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Wie Vapiano für die Expansion sein Konzept auf den Kopf stellt – und sich bei der Digitalisierung verzettelt


Bitte hier klingeln für den Abholeinkauf: So integriert Billa Click & Collect in seine Märkte

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Aufgepasst, „Pendler, Familien mit kleinen Kindern und alle anderen (…), die keine Zeit haben“!

„Sie können Ihre Lebensmittel bequem online vorbestellen und fertig verpackt im Supermarkt abholen, wann es passt.“

So wirbt Rewe derzeit in Zeitungsanzeigen für seinen „Abholservice“, der seit Beginn des vergangenen Jahres deutlich ausgeweitet wird. „Über das ganze Land verteilt“ sollten in Märkten Abholschalter eröffnen, an denen zeitgestresste Kunden ihre Einkäufe einsammeln können, hieß es damals (siehe Supermarktblog). Anderthalb Jahre später bietet Rewe den Service nun in über 100 (von landesweit 3.300) Märkten an.

Zwar stehen auch größere Städte auf der Liste: Berlin, Chemnitz, Hamburg, Mönchengladbach, Nürnberg, München, Passau, Wiesbaden. Der eigentliche Fokus liegt aber auf ländlichen Standorten, Orten mit schönen Namen wie Alfte-Oedekoven, Runkel-Ennerich und Vlotho.

Die Hauptzielgruppe des Diensts sind für Rewe ganz offensichtlich: Autofahrer. Für die Abholung verspricht Rewe daher (am Großstadtrand genau wie auf dem Dorf) „exklusive Stellplätze neben dem separaten Abholservice-Eingang“. (So.)

Rewes österreichische Supermarkt-Schwester Billa ist (wie so oft) schon einen Schritt weiter – und probiert, ob der Service nicht auch in der Stadt funktionieren kann. Wo Kunden vielleicht genau so gestresst sind; aber nicht zwangsläufig mit dem Auto zur Arbeit pendeln (oder zur nächstgelegenen Billa-Filiale mit Tapezieralm). Sondern vielleicht mit der Bahn. Und deshalb keine Zeit haben, zuhause auf den ebenfalls angebotenen Lieferservice zu warten.

Im April hat Billa am Wiener Praterstern, einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt in der österreichischen Hauptstadt, seine 50. Filiale mit dem „Click & Collect“-Service ausgestattet (von landesweit 1.000).

Anstatt aufwändige Abholschalter mit eigenen Kassen zu bauen und Parkplätze „exklusiv“ für Abholer anzupinseln, braucht Billa dafür bloß: eine Klingelsäule. Die steht in der Filiale am Praterstern etwas unpraktisch hinter den Kassen, wo man sie als Erstabholer zwischen Packstation und Backstation kurz suchen muss. Aber der Rest ist denkbar einfach:

„Bitte läuten. In Kürze meldet sich einer unserer Mitarbeiter bei Ihnen“,

steht an der leuchtend gelben Einkaufshaltestelle. Nachdem man artig Folge geleistet hat, ertönt über den Marktlautsprecher die Ansage:

„Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter wird gebeten, zur Selbstabholung zu kommen.“

Trotz regen Vormittagsbetriebs im Laden dauert es keine 30 Sekunden, bis ein Billa-Mitarbeiter die zuvor online bestellten Lebensmittel im Einkaufswagen vorbeibringt, am mobilen Kartenterminal zur Kontaktlosbezahlung bittet, einen schönen Tag wünscht und wieder im Laden verschwindet.

Pluspunkte:

Der Bestellprozess: Kunden kaufen – wie beim Lieferservice – im normalen Billa-Online-Shop ein und wählen eine Abholfiliale mit dem für Sie passenden Zeitfenster aus: 8 bis 11 Uhr, 12 bis 14 Uhr oder 17 bis 19 Uhr. (Wer spät nachhause pendelt, hat Pech.) Vor dem Absenden lässt sich auswählen, ob der Einkauf in „Sackerl“ (aus Papier) oder in eine Kiste (falls Kunden doch motorisiert unterwegs sind) verpackt sein soll.

Oder man nutzt den Service nach einem längeren Urlaub in der Flughafenfiliale, um zuhause nicht vom leeren Kühlschrank angegähnt zu werden.


Screenshot: shop.billa.at/shop

Die Kosten: 1 Euro „Servicegebühr“ verlangt Billa für die Kommissionierung des Abholeinkaufs. Dafür müssen Kunden nicht selbst durch die Regalreihen laufen, Lebensmittel suchen und an der Kasse anstehen. Für alle, die es wirklich eilig haben (z.B. abends nach der Arbeit), ist das ein ziemlich fairer Preis.

Die Abwicklung: Wer weiß, wo er hinmuss, ist im besten Fall nach einer Minute mit seinem kompletten Einkauf wieder raus aus dem Laden. Bei meinem Testkauf hat das Kartenterminal zwei Anläufe gebraucht, um eine Verbindung zum Server herzustellen. Billa bietet aber auch an, den Einkauf vorab online zu bezahlen. Dann geht’s noch schneller. Wiegeware wie Obst und Gemüse wird online in ungefährer Menge bestellt und bei der Kommissionierung grammgenau abgerechnet.

Die Verpackung: Mein Einkauf war vorbildlich auf zwei fast gleich schwere Papiertüten ausbalanciert, schwere Artikel unten (was nicht selbstverständlich ist), empfindliche Ware oben (was nicht selbstverständlich ist), alles tadellos gekühlt. Und einfach nachhause zu transportieren.

Schwachpunkte:

Der Mindestbestellwert: … liegt mit 40 Euro genauso hoch wie für Heimlieferungen. Um aber bloß Lebensmittel für ein, zwei Tage abzuholen, ist das schon fast ein bisschen viel. (Ideal wäre eine zusätzliche Option mit geringerem Mindestbestellwert, dafür aber höherer Servicepauschale.)

Die Flexibilität: Einkäufe sind nach dem Absenden online nicht mehr eigenmächtig veränder- oder verschiebbar. Wenn man am Billa-Kundentelefon höflich fragt, geht’s zwar schon mal. Ist trotzdem unpraktisch, vor allem, weil man beim Bestellen eigentlich immer was vergisst. Ideal wäre, eine zeitliche Grenze einzuführen, bis zu der der Einkauf online ergänzt bzw. verschoben werden kann.

Das Login-Durcheinander: Wer sich nach der Bestellung auf billa.at einloggt, um die Bestellung zu checken, der sieht: nichts. Keinen Einkauf, kein Zeitfenster – bloß seine Stammdaten. Die Hotline klärt auf: Bestellungen sind nur sichtbar, wenn man sich über die Shop-Seite shop.billa.at einloggt. Das ist unnötig verwirrend. (Rewe macht’s besser und bietet einen einheitlichen Login.)


Insgesamt ist Billas Click & Collect aber ein ziemlich gutes Angebot mit ein paar (unnötigen) Macken. Und vor allem für Kunden geeignet, die ihren Abholaufwand konzentrieren wollen – indem sie, wie z.B. am Praterstern, gleich noch ihre Amazon-Bestellung einsammeln, die an die ausgangs positionierte DHL-Packstation adressiert wurde.

Trotzdem scheint sich das Interesse bislang in Grenzen zu halten: Mein Einkauf stand auch deshalb so schnell parat, weil er im gewählten Zeitfenster die einzige Click-&-Collect-Bestellung war.

Nach der Einführung hätten viele Kunden den Dienst ausprobiert, ihn danach aber nur selten regelmäßig genutzt, meinte der Billa-Mitarbeiter. Dem Filialteam kann das eigentlich nur recht sein: Die Online-Order müssen von den Mitarbeitern offensichtlich zusätzlich zu den übrigen Aufgaben im Laden kommissioniert werden. (Auch wenn der „Lieferschein“, auf dem „Lieferadresse“ und „Unterschrift Botenfahrer“ gelistet sind, anderes suggeriert.) Erst wenn die Order-Zahl eine gewisse Grenze überschreite, gebe es wohl zusätzliche Hilfe.

Das ist ein bisschen schade, weil Billa mit seinem Click-&-Collect-Modell eine gute Zwischenlösung gefunden hat, bei der keine aufwändigen Ladenumrüstungen notwendig sind (wie z.B. bei Rewe), Abholeinkäufer sich aber auch nicht unnötig im Laden oder an der Kasse durchfragen müssen, wie sie ihre Online-Bestellung ausgehändigt kriegen (wie z.B. bei dm).

Design-Preise lassen sich mit der Billa-Klingelsäule vielleicht keine gewinnen. Und ob die prompte Versorgung auch zu Stoßzeiten immer so reibungslos klappt, darf bezweifelt werden. Aber um auszuprobieren, wie man unterschiedlichen Kundengruppen Services bieten kann, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind, reicht das allemal.

Womöglich stehen Österreicher und Deutsche aber auch einfach gleich gerne in Kassenschlangen, nachdem sie ihren Einkaufswagen durch endlose Regalreihen mit Sonderangeboten und Kühlregalfröstelzonen geschoben haben. Weil das gelernt ist. Und die spontane Kontrolle über den eigenen Einkauf am Ende eben doch wichtiger als die Zeit, die man als Bestellabholer „für sich, Familie und Freunde“ spart.

Fotos: Supermarktblog"

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Zu. Viel. Plastik – und was Supermärkte mit ihren Kunden dagegen unternehmen (könnten)

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„Okay, Erdenmitbewohner. Wir müssen über Plastikmüll reden“, hat Buzzfeed vor kurzem eine Fotokollektion der übelsten Plastikverpackungen aus Supermärkten weltweit anmoderiert. (Klicken Sie hier besser nicht, wenn Sie zumindest einen Teil Ihrer Einkäufe mit Tupperdose oder Mehwerggemüsenetz erledigen – die Bilder könnten Schnappatmung verursachen.)

Und trotzdem scheint sich – langsam, ganz langsam – auch im Lebensmitteleinzelhandel herumzusprechen, dass sich etwas ändern muss.

Plastik- durch Papier- und Mehrwegtüten zu ersetzen war für viele Ketten ein erster Schritt (hierzulande u.a. bei Rewe, Penny, Lidl, Aldi und Real – Edeka und Kaufland lassen auf sich warten). Das ändert aber nichts daran, dass in den Läden immer noch zahlreiche Produkte maßlos überverpackt sind.

Viele Unternehmen beteuern, daran etwas ändern zu wollen: Lidl will seinen Plastikverbrauch in Deutschland um mindestens 20 Prozent reduzieren – bis zum Jahr 2025. Rewe erklärt, man habe es sich „zum Ziel gesetzt, unnötige Verpackungen komplett aus [den] Regalen zu verbannen“ – und nähert sich diesem Anspruch in Tippelschrittchen (bzw. läuft auch mal rückwärts). In den seltensten Fällen dürfte der Wandel so radikal ausfallen wie bei der britischen Tiefkühlsupermarktkette Iceland, die versprochen hat, innerhalb der kommenden fünf Jahre bei seinen Eigenmarken vollständig auf den Einsatz von Plastikverpackungen zu verzichten.

Ärgerlich ist dabei vor allem, wenn viele stolz per Pressemitteilung kommunizierten Initiativen kleine Ewigkeiten im Testmodus stecken bleiben und sich nicht als neue Standards durchsetzen können.

Dabei gibt es positive Gegenbeispiele! Und Alternativverpackungen, die von den großen Supermärkten jederzeit für ihre Eigenmarken eingesetzt werden könnten, um zu demonstrieren, dass sie es im Dienste ihrer Kunden ernst meinen mit der Plastikvermeidung. Ein Update:

Laser-Labeling

Um Obst und Gemüse in Bio-Qualität von konventioneller Ware zu unterscheiden (und an der Kasse korrekt abzurechnen), haben Discounter und Supermärkte Bio lange Zeit in Plastik verpackt. „Smart Labeling“ bzw. „Natural Branding“ machen das überflüssig: Mit der Technik werden Bio-Logos ganz einfach direkt auf die Schale der Früchte gelasert (siehe Supermarktblog). Das ist ungefährlich und kann problemlos mitgegessen werden. (Weil die Technik lediglich Pigmente auf der äußeren Schicht der Schale entfernt.)

Netto (ohne Hund) hat kürzlich angekündigt, das Labeling von Bio-Ingwer auf Bio-Gurken auszuweiten, die deutschlandweit ohne zusätzliche Verpackungen angeboten werden. „In Teilen Bayerns“ teste man die Laser-Logos außerdem auf Honigmelonen. Das ist immer noch eine überschaubare Palette, der Discounter verspricht aber:

„[W]eitere Tests dieser nachhaltigen Kennzeichnung mit sowohl biologisch als auch konventionell erzeugten Obst- und Gemüseprodukten werden folgen.“

Seit dem vergangenen Jahr lässt auch die Rewe Group lasern: In der Testphase waren zunächst Avocados und Süßkartoffeln mit Bio-Logo in rund 800 Rewe- und Penny-Märkten in NRW verfügbar.

Auf Nachfrage erklärt Rewe, das „Natural Branding“ werde weiterhin ganzjährig bei Bio-Avocados (in NRW und Teilen von Rheinland-Pfalz) sowie Bio-Süßkartoffeln (NRW, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Saarland) praktiziert. Allerdings ist die Zahl der Märkte, in denen die Produkte verfügbar sind, mit gerade einmal 330 (Avocados) bzw. 300 (Süßkartoffeln) ziemlich überschaubar. (In der Sommersaison wurden in NRW auch gelaserte Bio-Wassermelonen verkauft.)

Ein Rewe-Sprecher erklärt dazu, man prüfe, wie das „Natural Branding“ ausgeweitet werden könne:

„Die größten Hürden stellen aktuell noch die fehlenden maschinellen Kapazitäten dar, um unseren Mengenbedarf entsprechend auszuzeichnen, und die Tatsache, dass sich längst nicht alle Naturprodukte überhaupt für das Branding anbieten, weil es entweder technisch nicht möglich ist, oder die Qualität und Haltbarkeit darunter leidet.“

(Wobei zumindest die Frage bleibt: Wer, wenn nicht eine riesige Handelskette wie Rewe sollte sonst dafür sorgen können, entsprechende Kapazitäten für die Umsetzung in größerem Maße zu schaffen?)

Noch ein Aspekt dürfte für die Handelsketten entscheidend sein: Die Gravuren dürfen nicht so dezent sein, dass Mitarbeiter an der Kasse sie übersehen – sonst steht die teurere Bio-Ware am Ende doch zum Preis der konventionellen auf dem Bon. Und das wollen die Händler nachvollziehbarerweise vermeiden.

Die zweite Schale

Regelmäßig betonen Supermarktketten, in vielen Fällen nicht auf Verpackungen verzichten zu können, weil sonst der Verderb der Ware beim Transport riskiert werde – und die Ware schlimmstenfalls entsorgt werden müsste, weil die Kunden sie im Laden nicht mehr kaufen wollen.

Das bedeutet aber nicht, dass der Verderblichkeitsschutz unbedingt aus Plastik sein muss. Das amerikanische Start-up Apeel hat eine Schutzschicht für Obst und Gemüse entwickelt, die die Reifung der Früchte deutlich verlangsamt und sie dadurch länger haltbar macht. Die Schicht funktioniert im Grunde wie eine zweite Schale: Wasser bleibt drinnen, Sauerstoff bleibt draußen. Produzenten müssen das von Apeel auf pflanzlicher Basis hergestellte Pulver bloß mit Wasser mischen und die Früchte darin „waschen“. Fertig.


Foto: Apeel Sciences

Apeel beteuert, die Schicht sei farblos, geschmacksfrei, geruchlos und könne theoretisch sogar mitverzehrt werden.

Derzeit kooperiert das Unternehmen mit dem kalifornischen Produzenten Del Rey Avocado, will mit Apeel gewaschene Avocados u.a. in 30 Costco-Märkten in den USA verkaufen und verspricht, dass die Früchte doppelt so lange frisch bleiben. Bei Erfolg könnte das den Absatz von Avocado-Meme-T-Shirts drastisch einbrechen lassen. Aber gewisse Opfer müssen nunmal gebracht werden.

Zurück zum Glas

Nein, es gibt keine Vorschrift, dass Alternativlösungen kompliziert sein müssen, um zu funktionieren. Die österreichische Supermarktkette Spar zum Beispiel kündigte gerade stolz an, Milchprodukte ihrer Bio-Eigenmarke „Spar Natur pur“ nicht mehr in Plastik, sondern in Glas zu verpacken – „ganz nach dem Motto ‚Milch trinken wie früher‘“.


Foto: Spar

Beim Eigenmarken-Eistee war Spar zuerst umgeschwenkt, Ende Mai folgten Bio-Milch und Bio-Joghurts. Die Kette erklärt dazu:

„Hochwertige Inhalte verlangen auch eine besondere Verpackung.“

Kompostierbare Verpackungen

Häufig sind es zunächst kleinere Hersteller, die sich trauen, auf Plastikalternativen umzusteigen – so wie Snact aus Großbritannien, das für seine Fruchtriegel Umverpackungen des israelischen Produzenten Tipa nutzt. Die sollen (trotz ihres knallbunten Designs) vollständig kompostierbar sein, sogar daheim im Garten:

„The innovative film is just as durable and impermeable as ordinary plastic packaging, but unlike other commonly used materials on the market, it biologically decomposes in a home composter (an ordinary compost heap or your local council’s food waste collection) and returns to the natural cycle, behaving just like an orange or banana peel.“


Foto: Snact

Ebenfalls in Großbritannien füllt Troofoods u.a. sein „Super Seedy Granola with Calming Ginger“ seit vergangenem Jahr nicht mehr in Plastikbeutel, sondern nutzt stattdessen die „Earthpouch“ des Produzenten B&G.

Die sieht genauso aus wie jede andere Knuspermüslipackung, ist laut Hersteller ebenso widerstandsfähig wie die bisher verwendete Lösung und kostet (theoretisch) nicht mal mehr. Vor allem aber ist sie kompostierbar. Nur einen (entscheidenden) Nachteil hat die Sache: Der Inhalt bleibt mit der Bio-Beschichtung nicht mehr ganz so lange frisch wie in der Plastiktasche. „Courier“ zufolge reduziert sich das Mindesthaltbarkeitsdatum von einem Jahr auf sechs Monate.

Dadurch ändern sich die Mengen, die Troofoods vorproduzieren kann. Und das wirkt sich dann doch auf die Produktionskosten aus.

Zumindest dieses Problem könnten größere Hersteller mit den von ihnen benötigten Mengen in den Griff kriegen; aber aller Voraussicht nach reicht es eben nicht, nur Produzenten und Supermärkte in die Pflicht zu nehmen, ihre Verpackungskonzepte zu überdenken. Im Zweifel müssen sich auch Kunden umgewöhnen – indem sie nicht massig Lebensmittel auf Vorrat kaufen. Sondern nur soviel, wie sie auch tatsächlich (ver)brauchen. (Aber: pssst, das sagen wir besser nicht den Handelsketten.)

Titelfoto [M]: Snact/Apeel Sciences/Smb"

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„Umsatzerwartungen erfüllt“: Tegut zeigt sich zufrieden mit dem Eigenmarken-Verkauf bei Amazon

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Mit seinen Partnern aus dem deutschen Lebensmittel- und Drogeriehandel hatte Amazon zuletzt nur so mittelviel Glück. Die Münchner Biomarktkette Basic stellte nach wenigen Monaten den Verkauf über Amazons Lebensmittel-Lieferservice Fresh wieder ein (siehe Supermarktblog). Der Geschäftsführer des Allgäuer Lebensmittelhändlers Feneberg erklärte kurz darauf in einem Interview zur Prime-Now-Kooperation: „[I]ch kann Ihnen heute noch nicht sagen, wie lange wir uns noch lieb haben.“ Und Rossmann, das in Berlin ebenfalls bei Prime Now an Bord ist, schloss sich kürzlich mit dm und Douglas zusammen, um den Gesetzgeber zu stärkeren Kontrollen von Amazons Marketplace aufzufordern.

Da kommt es nicht ganz ungelegen, wenn sich zumindest einer der Partner positiv über die vereinbarte Kooperation äußert – so wie die zu Migros gehörende hessische Supermarktette Tegut. Die verkauft ihre Eigenmarken-Produkte in großer Auswahl nicht nur über Prime Now, sondern seit April des vergangenen Jahres auch bei Amazon Fresh. Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt das Unternehmen:

„Die Umsatzerwartungen haben sich erfüllt und tegut… ist mit der Zusammenarbeit zufrieden.“

Mit der Kooperation habe man sich „aus dem Stand heraus einen Marktanteil am E-Commerce mit Nahrungsmitteln und Getränken von 0,3 % in Deutschland“ gesichert (laut Tegut bezogen auf den Gesamtmarkt mit geschätzten 1,5 Milliarden Euro in 2017), „Tendenz steigend“.

Insgesamt sind 750 Produkte der Tegut-Eigenmarken (u.a. „Kleinster Preis“, „Tegut“, „Tegut vom Feinsten“) bei Amazon Fresh und Prime Now verfügbar. Insbesondere das Tegut-Bio-Sortiment werde „sehr stark von den Amazon-Kunden nachgefragt“. Über die Kooperation will das Unternehmen, das mit eigenen Märkten in Hessen, Thüringen und Baden-Württemberg präsent ist, seine Eigenmarken deutschlandweit verfügbar machen: „Die Nachfrage der Kunden bestätigt uns in dieser Entscheidung.“

Im Interview mit der „Lebensmittel Praxis“ hatte Tegut-Geschäftsführer Thomas Gutberlet im vergangenen Jahr erläutert, weshalb man sich entschieden habe, online mit Amazon zusammenarbeiten:

„Wir wussten, wir würden uns als regionaler Player schwer tun, etwas national auf die Beine zu stellen, das sich betriebswirtschaftlich darstellen lässt. Amazon macht es gut und hat große Marktbedeutung, daher ist diese Partnerschaft für uns interessant.“

Gutberlet räumte aber auch ein:

„Wir gehen am Anfang von keinen großen Umsatzvolumina aus.“

Ein Umsatz in der Größenordnung eines großen Tegut-Markts „wäre in Ordnung“, so Gutberlet weiter. „Wenn es mehr wird, ist es auch gut.“ Ob diese Zielmarke konkret erreicht wurde, ließ Tegut auf Anfrage offen. Die Kooperation soll aber in jedem Fall weiter fortgeführt werden, heißt es:

„Ziel es auch in Zukunft, alle tegut… Eigenmarken an Amazon zu liefern.“

Amazon hatte seinen Schnelllieferdienst Prime Now in Berlin zuletzt ins eigene Lager am Stadtrand umgezogen und kann seitdem den größten Teil der Hauptstadt nicht mehr im 1-Stunden-Zeitfenster versorgen (siehe Supermarktblog). Amazon Fresh war im April 2017 in Deutschland gestartet, entwickelt sich derzeit aber kaum weiter. Nach wenigen Monaten waren zahlreiche lokale Händler in Berlin als Partner wieder abgesprungen (siehe Supermarktblog).

Titelfoto [M]: Tegut/Supermarktblog"

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Live von der K5 Berlin: Wie unterschiedlich Picnic und Coop@Home Online-Besteller von Lebensmitteln ködern wollen

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Vor kurzem hat die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) eine erstaunliche Begründung dafür geliefert, warum das mit dem Online-Einkauf frischer Lebensmittel unmöglich funktionieren kann; weil sie „umständlicher als der schnelle stationäre Einkauf in der Nachbarschaft“ sei (per PDF, natürlich).

„Bevor man sich am Computer oder per Tablet durch die Produktlisten geklickt hat und dann (…) auch noch eine zumeist kostenpflichtige Terminlieferung vereinbart (…), geht der (Innen-)Stadtbewohner doch lieber schnell einmal vor die Tür und erledigt seine Einkäufe um die Ecke.“

Ich hab’s dem Rewe-Lieferservice-Fahrer, der gerade täglich mindestens einmal in unserer Straße hält, um an den Türen besagter Innenstadtbewohner zu klingeln, ausgerichtet – und der hat herzlich lachen müssen.

Nein, im Ernst: Dass die GfK davon ausgeht, „die Kern-Klientel Stadtbewohner“ benötige „keinen kompletten Supermarkt im Internet als Vertriebskanal“, ist nicht nur deshalb kurios, weil die Marktforscher dazu keine Daten vorgelegt haben, die diese Vermutung konkret belegen könnten. Sondern auch, weil eine solche Spekulation massig Gründe außen vor lässt, weswegen die Wachstumsrate für im Netz bestellte Lebensmittel derzeit nicht explodiert, sondern bloß stetig wächst.

Einer, der (eigentlich auch für professionelle Marktforscher) am naheliegendsten ist, lautet: Weil es gar nicht die eine „Kernzielgruppe“ gibt.

Im Gegenteil: Für Händler ist es harte Arbeit, herauszufinden, in welchen Kundengruppen sie welche Erwartungen bedienen müssen, um online erfolgreich zu sein.

Wie unterschiedlich das ausfallen kann, ließ sich am Mittwoch ganz hervorragend auf der diesjährigen K5 Berlin verfolgen. Am Vormittag stand zunächst Frederic Knaudt, Deutschland-Geschäftsführer von Picnic, auf der Bühne und erklärte, wie wichtig in der App des niederländischen Liefer-Start-ups die Möglichkeit sei, per Lokalisierung auf der Umgebungskarte zu verfolgen, wann das Elektromobil mit dem bestellten Einkauf vor der eigenen Tür ankomme.

Wo ist mein Lieferfahrer gerade?

In den Niederlanden hat Picnic die Erfahrung gemacht, dass die Kunden dann passgenau mit dem Fahrer zuhause eintreffen, anstatt dort unnötig zu warten bis es klingelt.

Direkt im Anschluss folgte Philippe Huwyler, Geschäftsführer des Schweizer Lebensmittel-Lieferdiensts Coop@Home, und erklärte, warum Coop-Kunden in der App nicht sehen können, wo sich der Lieferfahrer gerade genau befindet: Weil sie dann im Zweifel anrufen, um zu fragen, ob sie ihren Einkauf vorzeitig an der nächsten Straßenecke abholen können; oder warum die Tour nicht direkt zu ihren Haus verläuft, sondern erst durch die Straße in der Nachbarschaft führe; und weil das für ein ziemliches Durcheinander sorgen kann.

Das Beispiel zeigt im Kleinen ganz schön, dass sich über eine vermeintliche „Kern-Klientel“ im Online-Lebensmittelhandel kein fertiger Standardservice stülpen lässt. Die Lieferung frischer Lebensmittel ist eher ein Prozess, mit dessen Gestaltung sich viele Unternehmen zweifellos schwer tun.

Umso interessanter sind die Unterschiede, die zwischen einem (in der Schweiz) etablierten Dienst wie Coop@Home und einem sich (in den Niederlanden) etablierenden System wie Picnic existieren.

Online-Kunden sind verschieden

Coop@Home-Chef Huwyler berichtete in Berlin, dass die durchschnittliche Bestellsumme seiner Kunden bei 230 Schweizer Franken liege (rund 200 Euro) – davon können Händler in anderen europäischen Ländern bloß träumen. Ebenso wie von der Akzeptanz, dass für einen solchen Service Lieferkosten selbstverständlich sind.

Und zwar nicht zu knapp: Wer für unter 100 CHF bestellt, zahlt happige 17,90 CHF Versandgebühren; ab 200 CHF sinkt der Wert auf immerhin 9,90 CHF (8,50 Euro). Der Mindestbestellwert liegt bei 90 CHF. Klar, dass es sich da lohnt, viel zu bestellen. (Aber vielleicht halt nicht: oft.)

Dafür ist Coop@Home schnell: In vielen Regionen, wo eigene Kühlfahrzeuge zum Einsatz kommen, funktioniert die Lieferung am selben Tag innerhalb weniger Stunden. Inklusive Frischfleisch vom „Online-Metzger“, bei dem der Kunde während der Bestellung Grammzahl, Schnittbreite und Marinade selbst bestimmen kann. Anfang des Jahres hatte Coop@Home ein Umsatzwachstum von 10,5 Prozent gemeldet.

Picnic setzt mit seinem Modell einen völlig anderen Schwerpunkt (siehe Supermarktblog): Lieferungen sind generell kostenfrei, der Mindestbestellwert liegt bei 25 Euro, dafür ist die Auswahl der Zeitfenster stark begrenzt, um feste Touren planen zu können. Klar, dass es sich da lohnt, oft zu bestellen. (Aber vielleicht halt nicht: viel.)

Mehr Regionales ins Sortiment

In Berlin erklärte Deutschland-Chef Knaudt, dass im bisherigen Liefergebiet um die nordrhein-westfälischen Städte Kaarst und Neuss inzwischen zehn Prozent aller Haushalte die Picnic-App heruntergeladen bzw. sich für den Dienst registriert hätten (aber nicht, wieviele davon auch schon bestellt haben).

Auf Wunsch der Besteller seien bereits mehr regionale Artikel ins Sortiment aufgenommen worden; zudem wurden Plastiktüten durch Bioplastik auf Zuckerrohrbasis ersetzt, die bei der nächsten Lieferung mitgenommen und anschließend im wiederverwertet würden.

Zumindest in der Testphase hat die Kooperation mit den Kunden nach Supermarktblog-Informationen aber nicht ganz so harmonisch funktioniert, wie das Unternehmen es gerne darstellt: Als Picnic unter dem Tarnnamen „Sprinter“ loslegte (siehe Supermarktblog), mussten Neukunden Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben, in denen sie bestätigten, nicht mit Journalisten über ihre Teilnahme zu sprechen.

Manch einer beklagt, er habe die Erklärung direkt nach der Unterschrift wieder abgeben müssen, ohne eine Kopie zu erhalten. Wer mit dem Smartphone Fotos machen wollte, sei ermahnt worden. Viele Tester wussten nachher gar nicht so genau, was sie eigentlich unterschrieben hatten – ein zweifelhaftes Vorgehen für ein Unternehmen, das die vertrauensvolle Kundenbeziehung so sehr in den Mittelpunkt stellt.


„NRW wird noch für eine Weile
unser Fokus sein.“

Picnic-Deutschland-Geschäftsführer Frederic Knaudt


Zur Expansion äußert sich Picnic nach der verfrühten Bekanntgabe des Deutschland-Starts äußerst vorsichtig. Auf der K5 erklärte Knaudt:

„Unser Prinzip ist: Lieber erreichen wir dort, wo wir sind, eine hohe Penetration, als in vielen Städten präsent zu sein, aber nur mit wenigen Kunden.“

(Andernfalls würde das Picnic-Modell mit den festgelegten Routen auch gar nicht funktionieren; Rewe ist bei der Ausweitung seines Lieferdiensts völlig anders vorgegangen.)

Neue Städte schalte man – auch im Heimatmarkt – erst dann auf, wenn sich dort ein bestimmter Prozentsatz interessierter Kunden bereits vorab registriert habe. „Zwei bis drei“ neue Liefergebiete sollen in diesem Jahr in Deutschland hinzukommen. Von K5-Gründer Jochen Krisch auf die weiteren Pläne des deutschen Picnic-Ablegers angesprochen, sagte Knaudt:

„Unser Zeithorizont für die Planung beschränkt sich aktuell auf drei Monate. NRW wird noch für eine Weile unser Fokus sein.“

Die Frage ist, ob es überhaupt zu einer Expansion außerhalb Nordrhein-Westfalens kommt. Um deutsche Kunden auch mit günstigen Eigenmarken versorgen zu können, hat sich Picnic mit der Edeka-Regionalgesellschaft Rhein-Ruhr zusammengetan, die u.a. „Gut & Günstig“- und „Edeka“-Artikel zur Verfügung stellt.

Hält Edeka Picnic in Rhein-Ruhr?

Edeka Rhein-Ruhr hält laut „Lebensmittel Zeitung“ (Paywall) rund 20 Prozent am deutschen Picnic. Und dürfte sich –  unabhängig vom möglichen Erfolg – ziemlich schwer tun, einer angrenzenden Regionalgesellschaft (Minden-Hannover, Hessenring, Südwest) in deren Hoheitsgebiet in die Quere zu kommen. Selbst wenn das nur online geschähe.

Mag also sein, dass Picnic innerhalb der Rhein-Ruhr-Region munter neue Städte erobern kann. Aber hinter Bielefeld, Paderborn und unterhalb von Bonn dürfte ziemlich schnell Schluss damit sein. Es sei denn, Picnic erweist sich für Edeka als derart nachhaltige Lösung, dass es zu einer weiterreichenden Zusammenarbeit kommt.

Dass der Online-Anteil des Handels mit Lebensmitteln explodieren wird, ist also auch für die kommenden Monate eher nicht zu erwarten. Potenziellen Kunden deswegen das Bedürfnis abzusprechen, nicht ewig in Kassenschlangen stehen, Parkplätze zu suchen oder schwere Tüten nachhause schleppen zu wollen, ist angesichts der momentanen Entwicklungen allerdings abenteuerlich.

Offenlegung: K5 unterstützt das Supermarktblog als Sponsor.

Fotos: Supermarktblog"

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Kooperation beendet: Biomarktkette Basic verabschiedet sich endgültig von Amazon

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Die Kollegen von etailment.de haben’s zu Beginn der Woche bereits angedeutet: Die Münchner Biomarktkette Basic hat die Lieferung von Bio-Marken, Bio-Eigenmarken und frischem Obst und Gemüse jetzt auch über Amazon Prime Now eingestellt. Zuvor war bereits die Bestellmöglichkeit bei Amazon Fresh entfallen (siehe Supermarktblog).

Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt Basic-Marketing-Leiter Manuel Zalles-Reiber:

„Die Zusammenarbeit mit Amazon war stets sehr professionell, aber für basic mit sehr viel Aufwand verbunden. Da sich unsere Erwartungen mit der Plattform bedauerlicherweise nicht erfüllt haben, haben wir den Vertrieb über Amazon Fresh im Januar und über Prime Now im Juni beendet.“

Damit hat die Kooperation gerade einmal 14 Monate gehalten. Erstmals konnten sich Berliner Mitglieder von Amazons Prime-Programm im April 2017 frische Lebensmittel von Basic liefern lassen; einen Monat später folgte München.

Sonderlich effizient schien das schon damals nicht (siehe Supermarktblog): Die Berliner Aufträge wurden in einer Basic-Filiale im Südwesten kommissioniert und von Prime-Now-Fahrern abgeholt. Das hatte den Nachteil, dass ein Großteil der Stadt wegen des begrenzten Lieferradius erst gar nicht erst bei Basic bestellen konnte. Darüber hinaus wurde das Basic-Sortiment innerhalb von Prime Now als eigener Shop geführt – mit separatem Mindestbestellwert, der unabhängig von parallelen Bestellungen aus dem Amazon-Sortiment erreicht werden musste.

Kunden des Lebensmittel-Lieferdiensts Fresh konnten sich Basic-Produkte hingegen mit der regulären Bestellung liefern lassen – mit entsprechend großem zeitlichen Vorlauf, um die Artikel zuvor ins Verteillager zu bringen.

Die Reihen lichten sich

Die „Lebensmittel Zeitung“ hatte zu Beginn des Jahres berichtet, dass man bei Basic wohl mit mehr Bestellungen gerechnet hatte. Die Biomarktkette selbst äußert sich nicht weiter zu den Hintergründen.

Aus dem Amazon-Umfeld heißt es aber, dass u.a. auch die von Amazon vorgeschriebene, wenig ausgereifte Auftragsabwicklung dazu beigetragen haben dürfte, dass eine Kooperation für Händler kaum attraktiv ist, wenn nicht eine ausreichend große Zahl an Kunden regelmäßig ordert. Als Aktiengesellschaft hat Basic vermutlich frühzeitig sehr genau darauf geachtet, dass sich das Geschäft auch tatsächlich lohnt.

Die Zahl der in Deutschland bei Prime Now verbliebenen Partner ist damit übersichtlich geworden: In Berlin gehören Kochhaus und Rossmann (noch) dazu (siehe Screenshot); in München sind Kochhaus, Feneberg und die Bienen-Apotheke aktiv.

Aus Kundensicht ist der Verlust des Bio-Partners Basic kein kleiner, weil dadurch zahlreiche Bio-Fachhandelsmarken und Eigenmarken-Artikel nicht mehr verfügbar sind, die sowohl Prime Now als auch Fresh deutlich aufgewertet haben.

Basic verkauft online selbst

Davon könnte die hessische Supermarktkette Tegut profitieren: Insbesondere das Tegut-Bio-Sortiment werde „sehr stark von den Amazon-Kunden nachgefragt“, bestätigte das Unternehmen gerade auf Supermarktlog-Anfrage und erklärte, die Umsatzerwartungen an die Kooperation mit Amazon hätten sich erfüllt.

Das Interesse Amazons, neue lokale Partner zu akquirieren, dürfte sich derzeit in Grenzen halten. Nach dem Erwerb der amerikanischen Supermarktkette Whole Foods vor einem Jahr (siehe Supermarktblog) liefert Amazon in den USA frische Lebensmittel inzwischen aus den Whole-Foods-Filialen per Prime Now. Bei Fresh wurden zuletzt Partnerschaften mit lokalen Händlern, die das Angebot lange Zeit auszeichneten, beendet.

In Deutschland wiederum plant Basic weiterhin, sein Bio-Sortiment auch im Netz anzubieten. Basic-Marketing-Leiter Manuel Zalles-Reiber sagt:

„Wir betreiben bereits seit 2009 unter shop.basicbio.de einen eigenen Online Shop mit rund 6.000 Produkten des täglichen Bedarfs, ausschließlich in Bio-Qualität. Eine neue Online-Partnerschaft schließen wir nicht aus.“

Foto [M]: obs/Amazon/Smb"

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Wenn Deliveroo wie Lieferando wird, und Lieferando wie Deliveroo – wann wird dann Delivery Hero nervös?

App statt Karte: So funktioniert Lidls Bonusprogramm Lidl Plus in der Praxis

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Huhu, Sie da! Darf’s beim Einkauf noch ein bisschen mehr sein – ein bisschen mehr Rabatt nämlich? Wie wär’s zum Beispiel mit 10 Prozent auf Pfirsiche und Snack-Gurken, 16 Prozent auf Gourmetsaucen, 29 Prozent auf Putenaufschnitt? Oder zahlen Sie lieber einen Euro weniger für die Hendl-Grillplatte, das Kürbiskernöl, die Schweine-Medaillons? Zu jedem Baguette aus dem Brötchenknast gibt’s ein zweites kostenlos dazu!

Während Penny seit Wochen Lärm um die Einführung von Payback in seinen deutschen Filialen macht und Netto (ohne Hund) an der Kasse schon seit 2015 nach der Deutschland-Card fragt, testet Discount-Rivale Lidl im europäischen Ausland ebenso leise wie sorgfältig sein eigenes Kundenbindungsprogramm „Lidl Plus“.

Nein, Originalitätspreis gibt’s damit keinen zu gewinnen. Aber wertvolle Kundendaten. Und genau um die geht’s ja.

Falls Ihnen die Angelegenheit irgendwie spanisch vorkommt: Das liegt vielleicht daran, dass Lidls „digitale Kundenkarte“ in Spanien bereits seit Ende 2016 freigeschaltet und Ihnen schon mal beim Urlaubseinkauf begegnet ist. Seit kurzem kann „die Vorteils-App von Lidl“ (Android, iOS) auch in Dänemark und Österreich genutzt werden. Oder wie’s auf Werbeplakaten im Laden heißt:

„Jetzt downloaden!“
„Downloaden lohnt sich“
„Jetzt noch mehr sparen“

Das System funktioniert so wie vor einem Jahr hier im Blog beschrieben: Kunden registrieren sich mit ihrer Handynummer und E-Mail-Adresse und profitieren fortan von einem kleinen Rabattdurcheinander: Reguläre Aktionsprodukte gibt’s für App-Nutzer noch einmal einen Schwung günstiger; dazu kommen so genannte „Supergutscheine“, die wöchentlich wechseln und extra aktiviert werden müssen, um in den Genuss der Vergünstigung zu kommen: z.B. marinierte Schweinesteaks (1 Euro Rabatt), Roggenbrot und Hirtenkäse (minus 35 Prozent) und – hmmm, lecker – „Hühneraufstrich“ (zwei zum Preis von einem).

An der Kasse muss lediglich der in die App integrierte QR-Code vor die Metalltulpe gehalten werden, die Rabatte werden nach dem Scan automatisch verrechnet.

Nachher ist außerdem ein digitaler Kassenzettel abrufbar. Und zur Belohnung gibt’s einen weiteren Coupon zum Freirubbeln für den nächsten Einkauf (1 Euro Rabatt auf „Puten-Grillies“!).


Screenshots [M]: Lidl/Smb

Der wöchentliche Werbeprospekt und eine Marktsuche sind bei Lidl Plus (das an manchen Stellen in der App „Lidl+“ heißt) ebenfalls integriert. Hauptziel des Discounters ist es aber natürlich, mehr über das Einkaufsverhalten seiner Kunden in Erfahrung bringen und sie im Zweifel mit passenden Rabatten zu versorgen, um sie wieder in die Läden zu locken – genau wie die Wettbewerber, die sich in Deutschland etablierten Bonussystemen angeschlossen haben.

App-Anschub mit Gewinnspiel

In den App-Store-Bewertungen wundern sich Nutzer, warum Sie bei der Lidl-Plus-Anmeldung auch ihr Geburtsdatum und die komplette Postadresse angeben müssen. (Letztere werde benötigt, „wenn Sie bei einem unserer Preisausschreiben gewinnen“.) Aber Lidl gibt sich große Mühe, eventuelle Bedenken mit diversen Belohnungen zu zerstreuen, um die Verbreitung der App anzuschieben.

Zusätzlich zum 30 Tage gültigen „Willkommens-Bonus“ in Höhe von 5 Euro veranstaltet die Discountkette derzeit ein Gewinnspiel, bei dem ausschließlich App-Downloader teilnehmen können.

Und die aktuellen Lidl-Plus-Aktionsprodukte sind nicht nur online, sondern auch im regulären Wochenprospekt äußerst prominent abgebildet.


Abb. [M]: Lidl/Smb

Obwohl das alles nicht sonderlich elaboriert ist, reicht das vielen Kunden ja womöglich, um dem Download-Aufforderungsdauerfeuer nachzugeben und sich tatsächlich zu registrieren.

Ob sich die Nutzung wirklich für alle Kunden lohnt, ist eine andere Sache. Um Coupons wirklich passend zu den Vorlieben des jeweiligen Verwenders ausspucken zu können, dürfte die Analyse einiger Einkäufe notwendig sein; bis dahin muss man schon arg verführungsbereit sein, um in der wöchentlichen Auswahl der acht „Supergutscheine“ jedes Mal was zu finden, das man tatsächlich in den Einkaufswagen legen will.

Preisdurcheinander am Regal

Für Lidl ist das Programm nicht nur eine prima Gelegenheit, Profile seiner Kunden anzulegen, sondern auch, um darüber auf neu eingeführte Produkte hinzuweisen oder Deals mit Markenherstellern abzuschließen, damit deren Marke als Plus-Produkt auftaucht. (So wie in dieser Woche Schokoladentafeln von Milka.)


Screenshots [M]: Lidl/Smb

Zugleich muss die Discountkette aufpassen, dass Lidl Plus nicht zum Bumerang wird. Das liegt vor allem daran, wie das Programm in die Läden integriert ist.

Aktionsprodukte, auf die es zusätzlich Lidl-Plus-Rabatt gibt, sind derzeit am Regal mit gelben Preisschildern gekennzeichnet. Auf denen steht (klein) nicht nur der durchgestrichene Originalpreis, sondern darunter auch (groß) der reguläre Rabattpreis („Aktion!“, „Billiger!“) und direkt daneben noch einmal der rabattierte Rabattpreis in blau („Lidl Plus Aktion“).

Wer sich zuvor nicht intensiv mit dem Unterschied befasst hat, könnte auf die Idee kommen, regulär zum Plus-Preis einkaufen zu können (und wundert sich dann an der Kasse, dass dem nicht so ist, wenn er keinen QR-Code scannt).

Besonders kurios wirken die gelben Hinweise, wenn sie sich zwischen die regulären Neon-Aktionsschilder an der Kühltruhe quetschen müssen, wo sie kaum noch zur Geltung kommen:

Mag sein, dass Lidl seine Kunden damit in der Einführungsphase erst einmal neugierig machen will. Aber schon die Logik, dass manche Lidl-Plus-Rabatte am Regal gekennzeichnet sind und andere (kundenindividuelle) nicht, ist seltsam. Erst recht im Discount, dessen unumstößliches Prinzip es mal war, den Einkauf so einfach wie möglich zu gestalten.

Im Moment sorgen die Lidl-Plus-Bonushinweise eher dafür, dass das Angebot im Laden noch unübersichtlicher ist als es angesichts der gewohnten Preisschilderflut ohnehin schon war (siehe Supermarktblog).

Das gleiche nochmal in Hellblau

Andererseits scheint genau das gerade ein internationaler Trend zu sein: Amazon pflastert seine Whole-Foods-Märkte min den USA gerade mit hellblauen Hinweisen auf Vergünstigungen für Mitglieder seines Prime-Programms zu. Dagegen fällt die Lidl-Variante geradezu dezent aus. (Dass man dem Geschäft damit auch schaden könnte, scheint in Seattle niemand zu befürchten.)

Wenn Lidls Plus-Test auch in den neu hinzu gekommenen Ländern erfolgreich verläuft, dürfte die Einführung in Deutschland nur eine Frage der Zeit sein. Für die technischen Voraussetzungen hat die Kette im vergangenen Jahr mit einer Modernisierung ihres Kassensystems bereits gesorgt. Im Grunde genommen müsste die App bloß noch für deutsche Accounts freigeschaltet und beworben werden.

Fotos: Supermarktblog"

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Wie Fenebergs Liefer-Supermarkt Freshfoods mit Gratis-Lieferungen den Durchbruch schaffen will

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Mit 76 Filialen ist die Allgäuer Supermarktkette Feneberg nicht nur zwischen Ulm, Lindau und München präsent, sondern betreibt in der bayerischen Landeshauptstadt seit 2011 auch einen eigenen Lieferdienst für frische Lebensmittel: Freshfoods by Feneberg. Während viele große Handelsketten für das neue Geschäftsfeld hierzulande nur bedingt Experimentierbereitschaft aufbringen, leistet sich Feneberg ein separates Lager in der Stadt, beschäftigt Fahrer, die die Bestellungen mit eigenen Fahrzeugen zum Kunden liefern, und ist zudem bei Amazon Prime Now an Bord.

Seit kurzem zielt eine überarbeitete Version des Internet-Supermarkts darauf, auch Kunden zu gewinnen, die dem Online-Einkauf von Lebensmitteln bisher eher kritisch gegenüberstanden.

Ich hab mich mit Christoph Kappes, der die Weiterentwicklung von Freshfoods für Feneberg begleitet, über die Änderungen unterhalten.


Herr Kappes, Freshfoods hat sein Lieferkostenmodell grundlegend umgestellt. Warum?

Christoph Kappes: Unser Ziel ist die logistische Verdichtung. Wir wollen einerseits mit unseren Lieferfahrzeugen auf mehr Stopps pro Stunde kommen und andererseits preissensiblen Kunden die Chance geben, eine kostenlose Lieferung zu erhalten. Das heißt, wir bieten jedem Münchner pro Woche drei vierstündige Gratis-Lieferzeitfenster an, mal vormittags, mal nachmittags. Wer kleinere Zeitfenster möchte, zahlt dafür zwischen 1,90 und 5,90 Euro. Außerhalb des Rings liefern wir ebenfalls gratis; alle anderen Zeitfenster kosten dort bis zu einem Warenkorbwert von 120 Euro einen Umland-Aufschlag von 5 Euro.


Screenshot [M]: Freshfoods/Smb

Wieso hat sich Freshfoods zu der Änderung entschlossen?

Unser Leistungsversprechen waren bisher Lieferfenster von einer Stunde. Das hatte zur Folge, dass die Kosten in Gegenden mit geringerer Auslastung sehr hoch waren. Die Distribution ist eine der Achillesfersen des Geschäftsmodells: Mit Orderwerten von deutlich über 100 Euro kann die Lieferung frischer Lebensmittel mit einer guten Marge ganz gut funktionieren. In der Größenordnung von 40 bis 60 Euro ist es eigentlich gar nicht möglich, weil die Stückkosten in der Logistik den Deckungsbeitrag direkt auffressen. Im neuen Modell planen wir nun Touren, bei denen eine Abfolge von Postleitzahlzonen angefahren wird – fast wie mit dem Bus.

Ähnliches versucht Picnic in den Niederlanden und NRW – mit dem Unterschied, dass Freshfoods-Kunden im Zweifel für mehr Flexibilität zahlen können.

Richtig. Wobei wir durch unsere Beteiligung an Amazon Prime Now die Erfahrung gemacht haben, dass die Zahl der Kunden, die bereit ist, sechs oder sieben Euro für eine Lieferung im Ein-Stunden-Zeitfenster auszugeben, bei uns im einstelligen Prozentbereich liegt. Das ist also nicht der Regelfall.

In jedem Fall wollen wir die Lieferung für Kunden planbarer machen. Zu Beginn der Tour konkretisieren wir am Liefertag die voraussichtliche Ankunft des Fahrers – beim vierstündigen Gratis-Zeitfenster zum Beispiel auf plus/minus eine halbe Stunde. 20 Minuten vor der Ankunft wird der Kunde nochmals informiert. Dafür wird eine Reihe von Parametern berechnet, um Be- und Entladezeiten bei jedem Halt treffsicher einzuschätzen. Die Tourenplanungssoftware kalkuliert, wie lange es dauert, einen spezifischen Einkauf an einem bestimmten Ort auszuliefern – zum Beispiel, indem die unterschiedlichen Gewichte von Getränkekisten berücksichtigt werden. Je mehr Erfahrungswerte wir sammeln, desto genauer werden künftig unsere Kalkulationen.

Soll die Bestellzahl auf weniger Touren konzentriert werden?

Wir rechnen auf jeden Fall mit einer Verschiebung der Bestellungen in Richtung der Gratis-Zeitfenster – auch weil wir gleichzeitig das Ein-Stunden-Zeitfenster im Preis angehoben haben. Dieser Kompromiss war notwendig, um das neue Modell umsetzen zu können.

Wir glauben, dass das Gratis-Versprechen vor allem für Neukunden attraktiv ist, zumal unser Mindestbestellwert mit 25 Euro sehr niedrig liegt. Bislang sind die Lieferkosten erst am einem Einkaufswert von 75 Euro entfallen. Im Grunde genommen können sich Kunden jetzt Abendessen und Frühstück versandkostenfrei liefern lassen – und zwar zu regulären Edeka-Filialpreisen.


Screenshot [M]: Freshfoods/Smb

Sind diese Änderungen vor allem deshalb möglich, weil Freshfoods seine eigene Lieferflotte betreibt?

Wir haben auch externe Angebote eingeholt. Ab einer gewissen Menge ist es aber nicht teurer, das Geschäft mit einer eigenen Flotte zu betreiben. Bei einer einstündigen LKW-Fahrt gibt es mit der aktuellen Distributionstechnik nur ein begrenztes Sparpotenzial. Das wird sich ändern, sobald die Zustellung über autonome Fahrzeuge möglich wird. Im Moment ist aber nicht viel Spielraum. Benzinkosten sind Benzinkosten und Lohnkosten sind Lohnkosten. Ich halte überhaupt nichts davon, Kosten zu drücken, indem man Kühlzonen verkleinert oder Mitarbeitern weniger zahlt. Deshalb ist die logistische Verdichtung auch so wichtig. In einer Stadt wie München kann man in der Stunde schon sieben bis acht Stopppunkte [bei Kunden] schaffen; sind es nur zwei oder drei, ist das schon ein erheblicher Faktor.

Bei sieben Stopppunkten pro Stunde darf aber keine Getränkelieferung in den 5. Stock dabei sein.

Das ist die Frage: Geht sowas, ohne Aufschläge zu nehmen? Ohne Beschränkungen einzuführen? In München kommt die Verkehrssituation hinzu: Zu gewissen Zeiten sind die großen Hauptverkehrsstraßen komplett blockiert. Das erzeugt schnell dominoartige Verspätungen. Deshalb haben wir unsere Routen so geplant, dass wir möglichst selten in die kritischen Stauzonen einfahren müssen.

Müssen durch die Tourenbündelung weniger Fahrer eingesetzt werden?

Unser Ziel ist die Umsatzsteigerung. Deshalb ist nicht geplant, weniger Fahrer zu beschäftigen – zumal es ohnehin schwierig ist, qualifizierte Mitarbeiter im Markt zu finden, die verlässlich sind und gute Laune mitbringen.

An der Kommissionierung der Einkäufe im Freshfoods-Stadtlager ändert sich nichts?

Vorerst nicht. Aber es gibt Überlegungen, wie man auch dort effektiver werden kann – etwa mit dem Einsatz von Algorithmen, um Laufwege zu verkürzen. Oder um Bestellungen effektiver parallel abzuarbeiten bevor sie am Ende aus den unterschiedlichen Kühlzonen gebündelt werden.


„Wir glauben, dass bestimmte Zielgruppen, wenn sie einmal gewechselt sind, treu bleiben.“

Christoph Kappes, Freshfoods


Welches Ziel hat sich Freshfoods mit dem neuen Modell für die kommenden zwölf Monate gesetzt?

Wir erhoffen uns, die Zahl der Bestellungen deutlich zu steigern und Kunden so an uns zu binden, dass sie ihre Einkäufe regelmäßig bei Freshfoods erledigen. Und natürlich müssen wir es schaffen, die Warenkorbgrößen zu erhöhen.

Das ist aber gar nicht so einfach, wenn man Kunden einlädt, auch für 25 Euro zu ordern.

Wir glauben, dass es bestimmte Zielgruppen gibt, die ihre Einkäufe immer in einem bestimmten Supermarkt erledigen – und die, wenn sie einmal gewechselt sind, treu bleiben. Das gilt sicher nicht für jede Zielgruppe. Aber zum Beispiel für junge Eltern oder Kunden, die nicht schwer tragen können.

Dann muss der Einkauf im Idealfall aber auch immer vollständig sein. Wie handhabt Freshfoods das Problem Ersatzartikel?

Wegen des hohen Warenverlustrisikos bei frischer Ware sind die vorhandenen Mengen oft eher gering. Wir haben hier ja nicht 100 frische Rinderfilets auf Vorrat im Regal liegen. Deshalb braucht man ein funktionierendes Bestandsmanagement. Inzwischen sind wir soweit. Aber sicher können wir in der Prognosegenauigkeit noch besser werden.

Falls doch mal ein bestellter Artikel nicht vorrätig ist, geben wir ein günstigeres Alternativprodukt kostenlos dazu; bei teureren Artikeln versuchen wir, den Kunden vorher zu fragen. Ersatzartikel sind kompliziert: Wenn jemand für abends Rumpsteak bestellt hat, würde er notfalls auf Putenschnitzel umsteigen? Oder Rinderfilet? Oder sagt er: Rindergulasch tut’s auch? Die Schwierigkeit ist, mit dem Kunden in Interaktion zu treten – und zwar so, dass man ihn gleich erreicht und direkt Antwort erhält. Wenn wir für Amazon kommissionieren, haben wir drei Minuten Zeit. Die meisten Kunden antworten aber nicht innerhalb von drei Minuten.


Am Ende geht es aber nicht nur darum, Kunden ihre Bestellung so unkompliziert wie möglich nachhause zu bringen – sondern ihnen vorher schon den Einkauf so einfach wie möglich zu gestalten.

Anstatt sich durch separate Rubriken zu klicken, können Freshfoods-Kunden neuerdings auf jeder Produktübersichtsseite einen Bio- und Regionalfilter einschalten. Mit einem Klick wird so sichtbar, welche Produkte in der gewählten Kategorie biologisch erzeugt wurden bzw. aus der Nähe stammen.


Screenshot [M]: Freshfoods/Smb

Die Voraussetzungen dafür seien bei Feneberg ideal, ist Kappes überzeugt: Schließlich sind die „Von Hier“-Produkte, die von über 600 Erzeugern aus der Region hergestellt werden, alle in Bio-Qualität, fester Teil des Sortiments. Außerdem gibt es eine eigene Feneberg-Bio-Marke: „FeBio“. Kappes sagt:

„Ich glaube, dass Supermärkte, die online geführt werden, vor allem dazu neigen, sich auf eine möglichst große Auswahl zu konzentrieren – gleichzeitig verlangen Kunden meiner Ansicht nach aber eine Qualitätsselektion. Genau die macht die Lebensmittelkompetenz eines Händlers aus. Dieses Versprechen, das im Laden ganz selbstverständlich eingelöst wird, versuchen wir auch online abzubilden – indem man Produkte, die einfach gut sind, auf einen Schlag herausfiltern kann.“

Am Seitenende erscheint ein kleiner Hinweis darauf, dass der Filter aktiv ist, um zu erklären, dass es sich um eine selektierte Auswahl handelt. Und wenn’s im Winter kaum noch regionales Bio-Gemüse gibt, bleibt die Doppelfilter-Auswahl im Zweifel auch mal sehr übersichtlich. Aber vielleicht stärkt das auch das Bewusstsein der Kunden dafür, stärker saisonal einzukaufen.

Auch Bestellern, die es besonders eilig haben, will Kappes stärker entgegenkommen:

„Unsere Erfahrung verbringen viele Kunden die Zeit, die sie sparen, weil sie nicht in den Supermarkt müssen, im Zweifel mit dem Blättern durch den Online-Produktkatalog. Deshalb wollen wir den Einkaufsprozess mit Favoritenlisten, Bestellwiederholungen und einer Einkaufszettellogik verkürzen.“

Zusätzlich werden Produkte, die ein Kunde schon mal bestellt hat, nach seinem Login auf jeder Kategorienseite ganz oben angezeigt – also zum Beispiel das Gemüse, dass regelmäßig geordert wird. „Kunden können wie im Supermarkt Sortiment für Sortiment durchgehen und haben sofort ihre jeweiligen Lieblingsprodukte im Blick“, sagt Kappes.

Bleibt bloß noch die Frage: Wenn das neue Freshfoods so funktioniert, wie es soll, muss Feneberg dann überhaupt noch bei Amazon Prime Now aktiv sein? Kappes antwortet diplomatisch:

„Amazon hilft uns beim Durchsatz in der Logistik, ist aber vom Geschäftsmodell her nicht so attraktiv. Der Erfolg der laufenden Partnerschaft hängt davon ab, ob wir in die Verlängerung gehen.“

Titelfoto: Richard Mayer (CC BY 3.0) via Wikimedia Commons/Freshfoods/Smb"

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Noch mehr Rezeptsets: Greenyard testet Gemüse-Kochboxen im deutschen Handel

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Täuschen Sie sich nicht, der Hype ums betreute Kochen ist noch längst nicht vorbei. Er köchelt gerade bloß auf kleinerer Flamme. Kochboxen-Versender Hello Fresh scheint sich an der Börse ganz wohl zu fühlen und denkt laut darüber nach, auch frische Fertigessen zu verschicken. Bei Amazon Fresh gibt’s seit einer Weile nicht nur Rezeptsets von Kochhaus zu kaufen, sondern auch vom Konkurrenten Marley Spoon. Und Lidl versenkt seine mit Kochzauber im vergangenen Jahr eingeführte Kochtüte seit dem Frühjahr berlinweit in den Kühltruhen.

Nur die Supermärkte hinken dem Trend ziemlich hinterher. Das könnte sich bald ändern. (Aber nicht, weil Edeka überteuerte Trockenkochschachteln ins Sortiment aufnimmt, bei denen dann doch wieder die Hälfte der benötigten Zutaten dazu gekauft werden muss.)

Sondern eher, weil Gemüse-Verarbeiter und Markenhersteller auch was von den potenziellen Umsätzen mit den Kochanleitungs-Sets abkriegen wollen.

Bei unseren europäischen Nachbarn gehören so genannte „Do-it-yourself Fresh Packs“ schon länger zum Standard-Repertoire – zum Beispiel in den niederländischen Märkten von Albert Heijn. Dort stehen seit mehr als drei Jahren „Verspakketten“ im (Online-)Regal: Boxen mit der richtigen Menge an frischem Gemüse, um daraus Gerichte für drei bis vier Personen zuzubereiten. Italienische Lasagne, indisches Curry Madras, marokkanische Couscous-Gemüsepfanne, mexikanische Burritos.

Boxen für kleine Haushalte

Ausgedacht hat sich Albert Heijn die „Frischepacks“ gemeinsam mit dem Gemüseproduzenten Bakker Barendrecht (einer Tochter des belgischen Konzerns Greenyard, der Ihnen eventuell von aktuellen Tiefkühlgemüse-Produktrückrufen bei Lidl bekannt sein könnte) und war 2015 für den Innovationspreis der Obst- und Gemüsemesse Fruitlogistica nominiert.

Said Belhassan, der bei Albert Heijn u.a. das Frische-Sortiment verantwortet, erklärte dem niederländischen Fachmagazin AGF.nl Anfang des Jahres, dass geeignete Rezepte über Verbraucher-Panels ermittelt und anschließend gemeinsam mit Köchen entwickelt würden. (Wobei den Köchen angesichts der eingeschränkt komplexen Anleitungen eher langweilig gewesen sein dürfte.) In jedem Fall sieht Belhassan ein großes Entwicklungspotenzial fürs betreute Kochen im Supermarkt:

„Mit 80 Prozent sind wir Marktführer [in diesem Segment]. In diesem Jahr wollen wir die Anzahl der Rezepte verdoppeln und auch Boxen für kleine Haushalte einführen.“

Das dürfte auch bis zu den deutschen Supermärkten durchgedrungen sein.

Einmal hin, (fast) alles drin

Insofern ist es kein Wunder, dass z.B. bei Rewe kurrzeitig Kochboxen in der Obst- und Gemüseabteilung aufgetaucht sind: mit der richtigen Menge an frischem Gemüse, um daraus Gerichte für zwei bis drei hungrige Personen zuzubereiten. Auf der Banderole sind Zubereitungszeit und Schärfegrad angegeben, die „Du brauchst noch“-Liste verrät, was aus dem Küchenvorrat selbst beigesteuert werden muss (Olivenöl, Reis, Salz).

Niederländischen Supermarktkunden (und deutschen Supermarktblog-Lesern) könnten die angebotenen Gerichte bekannt vorkommen: Italienische Lasagne, indisches Curry Madras, marokkanische Couscous-Gemüsepfanne.

Auf Supermarktblog-Nachfrage möchte sich die deutsche Greenyard-Dependance in Bremen nicht offiziell dazu äußern. Und antwortet deshalb auch nicht auf die Fragen, ob die Boxen dauerhaft im deutschen Handel erhältlich sein werden bzw. inwiefern geplant ist, sie künftig (wie in den Niederlanden) unter einem Eigenmarken-Label wie z.B. Rewes „Beste Wahl“ zu vertreiben.

Das Unternehmen erklärt jedoch:

„Durch unsere enge Bindung zu Albert Heijn in Holland wissen wir, dass sich der Markt im Bereich Kochboxen extrem positiv entwickelt. Auch in Deutschland können wir Bewegung in dieser Kategorie sehen. Daher sind wir mit unseren Kunden im regen Austausch, um verschiedene Ansätze und Möglichkeiten auszuprobieren. Aktuell befinden wir uns in einigen Tests.“

Darf’s etwas Würzpaste dazu sein?

Die Konkurrenz steht schon bereit, um dem Trend zu folgen: Im zurückliegenden Februar hat sich der niederländische Frischgemüselieferant ZON mit dem Nahrungsmittelriesen Unilever zusammengeschlossen und verkauft eigene Rezeptsets in Märkten der niederländischen Supermarktkette Deen (in Nordholland, Flevoland, Utrecht, Gelderland und Overijssel).

Zusätzlich zum frischen Gemüse liegen den Boxen Gewürzmischungen und Pasten bekannter Unilever-Marken bei, die deshalb auch deren Namen als Absender tragen: Conimex, Knorr, Unox.

Für Markenhersteller ist das eine willkommene Möglichkeit, vor allem jüngere Kunden vielleicht doch noch für ihre Würzmittel und Pülverchen zu begeistern, um die sie in den Supermärkten sonst immer öfter einen großer Bogen schlagen.

Derweil erklärt ZON-Geschäftsführer Michiel F. van Ginkel in makellosem Marketingsprech:

„Wir wollen den Verbraucher bei der Zubereitung von frischem Gemüse durch die Jahreszeiten mitnehmen.“

Die Expansion der ZON/Unilever-Kochbox nach Deutschland ist auch schon geplant. Vom niederländischen Venlo aus ließen sich z.B. Märkte in Nordrhein-Westfalen hervorragend mitversorgen. „Groenten & Fruit“ weiß auch, wie die Packs aussehen (könnten).

Bevor der der Hype ums betreute Kochen also irgendwann wieder abnimmt, könnte er im Supermarkt demnächst erst noch mal ein bisschen zulegen.

Fotos: Supermarktblog"

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Kampf dem Strohhalm? Starbucks & Co. wollen Einwegplastik reduzieren

Lidl, Netto (ohne Hund) und der große Discounter-Ganzjahresfasching

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Sind wir doch mal ehrlich: Der Discount mag in den vergangenen Jahrzehnten höchst erfolgreich Herzen und Einkaufswägen deutscher Kunden erobert haben; überbordende Kreativität war dem Format in seiner ursprünglichen Variante aber eher nicht in die Waage, äh: Wiege gelegt.

Das hat sich schon vor einer ganzen Weile geändert. Alle großen Discounter sind sehr viel experimentierfreudiger als noch vor zehn Jahren. Um sich gegen die direkte Konkurrenz zu positionieren. Und den klassischen Supermärkten jüngere Kunden und Marktanteile abzutrotzen.

Selbst der Edeka-Ableger Netto (ohne Hund), der lange Zeit nicht so recht viel mit dem Erbe des übernommenen (und sehr viel ausprobier-affineren) Plus anzufangen wusste, wandelt sich kontinuierlich: Die Kette testet bargeldlose SB-Kassen, motzt die Frischeauswahl auf und erprobt vegane Artikel im Sortiment.

So ganz lassen sich alte Gewohnheiten aber doch nicht abstellen. Und wieso, mag man sich in der Unternehmenszentrale in Maxhütte-Haidhof gesagt haben, sollte man unnötig Energie darauf verschwenden, das eigene Geschäft ständig neu zu erfinden – wenn sich schon jemand anderes was ausgedacht hat, das prima funktioniert?

Nach diesem Prinzip erfolgte im Discount (und nicht nur bei Netto [ohne Hund]) seit jeher die Gestaltung von Eigenmarken, deren Verpackungen denen der Markenvorbilder zum Teil zum Verwechseln ähnlich sehen (siehe Supermarktblog).

„Du entscheidest“ vs „Du hast die Wahl“

Abgesehen davon achten alle Discounter sehr genau darauf, ob die Konkurrenz neue Standards etabliert, die aus taktischen Gründen kopiert werden müssten – nicht nur beim Preis. Lidl hat im April eine neue Haltungskennzeichnung von Frischfleisch eingeführt, mit der Kunden auf der Verpackung erkennen können, wie die Tiere gehalten wurden („Stallhaltung“, „Stallhaltung Plus“, „Außenklima“, „Bio“). Netto (ohne Hund) und Aldi sind inzwischen mit ähnlichen Systemen nachgezogen, die kaum von der Lidl-Variante zu unterscheiden sind:

Es gibt aber noch mehr hübsche Beispiele dafür, wie sehr Discountketten die Arbeit der Kollegen bei der Konkurrenz zu gefallen scheint.

Vor zwei Jahren warb Lidl auf Plakaten und in Prospekten erstmals mit einer direkten Gegenüberstellung von Marken und Eigenmarken (siehe Supermarktblog von 2016 und 2017) und erklärte seinen Kunden:

„Du hast die Wahl – Starke Marken, starke Eigenmarken“

Das war (bei Markenherstellern) vor allem wegen des direkten Preisvergleichs brisant. Und hat auf die Verantwortlichen bei Netto (ohne Hund) offensichtlich soviel Eindruck gemacht, dass sie die Idee als regelmäßiges Element in den eigenen Werbeprospekt übernommen haben. Statt auf Schwarz und Weiß (wie bei Lidl) sind die Produkte dort vor den Netto-(ohne Hund)-Farben Rot und Gelb abgebildet. Darüber steht:

„Marke oder Netto-Marke? Du entscheidest!“

In den vergangenen Wochen sollten sich Kunden u.a. zwischen Lavazza Caffè Crema Classica und Mondo Italiano Caffè Crema (13,79 € vs 7,99 €), Haribo Color-Rado und Arizona Mix (1,09 € vs 0,79 €) sowie Held Curry Gewürz Ketchup delikat und Rich Gewürz Ketchup (2,39 € vs 1,39 €) entscheiden.


Abb. [M]: Netto (ohne Hund)/Smb

Das ist schon irgendwie – mutig: nicht nur die Eigenmarken-Produktentsprechung vom Original abzugucken, sondern auch noch die werbliche Inszenierung von der direkten Konkurrenz.

Und es gibt noch so viel mehr voneinander zu lernen!

Zum Beispiel für „XXL-Wochen“: Das dröhnend hässliche Riesen-„XXL“ in roten Buchstaben auf gelben Hintergrund, das Netto auf Großpackungen druckt, erinnert stark an das dröhnend hässliche Riesen-„XXL“ in roten Buchstaben auf gelben Hintergrund, das Lidl verwendet – nur die Perspektive ist eine andere.


Foto [M]: Lidl/Netto (ohne Hund)/Smb

Derweil lässt sich nicht mehr so genau sagen, wer mit seinem Verpacksungsdesign für italienische Aktionsprodukte zuerst da war: Lidl, das die Artikel seit geraumer Zeit unter seiner Eigenmarke „Italiamo“ anbietet; oder Netto (ohne Hund) mit „Creazioni d’Italia“, das offensichtlich zusammen mit den Partnern der Einkaufsallianz Alidis/Agecore (u.a. mit Intermarché, Eroski, Colruyt, Conad und Coop Schweiz) entwicklt wurde. In beiden Fällen stehen die Mareknlogos  sanft golden umrahmt auf einem in Blautönen gehaltenen Verpackungshintergrund; dazu haben sich beide Verpackungsdesigner ein eigenes Fantasie-Stiefel-Siegel gebaut („Specialita Italiana“ bei Lidl bzw. „Prodotto Italiano“ bei Netto [ohne Hund]).


Foto [M]: Lidl/Netto (ohne Hund)/Smb

Im großen Discounter-Ganzjahresfasching scheint sich jeder Discounter ein bisschen darum zu bemühen, so wie der andere auszusehen.

Den jeweils betroffenen Wettbewerbern bleibt kaum mehr übrig, als das als Kompliment für die eigene Arbeit zu sehen – und Lidl kann sich immerhin damit trösten, nicht die einzige Inspirationsquelle für den bayerischen Konkurrenten zu sein.

Darf’s ein bisschen mehr Osten sein?

Während sich der zur dänischen Salling Group (bisher: Dansk Supermarked) gehörende Netto (mit Hund) seit zwei Jahren als „Dein regionaler Mehrwerte-Discounter“ positioniert, der sich mit einem umfassenden Sortiment an aus Ostdeutschland stammenden Produkten von der nationalen Konkurrenz abgrenzen will, ist dem Konkurrenten (ohne Hund) eine Spitzenidee gekommen: Wie wär’s, wenn man mit einem umfassenden Sortiment an aus Ostdeutschland stammenden Produkten gleichzieht?

Im Wochenprospekt inszeniert sich der Netto ohne Hund jetzt einfach wie der mit Hund: als „Ihr regionaler Discounter“, der „Gutes aus dem Osten“ bietet.


Abb.: Netto (ohne Hund)/Smb

Weil es bekanntermaßen völlig unnötig ist, Energie darauf zu verschwenden, das eigene Geschäft ständig neu zu erfinden – wenn sich schon jemand anderes was ausgedacht hat, das prima funktioniert.

Titelfoto [M]: Netto (ohne Hund)/Supermarktblog"

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Sterben die Supermarktkassen aus? Teil 1: Kein Licht am Ende des Tunnelscanners

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Im Jahr 1916 erfand Clarence Saunders in Memphis, Tennessee, den Lebensmittelmarkt mit Selbstbedienung. Und die Mehrheit der etablierten Händler war sich damals sicher: Das kann nix werden (siehe Supermarktblog).

Saunders aber glaubte an den Fortschritt, an die Neugierde der Konsumenten und daran, dass sich neue Systeme auch gegen lange etablierte Gewohnheiten durchsetzen – sofern sie Kunden einen klaren Vorteil bieten. In seinem ersten „Piggly Wiggly“-Supermarkt bot Saunders gleich zwei: Produkte zu niedrigeren Preisen als der Wettbewerb. Und Zeit, viel mehr Zeit!

In Zeitungsanzeigen erklärte der Gründer, wie viel schneller „die Kundin“ ihre Besorgungen erledigen könnte, wenn sie nicht wie in den bisherigen Läden am Tresen in der Schlange warten müsse, um endlich bedient zu werden:

„This new method will make it possible for you get by the checker’s desk much quicker and without any ‚jamming‘ of folks behind you“.

102 Jahre später kaufen wir im Prinzip immer noch genauso ein wie sich Saunders das damals ausgedacht hat. Gut, nicht ganz genauso. Sondern langsamer. Weil Kunden die Zeit, die sie beim Nichtanstehen am abgeschafften Bedientresen sparen, später im Kassenstau verplempern.

Das dürfte sich bald ändern. So grundlegend, dass manche Handelsketten aufpassen müssen, es in ihrer Trägheit nicht zu verpassen. Das heißt gar nicht, dass künftig alle Läden so funktionieren, wie sich Amazon das für seinen kassenlosen Schnellsupermarkt Amazon Go ausgedacht hat.

In jedem Fall wird wird Amazons „Just Walk Out“-Prinzip aber eine Branche umkrempeln, die über Jahrzehnte darin versagt hat, das Einkaufserlebnis ihrer Kunden wesentlich zu verbessern, sobald es ans Bezahlen geht.

Kapitel I: Von Piggly Wiggly zu Lidl

Anfang des vergangenen Jahrhunderts baute Piggly-Wiggly-Erfinder Saunders gleich drei Kassentresen auf einmal in seine neuen Selbstbedienmärkte. In seiner lesenswerten Saunders-Biographie „The Rise and Fall of a Memphis Maverick“ schreibt Mike Freeman:

„Zu Stoßzeiten konnten die Angestellten mit einem Mal Kunden in mehreren Reihen abkassieren.“


Foto: Clarence Saunders/Library of Congress, Public Domain

Was heute selbstverständlich klingt, war damals eine kleine Revolution. Vor allem hat es aber funktioniert. Anders zum Beispiel als, sagen wir: im modernen Discount.

Dort stehen im Zweifel nicht mehr drei, sondern sogar sechs Kassen parat. Aber die sind, um Personalkosten zu sparen, selbst zu Stoßzeiten so gut wie nie alle gleichzeitig besetzt.

Stattdessen läuft es so:

„Sehr verehrte Kunden wir öffnen Kasse 2 für Sie. Bitte legen Sie Ihre Einkäufe auf das Kassenband“, sagt eine mechanisch klingende Stimme bei Lidl an, wenn der Mitarbeiter an der völlig überfüllten Kasse 1 nach Verstärkung klingelt. Ein zweiter Mitarbeiter unterbricht seine Arbeit im Laden, eilt an Kasse 2 und kassiert die sich umsortierenden Kunden ab. Bis sich die Anstehsituation für den Moment beruhigt: „Sehr verehrte Kunden, wir schließen Kasse 2. Bitte legen Sie keine weiteren Einkäufe aufs Kassenband.“ Der Mitarbeiter geht zurück in den Laden. An der einzigen offenen Kasse entsteht kurze Zeit darauf erneut Stau; der Mitarbeiter klingelt nach Verstärkung. Das Tanztheater geht von Neuem los: „Sehr verehrte Kunden, wir öffnen Kasse 2 für Sie.“

Ausgerechnet ein System wie der Discount, dessen Erfolg auf maximaler Effizienz beruht, leistet sich einen Kassierprozess, der ineffizienter nicht sein könnte. Er spart zwar die Personalkosten für eine zweite Kassenvollbesetzung, produziert dafür aber unnötige Laufwege für Mitarbeiter und hält sie ständig davon ab, sich auf die Erledigung einer Aufgabe zu konzentrieren. Und die Kunden reagieren genervt bis aggressiv.

Langsam merken Discounter und Supermärkte, dass das vielleicht gar nicht so schlau ist.


Foto: Mats S.

Manche installieren SB-Kassen, an denen die man seinen Einkauf selbst über den Scanner ziehen und eigenständig bezahlen kann – 20 Jahre, nachdem Kassenhersteller NCR den Dinosaurier unter den SB-Kassen in einem Supermarkt in Kansas installierte.


Foto: NCR

Selbstverständlich sind die Geräte heute deutlich schlanker. Und mit intelligenter Produkterkennung ausgestattet, um den Scanprozess z.B. für Obst und Gemüse zu beschleunigen.

Aber das ändert nichts daran, dass die SB-Kassen allenfalls für kleine und mittlere Einkäufe geeignet sind – und bei größeren sofort wieder massive Staus produziert werden.

Dazu will die Skepsis gegenüber neuen Kassensystemen bei vielen Kunden nicht so recht verfliegen. Im Rewe-Mitarbeitermagazin „One“ hat Rewe-Vertriebsleiter Michael Krüger gerade erzählt, wie man einen übernommenen Kaiser’s-Markt in Berlin-Charlottenburg wegen des niedrigen Durchschnittsbons bei der Modernisierung komplett auf „Expresskassen“ umgestellt hat:

„Das haben uns die Kunden so übelgenommen, dass wir die Entscheidung schnell wieder revidiert und zusätzliche normale Kassen eingebaut haben.“

(Was, ehrlich gesagt, an besagtem Standort kein Wunder ist.)

Dabei sind die deutschen Supermärkte selbst dafür verantwortlich, dass ihre Kunden so ablehnend auf neue Lösungen reagieren – weil die Erfahrung zeigt, dass viele Neuerungen gar nicht so praktisch sind, wie sich das Händler und Technikhersteller lange gegenseitig eingeredet haben.

Kapitel II: Exit Tunnelscanner

Im Jahr 2009 präsentierte der Konzern Wincor Nixdorf (heute: Diebold Nixdorf) auf der Düsseldorfer Handelstechnikmesse EuroCIS ein fast fertiges Gerät, welches das Scannen von Produkten an der Kasse ein für alle Mal vollautomatisierten sollte. Kunden legten ihre Einkäufe aufs Band, das die Artikel durch einen mit Scannern und Sensoren vollgestopften Tunnel fuhr, ohne dass ein Mitarbeiter sie noch einmal in die Hand nehmen musste.

2010 testete die Supermarktkette Kroger in den USA ein erstes Gerät in der Praxis, im Jahr darauf folgte Rewe in Deutschland. „Weltneuheit in Zülpich!“, stand auf dem Schild über dem Kassenkoloss in dem 50.000-Einwohner-Städtchen, und Rewe prognostizierte euphorisch „eine neue Generation des automatischen Scannens“:

„Diese völlig neue Technologie wird, wenn sie den Praxistest erfolgreich besteht, die Kassenprozesse beschleunigen und Warteschlangen erheblich reduzieren.“

Mitarbeiter im Markt könnten „von der zeitraubenden und körperlich anstrengenden Warenerfassung entlastet“ werden und „sich verstärkt dem Kundenservice widmen“.


Foto: Rewe

Ähnliches versprach sich vermutlich auch Lidl, als 2014 in einer schwedischen Filiale ein vergleichbares Modell des Herstellers ITAB getestet wurde. Um die Ware nicht nur am Barcode, sondern im Zweifel auch am Gewicht und der Optik zu erkennen, seien „im Tunnel neben einer Waage und Bildprozessoren sogar Spektroskope zur Oberflächenanalyse von Obst und Gemüse versenkt“, berichtete die „Lebensmittel Zeitung“ (Paywall).

(Auf den Fotos unten sind Modelle unterschiedlicher Hersteller auf der EuroCIS 2012 und der Euroshop 2014 zu sehen.)

Das war in der Tat alles hochmodern. Aber auch ein ziemliches Desaster.

Nicht nur, weil der Koloss allen Technikschikanen zum Trotz Mühe hatte, zum Beispiel verschiedene Apfelsorten voneinander zu unterscheiden; sondern vor allem, weil es den Kassiervorgang für Kunden gar nicht vereinfachte.

Im Rewe-Testmarkt musste frische Ware plötzlich wieder in der Obst- und Gemüse-Abteilung gewogen werden. Getränkekisten passten nicht durch den Tunnel und wurden per Handscanner extra erfasst. Am Ende zahlte man doch wieder bei einem Mitarbeiter an der Kasse.

Anders im Lidl-Testmarkt: Dort mussten Kunden ihren Einkauf mit einem automatisch generierten Bon an einem separaten Automaten begleichen (regelmäßige Blog-Leser kennen das System aus der Reihe „Zukunftstechniken der Vergangenheit“), um mit der daraufhin generierten Quittung den Markt verlassen zu dürfen.

Auch an eine Beschleunigung des Kassierprozesses war nicht zu denken. In der Theorie schafften die Tunnelscanner zwar 60 Artikel in der Minute – aber so schnell konnten die meisten Kunden ihren Einkauf gar nicht aufs Band legen. (40 Artikel in der Minute erwiesen sich im Praxisbetrieb als realistischer.)

Um das Problem zu umgehen, schaffte die britische Supermarktkette Tesco 2014 eine noch sehr viel monströsere Variante der ohnehin schon riesigen Geräte an – inklusive eingebautem Förderbandkreisverkehr (siehe Supermarktblog). Hersteller NCR lobte:

„[D]ie Checkout-Einheit [verteilt] den Einkauf dank einer rotierenden Drehscheibe und einer neu gestalteten Sammelstation für gescannte Waren gleichmäßiger im Verpackungsbereich und verarbeitet eine größere Menge an Waren.“


Foto: Tesco/NCR

Danach ist es erstaunlich still geworden um die vermeintliche Revolution. (Oder wie es das EHI-Fachmagazin „Retail Technology“ bereits vor zweieinhalb Jahren zusammenfasste: „Seit 25 Jahren basteln Technologie-Hersteller an solchen Geräten. Praxistauglich sind sie bisher nicht.“)

2013 brachte Ralf Schienke vom Kassenhersteller Fujitsu Technology Solutions den Schlamassel auf den Punkt: Tunnelscanner ergäben nur als „Autobahn“ Sinn (PDF).

„Das heißt: auch der Kunde muss sein Tempo erhöhen, wenn die Investition für den Händler aufgehen soll.“

Anders gesagt: Über viele Jahre hat die Industrie daran gearbeitet, eine Technologie zu perfektionieren, die Kunden das Bezahlen ihres Einkaufs gar nicht angenehmer macht, sondern sie dabei bloß stärker unter Druck setzt. Diese Rechnung ist – verständlicherweise – nicht aufgegangen. Und (nicht nur) Zülpich ist wieder um eine „Weltneuheit“ ärmer. Auf Supermarktblog-Anfrage bestätigt Rewe:

„Der eine Tunnelscanner ist zwischen 2011 und 2013 hinsichtlich seiner Praxistauglichkeit im Gesamtprozess getestet worden. Die Erwartungen haben sich jedoch letztlich nicht erfüllt, weshalb er dann auch wieder abgebaut wurde.“

Währenddessen bereitet sich die nächste Kassenrevolution aufs Aussterben vor: Mobile Scan & Go.

Darum geht’s im zweiten Teil der Supermarktblog-Kassenserie, der in der kommenden Woche erscheint.

Danke an Mats für das Rewe-SB-Kassen-Foto!

Titelfoto: Rewe (Archiv), Fotos (wenn nicht anders gekennz.): Supermarktblog"

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Domino’s oder Vapiano: Wer wird Systempizzakönig?

Rewe erhöht den Mindestbestellwert für Lieferservice-Kunden auf 50 Euro

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Wer sich frische Lebensmittel nachhause bringen lassen möchte, muss bei Rewes Lieferservice ab sofort mehr Geld ausgeben: Das Unternehmen hat den Mindestbestellwert für seinen Online-Supermarkt von 40 auf 50 Euro angehoben – gegen die Trends im internationalen Liefergeschäft für Lebensmittel.

Anbieter wie Picnic aus den Niederlanden versuchen Hürden, um Lebensmittel im Netz zu bestellen, abzubauen und Kunden zu regelmäßigen Bestellern zu machen, indem sie sie auch kleinere Warenkörbe bestellen lassen. Dafür müssen Einschränkungen bei den Lieferzeitfenstern in Kauf genommen werden (siehe Supermarktblog). In München testet die regionale Supermarktkette Feneberg mit ihrem Lieferdienst Freshfoods seit kurzem ein ähnliches Prinzip.

Auch Rewe hatte zuletzt versucht, die Wiederbestellrate anzuschieben – und dafür deutschlandweit die zunächst regional getestete „Lieferflat“ eingeführt. Gegen eine feste Monatsgebühr können Kunden beim Rewe Lieferservice so oft bestellen, wie sie wollen – ohne dass weitere Kosten für die Lieferung anfallen. (Pfandzuschläge ausgenommen). Dieses Angebot entwertet Rewe mit der Erhöhung des Mindestbestellwerts nun ein Stück weit.

Der Handelskonzern steckt mit seinem Dienst in einer Zwickmühle: Um die hohen Logistikkosten zu rechtfertigen, muss die durchschnittliche Bestellsumme möglichst hoch ausfallen. Ob sich mit einer Anhebung des Mindestbestellwerts von 40 auf 50 Euro daran etwas Wesentliches ändern lässt, ist jedoch fraglich.

Gleichzeitig dürften dadurch aber z.B. Kunden aus kleineren Haushalten verschreckt werden, die nicht (mehr) auf die benötigte Summe kommen, um sich wöchentlich beliefern lassen zu können.


Screenshot: Rewe/Smb

Das entschärft (vorübergehend) zwar die Problematik der nur begrenzt verfügbaren Zeitfenster. Es schränkt aber auch die Zielgruppe weiter ein; und beinhaltet das Risiko, dass sich das Logistikproblem durch eine reduzierte Frequenz weiter verschärft. Weil im Zweifel zwar größere Warenkörbe ausgeliefert werden können, aber an weniger Besteller, die im schlechtesten Fall auch noch weit auseinander wohnen.

Anders formuliert: Anstatt sich auf die Verbesserung der Tourenplanung zu konzentrieren, um Lieferfahrern lange und teure Wege durch die Stadt zu ersparen, wälzt Rewe das Rentabilitätsproblem auf seine Kunden ab.

(Auch bei der Warenverfügbarkeitsprognose hat sich zuletzt wenig gebessert: Einige Produkte sind mehrere Wochen nacheinander nicht verfügbar, werden aber trotzdem im Shop angeboten; bestellte Artikel, die eigentlich da sein müssten, fehlen regelmäßig; die Ersatzartikellogik ist zum Teil äußerst kreativ.)

Der Druck hält sich in Grenzen

Das liegt womöglich auch daran, dass derzeit wenig Gegendruck aus dem Markt zu erwarten ist: Kaufland hat sich mit seinem Lieferservice zu Beginn des Jahres komplett verabschiedet, bei Amazon Fresh (das in München von Anfang an mit einem Mindestbestellwert von 50 Euro angetreten ist) stagniert die Entwicklung, und der anfängliche Schwung bei Bringmeister nach der Übernahme durch Edeka scheint sich auch wieder verflüchtigt zu haben.

Das rechtfertigt aber noch nicht, wie Rewe die Erhöhung des Mindestbestellwerts gegenüber seinen Stammkunden kommuniziert: (bislang) gar nicht.

Erst auf Kundennachfrage (und ohne wirkliche Erklärung) äußerte sich der Konzern am Wochenende per Twitter mit PR-Gefasel:

In Köln ist man offensichtlich der Ansicht, dass es am besten ist, Kunden beim nächsten Einkauf alleine herausfinden zu lassen, wenn sich die Bedingungen des von ihnen genutzten Diensts verschlechtern. Womöglich setzt Rewe auf einen Gewöhnungseffekt: Auch das Preise-wie-im-Markt-Versprechen (siehe Supermarktblog) und die praktikable Kostenlos-Belieferung (siehe nochmal Supermarktblog) wurden im Stillen beerdigt.

In jedem Fall sagt es einiges über die Wertschätzung der eigenen (Online-)Kundschaft, wenn im schicken Digital-Hauptquartier der zweitgrößten Supermarktkette des Landes zwar genügend Ressourcen eingeplant sind, um per Newsletter über „5 Fehler, die jeder beim Nudelkochen macht!“ und „Die Ananas – Vielseitig und voll im Trend“ zu informieren – aber man sich nicht dazu durchringen mag, eine zentrale Änderung des Online-Leistungsangebots nachvollziehbar zu erklären.

Ich habe bei Rewe angefragt, was der Grund für die Erhöhung des Mindestbestellwerts ist.

Danke an den Kollegen Florian Treiß von Location Insider für den Hinweis!

Titelfoto: Supermarktblog"

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Sterben die Supermarktkassen aus? Teil 2: Ausweitung der Scan-Zone

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Kapitel III: Erst scannen, dann … anstehen?

Quizfrage! Wie erspart man Kunden im Supermarkt, sämtliche Produkte aufs Kassenband legen zu müssen, um sie vorm Bezahlen scannen zu lassen? Einfache Antwort: Indem man sie das Scannen vorher selbst erledigen lässt.

„(Mobile) Scan and Go“ heißt die Idee – und eine zeitlang sah es tatsächlich so aus, als hätte sie sich (im Gegensatz zu den monströsen Tunnelscannern) in der Praxis schon durchgesetzt.

Ist ja auch ganz simpel: Während des Einkaufs scannen Kunden die Strichcodes der Produkte, die sie kaufen wollen, per bereit gestelltem Handscanner. Am Ausgang muss nur noch die Gesamtsumme bezahlt werden – fertig. In Deutschland bietet u.a. Globus das System in einigen SB-Warenhäusern an (und hat Fans dafür gefunden); Edeka testete; und schon 2014 sammelte die hessische Supermarktkette Tegut in Fulda Erfahrungen mit ihrem „Projekt fluxx“.

Der damalige Filialgeschäftsführer erklärte:

„Wir erhoffen uns von dem System einen Weg zurück auf die Fläche, weg von der Kasse.“


Foto: Tegut

Mit etwas Verspätung setzte in den USA auch Walmart große Hoffnungen in die Technologie und wollte Mobile Scan & Go noch zu Beginn dieses Jahres auf mehrere hundert Märkte ausweiten:

„[N]ow we’re helping even more customers across the country save time with this fast, simple and easy way to check out.“

Diesen April kündigte der Konzern stattdessen eine überraschende Kehrtwende an: Es hat sich ausgescannt. Die Technik werde komplett eingestellt – wegen „geringer Teilnahme“, bestätigte Walmart gegenüber „Business Insider“.

Im Praxistest hatten die Kunden schlicht und einfach keine Lust, ihre riesigen Warenkörbe im Supercenter selbst zu unter den Scanner zu halten. Viele nahmen die Technologie nicht in erster Linie als Möglichkeit wahr, sich die Zeit fürs Anstehen zu sparen – sondern als Gelegenheit für Walmart, einen Teil der Arbeit seiner Angestellten auf die Kunden abzuwälzen. CBC News aus Kanada zitiert einen Kunden im Laden:

„I’m not getting a discount to do that, I’m not getting paid to do that. That’s why there’s a cashier.“

Jahre nach der Einführung einer an sich gut funktionierenden Technologie zur Anstehreduzierung setzt sich im Handel womöglich die Einsicht durch, dass die so hübsch ausgedachte Lösung spektakulär mit der psychologischen Wahrnehmung der Kunden kollidiert – und deshalb langfristig wenig Chancen haben wird.

Zu diesem Schluss scheinen nach und nach auch deutsche Scan-and-Go-Pioniere zu kommen: Teguts „Projekt fluxx“ wurde ursprünglich in drei Märkten getestet. Aktuell ist es nur noch in einem Markt im Fuldaer Stadtteil Kaiserwiesen aktiv, erklärt die Handelskette auf Supermarktblog-Anfrage:

„Die Erfahrungen sind für uns wertvoll, zeigen aber, dass es für tegut… nicht wirtschaftlich ist, das System auszurollen. Der Gedanke Self-Scanning wird als mobile Lösung weiterverfolgt, jedoch nicht mit höchster Priorität.“


Foto: Tegut

In einer kostengünstigeren Variante schwankt Scan and Go derweil als Technik-Zombie weiter durchs Regionale: Um die Anschaffung teurer Handscanner zu vermeiden, haben Start-ups wie Scansation aus München die Scan-Funktion in Apps übertragen. Kunden bringen ihren „Handscanner“ quasi selbst mit: In Prechtl Frischemärkten (u.a. in Bad Feilbach im Landkreis Rosenheim) lassen sich Produkte mit dem Smartphone scannen, das anschließend einen QR-Code generiert, der an der Kasse vorgezeigt werden muss.

Scansation schwärmt:

„Nach dem Scan des QR-Codes kann wie heute bezahlt werden. Es ist also weiterhin unter anderem Bargeldzahlung möglich.“

(Mitbewerber Snabble versucht dasselbe im Großraum Bonn in Filialen von Knauber Freizeitmarkt.)

Anders gesagt: Kunden stehen, wenn es im Laden voll ist, doch wieder an der Kasse an – und haben vorher noch zusätzliche Arbeit mit dem Scannen. In der eigenen Pressemitteilung räumt Scansation sogar selbst ein:

„Als Kunde spart man sich erstmal nur wenig Zeit.“

Die Ersparnis werde aber umso größer, je „mehr Kunden das System nutzen“. Denn dann würden „die Warteschlangen im allgemeinen kürzer“. Anstatt das Anstehproblem zu lösen, hoffen Start-up und Händler also, dass Kunden erstmal mehr Zeit beim Einkauf investieren, um später irgendwann vielleicht welche zu sparen. Kann man sich gar nicht ausdenken, sowas.

Andererseits: Vielleicht hätte man früher ahnen können, dass es eine neue Technologie nicht einfach haben würde, wenn Supermärkte es für angebracht halten, dafür achtseitige Verwendungsanleitungen drucken zu lassen – wie die Schweizer Migros für ihr System „subito“.

Bei dem muss man immerhin nicht nochmal an die normale Kasse, sondern bezahlt am Terminal. (Hier können Sie das PDF und – welch Vergnügen! – die eigenen „Self-Scanning AGB“ downloaden.)

Kapitel IV: Kein Anstehen, keine Kasse – kein Scherz!

Das scheint ein Grundproblem in der Handelsbranche zu sein: Unter dem Vorwand des technologischen Fortschritts sorgen zahlreiche Akteure seit vielen Jahren dafür, den Status Quo in der Kassenzone immer noch ein bisschen komplizierter zu machen als er schon ist. Ohne ihn wirklich zu verbessern.

Grund dafür ist, dass viele Technologien gar nicht in erster Linie aus Sicht der Kunden gedacht sind; sondern (im besten Fall) aus der des Händlers. (Der sie anschaffen und bezahlen soll.)

Zweifellos ist es für den selbstständigen Edeka-Kaufmann praktisch, wenn die neue Power-Kasse das eingeworfene Bargeld vollautomatisch sortiert und im Zweifel sogar direkt dem Konto gutschreibt, wenn es im eingebauten Tresor landet (siehe Supermarktblog). Aber kennen Sie einen Kunden, der auf die Frage, was er sich fürs Bezahlen im Supermarkt wünscht, antwortet: „Och, so eine Kasse mit geschlossenem Bargeldkreislauf, die wär’ nicht schlecht“?

Es kommt, wie es kommen musste: Um echte Innovationen kümmern sich die, die mit dem klassischen Lebensmittelhandel bislang nicht viel am Laser hatten.

Ein gutes halbes Jahr ist es her, dass Amazon in Seattle seinen ersten kassenlosen Supermarkt eröffnete. Die Idee: Kunden scannen am Eingang einen QR-Code auf dem Smartphone, nehmen anschließend die Artikel aus dem Regal, die sie kaufen wollen – und gehen einfach wieder (siehe Supermarktblog).


Foto: Brianc333a (CC BY-SA 4.0) via Wikimedia Commons

Ein kompliziertes System aus Kameras, Scannern und Waagen ordnet die gekauften Artikel dem Amazon-Account des Kunden zu und bucht den fälligen Betrag einfach von dessen Konto ab.

Das klingt fantastisch. Aber es ist längst noch nicht ausgemacht, ob sich Amazon Go auf breiter Front als Standard etablieren lässt.

Nach der Ankündigung hat der Konzern über ein Jahr gebraucht, bis der Laden auch tatsächlich bereit für die Eröffnung war. Die  Technik dürfte (momentan) nicht nur viel zu teuer sein, um sie in einer Vielzahl von Minisupermärkten einzusetzen; es ist auch völlig unklar, wie fehleranfällig sie im regulären Betrieb tatsächlich ist. Und ob Kunden sich überhaupt damit anfreunden können, beim Einkauf auf Schritt und Tritt überwacht zu werden.

(Wobei ihnen das ja auch nichts auszumachen scheint, wenn diese Überwachung durch die Payback-App auf dem Smartphone erfolgt.)

Amazon Go mag ähnlich kompliziert gedacht sein wie viele der Technologien, die der Handel in der Vergangenheit erprobt hat, um sich von der Kassengeißel zu befreien. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied: Diesmal wird die Komplikation nicht auf den Kunden abgewälzt. Im Gegenteil.

Bei einem Testbesuch im Januar ließ sich Recode.net von Amazon-Go-Technik-Chef Dilip Kumar erklären, wie die Idee zum Projekt entstand. Man habe sich die Frage gestellt, was den Einkauf von Artikeln des täglichen Bedarf im stationären Handel deutlich bequemer machen könnte als heute. Kumar sagt:

„Der eine Punkt, auf den wir immer wieder zurückgekommen sind, war: dass die Leute es hassen, anzustehen.“

Ganz. Genau.

Konsequenterweise wirbt Amazon Go deshalb mit dem Versprechen: „No Line, no Checkout – no, serious.“ Kein Anstehen, keine Kasse – kein Scherz!

Reuters meldete kürzlich, dass Microsoft eine Lösung entwickelt habe, die es ermöglicht, Artikel im Einkaufswagen der Kunden automatisch zu erfassen, ganz ohne zusätzliches Scannen. Die Technologie sei bereits mehreren großen Händlern vorgestellt worden, darunter auch Walmart. Was auch erklären könnte, warum Scan and Go so schnell wieder in Ungnade fiel. Mit Walmart versteht sich Microsoft seit kurzem ohnehin ganz prächtig.

Derweil hat Amazon weitere Filialen seines Schnellsupermarkts für Chicago und San Francisco angekündigt. Eine kurz vor der Eröffnung stehende Filiale entdeckte „GeekWire“ in Seattle. Die britische „Times“ meldete, Amazon bemühe sich auch in London um Go-geeignete Flächen (Paywall). Und in Deutschland hat Amazon zumindest schon mal Markenschutz für seinen Schnellsupermarkt angemeldet.

Nur der Berlin-Korrespondent von Bloomberg kann die ganze Aufregung über „a nonexistent problem“ nicht so recht verstehen:

„I don’t really care about saving 50 seconds, especially if it means subjecting myself to incredibly intense surveillance.“

50 Sekunden sind für die Durchquerung der Kassenzone in deutschen Supermärkten bzw. Discountern eine grenzenlos optimistische Schätzung. In amerikanischen sieht das vielleicht anders aus (siehe Supermarktblog). Man kann das Problem aber auch umdrehen: Falls sich Amazon Go bei den verhältnismäßig schnellkassierverwöhnten amerikanischen Kunden durchsetzen sollte, müssten die anstehgeplagten Deutschen das Konzept eigentlich lieben.

Wenn da nur nicht all diese Kameras wären.

Müssen wir fürs Nichtanstehen im Supermarkt künftig die Vollüberwachung unseres Einkaufs akzeptieren?

Darum (und um Alternativen zu Amazon Go) geht’s im letzten Teil der Supermarktblog-Kassenserie, der demnächst an dieser Stelle erscheint.

Titelfoto: Tegut, Fotos (wenn nicht anders gekennz.): Supermarktblog"

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Sterben die Supermarktkassen aus? Teil 3: Elektronisches Preisschild sucht flüchtigen Kundenkontakt

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Kapitel V: Ein ganz heißer Tipp?

Zur Mittagszeit wird das Foyer der Unternehmenszentrale von Ahold Delhaize im nordholländischen Zandaam zur Ersatzkantine. Im Minutentakt sausen Mitarbeiter per Aufzug ins Erdgeschoss und steuern den (auch für die Öffentlichkeit zugänglichen) Albert-Heijn-to-go-Minisupermarkt an. Für den ist dort zwar nur ein paar Quadratmeter Platz. Aber es gibt alles, was man für den schnellen Hunger braucht. Die Mittagspäusler greifen ein Sandwich, eine Banane, ein Wasser – und sind direkt wieder weg. Ohne zu bezahlen!

Ohne zu bezahlen? Nein, nicht ganz.

Auch für die Mitarbeiter eines der größten europäischen Supermarktkonzerne (siehe Supermarktblog) gibt’s kein Free Lunch. Aber dafür die Gelegenheit, sich den Weg zu SB-Kasse zu sparen.

Seit vergangenem Dezember testet Ahold Delhaize in seiner Zentrale „Tap to go“: Mitarbeiter kriegen eine Plastikkarte ausgehändigt, die sie per App mit ihrem Bankkonto verknüpfen. Im Laden muss die Tap-to-go-Karte dann bloß ans Preisschild des Artikels gehalten werden, der aus dem Regal genommen wird. Zur Bestätigung blinkt ein grünes Lichtsignal auf, gefolgt von einem kurzen Biep: Einkauf bestätigt. Und ab geht’s in die Sonne, vorbei an der Büste des Unternehmensgründers, die am Eingang an der Wand hängt – neben dem Bildschirm, auf dem das Tap-to-go-Prinzip erklärt wird.

Der fällige Betrag wird anschließend automatisch vom verknüpften Konto abgebucht, mit einer Verzögerung von zehn Minuten. Falls man sich’s vorher nochmal anders überlegt und das Sandwich doch noch gegen einen Salat tauscht. (Einfach zurücklegen, Karte wieder ans Preisschild halten und der Artikel wird aus dem virtuellen Warenkorb gelöscht.)

Damit niemand den Überblick verliert, was er schon alles getappt hat, kann der aktuelle Warenkorb per Karten-Scan an der SB-Kasse nachgesehen werden.

Wer sich die Mittagspause Zeit nimmt, um den Ahold-Delhaize-Mitarbeitern beim Lunch-Einkauf zuzusehen, kann beobachten, wie reibungslos die Technik zu funktionieren scheint – und wie viele Tap to go bereits ganz beiläufig nutzen, während sie sich weiter mit ihrem Kollegen unterhalten. Viele haben nicht mal mehr die Plastikkarte dabei, sondern halten gleich ihr Smartphone mit der Tap-to-go-App ans Regal. Geht genauso: grünes Licht, kurzes Signal, Einkauf bestätigt.

Bisher ist es bei dem Test in Zandaam geblieben. Das könnte sich allerdings bald ändern. Noch in diesem Sommer würden etwa 80 AH-to-go-Filialen mit Tap and Go ausgestattet, verriet AH-to-go-Geschäftsführer Jan-Willem Dockheer kürzlich im Interview mit „Het Financieele Dagblad“ (FD). (Bei meinem Amsterdam-Aufenthalt in der vorigen Woche war davon allerdings noch nichts zu sehen.)

Mit Tap to go erhofft sich Ahold Delhaize nicht nur eine Beschleunigung des Einkaufs. Während des Tests habe man auch die Erfahrung gemacht, dass Kunden öfter in den Laden kommen und mehr ausgeben; vor allem aber werde niemand vergrault, weil es im Laden zu voll ist, meint Dockheer.

Die Amsterdamer Agentur M2mobi erklärt auf ihrer Website, wie für die Umsetzung des Systems mehrere unterschiedliche Technologien miteinander kombiniert wurden. Am praktischsten ist aber, dass das meiste davon ist sowieso längst im Einsatz ist: Die elektronischen Preisschilder am Regal kommunizieren z.B. per Near-field Communication (NFC) mit Karte bzw. Smartphone des Kunden. (Ganz ähnlich wie beim kontaktlosen Bezahlen im Supermarkt – nur halt ohne Kasse dazwischen.)

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Schnellsupermärkte mit überschaubarem Sortiment könnten sich so verhältnismäßig schnell umrüsten lassen – anders vermutlich als bei Amazon Go mit seinem komplizierten System aus Kameras und Waagen zur automatischen Einkausferkennung. Zunächst scheint sich Ahold Delhaize deshalb auch auf seine AH-to-go-Filialen konzentrieren zu wollen. (Aus Deutschland hatte sich das Unternehmen gerade erst zurückgezogen; siehe Supermarktblog.)

Der niederländisch-belgische Konzern nicht der einzige, der Alternativen zu Amazon Go testet.

Ebenfalls in den Niederlanden hat sich die Handelskette Spar mit der Payment-App Tikkie zusammengetan, die von der holländischen Bank ABN Amro entwickelt wurde. Seit Anfang des Jahres können Studenten, die im Campus-Supermarkt Spar University in Utrecht einkaufen, ihre Artikel mit dem eigenen Smartphone scannen und – wenn sie alles beisammen haben – direkt in der Spar-University-App bezahlen. Und ab geht’s in die Sonne.

Nein, Moment: Vorher können sich die Studis noch eine Belohnung abholen, wenn sie am Ausgang des Markts den von der App generierten QR-Code scannen. Dann gibt’s beim nächsten Mal einen Kaffee aufs Haus. (Und Spar hilft ein bisschen nach, dass der Einkauf auch wirklich bezahlt wird.)

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„Skippen“ heißt die Funktion, bei der der klassische Kassierprozess übersprungen wird – eine Weiterentwicklung des in den Niederlanden sehr viel verbreiterten Scan-and-Go-Prinzips ist. Bereits wenige Monate nach dem Start erklärte Spar den Test zum Erfolg (ohne konkrete Zahlen zu nennen) – und kündigte an, Kunden künftig landesweit mit Tikkie bezahlen zu lassen. Was eine ziemliche Irreführung ist, weil man dafür doch wieder an die normale Kasse muss, die jetzt außer Bargeld und Karte halt auch QR-Codes der (eigenständigen) Tikkie-App akzeptiert.

Offensichtlich möchte ABN Amro vor allem seine Mobile-Payment-Lösung durchsetzen – und nicht in erster Linie dabei helfen, Kunden den Einkaufsprozess zu erleichtern.

In Großbritannien tastet sich derweil Sainsbury’s an die kassenlosen Zukunft heran. Ebenfalls mit App. Und sehr, sehr vorsichtig.

Wer das ausprobieren möchte, muss nach Clapham North fahren. Dort testet die britische Handelskette, die eine Fusion mit dem Wettbewerber Asda plant (siehe Supermarktblog), ihre „SmartShop“-App in einer Filiale ihres Convenience-Ablegers Sainsbury’s Local. Mitmachen können vorerst aber nur iPhone-Nutzer. Die sich für Apple Pay registriert haben. Bei Mondenschein. (Nein, Pardon, eins davon hab ich mir ausgedacht.) Alkohol und Paracetamol dürfen nicht in den virtuellen Einkaufskorb, weil sonst doch wieder ein Mitarbeiter checken muss, ob Alters- und Mengenvorgaben eingehalten werden.

Vor genau einem Jahr setzte Sainsbury’s „SmartShop“ bereits in einer Local-Filiale am Londoner Umsteigebahnhof Euston ein: Testkunden durften (ausschließlich) 3-Pfund-Meal-Deals per App bezahlen.

Für alle übrigen war der Test unsichtbar – bzw. laut App schon wieder beendet, als ich im Januar nachschauen wollte, wie das System funktioniert.

So richtig wohl scheint vielen etablierten Supermarktketten noch nicht damit zu sein, ihre Kunden künftig mit dem Einkauf aus dem Laden spazieren zu lassen, ohne sie vorher an eine klassische Kasse gelotst zu haben. Alle testen. (Also: alle im Ausland.) Aber so richtig überzeugend sind die wenigsten Lösungen. Albert Heijn scheint mit Tap to go derzeit am weitesten zu sein. Aber: Was bedeutet das denn nun für die Ausgangsfrage, die als Überschrift über der Blogserie steht, die Sie gerade lesen? Zur Erinnerung:

Kapitel VI: Sterben die Supermarktkassen demnächst aus? Oder nicht?

Die Antwort lautet: Ja. Und nein. Kommt darauf an, über welche Art von Einkauf wir reden.

Alles deutet derzeit darauf hin, dass Mini-Supermärkte in Zukunft tatsächlich ohne klassische Kassen auskommen. Nicht nur, weil es dort ganz besonders auf Schnelligkeit ankommt. Sondern auch, weil sich Technologien, wie wir sie derzeit in der Entwicklung sehen, am ehesten mit überschaubaren Sortimenten beherrschbar einsetzen lassen – für die Betreiber genauso wie für die Kunden. Genau auf diese Beherrschbarkeit wird es ankommen: Niemand mag sich die Zeit fürs Anstehen im Laden sparen, wenn er nachher vom Konto abgebuchte Beträge für Artikel reklamieren muss, die er gar nicht gekauft hat.

Aber wenn ein System funktioniert, dürfte nicht mal mehr die in den meisten Fällen notwendige vorherige Registrierung ein Hindernisgrund für dessen Durchsetzung sein. (Im ÖPNV funktioniert’s ja auch.)

Für den Wocheneinkauf gilt das eher nicht. Je größer die Warenkörbe werden, desto weniger praktikabel sind auch die neuen Technologien, die schnell an ihre Grenzen geraten. Das gilt ja jetzt schon für einfache SB-Kassen. (Was ich nicht erst weiß, seitdem ich neulich der Frau zugesehen habe, die bei Kaufland an der SB-Kasse vierzig Hipp-Gläschen auf der Wiegefläche gestapelt hat, um sich selbst abzukassieren und jedes einzelne zurück in den Einkaufswagen zu räumen.)

Die Frage ist ohnehin: Gibt es in zehn Jahren den großen Wocheneinkauf in seiner jetzigen Form überhaupt noch?

Anfang des Monats hat Amazon in den USA einen neuen Abholservice für Lebensmittel gestartet, bei dem Kunden der Supermarktkette Whole Foods ihre Einkäufe 30 Minuten nach der Bestellung am Laden abholen können. Sie müssen nicht aussteigen, reingehen und am Schalter klingeln. Sondern kriegen die Tüten direkt in den Kofferraum gepackt. Der Test ist vorerst auf Sacramento und Virginia Beach beschränkt; weitere Städte sollen folgen.

Gemeinsam mit der Blitzlieferung von Whole-Foods-Artikeln über Prime Now etabliert Amazon zunehmend die Gewohnheit, auch für Lebensmittel per App zu bezahlen. Und überhaupt nicht mehr daran zu denken, an einer Kasse anstehen zu müssen. Weil man gar nicht mehr an einer vorbeikommt.

Vielleicht braucht es auch viel mehr Zeit, bis sich die alten Gewohnheiten ändern. Zumal viele Kunden im Laden weiter selbst ihr Obst und Gemüse drücken und sich von neuen Produkten inspirieren lassen wollen. Für diese Art des klassischen Großeinkaufs wird sich die Anstehkasse so schnell vermutlich nicht wegoperieren lassen. Für alle anderen: vermutlich schon.

Im Zweifel sogar jetzt, sofort. Ohne App, ohne Karte, ohne Anmeldung.

Im Frühjahr hat der (derzeit) weltgrößte Händler Walmart die Initiative „Check Out With Me“ gestartet. Kunden gehen mit den gewünschten Artikeln einfach auf einen Mitarbeiter im Laden zu, der mit einem mobilen Kartenlesegerät inklusive Scanner ausgestattet ist, und bezahlen (bargeldlos). Den Kassenzettel gibt’s entweder elektronisch oder aus dem Bluetooth-Minidrucker. Und ab geht’s in die Sonne.


Foto: Walmart

Derzeit ist der Test zwar auf die Gartencenter des Konzerns beschränkt. (In denen die Warenkörbe im Zweifel überschaubarer sein dürften.) Aber wäre das nicht irre, wenn wir irgendwann aufs Jahr 2018 zurückschauen würden – und uns wundern, warum es so lange gebraucht hat, bis jemand auf die Idee kam, den Kunden im Supermarkt das lästige Anstehen an der Kasse zu ersparen. Einfach, indem man die Kasse zum Kunden bringt?

Titelfoto: Ahold Delhaize; Fotos: Supermarktblog"

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Marketplace+ in Deutschland gestartet: Deliveroo verkleinert und vergrößert sich gleichzeitig

Aus der Hanse- in die Hauptstadt: Budni erfindet für Berlin das City-Drogeriemarkt-Café

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Drogerieartikel einkaufen, Kaffee trinken, sich ein belegtes Brötchen für die Mittagspause aussuchen, Obst und Käse mitnehmen – und ein gekühltes Getränk für unterwegs dazu? Um all das auf einmal zu kriegen, gehen viele Berliner, wenn sie in der Stadt unterwegs sind, schnell zum nächsten Späti.

Späti? Kennt Christoph Wöhlke auch – und sagt mit einem Lächeln:

„In Hamburg heißt das Budni.“

In Berlin ab sofort auch: Die in der Hansestadt beheimatete Drogeriemarktkette Budnikowsky hat am Donnerstag ihre erste Filiale in der Hauptstadt eröffnet. Mit einem Konzept, das sich deutlich von dem der großen Wettbewerber abhebt. Zusätzlich zum klassischen Drogeriemarktsortiment bietet Budni an der Schönhauser Allee im Bezirk Prenzlauer Berg eine große Auswahl an (frischen) Lebensmitteln, Sofortessen zum Mitnehmen und ein kleines Café im Eingangsbereich.

„Wir haben Budni eigentlich nie als klassische Drogerie gesehen“,

meint Geschäftsführer Wöhlke – und erklärt, warum das Experimentieren in neuen Filialen besonders leicht fällt: Weil Kunden dort noch keinen festgelegten Einkaufsweg haben. Und deshalb offener für neue Sortimente sind.

Viele der Elemente, die jetzt in Berlin umgesetzt wurden, testen die Hamburger zwar auch schon in der Heimat (siehe Supermarktblog); die erste Hauptstadtfiliale ist nun aber sozusagen ein Best-of der bisherigen Experimente, kombiniert zu einem schicken City-Drogeriemarkt, der sich mit den in der Nähe gelegenen Filialen von dm und Rossmann problemlos messen kann – und sogar einige klare Vorteile mit sich bringt.

Kunden haben die Wahl, ob sie ihren neuen Budni ganz klassisch als Drogerieladen mit großer Naturkosmetik-Abteilung nutzen wollen; als Nahversorger für den schnellen Lebensmittel-Einkauf; oder als Snack-Versorger für die Pause.

Sofern sie sich mit den für Berlin-Verhältnisse eher knauserigen und (gar nicht Späti-adäquaten) Öffnungszeiten anfreunden können (Montag bis Samstag nur bis 20 Uhr, dafür morgens schon ab 8 Uhr).

Der Laden im Überblick

Am Eingang fackelt Budni nicht lange, verschwendet keinen Quadratmeter Platz und begrüßt Kunden doch erstmal als Drogeriemarktspezialist: mit dekorativer Kosmetik auf der einen und Zähneputzen auf der anderen Regalseite.

Wer die ersten paar Schritte gemacht hat, steht schon mitten im Laden und findet sich ziemlich schnell von alleine zurecht, ohne dass dafür große Sortimentsbeschilderungen notwendig wären. Rechts geht’s zur holzvertäfelten Naturkosmetik-Abteilung, geradeaus zu Pflegeprodukten bzw. Wasch-, Putz- und Reinigungsartikeln, links in den Mini-Supermarkt, der über Kaffee und Tee zu (Bio-)Süßwaren und Naturkost hin zu Kühl- und Tiefkühlartikeln leitet.

Schon wieder in Richtung Ausgang steht einer der schicksten Brötchenknasts der Stadt, in dem es außer klassischen Bio-Backwaren auch belegte Bagel und Brötchen gibt (mit Lachs, Spinat, Brie-Birne). Dazu Pastasalat und Müsli.

Vorbei an den Mini-Kühltheken mit Salaten, Suppen und dem Regal mit frischem Obst und Gemüse geht es zu einer Auswahl an gekühlten Getränken, mit der sich Budni auch vor nahegelegenen Supermärkten und Kiosken nicht zu verstecken braucht.

Der Durchgang von den Kassen zur stylisch gefliesten Café-Theke ist offen, die komplette Fensterfront des Ladens für Sitzgelegenheiten an Holztischen reserviert.

Das Café betreiben die Hamburger in Eigenregie: Kunden sähen es ohnehin als Teil der Filiale, da lasse sich die Verantwortung schwer an einen externen Partner abgeben, ist Wöhlke überzeugt. Außerdem funktioniert die Theke als zusätzliche Kasse, an der man seinen Einkauf bezahlen kann, wenn gerade sonst nicht soviel los ist im Laden und es sich nicht lohnen würde, mehrere reguläre Kassen zu besetzen.

Wer sich hinsetzt, kann die Zeit nutzen, um per WLAN die Urlaubsfotos vom Smartphone an den um die Ecke stehenden kabellos funktionierenden „Printcube“ zu schicken, der die Erinnerungen direkt zum Mitnehmen ausdruckt.

Um all das auf rund 600 Quadratmetern (die sich zuvor ein McDonald’s-Restaurant und ein 1-Euro-Shop teilten) unterzubringen, war’s notwendig, irgendwo an Platz zu sparen. Deshalb hat Budni darauf verzichtet, klassische Kassen in den Laden zu bauen.

Stattdessen gibt es vier Kassentresen (wie bei TK Maxx, nur schicker und mit Mini-Förderband), deren Rückwand nicht nur als Abgrenzung zu den Sortimenten am Eingang dient, sondern auch gut sichtbar die Auswahl an elektrischen Zahnbürsten und Rasierklingen aushängt, die auf Nachfrage ausgehändigt werden.

Wer unbedingt will, kann einen Einkaufswagen benutzen – besonders viele Exemplare stellt Budni in seinem City-Drogeriemarkt-Café aber nicht bereit; praktischer ist’s, mit dem Einkaufskorb durch die Regalreihen zu gehen. (Und im Zweifel halt morgen nochmal zu kommen.)

Anders als die Konkurrenz

Auch in der Präsentation unterscheidet sich der Neuankömmling von seinen (deutlich größeren) Konkurrenten – allen voran von d(e)m aus Karlsruhe, der in 300 Metern Entfernung eine Filiale betreibt, die sich bereits zu Beginn der Woche aufwändig luftballongbeschmückt hat, Kinderschminken veranstaltet und einen Fantasie-„Geburtstags-Rabatt“ in Höhe von 10 Prozent verspricht, um dem neuen Mitbewerber den Start zu erschweren.

Anders als dm, das großen Wert darauf legt, immer stärker selbst als Absender im Sortiment sichtbar zu werden (und damit seine bisherige Discount-Strategie forciert), setzt Budni eher auf Kooperationen.

Die Partner, mit denen man zusammenarbeitet, sind im Berliner Laden gut sichtbar: Limonaden und Schorlen kommen von Proviant und Fritz, frische Backwaren vom Biobäcker Beumer Lutum, Snacks von Natsu und dem Berliner Büro-Caterer The Breakfast Company, Obst von Greenitsch Fresh Food Deli – und gekühltes Craft Beer von kleineren bzw. mittelgroßen Brauereien.

Und im Drogeriesortiment kann Budni mit zahlreichen Produkten glänzen, die es bei der Konkrrenz (bislang) noch nicht zu kaufen gibt.

Ohnehin legen die Hamburger großen Wert darauf, ein „individuell auf die Hauptstädter ausgerichtetes Angebot“ zu bieten. Dafür hat man auch eine Auswahl regional produzierter Produkte ins Sortiment geholt. (Die bislang aber überschaubar scheint.)

In einem prominent im Mittelgang platzierten Regal machen zudem Start-ups auf Produktinnovationen aufmerksam, die aus der „Foodstarter“-Initiative des Budni-Kooperationspartners Edeka stammen: Bio-Knödel im Glas, Energyballs, ausgefallene Soßen und Ketchups.

Apropos Edeka: Der Zusammenschluss mit dem Hamburger Handelskonzern ist Grundlage für Budni, um auch außerhalb des Heimatmarkts aktiv zu werden – unter anderem, indem über einen gemeinsamen Wareneinkauf konkurrenzfähige Preise angeboten werden können. Im Laden selbst aber ist der Partner quasi unsichtbar. In den Regalen gibt’s keine Edeka-Eigenmarke (mir ist beim Erstbesuch jedenfalls keine aufgefallen).

Stattdessen darf – aus demselben Kooperationskosmos – Alnatura jubeln, sich bei Budni jetzt noch sehr viel stärker als Bio-Frischespezialist präsentieren zu können. Ein Großteil des Platzes in der achttürigen Kühlregalreihe ist für die Eigenmarke des hessischen Bio-Spezialisten reserviert, der damit die fast ungeteilte Aufmerksamkeit der Kunden genießt.

Budnikoswky konzentriert sich derweil darauf, seine eigene Markenwelt im klassischen Drogeriesortiment zu etablieren: Budni Care, Budni Baby, Budni Dent usw.

Expansion als Befreiungsschlag?

Der Schritt nach Berlin könnte zum Befreiungsschlag für das immer noch familiengeführte Unternehmen sein, das sich stets gegen die Übernahmeangebote von Wettbewerbern gesperrt hat – und in der Heimat zunehmend von dm und Rossmann umzingelt wird, die aggressiv auf Expansion drängen. Vor allem mit Niedrig- und Aktionspreisen. (Auch wenn in diesem Prozess bisherige Prinzipien bzw. Kooperationspartner über die Planke geschickt werden müssen.)

Man sei davon überzeugt, dass ein kaufmannsgetriebenes Unternehmen wie Budni sich auf Dauer erfolgreich als dritte Kraft im Markt etablieren könne, sagt Christoph Wöhlke:

„Wir suchen uns einen Standort aus und überlegen: Wie können wir dort das Beste aus dem Laden machen? Was brauchen die Kunden? Wir glauben auch stark an die Eigenverantwortlichkeit des Teams vor Ort.“

Dass eine zweite Berliner Filiale weiter südlich in der Schönhauser Alle eröffnet, wie hier im Blog bereits vermutet am Senefelder Platz neben einem Rewe-Markt, steht inzwischen ebenfalls fest – vermutlich noch Ende des Jahres. Wenn es gut läuft, sollen weitere Läden in anderen Bezirken folgen.

Am zweiten Standort muss Bundikowsky direkt beweisen, wie gut die für sich selbst in Anspruch genommene Flexibilität funktioniert: Die Verkaufsfläche ist nochmal deutlich kleiner als in Laden Nummer eins, mit Café ist da vermutlich nix. Dafür sorgt die ungewöhnliche Ladenkonstruktion mit dem begrünten Grasdach dafür, dass Budni bald von sich behaupten kann, den ersten City-Drogeriemarkt der Welt in einer Hobbithöhle eröffnet zu haben.

Dank des (nicht nur gestalterisch) gelungenen Auftakts in der Hauptstadt stellen die Hamburger in jedem Fall unter Beweis, dass sie es ernst meinen mit der Ambition, im Drogeriemarktgeschäft hierzulande künftig eine sehr viel größere Rolle zu spielen. Konkurrenten sollten sich mit Spott vielleicht besser erstmal zurückhalten. Und die Kunden entscheiden lassen, wie ihnen die neue Alternative gefällt.

Wenn sich auch die Berliner mittelfristig für das Budni-Prinzip begeistern, lohnt sich’s ja vielleicht sogar irgendwann, den Berliner Fernsehturm auf die Küchenrollen-Umverpackungen der Budni-Eigenmarke zu drucken, von denen im Regal bislang der Hamburger Hafen glänzt.

Jedenfalls so lange, wie Exil-Hamburger in der Hauptstadt noch keine sehnsuchtsbedingten Hamsterkäufe getätigt haben.

Fotos: Supermarktblog"

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Neues Logo: Netto (ohne Hund) schleift sich die Ecken rund

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Der Edeka-Discounter Netto (ohne Hund) ist gerade voll und ganz im Partymodus und feiert in den kommenden Wochen seinen 90. Geburtstag. Dieser betrifft zwar eigentlich die Gründung des Unternehmens als Großhändler, der ab August 1928 selbstständige Kaufleute mit Lebensmitteln belieferte. (Die erste eigne Filiale eröffnete 1971 unter dem Namen „Super Discount“). Aber am Firmensitz in Bayern hat glücklicherweise jemand nachgerechnet, dass auch das Netto-(ohne Hund)-Konzept ein bisschen Jubiläum feiert – weil vor 35 Jahren in Regensburg der erste Markt unter dem heutigen Namen startete.

Für den September verspricht die Handelskette ihren Kunden deswegen „viele Jubiläumsaktionen“ mit „täglichen Jubiläums-Preisen“.

Still und heimlich hat sich Netto (ohne Hund) aber auch selbst was geschenkt: einen Facelift für den eigenen Markenauftritt.

Der hat zwar noch keine 90 Jahre auf dem Logobuckel, aber gegen die generelle Notwendigkeit, bei Netto (ohne Hund) mal ein paar Designfalten glattziehen zu lassen, dürfte vermutlich niemand Einspruch erheben. Das Ergebnis ist dann aber leider eher – ernüchternd.

So sah Netto (ohne Hund) bisher aus:

Auch in Zukunft ist das gelbe Logo von einem rotem Rand eingefasst, der zwischen die einzelnen Buchstaben, ins N und ins O hineinsuppt. Dafür tauscht Netto (ohne Hund) die Schrift aus und entledigt sich damit sämtlicher Ecken und Kanten. Die neue hat nicht nur deutlich rundere Buchstaben als die alte – E und T holen ordentlich Schwung –, sie ist auch sichtbar fetter als die alte. (Pardon, aber bei Fonts darf man das so sagen.) Und sieht trotz der beibehaltenen Kursivierung nicht mehr so nach Siebziger Jahren aus. Sondern nach Achtzigern.

Auch vom Doppelnamen „Marken-Discount“ wollte man sich in Maxhütte-Haidhof nicht trennen. Der Zusatz steht jetzt in der aktuell verwendeten Hausschrift unter dem Logo, immer noch rot, aber nicht mehr mittig. Stattdessen ist er an den rechten Rand gerückt. (Vielleicht ein Zeichen der Zeit.)

Der Brotkasten mit den runden Ecken, aus dem das Netto-(ohne Hund)-Logo bislang zur Hälfte hinauslugte, scheint dafür in die Entsorgung gegeben worden zu sein.

Auf Supermarktblog-Anfrage mochte sich das Geburtstagskind bislang nicht zur Frage äußern, bis wann die Umstellung an und in den Märkten bzw. in der Kommunikation mit den Kunden erfolgen soll. An Märkten, die derzeit neu eröffnen, kommt das neue Logo aber bereits zum Einsatz, etwa an Fassaden und auf Parkplatzsschildern:

Zusammengefasst kann man vielleicht sagen: Mit Netto (ohne Hund) hat das nächste Handelsunternehmen die große Chance auf einen zeitgemäßeren Neuauftritt vergeben. Ja, natürlich, die Nichtdesigner rufen schon wieder laut: „Geschmacksache!“ Recht so.

Aber man muss nur mal kurz überlegen, was alles möglich gewesen wäre, um Netto (ohne Hund) auch designtechnisch ins neue Jahrtausend zu rücken, ohne dafür die eigene gestalterische Vergangenheit noch die Discount-Identität verraten zu müssen. Und sich trotzdem stärker vom zweiten Netto (mit Hund) abzugrenzen. Womöglich sogar mit einer modernen Abwandlung der alten, kantigen, aber eben auch sehr charakteristischen Logoschrift, der sich die dämliche Schräglage hätte ausbimsen lassen.

(Andererseits: Inspiration hat sich die Edeka-Tochter zuletzt ohnehin lieber bei der Konkurrenz gesucht; siehe Supermarktblog).

Bloß nicht zu modern!

Vermutlich haben die deutschen Discounter bloß furchtbare Panik, zu modern zu wirken und damit Teile ihrer Kernzielgruppe zu verschrecken. Aldi Süd hat für seine Logo-Kernsanierung im vergangenen Jahr den weltweit abgeschafft geglaubten Farbverlauf exhumiert (siehe Supermarktblog); Kaufland war nach der Log-Entgitterung vom eigenen Chuzpe so sehr überrumpelt, dass die Entscheidung mitten im Erneuerungsprozess wieder rückgängig gemacht wurde (siehe Supermarktblog). Warum überhaupt modernisiert wird, wenn sich am besten eigentlich gar nichts ändern soll, wissen bloß die Unternehmen selbst.

Falls es Ziel der Designer gewesen sein sollte, mit dem neuen Netto-(ohne Hund)-Logo in erster Linie die Preiswürdigkeitspositionierung des Absenders zu unterstützen, ist das zugegebenermaßen gelungen: billig sieht der Markenauftritt nun wirklich aus.

Gleichzeitig wird Netto (ohne Hund) mit der arg beliebigen neuen logoschrift künftig ein großes Stück verwechselbarer. Soviel Wahrheit müssen auch 90-Jährige noch vertragen.

Vielen Dank an Marcel, der das neue Logo zuerst entdeckt hat!

Fotos: Supermarktblog"

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