Endlich kann der deutsche Lebensmitteleinzelhandel in Sachen Selbstscannen auch mal Vorreiter sein! Glauben Sie nicht? Doch, doch – gleich mehr dazu. Vorher noch ein Hinweis. Sollten Sie zu der wachsenden Zahl der Kund:innen gehören, die inzwischen daran gewöhnt sind, sich beim Supermarktbesuch selbst abzukassieren, kennen Sie das vielleicht schon: Vorm Verlassen des Ladens verlangt der Händler Ihnen einen Vertrauensbeweis ab, um Sie wieder aus dem Laden zu lassen – den Kassenzettel des frisch bezahlten Einkaufs.
Oder wie es u.a. bei Kaufland und Penny am Ende der SB-Kassenzone heißt:
„Ihr Bon ist der Türöffner.“

Sonst geht sie nämlich nicht auf, die dorthin gebaute Auslassschranke, die nur mit dem auf den Bon gedruckten Strichcode geöffnet werden kann.
Auf diese Weise versuchen die Unternehmen zu verhindern, dass Kund:innen mit unbezahlter Ware einfach so aus dem Laden spazieren – auch wenn das die allermeisten deutschen Händler bislang ungern zugeben (siehe Supermarktblog). Einer macht’s jetzt doch. Und bestätigt damit die Angaben mehrerer Supermarktblog-Leser:innen, die bemerkt haben, dass ihre Filialen zuletzt (nachträglich) verschrankt wurden: Rewe.
Selbst Großbritannien rüstet nach
Erste Sichtungen neuer Auslassschranken gab es in mehreren Kölner Rewe-Märkten (hier, hier, hier) sowie in Frankfurt; auf Supermarktblog-Anfrage bestätigt ein Sprecher der Handelskette:
„Tatsächlich kombiniert auch REWE bei allen neuen SCO-Installationen ein Exitgate zur Diebstahlprävention, wenn dies räumlich/baulich möglich ist. Auch Nachrüstungen hat es schon gegeben. Zahlen dazu können wir Ihnen jedoch nicht zur Verfügung stellen.“
Vor allem in kleineren City-Märkten, wo SB-Kassen direkt an den Ausgang gebaut sind (Foto oben), dürften solche Nachrüstungen aber schwer werden. Und zumindest in Berlin eröffneten zuletzt weiter neue Rewe-Märkte mit noch schrankenfrei geplanten Self-Checkouts.
Der abschließende Bon-Scan wird dennoch zunehmend zum Standard für SB-Kassen-Benutzer:innen, sogar im europäischen Mutterland des Self-Scannings: Großbritannien. Dort rüsten u.a. Sainsbury’s und Morrisons ihre SB-Kassenzonen mit Barrieren nach, die erst nach einem „proof of purchase“ geöffnet werden können. Bei Morrisons sollen manche Anlagen zwar automatisch erkennen, wenn ein Einkauf bezahlt wurde, und die Schranke aufgehen lassen (aber nicht überall). Sainsbury’s erklärt die Einführung derweil auf großen Bannern im Laden und verlangt:
„Please scan the bar code on your receipt here.“
Den verdutzten Brit:innen erklärte „Retail Gazette“ kürzlich, dass Bonscannen am Auslass eine „common practice in countries such as France and Germany“ sei. (Deshalb: endlich Vorreiter!)
Die daran nicht gewöhnten Kund:innen im vereinigten Königreich bringt die Verschrankung trotzdem ziemlich auf die Palme: Auf (dem frisch in X umbenannten) Twitter machten diverse Selbstscanner:innen ihrem Ärger Luft, beschwerten sich über den zusätzlichen Aufwand und darüber, pauschal des Diebstahls verdächtigt zu werden bzw. riefen teilweise zum Boykott auf.
Kund:innen nehmen’s (noch) gelassen
Die Rewe-Kundschaft scheint genügsamer zu sein (oder das Bonscannen aus anderen Läden schon zu kennen). Auf die Frage, wie man mit Kritik von Kund:innen an den neuen Barrieren umgehe, heißt es aus Köln:
„Kritik von Kund:innen ist uns nicht bekannt. Da SCO-Kassen grundsätzlich von Mitarbeitenden betreut werden, können diese bei auftretenden Problemen oder bei Kundenfragen schnell helfen.“
Und wenn die Schranken tatsächlich dazu beitragen, Selbstscan-Optionen in den Läden dauerhaft als Alternative zu den regulären Anstehkassen zu etablieren, ohne dass der jeweilige Händler fürchten muss, dass ihm unehrliche Einzelkundschaft den Laden ausräumt, werden die Auslassschranken künftig wohl vielerorts zum Ladenbild gehören.
Selbst wenn sie nur eine von vielen Maßnahmen sein dürften, mit denen die Handelsketten ihre Kundschaft ans Ehrlichsein erinnern wollen. Penny z.B. schreibt direkt über die Self-Scanning-Kassen den unmissverständlichen Hinweis:
„Bitte mal winken! Zur Sicherheit überwachen wir diesen Bereich per Video – und führen regelmäßige Stichprobenkontrollen durch.“

Sich häufende Stichprobenkontrollen
Letztere werden, wenn sie sich häufen, allerdings schnell lästig – so wie bei den Scan-&-Co-Systemen, die sich nach wie vor im deutschen Handel zu etablieren versuchen. Dabei scheint die Stichprobenkontrolle deutlich verschärft worden zu sein: „Es tut uns leid, dass wir dich aufhalten“, meldete mein Rewe-Handscanner gerade wieder beim Übertrag an die SB-Kasse, die unverständlich dazu ächzte: „Der Vorgang kann auf dieser Kasse nicht durchgeführt werden“ – zumindest nicht ohne Assistenz der herannahenden Aufsicht.
Manchmal ist es eben doch sehr kompliziert, ganz einfach bezahlen zu wollen.
Danke an Johannes, Dominik, Titus und Aufrechtgehn.
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Der Beitrag Auch Rewe macht die (Nach-) Beschrankung der SB-Kassenzone zum Standard erschien zuerst auf Supermarktblog.