Seitdem Schauspielerin Sophia Thomalla dafür engagiert wurde, auf Prospektabbildungen und Werbepostern verträumt in die Sonne zu schauen oder mittelunbekleidet in kataloghaften Sonnenappartements rumzuliegen, obwohl sie sich doch mit der aktuellen “Sommer-Mode”-Kollektion ihres Auftraggebers hätte einhüllen können (“Esmara 2 Tops/Bandeau-Tops 4,99″ usw.) findet Lidl sein Drogeriesortiment ziemlich “Ciensationell”.
Oder um’s genauer zu sagen: “Ciensationell echt”, “Ciensationell natürlich”, “Ciensationell schön”.
Nun steht es dem Discounter bei seiner zunehmenden Supermarktwerdung selbstverständlich frei, keine der Werbe-Peinlichkeiten auszulassen, die sonst den Wettbewerbern vorbehalten sind – zum Beispiel: sich von einer Agentur eine teure Promi-Kampagne mit unaussprechlichem Wortspiel aufschwätzen zu lassen, das auf Anhieb niemand versteht. (Dabei ist es ja ganz einfach: Die Lidl-Drogerie-Eigenmarke heißt “Cien”.)
Aber damit ist das Sparsamkeits-Image des Aldi-Konkurrenten natürlich ein für alle mal ruiniert.
Kann sein, dass das in der Neckarsulmer Lidl-Zentrale so gewollt ist. Denn vom einst heiligen Discount-Prinzip, mit möglichst wenig Schnickschnack möglichst viel Umsatz zu erzielen, verabschiedet sich das Unternehmen jede Woche ein Stückchen mehr. Seit kurzem hat Lidl im Drogerieregal Boxen mit Miniprodukten installiert und bewirbt diese als “Cien-Minis” für die Urlaubszeit: “Volumen Haarspray”, “Duschgel Lemon Kick”, “Rasierschaum Fresh”.
Das wird den meisten Kunden von dm und Rossmann bekannt sein, wo die Schrumpfabteilung schon seit längerem fest zum Sortiment gehört. Immerhin lässt sich mit den auf den ersten Blick günstigen, im Vergleich zu den Normalgrößen aber deutlich teureren Minis schön was verdienen. Bei den Preisen scheint sich Lidl ungefähr an denen des Marktführers dm zu orientieren (z.B. 50 ml Duschgel für 45 Cent).
Die Kleingrößen sind aber bislang untypisch für den Discount, der sich sonst eher mit XXL-Packungen hervorgetan hat. (Lidl macht das in regelmäßigen Abständen selbst.)
Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt eine Lidl-Sprecherin, dass es sich nicht um eine vorübergehende Aktion handelt:
“Die Cien-Mini-Reisegrößen unserer Qualitäts-Eigenmarke Cien haben wir bundesweit fest in unserem Sortiment.”
Entdeckt wurde die Schrumpfdrogerie zuerst von Supermarktblog-Leser @dasniveau.
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Auch Lidl-Konkurrent Penny ist derzeit wieder im Werbemodus und hat ein paar TV-Spots drehen lassen, in denen Menschen Selbstgespräche führen, nachdem sie bei Penny einkaufen waren (hier ansehen). “Mein nächster Discounter” heißt der dazugehörige Spruch, der unter anderem auf den Werbeplakaten für das penny-to-go-Sofortessen steht, und ob er bloß als Ortsangabe oder als Discounter-Fremdgehaufforderung gemeint ist, weiß wohl nur die Marketingabteilung.
In einigen Filialen hat die Rewe-Tochter außerdem Terminals aufgestellt, mit der die Kundenzufriedenheit abgefragt werden soll: Die Gerätschaften sind im Ausgangsbereich hinter den Kassen positioniert, auf einem Bildschirm werden wechselnde Fragen gestellt, zum Beispiel:
“Haben Sie alle Ihre gewünschten Aktionsartikel bekommen?”
Kunden sollen über eine von vier Smiley-Tasten antworten: einer grasgrünen mit lachendem Smiley, einer hellgrünen mit mittellächelndem Smiley, einer orangefarbenen mit Smiley, der offensichtlich mal auf Toilette müsste, und einer roten mit Grantelsmiley.
Das System, das derzeit im Kölner Raum zum Einsatz kommt, heißt “Happy or Not” und stammt aus Finnland. Auf seiner Website (die es in Teilen auch auf “Deutch” gibt) rühmt sich der Hersteller zahlreicher Promi-Kunden aus dem internationalen Handel, die mit den Terminals angeblich testen, wie glücklich die Kunden mit ihrem Einkauf sind.
Schauen Sie sich unbedingt dieses hervorragende Video an, indem der “Happy or Not”-Gründer für seine Technologie wirbt – “hervorragend” in dem Sinne, dass es schwer sein dürfte, ein schöneres Fake-Interview mit weniger Aussagewert zu produzieren.
Was konkret ein Händler von “Happy or Not” hat, verrät das Video nicht. Welchen Rückschluss würde Penny zum Beispiel aus der Tatsache ziehen, dass ein Kunde auf die Frage “Haben Sie alle Ihre gewünschten Aktionsartikel bekommen?” die rote Grantelsmileytaste gedrückt hat – außer natürlich, dass ein Kunde, der nicht alle gewünschten Aktionsartikel bekam, die rote Grantelsmileytaste gedrückt hat?
Dass die Terminals alleine dadurch funktionieren, dass Kunden das Gefühl haben, per Knopfdruck ihre Meinung sagen zu können, und die eigentlichen Drückergebnisse für den Händler nur begrenzt relevant sind, wäre nur eine böse Spekulation, auf die wir hier verzichten wollen.
In der Penny-Zentrale in Köln mag zu dem Test leider niemand etwas sagen. Es handele sich
“um einen lokal begrenzten Test zu dem wir aus strategischen Gründen keine weiteren Details veröffentlichen möchten”.
Hm. Grantelsmileydrück.
Die Smiley-Terminals wurden zuerst von Supermarktblog-Leser wolframcgn entdeckt.
Fotos: Supermarktblog