf in Berlin in dieser Woche ließen sich fast alle ausgewählten Produkte problemlos scannen; Pfand-Bon inklusive.

Loses Obst und Gemüse muss selbst abgewogen werden. Den von der Waage ausgegebenen Barcode schluckt die App ebenfalls. (Noch toller wär’s freilich, das Ding ohne Klebeausdruck einfach auf dem Screen angezeigt zu kriegen.)

Alles, was stückweise abgerechnet wird, trägt den Barcode auf dem Preisschild am Regal: ein Bund Radieschen, Avocado, sämtliche Backwaren aus dem Brötchenknast usw. – wobei Penny (zurecht) darauf hinweist, dass die Codes dort teilweise „sehr klein und schnell zu übersehen“ sein können. Was nicht übertrieben ist.

Wenn man aber einmal raus hat, wie’s funktioniert, geht das Scannen flott von der Hand. Bloß die Kontaktlos-Bezahlung mit Google Pay hat bei mir im Test nicht geklappt.

Um die Nutzung der App anzuschieben, erhalten Scan-&-Go-Kund:innen in den teilnehmenden Filialen derzeit noch bis 15. August einmalig 5 Prozent Rabatt auf ihren ersten Einkauf als Selbstscanner.

Scannen für die Personalentlastung?

Für Penny hat die App-Lösung den großen Vorteil, dass der Discounter seine Filialen verhältnismäßig einfach dafür umrüsten kann: hauptsächlich, indem er ein paar Pappschilder aufstellt und eine der regulären Kassen, die ohnehin seltenst alle gleichzeitig geöffnet sind, für „Schnellzahler:innen“ umrüstet. Die Anschaffungskosten für stationäre SB-Kassen sowie den dafür notwendigen Umbau der Kassenzone entfallen. Ebenso wie die eine separate Beaufsichtigung – was nicht nur von Vorteil sein dürfte. Zumindest ist unklar, ob Scan & Go nicht noch Diebstahl-anfälliger ist als stationäre Selbstscanner-Kassen im Discount ohnehin schon (siehe Supermarktblog).

In den AGB weist Penny darauf hin, dass bei wiederholter Nutzung der App zufällige Stichproben durch das Marktpersonal erfolgen werden können.

Interessant ist, dass dessen Entlastung als weiteres Argument für die Nutzung von Scan & Go angeführt wird. Online argumentiert der Discounter:

„[G]anz nebenbei entlastest du noch unsere Kolleginnen und Kollegen in den Märkten. Diese haben nun mehr Zeit für andere Dinge, wie zum Beispiel zur Bestellung neuer Ware oder zum Aufräumen der Regale.“

Neue Aufgaben für Mitarbeiter:innen

Damit tritt Penny auch prophylaktisch dem Argument entgegen, Selbstscannen ermögliche den Handelsketten vor allem den Abbau von Arbeitsplätzen. Der Discount dürfte da noch einmal in einer besonderen Position sein – weil viele Ketten ohnehin schon so sparsam Personal einplanen, dass eine Reduktion vielerorts kaum noch möglich sein dürfte (sofern man den Kund:innen künftig nicht auch noch das Regaleinräumen überlassen möchte).

Theoretisch könnte Scan & Go deshalb tatsächlich eine Entlastung für Mitarbeiter:innen sein, wenn z.B. die zeitraubende Eröffnung einer zweiten oder dritten Kasse zu Stoßzeiten wegfiele.

Praktisch müssen sich Penny-Angestellte aber natürlich künftig auch um Fragen von Scan-&-Go-Kund:innen kümmern. Gleichzeitig soll das Personal an der regulären Kasse die Jugendschutzprüfung übernehmen, wenn FSK-18-Artikel wie Wein oder Bier gekauft werden. (Ist das der Fall, erhalten die Kolleg:innen ein Signal auf den Bildschirm ihrer Kasse und entscheiden, ob sie sich von der oder dem Scan-&-Go-Nutzer:in den Ausweis zeigen lassen wollen; ohne Freigabe geht es nicht weiter.)

Keine Gutscheine, keine Zeitschriften

Und ein paar Einschränkungen bringt die Scan-&-Go-Nutzung nach wie vor mit sich:


  • Die Sicherungskappen an hochprozentigem Alkohol müssen vom Kassenpersonal entfernt werden;
  • Gutscheine und Zeitschriften lassen sich „noch nicht“ per App scannen;
  • klassische Treuepunkte gibt’s auf Anfrage;
  • und Payback-Mitglieder können per Kartenscan zwar wie gewohnt Punkte sammeln, an der Schnellkasse aber nicht per Payback Pay bezahlen. Damit tritt Pennys Scan & Go ein Stück weit in Konkurrenz zu der Bezahllösung des Partners.

(Was vor allem dann interessant werden dürfte, wenn sich herausstellen würde, dass die eigene – weitgehend anonym nutzbare – Variante sehr viel mehr Nutzer:innen anspräche.)


Screenshots [M]: Penny/Smb

Kurz gesagt: Wer von vornherein weiß, dass sein Einkauf weder prüfrelevante Produkte noch Gutscheine oder Telefonkarten beinhaltet, für den könnte Scan & Go in Zukunft eine interessante Alternative sein, um schnell(er) durch den Discounter zu kommen.

In 5 Prozent der Filialen verfügbar

Dass Penny mit der Lösung weiterhin im Testmodus fährt, zeigt sich u.a. daran, dass Scan & Go als eigenständige App angeboten wird und bislang nicht in die Hauptapplikation der Handelskette integriert wurde. Das wäre zweifellos ein Weg, um auf einen Schlag sehr viele potenzielle Selbstscanner:innen anzusprechen. Es lohnt sich aber nur, wenn Scan & Go mittelfristig in einem nennenswerten Teil der Märkte angeboten würde. Bislang ist Scan & Go in rund 5 Prozent der 2.150 deutschen Penny-Filialen verfügbar.

Wie mühsam es sein kann, komplette Filialnetze für die Nutzung digitaler Lösungen auf Kund:innen-Smartphones einsatzbereit zu machen, demonstriert Lidl derzeit mit seinem Treueprogramm Lidl Plus. Dessen deutschlandweiter Start dürfte nach der Ausstattung aller Lidl-Märkte mit freiem WLAN kurz bevor stehen – weit über ein Jahr nach dem Start des Tests in Berlin und Brandenburg (siehe Supermarktblog).

Mit Scan & Go ist Penny den großen Wettbewerbern derweil einen Schritt voraus.

Self-Scanning ist bisher die Ausnahme

Und nicht nur denen: Self-Scanning gehört im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel bislang eher zu den Ausnahmen. Globus und Rewe geben dafür Handscanner aus. Und ein Hamburger Edeka-Händler setzt auf eine App-basierte Lösung namens Koala. In aller Regel wird in deutschen Supermärkten aber weiter angestanden und klassisch bezahlt.

Das könnte sich ändern, sobald eine funktionierende Lösung, die ohne großen Aufwand von der Mehrheit aller Kund:innen genutzt werden kann, großflächig verfügbar wäre. Pennys Scan & Go könnte eine solche Lösung sein.

Fotos: Supermarktblog"

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