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Gastro-Konzepte für Supermärkte: Selber machen oder besser bringen lassen?

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Gerade hat Rewe angekündigt, den Großhändler Lekkerland übernehmen zu wollen, der Tankstellen-Shops und Kioske beliefert (und zuletzt mit Umsatzeinbußen zu kämpfen hatte, weil ihm Rewe den Lieferpartner Aral wegschnappte); „[N]icht nur junge Menschen kaufen und verzehren Mahlzeiten und Snacks immer öfter unterwegs“, lässt sich der Rewe-Vorstandsvorsitzende Lionel Souque in einer Mitteilung zitieren. Und nennt „Unterwegsversorgung“ bzw. „Außerhaus-Verzehr“ als einen der „stärksten Trends unserer Branche“.

Konsequent weitergedacht müsste diese Erkenntnis eigentlich dazu führen, dass Souque noch weitere Maßnahmen auf seiner To-Go-… – Pardon: To-Do-Liste stehen hat.

Denn vor allem in größeren Städten nehmen Lieferdienste und moderne Restaurantkonzepte Supermärkten zunehmend Kund:innen weg. Weil die natürlich nicht mehr in den Laden (bzw. in den Tankstellen-Shop) zu kommen brauchen, wenn sie schon anderswo satt geworden sind. Alleine mit Sushi-Würfeln, Brötchenknasts und Salatbars wird sich im klassischen Handel dagegen auf Dauer wenig ausrichten lassen. Aber: mit schlauen Bündnissen.

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Die Voraussetzungen dafür sind bei vielen Händlern hervorragend – zumal sich viele Vorkassenbäcker aus den Läden verkrümeln, weil sie mit Preisdruck und Aufbackauswahl in den Märkten nicht mehr konkurrieren können (siehe Supermarktblog). Der frei werdende Platz ließe sich theoretisch von anderen Partnern besetzen, zum Beispiel aus der Gastronomie.

Die Grenzen des Gastro-Do-it-yourself

Praktisch ist es aber immer noch eine ziemliche Herausforderung, Handel und Gastronomie zusammenzubringen, nicht nur wegen der sehr unterschiedlichen Betriebsvoraussetzungen. Sondern auch, weil Konzepte wirklich zusammenpassen müssen, um von Kund:innen angenommen zu werden.

„Mittagessen im Supermarkt? So machen Globus, Rewe und Tesco ihre Kunden satt“, stand 2015 schon hier im Blog – am Beispiel von Globus’ Test mit Fridel in Saarbrücken, Rewes Restaurantketten-Versuch Oh Angie u.a. in Berlin und Tescos Partnerschaft mit The Farm in London. Vier Jahre später gibt es die beiden zuletzt genannten Konzepte bzw. Kooperationen schon nicht mehr. Und Globus hat angekündigt, seinen Markt- und Restaurant-Zwitter Fridel im Sommer zu schließen. Die „Saarbrücker Zeitung“ schreibt:

„Der Einkaufsbereich habe sich zwar erfreulich entwickelt, sagt Fridel-Marktleiter Sebastian Fischer, der Erfolg des gastronomischen Betriebs sei dagegen ausgeblieben.“

(Woran das gelegen haben könnte, verrät Fischer im Bericht aber leider nicht mehr.)

Dennoch versuchen viele Supermarktketten weiter herauszufinden, wie es besser gehen könnte. Womöglich: Indem sie sich endgültig davon verabschieden, alles selbst machen und kontrollieren zu müssen.

Lokale Partner gesucht

Grocery Drive berichtet aus den USA, welche Lebensmittelhändler sich dort gerade mit (jungen) Systemgastronomen anfreunden: z.B. Kroger’s mit dem 180-Sekunden-Pizzabäcker Rapid Fired Pizza, die Supermarktkette Hy-Vee mit Wahlburgers (von Mitgründer Mark Wahlberg), Walmart mit den Burrito- und Wrap-Spezialisten von Freshii. Die Allianzen sind der Versuch, den Erfolg gastronomischer Individualkonzepte, die sich bereits etabliert haben, in Supermärkten zu wiederholen. Und zwar nicht, in dem das x-te Neon-beleuchtete McDonald’s-Restaurant auf die Freifläche am Ladeneingang gedonnert wird, wie das manche Handelskette bislang praktiziert. Sondern mit lokalen Burgerläden, Stadtteilbäckern, Fast-Casual-Restaurantkonzepten.

Die amerikanische Biomarktkette Whole Foods gehört da zu den Pionieren und suchte sich von Anfang an Partner, die in neue Filialen ihres Ablegers 365 by Whole Foods Market einziehen durften (siehe Supermarktblog).

Nach dem Erwerb durch Amazon hat die Kette kürzlich zwar angekündigt, 365 auf klassische Whole-Foods-Filialen umstellen zu wollen. Aber dort laufen – wie am New Yorker Bryant Park – längst ebenfalls Experimente, den Supermarkt der Zukunft noch stärker als Anlaufstelle für fertig zubereitetes Essen zu etablieren, um nicht den nächsten großen Trend in der „Unterwegsversorgung“ zu verpassen.

Könnten das deutsche Supermärkte auch? Bislang – ähm, naja. Aber es gibt Hoffnung.

Auf den Standort kommt’s an

Mit seinen selbst organisierten Gastro- Versuchen hat sich etwa Rewe mehrfach eine blutige Nase geholt – zunächst mit ser auf Mikrowellen-Aufwärmessen speziliaiserten Minikette MADE by Rewe, und direkt im Anschluss mit Oh Angie, das nach langem Siechtum inzwischen ebenfalls Gastrogeschichte (siehe Supermarktblog). Sowas werde man nicht nochmal versuchen, hat Souque bereits angekündigt. Auch der Zusammenschluss mit der amerikanischen Kaffeekette Starbucks, die in großem Stil in Rewe-Filialen einziehen sollte, entpuppte sich offensichtlich nicht als die richtige Lösung. Während sich Starbucks bei Rewe in der Münchner Hopfenpost weiter hält, war der Rewe-Starbucks in der Berliner Ackerhalle schnell wieder weg (siehe Supermarktblog).

Eingezogen ist stattdessen Poké Bay, das eiligen Mitte-Mittagspäuslern Poké Bowls und Sushi Burritos zum Mitnehmen oder Gleichessen aus der Theke kombiniert und damit für den Standort deutlich zeitgemäßer wirkt als der Kaffee-Franchise-Vorgänger. Weitere Poké-Bay-Ableger gibt es bereits in Hamburg, Köln und München. Die Marke gehört zur Kölner FCF Holding, die auch Betreiber der Eat-Happy-Sushiwürfel ist, die inzwischen landesweit in deutschen Supermärkten aufgebaut sind.

Für Rewe liegen die Vorteile auf der Hand: Die Handelskette arbeitet mit einem verlässlichen Partner zusammen und profitiert vom Image des modernen Konzepts, das ein städtisches Publikum anspricht (und im Idealfall keine riesige Küche braucht, weil nichts wirklich gekocht werden muss).

Am Rande der Kaufhauskantinenhaftigkeit

Ähnlich verfährt die britische Supermarktkette Sainsbury’s, die sich mit Crussh zusammengetan, das Kund:innen Salate, Säfte und Smoothies mit auf dem Weg ins Büro gibt. Über die Kooperation mit der Handelskette kann sich Crussh neue Standorte erschließen, an denen es sonst vielleicht nicht möglich gewesen wäre, eigene Läden aufzumachen.

Diese Allianzen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Irrtum die Verlockung, die Gastronomie selbst in die Hand zu nehmen, im europäischen Handel nach wie vor weit verbreitet ist.

Im Wiener Norden hat Spar in einem 2016 eröffneten Flagship-Store nicht nur ein „Interspar take away“ eröffnet, das an die Sainsbury’s-Initiative in London erinnert (siehe Supermarktblog): Direkt am Ladeneingang gibt’s Getränke und Snacks, Suppen und Sandwiches in einem Minimarkt-Separée – ohne dass man den regulären Laden betreten und sich dort an die Kasse anstellen muss.

Auf alle, die etwas mehr Zeit mitbringen, wartet eine Etage obendrüber das „Interspar-Restaurant“, bei dem sich wechselnde Mittagsgerichte an einer Theke abholen lassen. Das scheint angesichts des Mangels an Alternativen im Umkreis auch ganz gut zu funktionieren. Es demonstriert aber ebenso eindringlich, wie schnell Lebensmittelhändler in die Kaufhauskantinenhaftigkeit abrutschen, wenn sie glauben, sich problemlos als Nebenbeigastronomen betätigen zu können – mit Asia-Pfanne süß-sauer, Spaghetti Carbonbara, Rindsroulade und Zanderfilet. (Was nach dem Pasta-Ausrutscher von Spar eher nach kulinarischem Rückschritt klingt.)

Lebensmittelhandel und Gastronomie aus einer Hand mag einem Spezialitätenanbieter wie Eataly gelingen. Das bedeutet aber nicht, dass sich das Prinzip so einfach auf andere Konzepte und Standorte transferieren lässt.

(Wie sehr man sich als Händler auch im Kleinen verkalkulieren kann, hat die Drogeriemarktkette Budni mit ihren Café-Ambitionen gerade in Berlin demonstriert; siehe Supermarktblog.)

Mittagessen mit Ladenpanorama

Geht’s auch anders? Ja, vielleicht so wie im Hamburger Stadtteil Ottensen, wo der selbstständige Rewe-Kaufmann Sasa Surdanovic im Frühjahr 2018 einen Supermarkt in einer alten Schiffsschraubenfabrik eröffnet und mittenrein ein schickes Bistro gebaut hat (zusätzlich zu dem ebenfalls auf der Fläche untergebrachten Sushi-Würfel), an dem es montags bis freitags von 11 bis 14 Uhr jeweils zwei Gerichte zur Auswahl gibt, eins davon vegetarisch. Kund:innen sind also nicht bloß zum Einkaufen willkommen, sondern auch bloß zum Mittagessen.

Platz zum Sitzen ist direkt vor der Theke. Oder eine Etage höher auf plüschigen Sitzbänken, an einer langen Lunch-Tafel mit Klavier – und mit hervorragendem Supermarktpanorama von der (scheinbar) frei im Markt schwebenden Aufenthaltsterrasse. (Regelmäßigen Blog-Lesern kommt das vielleicht bekannt vor.)

Die „Zeise Küche“ etabliert den Markt nicht nur als Treffpunkt im Kiez Stadtteil; für den Händler hat das Angebot auch den Nebeneffekt, dass Lebensmittel verwertet werden können, die sich dem Mindesthaltbarkeitsdatum nähern und anschließend nicht mehr verkauft, sondern weggeworfen würden.

Garantie dafür, dass die Gastro-Konzepte funktionieren, gibt es aber auch dann keine, wenn Händler und Gastronom auf den ersten Blick scheinbaralles richtig machen. Als sich Sainbury’s Ende 2017 mit der britischen Pizzakette Zizzi zusammentat und Pizzen in einem Londoner Supermarkt zum Mitnehmen (oder Liefernlassen) backen ließ, funktionierte das trotz gutem Feedback nicht so wie gedacht, weil die Kund:innen am Standort weiterhin stark auf den Lebensmitteleinkauf fokussiert waren, schreibt IGD Retail Analysis.

Darf’s ein bisschen individueller sein?

Ganz offensichtlich fehlt es vielen Händlern nach wie vor an grundlegenden Informationen dazu, welche Märkte sich tatsächlich auch als Gastronomie-Standorte eignen – und eventuell auch am Mut, stärker auf Kooperationen mit lokalen Gastronomen zu setzen.

Viele selbstständige Einzelhändler kriegen auch das scheinbar besser hin: Die von Brüdern geführte Londoner Minisupermarktkette Eat 17 (siehe Supermarktblog) hat sich Pizza Project in seinen neuen Laden im Stadtteil Hammersmith geholt, das sonst mit mobilen Pizzaöfen als Caterer für Veranstaltungen und auf Street-Food-Märkten unterwegs ist und ein kleines Pizza-Café in der Nähe von London betreibt.

Die zusätzliche Anlaufstelle in der Stadt ist für Pizza Project eine gute Möglichkeit, sein Essen bekannter – und für Eat 17, um sich von der Konkurrenz abzuhaben.

Solche individuellen Lösungen bedeuten im Zweifel mehr Arbeit und Risiko – sie tragen aber auch sehr viel eher dazu bei, dass sich die Grenzen zwischen Lebensmittelversorger und Gastronomie in zentralen Lagen aufweichen lassen. Weil ein Stück knusprige Pizza manchmal ein hervorragender Anlass ist, auf dem Weg von der Arbeit nachhause noch ein paar Besorgungen zu erledigen und dem Magen währenddessen das Knurren zu ersparen.

Mehr zu Rewe in den Zeisehallen und Eat 17 in Hammersmith steht bald hier im Blog.

Fotos: Supermarktblog

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Berlin Food Week holt ihr „Stadtmenü“ nach Hamburg und Düsseldorf

„Der Durchbruch ist längst da“: Wie Start-ups und Spezialisten die Einkaufsgewohnheiten von morgen prägen

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Dringender als gerade hat der deutsche Lebensmitteleinzelhandel noch nie jemanden gebraucht, der ihm freundlich, aber bestimmt seine Versäumnisse referiert. Praktischerweise ist der Job als offizieller Levitenleser gerade automatisch auf Dominique Locher übergegangen – durch die Eröffnung des Food- und Delivery-Schwerpunkts auf der diesjährigen K5 in Berlin.

„Man lacht in dieser Branche erstmal über jeden, der etwas anders macht“, hat Locher, bis Mitte 2017 Chef des Migros-Liefersupermarkts LeShop (und heute u.a. Berater von Bringmeister), gesagt – und damit eine ganz gute Vorlage für die zahlreichen Andersmacher geliefert, die am Dienstag direkt nach ihm auf der Bühne im Berliner Estrel standen. Um zu erklären, wie ganz unterschiedliche Ideen dazu beitragen können,  Einkaufsgewohnheiten (neu) zu prägen.

Dabei geht es gar nicht nur um klassische Online-Supermärkte, über die (mit mehr oder weniger plausiblen Erklärungen) fast überall schon gestanden hat, dass das hierzulande wohl nix wird. Echt nicht? „Warum sollte Deutschland da anders sein als Frankreich oder Großbritannien?“, fragte Locher mit Verweis auf die Märkte, in denen Frisches schon viel selbstverständlicher nachhause bestellt wird – und ist sich sicher: Die bisherigen Umsätze mit Lieferlebensmitteln „sind nur die Spitze des Eisbergs. Der Durchbruch ist längst da.“

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Wenn man genauer hinsieht: „Viele [klassische] Händler vernachlässigen sträflichst, dass es um den ganzen Markt des ‚Essens zuhause‘ geht.“ Gut zehn Prozent der Ausgaben deutscher Haushalte entfallen auf Lebensmittel. Locher sagt: „Die Frage ist, wie und auf wen das zukünftig aufgeteilt wird. Ich kann ja nicht zweimal am Tag mittag- oder abendessen.“

„Da würde ich mir Sorgen machen“

Wenn neue Anbieter dafür sorgen, dass es zur Gewohnheit wird, fertig gekochtes Lieferessen regelmäßig nachhause zu bestellen, „würde ich mir als Lebensmitteleinzelhändler Sorgen machen“. Dabei kommt den Händlern noch zugute, dass die aufstrebenden Delivery-Dienstleister in der Wachstumsphase weiterhin ganz gut mit sich selbst beschäftigt sind. „Wir wollen nicht zu experimentell werden“, erklärte Jörg Gerbig, Chief Operating Officer von Takeaway.com, in Berlin. „Nicht-verzehrfertige Waren zu liefern, würde unsere Kunden irritieren“ – im Moment vielleicht. Im niederländischen Heimatmarkt liefert Takeaway.com aber bereits Sandwiches und Salate des Supermarktpartners Albert Heijn aus. (Und die Konkurrenz ist in manchen Märkten schon deutlich weiter.)

Aber selbst wenn Konsument:innen auf absehbare Zeit einen Großteil ihrer Lebensmitteleinkäufe weiter in Supermärkten erledigen, bedeutet dass noch lange nicht, dass die so bleiben können wie sie sind. Zahlreiche Start-ups haben erkannt, dass sie sich nicht zwangsläufig als Vollversorger positionieren müssen, um Kund:innen für sich zu gewinnen. Im Zweifel ist die Hemmschwelle, Teile des Einkaufs Spezialisten zu überlassen, viel niedriger.

Spezialisten werden wieder wichtig

„Getränke liefern lassen versteht jeder sofort. Cola ist Cola“, sagt Christopher Huesmann von Flaschenpost, das 2016 in Münster begonnen hat, online bestellte Getränke aus dem eigenen Lager auszuliefern – zum Supermarktpreis, ohne Lieferkosten und innerhalb von 120 Minuten nach Bestellung. Der selbst entwickelte Algorithmus berechnet die günstigste Route für jede Tour. Auch der Test in Köln lief erfolgreich. Inzwischen ist Flaschenpost in 15 Städten aktiv und will – dank eines 50-Millionen-Euro-Investments – zügig weiter expandieren. Huesmann: „Wir wollen unser Angebot in alle Städten über 150.000 Einwohner bringen.“

In der Schweiz ist Farmy.ch (mit Dominique Locher als Investor und Mentor) derweil als Online-Markt für frische Lebensmittel direkt vom Produzenten gestartet. Es gibt keine Lager, nur dezentrale Hubs, die täglich mit frischen Waren beliefert werden. Gründer Roman Hartmann erklärt: „Deshalb können wir Produkte anbieten, die drei bis fünf Tage frischer sind als die aus dem Supermarkt.“ Rund um Zürich können Kund:innen aus dem Sortiment von sechs verschiedenen Metzgereien auswählen. „So ein Angebot findet man sonst nirgendwo“, meint Hartmann.

Für die großen Handelsketten sind das derzeit allenfalls kleine Piekser, die vermutlich keinen messbaren Einfluss auf die Umsätze haben. Aber das wird sich ändern, wenn Konsument:innen die Modelle erst einmal als neue Standards akzeptiert haben – und sich dank Heimlieferung daran gewöhnen, Lebensmittel wieder öfter von Spezialisten einzukaufen, die ihnen in ihrem Fachgebiet einen exzellenten Service bieten können. So wie früher, nur im Netz.

Beispiele, wie sich auch die alleslieferenden Online-Supermärkte abmühen, um Problemsortimente wie Frische und Getränke mit komplexen Anforderungen innerhalb ihres Gesamtangebots zu meistern, gibt es zur Genüge (siehe z.B. Supermarktblog).

Lieber zu spät geliefert, aber dafür komplett

Aber sind die Deutschen bei der Lieferung von Lebensmitteln nicht angeblich besonders zurückhaltend? Steht doch in jedem zweiten Bericht zum Thema.

Frederic Knaudt, Deutschland-Chef des Liefer-Newcomers Picnic aus den Niederlanden, hat andere Erfahrungen gemacht. Nämlich die, dass sich überall dort, wo das Start-up seit seinem Deutschland-Start hingeht, Kund:innen schon in der (virtuellen) Schlange stehen und sich für den Dienst vorregistriert haben: „Wenn wir in Düsseldorf starten wollen, haben wir dort ab dem ersten Tag eine kritische Masse an Kunden.“

Bislang ist Picnic in vier Gebieten in Nordrhein-Westfalen aktiv und erreicht dort mit 125 elektrischen Lieferautos (plus zehn wegen der hohen Nachfrage aus Holland ausgeliehenen) inzwischen 520.000 Haushalte. „Neuss ist von Anfang an gut gelaufen. Und Mönchengladbach ist bislang die am schnellsten wachsende Picnic-Stadt, Niederlande inklusive“, sagt Knaudt. In zwei Wochen kommt mit Bochum Liefergebiet Nummer fünf hinzu.

Dennoch will Knaudt die Expansion weiter ruhig angehen – um allen Kund:innen die versprochene Einkaufserfahrung bieten zu können, für die vor allem zwei Punkte entscheiden seien: die Vollständigkeit der Bestellung und Pünktlichkeit, in dieser Reihenfolge. „Lieber liefern wir mal zu spät, dafür aber mit einer kompletten Order.“

Kundenkommunikation per WhatsApp

Eine weitere Besonderheit ist der Regionalitätsanspruch, mit dem Picnic (bei dem Edeka einen Fuß in der Lieferautotür hat) treue Kund:innen zu gewinnen versucht. Knaudt: „Bevor wir einen Hub in einer neuen Region eröffnen, gehen wir zu jedem Sommerfest, in die Sportvereine, wir sprechen mit dem Bürgermeister und versuchen zu verstehen, wie die Leute ticken, welche regionalen Produkte sie kaufen, welches Bier sie trinken.“ Der persönliche Kontakt, insbesondere der mit den Lieferfahrern, spiele eine große Rolle.

Ein Großteil der Kommunikation mit den Kunden erfolgt über WhatsApp. Reklamationen wegen falsch gelieferter Produkte kommen im Team direkt auf den Bildschirm, um die Ursache zurückverfolgen zu können – und den Fehler zu beheben. „An unseren bisherigen vier Standorten sind wir deutlich besser unterwegs als unser Business Case das vorsieht“, erklärte Knaudt in Berlin.

Auch Dominique Locher sagt: „Ich bin überzeugt, dass Online-Supermärkte massiv zulegen werden. Der Kunde von morgen hat keine Lust mehr, nur noch in den Laden zu gehen.“ Das bedeutet: Händler müssen sich vielleicht nicht sorgen, dass von heute auf morgen alle online bestellen – aber sehr wohl frühzeitig verstehen, wie sich ihre Läden – und Sortimente (!) – ändern müssen.

Spott darüber, dass Amazon mit seinem Lebensmittel-Lieferdienst Fresh bislang in Deutschland nicht so recht voran gekommen sei (siehe Supermarktblog), hält Locher für unangebracht. In Frankreich und Großbritannien habe der Konzern mit Casino und Morrisons bereits stationäre Lebensmitteleinzelhändler als Partner gewonnen. „Die Frage ist nicht ob, sondern wann in Deutschland das gleiche passiert.“

Offenlegung: Der K5-Partner Exciting Commerce unterstützt das Supermarktblog als Sponsor.

Fotos: Supermarktblog

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City-Supermärkte (5): Einkauf mit Propeller – Rewe Surdanovic in den Hamburger Zeisehallen

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Supermärkte müssen flexibel sein, um kleinere Flächen in der Stadt zu belegen. Das Supermarktblog stellt eine Auswahl interessanter Läden vor.


Rewe-Kaufmann Sasa Surdanovic hat seinen Supermarkt im Hamburger Stadtbezirk Ottensen in eine Halle gebaut, in der bis zur Schiffbaukrise Ende der 1970er Jahre Schiffsschrauben für Supertanker und Containerschiffe hergestellt wurden. Der Markt ist aber nicht nur deshalb so besonders, weil er sich ziemlich naht- und nietenlos in das sehenswerte Industriedenkmal einfügt.

Besonderheiten auf einen Blick

  • Die Kundenführung ist umgekehrt U-förmig angelegt; es gibt nur einen Hauptgang, von dem aus alle (getrennt voneinander angeordneten) Hauptsortimente erreichbar sind.
  • Von einem eingezogenen Zwischengeschoss über den Bedientheken lassen sich beide Seiten des Markts vollständig überblicken (Steuerbord und Backbord).
  • Der Laden greift Kernelemente von Rewes „Supermarkt 2020“-Design auf und kombiniert sie mit individuellen Ideen für Thekendesign und Sortimentskennzeichung.
  • Zusätzlich zum Standardsortiment gibt’s viele Produkte lokaler Hersteller.

Im Detail

Wenn jemand dem Unternehmer Theodor Zeise 1868 gesagt hätte, dass in der von ihm gegründeten Schiffspropellerfabrik 150 Jahre später Lebensmittel verkauft und Mittagessen für die Nachbarschaft gekocht werden würde, wäre der vermutlich sicher gewesen, dass bei seinem Auskunftgeber ein paar Schiffsschrauben locker sind. Aber genauso ist es gekommen.

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Um einen kompletten Rewe-Markt mit 1.000 Quadratmetern Verkaufsfläche in der Halle unterzubringen, sind die Produkte in gleich große Sortimentseparées einsortiert, die wiederum die U-Förmigkeit des Hauptlaufs spiegeln und gut sichtbar in Leuchtschrift gekennzeichnet sind – von „Obst & Gemüse“ über „Teigwaren“ und „Molkerei“ bis zur „Drogerie“.

Der Mittelteil ist am vorderen Ladenende für den Vorkassenbäcker und einen selbst betriebenen Grill mit Mittagstisch reserviert (siehe Supermarktblog).

Im hinteren Teil füllt eine riesige mit Holzdielen verkleidete (natürlich umgekehrt U-förmige) Bedientheke samt Spiegeldecke den Platz und demonstriert Frische-Vielfalt, an der man während des Einkaufs zwangsläufig vorbeikommt.

Warum das so gut funktioniert

Weil das nicht nur ziemlich edel aussieht, sondern auch eine zügige Erledigung der benötigten Besorgungen ermöglicht – sozusagen: Einkauf mit Propeller. Wer nur schnell Quark und Käse braucht, muss nicht erst durch die übrigen Sortimente wandern, sondern kann nahtlos das Sortimentseparée seiner Wahl ansteuern. Die Einteilung lässt den Markt trotz des begrenzten Platzes sehr übersichtlich wirken. Und wäre auch in anderen City-Supermärkten eine hervorragende Idee.

Die zusätzlich in den Markt eingezogene Etage bietet nicht nur die Gelegenheit, sich kurz hinzusetzen oder zum Kaffee zu verabreden, sondern auch, um das Hallendach, den alten Kran und die Schiffsschraubenbilder zu bewundern.

Eine 360-Grad-Panorama-Ansicht gibt’s bei unser-altona.de. Ausgezeichnet wurde der Markt auch schon.

Abgucken, bitte:

  • Ein eigener Flügel im Laden sollte zur Standardausstattung moderner City-Supermärkte unbedingt dazu gehören; erlaubt z.B. auch Mitarbeitern, die sonst eher drögen Inventur-Tage musikalisch zu gestalten.
  • Supermärkte als Mini-Museen mitten in der Stadt! Wie wär’s mal mit Rewe Kölner Dom, Rewe im Stadtschloss Berlin oder Rewe Bernsteinzimmer?


Bisher in dieser Reihe erschienen:

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City-Supermärkte (6): Müsli für morgen, Bierchen für jetzt – Eat 17 in Hammersmith

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Supermärkte müssen flexibel sein, um kleinere Flächen in der Stadt zu belegen. Das Supermarktblog stellt eine Auswahl interessanter Läden vor.


Offiziell haben Chris O’Connor and James Brundle ihr Londoner Minimarkt-Imperium zwar an den Handelspartner Spar angedockt; aber der eigene Name Eat 17 ist längst die viel stärkere Marke. Und von ihrer ursprünglichen Ladenheimat in Walthamstow aus erobert die gerade einen Stadtteil nach dem nächsten. Nicht bloß an ungewöhnlichen Standorten (siehe Supermarktblog), sondern auch mit großer Experimentierfreude. Zum Beispiel am Smith’s Square Market in Hammersmith, wo Eat 17 im August 2018 neu eröffnet hat.

Besonderheiten auf einen Blick

  • Der Laden ist eine Mischung aus Einkaufsgelegenheit, Bar und Gastro-Treffpunkt; der Raum mit den Sitzgelegenheiten geht nahtlos in den Markt über.
  • Mit schlichten Metallregalen, Beton-Optik und großen Farbflächen in türkis, hellblau und rosé auf dem Ladenmobiliar aus hellem Holz sieht quasi nichts mehr nach klassischem Supermarkt aus.
  • Vorrangig werden Produkte kleinerer und lokaler Hersteller, Quasi-Feinkost und fertig zubereitete Mahlzeiten aus eigener Herstellung verkauft.

Im Detail

Gestaltet wurde der Markt von der Designagentur Fourmation, die auch für größere Marken radikal moderne Läden baut (u.a. für O2) und die nicht mehr allzu viele Gedanken daran Verschwendet haben dürfte, wie sich das klassische Supermarktkonzept modernisieren lässt (dem auch Eat 17 bei seinen ersten Märkten noch verhältnismäßig treu geblieben ist; z.B. am ersten Standort in Walthamstow); sondern einfach von vorn angefangen hat.

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Um einen Ort zu bauen, an dem sich von vornherein Essen für alle Zwecke erwerben lässt: als Vorrat für daheim, zum Mitnehmen für unterwegs, für den Soforthunger.

Für letzteren holt Eat 17 Partner aus der lokalen Gastronomie zu sich, die im rechten Marktteil Pizzen backen (The Pizza Project), Burger stapeln (Knowing Meat, Knowing You), pakistanische Sandwiches belegen (Bun Kebap) oder Souvlaki grillen (It’s all Greek to Me). Dazu gibt’s Craft-Beer-Zapfhähne zum Selbstbedienen und eine Café-Theke. Fertig ist der „Indoor Street Food Market“. (Ach ja, Müsli und Milch für morgen früh kann man da natürlich auch einkaufen.)

Hier kommt niemand hin, weil er (oder sie) noch einkaufen muss, sondern weil er (oder sie) noch einkaufen will. Den selbst verpassten Titel „Not your average store“ hat sich Eat 17 damit auf jeden Fall verdient.

Warum das so gut funktioniert

„All of the sites look different to each other. It’s about keeping it local as we scale“,

hat Brundle dem „Grocer“ verraten. Jeder neue Laden solle seine eigene Marke sein und Neues ausprobieren.

In Hammermsmith stellt sich Eat 17 konsequent auf das ein, was der Nachbarschaft wichtig ist – nämlich eher nicht die größtmögliche Auswahl klassischer Industriemarken im XXL-Vorteilspack, die es anderswo ohnehin günstiger gäbe. Sondern Produkte, die es bei Tesco, Sainsbury’s, Asda & Co. seltener zu kaufen gibt.

Das bedeutet umgekehrt nicht, dass man am Smith’s Square Market nicht auch einen kompletten Einkauf erledigen könnte. Wäre bloß gut, dafür einen Schwung Behälter und Dosen mitzubringen; denn die Küchenschrank-Standards gibt es vorrangig per Refill – zum Selbstabfüllen ohne Verpackung.

Nicht nur Pasta, Nüsse und Hülsenfrüchte, sondern insgesamt 100 Artikel, darunter auch Wein und Bier.

Das Retail Design Blog hat noch mehr Fotos parat; Eat 17 selbst natürlich auch.

Abgucken, bitte:

  • Sind das etwa – Pflanzen? Tatsächlich: Um das Gastro-Angebot dezent vom restlichen Laden abzugrenzen, rankt sich über den Tischen freundliches Grünzeug an Rahmen aus Holz und Metall entlang – und schafft damit unvermeidlich eine freundliche Atmosphäre.
  • Vergesst die authentischen Kacheln, Supermarkt-Gastronomen, euer Pizzaofen gehört in einen Fracht-Container! (Ja, das wird noch ein Trend.)
  • Das Tageslicht, das kostenlos durch die riesigen Glasfronten in den Markt fällt, ist echt eine irre LED-Alternative.


Bisher in dieser Reihe erschienen:

Fotos: Supermarktblog

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Das Supermarktblog berichtet kritisch über den Lebensmittelhandel in Deutschland und erscheint unabhängig von großen Verlagen. Einnahmen aus Sponsorings sichern den Basisbetrieb. Im Laufe der Zeit ist der Aufwand für das Projekt jedoch deutlich gestiegen.

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City-Supermärkte (7): Hat hier jemand Drogerie gesagt? In Altona wird Budni endgültig zum Nahversorger

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Supermärkte müssen flexibel sein, um kleinere Flächen in der Stadt zu belegen. Das Supermarktblog stellt eine Auswahl interessanter Läden vor.


Als ein großer deutscher Discounter Ende Februar am Münchner Isartor seine bis dahin kleinste Filiale eröffnete (siehe Supermarktblog), hagelte es amschließend Bildergalerien in vielen Online-Medien. Einen Monat später setzte die Drogeriemarktkette Budni in Hamburg Altona sogar noch einen drunter. Der dort eröffnete noch viel kleinere kleinste Laden war aber bloß einigen Lokalmedien eine Notiz wert. Dabei ist die damit verbundene Initiative für den Drogerie- und den Lebensmitteleinzelhandel mindestens genauso relevant.

Besonderheiten auf einen Blick

  • Auf den gerade einmal 175 Quadratmetern in der Bahrenfelder Straße verzichtet Budni nämlich bewusst auf einen Teil seines üblichen Drogerie-Standardsortiments – zu Gunsten von Lebensmitteln.
  • Mit dem Minimarkt-Konzept positioniert sich die familiengeführte Kette endgültig als Nahversorger in der Stadt und damit als direkter Konkurrent von Supermärkten und Bioläden.
  • Die Filiale sieht von außen eher schlicht aus – hat’s aber sprichwörtlich in sich.

Im Detail

Testen konnte Budni sein modernisiertes Ladendesign im vergangenen Jahr bereits in seinen ersten beiden Berliner Märkten (siehe Supermarktblog bzw. Supermarktblog). Und während Partner Edeka in den z.T. von selbstständigen Kaufleuten betriebenen Budnis in Bamberg, Bremerhaven und – seit wenigen Tagen – Offenburg stark aufs klassische Drogeriekonzept setzt, demonstriert Budni in Altona, was man sich noch alles zutraut: mindestens nämlich die Eroberung des Feierabendeinkaufs.

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Auf den ersten Blick ist der neue Laden am Eingang gar nicht mehr als Drogeriemarkt zu erkennen. Die komplette vordere Hälfte des Verkaufsraums ist für Bio-Lebensmittel reserviert.

Empfangen werden Kund:innen mit „Bio-Brot aus unserer Region“ im schlanken Brötchenknast – in durchaus üppiger Auswahl. Direkt daneben lagert senkrecht in die Frischewand gestapeltes frisches Obst, Gemüse und Kräuter. Gegenüber kann man sich erstmal einen heißen Kaffee ziehen.

Wer frisch bebrüht in den Laden einschwenkt, der kommt an einer zusätzlichen Auswahl verpackter Backwaren und Vorratsschrankartikeln vorbei und steuert direkt auf die mittig in der Kühlung gelagerten Milchprodukte zu.

Moment mal, soll’s hier nicht eigentlich Drogerieartikel geben? Ja, völlig richtig. Sein Kernkompetenzsortiment hat der Mini-Budni bloß vollständig in die hintere Ladenhälfte geräumt, in der schließlich die Erwartungshaltung nach Waschmittel, Zahnpasta und Hygieneartikeln bedient wird.

Um dort dennoch ein möglichst breites Sortiment unterzubringen, haben sich die Budni-Ladendesigner scheinbar bei britischen Convenience-Märkten inspirieren lassen – und die Regale rundherum förmlich in den Himmel wachsen lassen. Dafür wurden im Mini-Budni nicht nur ein ganzer Schwung zusätzlicher Regalböden eingezogen; die oberste Etage wird auch ganz selbstverständlich als Zwischenlagermöglichkeit für Produkte genutzt, die schnell nachgefüllt werden können, sobald sie ein paar Stockwerke weiter unten ausverkauft sind.

Für zwei Fotodrucker mit Touchscreen-Bedienung war mittendrin selbstverständlich auch noch Platz.

Der Weg zur Kasse gehört wieder ganz dem Lebensmittelsortiment inklusive Süßwaren, Snacks und Weinauswahl – ähnlich wie bei Rossmann. Budni differenziert aber zusätzlich durch weitere Kühlartikel: frische Pasta, Sandwiches, Salate zum Sofortessen, Suppen und Wraps – die an der Kühlmobiliarstirnseite sehr viel logischer positioniert sind als z.B. in Berlin.

Wer dann immer noch nicht genug hat, kriegt um die Ecke dann auch noch Tiefkühlpizza und Eis – wie gesagt: auf 175 Quadratmetern.

Bloß die in Prenzlauer Berg erprobten Stehkassen wollte der Altonaer Mini-Budni seinen Kund:innen nicht zumuten – also bezahlen die an zwei klassischen Kassen mit Förderband.

Trotz der Schachteltaktik muss der Mini-Budni auf manche Artikel verzichten: Parfüm gibt’s genauso wenig wie Schminke – macht aber nix, die nächste reguläre Budni-Filiale im Untergeschoss des bloß ein paar hundert Meter entfernten Mercado-Zentrums bietet schließlich das gewohnte Komplettangebot, erinnert das „Hamburger Abendblatt“ (Abo).

Warum das so gut funktioniert

Warum dann überhaupt noch einen zweiten Laden aufmachen? Ganz einfach, weil sich die Mini-Variante an ein anderes Klientel richtet: vorrangig Leute, die in der Mittagspause oder nach der Abend noch ein paar Besorgungen für jetzt gleich oder morgen früh machen wollen, dafür aber nicht im großen Super- oder Drogeriemarkt Schlange stehen.

Das funktioniert im Testladen ziemlich gut, obwohl der Mini-Budni radikal mit den üblichen Ladenbau-Gewohnheiten bricht, weil hier schlicht kein Platz dafür ist, mit allenfalls schulterhohen Regalen Übersichtlichkeit zu demonstrieren. Aber wer braucht schon Übersicht, wenn man ohnehin den kompletten Laden in zwei Minuten durchlaufen hat?

Erstaunlich ist, wie aufgeräumt der Markt auch viele Wochen nach der Eröffnung bei meinem Besuch noch wirkte. Das muss harte Arbeit sein.

Aber wenn Budni sich auch anderswo so erfolgreich schrumpft, erschließt sich der Kette damit ein riesiges Potenzial an kleinen Innenstadtflächen, die bislang nicht von Konkurrenten belegt werden – weswegen besagte Wettbewerber ganz genau hinsehen dürften, wie sich der Test entwickelt.

Abgucken, bitte:

  • Das am Ein- bzw. Ausgang zusammengerückte Kühl-Ensemble: praktisch, um das, was kalt bleiben soll, zum Schluss in den Einkaufskorb zu legen, ohne Umwege machen zu müssen.
  • Die Idee, dass eine möglichst große Auswahl auch auf kleinem Platz in der Stadt möglich ist. Mehr Mut zu Regalburgen!

Vielen Dank an @dantonlebt für den Hinweis!


Bisher in dieser Reihe erschienen:

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City-Supermärkte (8): Kein Platz? Kein Problem! Jumbos Innenstadt-Frische-Konzept in Amsterdam

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Supermärkte müssen flexibel sein, um kleinere Flächen in der Stadt zu belegen. Das Supermarktblog stellt eine Auswahl interessanter Läden vor.


Mit einem eigenen Ladenkonzept für Innenstädte will Jumbo, die Nummer zwei im niederländischen Lebensmitteleinzelhandel, noch konsequenter als bisher der Supermarkt für alle sein, die eigentlich gar keine Zeit zum Einkaufen haben. Vor einem Jahr eröffneten die ersten beiden Amsterdamer Filialen von Jumbo City, das außerdem bereits in Groningen, Eindhoven und Den Bosch angekommen ist. (2019 will Jumbo zudem erste Läden in Belgien eröffnen.)

Besonderheiten auf einen Blick

  • Zubereitungsküchen für kleine Mahlzeiten zum Mitnehmen sind fester Bestandteil der sehr unterschiedlich gebauten Läden.
  • Zu den Schwerpunkten im Sortiment gehören Produkte, die für den Konsum am selben Tag bestimmt sind, z.B. vorgeschnittenes Gemüse. Der Kühlanteil ist riesig.
  • In den Märkten wird mit eng gestellten Regalreihen kein Platz verschenkt, um maximale Auswahl zu bieten. Einkaufswagen müssen leider draußen bleiben.

Im Detail

Es braucht nur einen einzigen Schritt in den Jumbo City an der Eersten Constantijn Huygensstraat …

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… schon steht man mitten in der Abteilung mit den gekühlten Lebensmitteln. Und kommt da so schnell auch nicht mehr weg. Weil Fleisch, Fisch, Säfte, Salate, vorgeschnittenes Obst („Good to go“) bis weit in den Laden hinein reichen.

Nämlich bis an die Theke, hinter der Sandwiches belegt, Suppen gekocht und Salate geschnippelt werden (siehe Supermarktblog).

Glücklicherweise hat die Obst- und Gemüse-Abteilung noch rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass sie auch noch da ist – und sich den Platz davor reserviert.

Im zweiten Jumbo-City-Laden an der Ferdinand Bolstraat ist eingangs ein bisschen mehr Platz, aber das Prinzip bleibt dasselbe: Erst viel, viel Platz für Frische. Dann, kompakt zusammengefaltet, der komplette Rest.

Gänge sind gerade so breit, wie sie sein müssen, um bei Gegenverkehr nicht stecken zu bleiben; Regalböden sind exakt auf die Höhe der eingestellten Produkte abgestimmt. Mehr als zwei Zentimeter Luftraum darüber wären schließlich Platzverschwendung.

Das führt auch dazu, dass frisch im Laden gebackene Backwaren über unterschiedliche Regalenden verteilt werden. Kein Gondelkopf soll leer bleiben!

V.I.P.s (very important products) kriegen eigene Produktgittertürmchen, von deren Sonnenterrasse sie den vorbeikommenden Erwerber:innen in den Einkaufskorb spicken könne. Das meiste, was an Unterbringungsmöglichkeiten nicht fest in Decke oder Boden verankert ist, hat Rollen – um schnell aus dem Weg geschoben werden zu können.

Den bleibendsten Eindruck hinterlassen aber ohne Zweifel die randvollen Theken mit im Laden zubereitetem Sushi, Salaten, belegten Pizzen.

Bezahlt wird nachher (je nach Laden) an der regulären Stehkasse oder an der nur noch aus Touchscreen bestehenden SB-Kasse. Geöffnet ist bis 22 Uhr, auch sonntags.

Warum das so gut funktioniert

Mehr für jetzt, weniger für später – mit dieser Botschaft empfängt Jumbo Kund:innen in seinem City-Konzept und unterstreicht dort mit jedem Meter: Alles frisch, nimm’s mit, iss es gleich auf!

CEO Frits van Eerd hat zu Beginn des Jahres erklärt, wo er damit hin will: vom Lebensmittelhandel zum Lebensmittelerlebnis („from food retail to food experience“). Und was sich erstmal anhört, wie handelsübliches PR-Gelaber, ist in diesem Fall durchaus glaubwürdig. Weil Jumbo sehr konsequent daran arbeitet, etablierte Formate aufzubrechen und Supermärkte stärker für ganz bestimmte Zwecke zu bauen (siehe Supermarktblog).

Vor dreieinhalb Jahren hat das Unternehmen die niederländische Systemgastrokette La Place übernommen, die kurz vor der Insolvenz stand; und führt die beiden Marken nun nach und nach zusammen. Jumbo City ist dafür ein ideales Experimentierfeld. In den Läden taucht La Place u.a. als Absender der Marktbäckerei und des Kaffee-Angebots auf; in sämtlichen Filialen wurden inzwischen Produkte unter dem La-Place-Label eingeführt (u.a. Pesto, Pasta, Kaffee, Olivenöl).

(Dass Gastro-Übernahmen auch schiefgehen können, hat Tesco vor einigen Jahren mit der Restaurantkette Giraffe bewiesen, die ohne Synergiennutzung in der Krise des Kerngeschäfts wieder verkauft wurde.)

Man wolle die niederländische Nummer eins für „Good Food Fast“ werden, heißt es im Unternehmen, um Lebensmittel all jenen zugänglich zu machen, die schnell und einfach konsumierbar sind, idealerweise auch gesund. Das City-Konzept ist dafür ein ganz guter Anfang. (Pizza gibt es trotzdem.)

Auf jumbowerkt.nl bietet Jumbo einen sehenswerten virtuellen Rundgang durch die Filiale in Den Bosch.

Abgucken, bitte:

  • Die Kooperation aus Supermarkt und Systemgastronomie-Marke als Absender für Spezialitäten und Mini-Mahlzeiten wäre auch für deutsche Händler interessant. Wer fragt als erstes mal bei Dean & David an?
  • Der Umfang des Angebots an frisch zubereiteten Lunch-Möglichkeiten, die ansprechend präsentiert sind, bleibt in zahlreichen City-Supermärkten hierzulande bisher die absolute Ausnahme.


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Was wird aus dem SB-Backshop-Kiosk-Desaster „KAMPuS by Kamps“?


Kunden-WLAN inklusive: Wie Lidl seinen neuen Rabattirrgarten Lidl Plus in die Filialen integriert

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Seit Mitte Juni sehen Lidl-Kund:innen in Berlin und Brandenburg ROT – und zwar ziemlich viel davon. Weil der Discounter ROT zur Signalfarbe für sein neues Bonusprogramm Lidl Plus auserkoren hat, das nach Abschluss der im Mai gestarteten „Pilotphase“ (siehe Supermarktblog) auch in den ersten rund 250 Filialen sichtbar geworden ist.

Und wie!

Nach den Tests in Spanien, Österreich und Polen hat Lidl Plus für den Start in Deutschland nicht nur ein neues Logo verpasst bekommen (während das Aussehen der App weitgehend gleich geblieben ist). Um sein digitales Kundenbindungsprogramm bekannt zu machen, legt sich Lidl auch analog mächtig ins Zeug.

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Bereits am Eingang verspricht ein Pappaufsteller: „Mit Lidl Plus noch mehr sparen“. Im Laden stehen Mitmach-Aufforderungen auf Regalen, Schildern und Einkaufswagengriffen. Warentrenner an der Kasse fragen: „Coupons schon aktiviert?“ und drängeln: „App öffnen, scannen, sparen“. Per Aufsetzer erinnert der Wochenprospektständer: „Mit Lidl Plus hast du den Handzettel immer dabei.“ (Ja, Gott sei Dank!) Vermutlich hat Lidl mit der Herstellung dieses Hinweisparks eine kleine Kartonagenfabrik ausgelastet.

Zentrales Element der Aufmerksamkeitsgewinnung ist aber die „Knaller“-Wand – eine Mischung aus zu groß geratenem Schiffe-versenken-Sichtschutz, Paravent und Filmpremieren-Fotohintergrund. Dafür hat Lidl in der Filiale eigens ein Regalende freigeräumt und dort die Lidl-Plus-Produkte aufgetprmt, die in der App als wöchentlich wechselnde „Knaller“ angepriesen werden („Super-Gutscheine“ in der österreichischen Variante): Eistee, Schokokonfekt und Kaffeekapseln (vorige Woche) bzw. Saft, Sekt und Fruchtgummi (diese Woche).

Die Rabatte kennzeichnet der Discounter darüber mittels doppelter Preisauszeichnung: einmal mit dem regulären, daneben mit dem farbig hervorgehobenen Preis für Lidl-Plus-Nutzer:innen.

Und so schlau es auch sein mag, sporadische Discount-Fans künftig stärker an sich zu binden, indem man sie digital mit zusätzlichen Produkt-Vergünstigungen lockt: Mit seinem neuen Programm hat Lidl einen kleinen Rabattirrgarten zwischen sich und seine Kund:innen gepflanzt. Bei dem noch nicht ganz klar ist, wer sich zuerst darin verläuft.

Intuitiv geht anders

Das liegt vor allem an den unterschiedlichen Funktionen des Bonus-Sammelsuriums:

  • Zusätzlich zu den Wochenartikeln gibt es Coupon-Artikel, die vor dem Scannen einzeln aktiviert werden müssen, um gültig zu sein.
  • Als Belohnung für jeden Lidl-Plus-Einkauf erhalten Kund:innen virtuelle „Rubbellose“, hinter denen sich weitere Coupons verbergen (die durch „Speichern“ aktiviert werden).
  • In Österreich, wo das Bonusprogramm schon länger aktiv ist, gibt es außerdem den „Rabattsammler“, bei dem mehr Coupons freigeschaltet werden, wenn Kund:innen mit ihren Einkäufen innerhalb eines Monats gewisse Betragsgrenzen überschreiten (siehe Supermarktblog). Die Funktion dürfte auch für Deutschland geplant sein, Lidl weist in den Fußnoten zum Erklärvideo bereits darauf hin.

Übersichtlich ist Lidl Plus nicht – weder analog, noch digital. Zusammen mit Filialfinder und Wochenprospektarchiv wirkt die App nicht nur ziemlich überladen; auch die Navigation ist wenig intuitiv.

  • Über das Hauptmenü am unteren Bildschirmrand lassen sich Coupons, Prospekte und „Knaller“ aufrufen.
  • Die digitalen Kassenbons verbergen sich mit zusätzlichen „Partnervorteilen“ in der Rubrik „Mehr“.
  • Eine zentrale Funktion – die „Lidl Plus Karte“ zum Scannen – wird über einen blauen Button aufgerufen, der oberhalb des Menüs erscheint, aber nur auf der Startseite und in den Rubriken „Coupons“ und „Knaller“ („fast überall in der App“, meint Lidl).
  • Details zu bereits getätigten Einkäufe sind in den „Benachrichtigungen“ gespeichert, die über ein kleines Alarmglocken-Symbol auf der Startseite erreichbar ist.
  • Unaufgerubbelte Lose erscheinen von alleine auf der Startseite.
  • Häh?

Man braucht schon ziemlich Übung, um sich das alles zu merken und Coupons, „Knaller“, Rubbellose bzw. Rabattstaffel auseinander zu halten. Oder wie’s bei Lidl heißt:

„Dank dieser praktischen App ist Sparen jetzt so einfach wie noch nie.“

Wo ist mein Rabatt?

Man könnte aber auch sagen: Dank dieser praktischen App ist Sparen jetzt ziemlich harte Arbeit. Das wird vor allem dann zum Problem, wenn sich die Verwirrung auf die Läden überträgt.

Derzeit gibt es in Berliner Filialen regelmäßig kleine Kassenstaus, weil sich frisch registrierte Lidl-Plus-Nutzer:innen wundern, dass ihnen beim Bezahlen die in der App versprochenen Rabatte versagt bleiben. Unter Hinzuziehung der Filialleitung wird dann geklärt, dass sie dafür die einzelnen Coupons hätten vorher aktivieren müssen – anders als bei den „Knallern“, die mit dem Karten-Scan automatisch rabattiert werden. Für an Payback-Schikanen gewöhnte Bonussammler:innen mag das nachvollziehbar sein; alle anderen gucken erstmal verdutzt (und verspüren im Zweifel eher einen Kundenlösungs- als einen Kundenbindungseffekt).

Ebenso fraglich ist, ob sich Lidl langfristig einen Gefallen damit tut, ein- und dasselbe Produkt in den Märkten mit mehreren Preisen auszuzeichnen – insbesondere, wenn neben dem regulären und dem Plus-Preis auch noch ein regulärer Aktionspreis hängt.

Und ist das wirklich so clever, unter die großen Lild-Plus-Download-Aufforderungen an den Kassen Aktionspreise zu hängen, die vollständig Lidl-Plus-unabhängig sind?

Anders gesagt: Zum Deutschland-Start ist Lidl Plus – trotz mehrmonatigen Vorlaufs in diversen Nachbarländern – ein ziemliches Chaos.

Das passt immerhin dazu, dass sich Lidl bislang nicht mal für ein einheitliches Design in den Ländern entscheiden konnte. In Polen zum Beispiel fällt die Lidl-Plus-Inszenierung im Laden durch sanftes Hellblau als Grundfarbe sehr viel zurückhaltender aus.

Gleichzeitig lässt sich dort beobachten, wie eng der Discounter das Programm in seine Abläufe zu integrieren plant. Im polnischen Wochenprospekt belegen Rabatte und Coupons für Lidl-Plus-Mitglieder bereits mehrere Seiten und sind direkt auf dem Titel angekündigt.

Womöglich lässt sich Lidl hierzulande mit der Prospektintegration Zeit, bis sämtliche deutschen Filialen ans Plus-Netz angeschlossen sind – Lidl Plus soll im Laufe des kommenden Jahres „deutschlandweit“ verfügbar sein. Dass die Einführung schrittweise erfolgt, liegt wohl auch daran, dass die Märkte – wie berichtet – mit offenem WLAN ausgerüstet werden sollen, damit sich App-Nutzer:innen bei der Coupon-Freischaltung nicht alleine auf ihr Mobilnetz verlassen müssen.

(Über das WLAN-Login ließe sich theoretisch auch feststellen, wie sich Kund:innen mit Smartphone im Laden bewegen und wie lange sie sich dort aufhalten.)

In Berliner Filialen funktioniert das schon: Das Netzwerk ist im Laden unter „LidlPlusWlan“ ansteuerbar; wer sich einwählt, erhält (wie bei anderen Supermärkten oder im Café) eine Aufforderung zur Bestätigung der AGB, wird anschließend aufgefordert, die Plus-App zu installieren und ist online. Betreiber des Netzes ist die Frederix GmbH in Hannover, die auch Hotels, Gastronomie und Pflegeheime mit WLAN-Systemen ausstattet.

Rewe, Real und manche Edeka-Märkte erlauben schon seit längerem die kostenlose Internetnutzung beim Einkauf; Lidl dürfte aber der erste deutsche Discounter sein, der diesen Service (demnächst) flächendeckend anbietet.

Unabhängig davon besteht die eigentliche Herausforderung für Lidl aber natürlich darin, die Plus-Vergünstigungen so zu gestalten, dass sie von der Mehrzahl der Nutzer:innen langfristig tatsächlich als lohnenswert empfunden werden. So lohnenswert, dass man dafür noch einem Unternehmen Zugang zu Daten über sein Einkaufsverhalten gewährt.

Wahrscheinlich hilft’s, dafür im Rabattirrgarten mittelfristig mal die Hecken etwas niedriger zu schneiden.

Vielen Dank an Sven!


Alle Supermarktblog-Texte über Lidl Plus:

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Markenführungskompetenz bei Edeka – oder: Buddy Netto holt Papa Joe’s vom Ketchup-Regal ins Tiefkühlasyl

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Ganz versöhnliche Nachrichten diese Woche aus unserer gemeinsamen Lieblings-Soap, dem deutschen Lebensmitteleinzelhandel: Edeka hat sich wieder mit Kraft Heinz vertragen, meldet die „Lebensmittel Zeitung“ (LZ)!

Das war aber auch Zeit nach den hässlichen Szenen der vergangenen Monate. Kurz zusammenfasst: Edeka wollte eine Preiserhöhung für Heinz-Produkte nicht akzeptieren, Heinz stellte darauf die Belieferung ein, Edeka informierte Kund:innen am Regal von seiner heldenhaften Verteidigung ihrer Interessen und ging schließlich so weit, den frei gewordenen Platz mit eigens produziertem Ketchup und Soßen zu füllen, die den Produkten von Heinz – sagen wir: ziemlich ähnlich sahen. Sogar Anzeige wurde erstattet, nein – Moment: publiziert!

Allem Selbstbewusstsein zum Trotz scheint die Aktion für Edeka nur mittelmäßig gelaufen zu sein. Die LZ schreibt (Abo), es sei zwar gelungen, ähnlich viel Ketchup zu verkaufen wie vorher.

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„Allerdings hat Edeka Umsätze im zweistelligen Prozentbereich eingebüßt, berichten Marktforscher. Konkurrent Rewe habe hingegen von dem Konflikt zwischen Edeka und dem Hersteller profitiert und im bisherigen Jahresverlauf deutlich mehr mit Ketchup und Grillsaucen umgesetzt als im Vorjahr.“

Nun sind sich die Streithähne doch noch einig geworden. (Zu welchen Konditionen bzw. zu wessen Gunsten, schreibt die LZ nicht.)

Und damit zu einem ganz anderen Thema.

Kennen Sie noch die „Original und Fälschung“-Rätsel, bei denen man früher, als es noch gedruckte Programmzeitschriften gab, in doppelt abgedruckten Bildern die Fehler suchen durfte? Das war ein Spaß! Deshalb gibt’s das jetzt auch in der Supermarktblog-Edition. Hier, bitte:

Original und Fälschung

Finden Sie den Fehler?

Moment mal, das sind doch zwei völlig verschiedene Bilder, sagen Sie? Völlig richtig.

Zur Erinnerung: Im April hatte Edeka den von der Discount-Tochter Netto (ohne Hund) registrierten Markennamen „Papa Joe’s“ ausgeborgt, um ihn für sein eigenes kleines Grillsaucengemetzel gegen Heinz zu nutzen (siehe Supermarktblog).

„Limited Edition“, „dauerhaft“ im Sortiment

Und vielleicht ist daraufhin bei Netto (ohne Hund) jemandem aufgefallen, dass da ja noch was ungenutzt rzmliegt, das man weiter gebrauchen kann. In dieser Woche kündigte der Discounter – passend zur Hitzewelle – an, sein Tiefkühlsortiment zu erweitern: z.B. mit Gemüse von Frosta, Bistro-Baguette von Dr. Oetker sowie Pizza bzw. panierten Hähnchen- und Käseartikeln – unter dem Eigenmarkennamen Papa Joe’s.

Zu kaufen gibt es „Papa Joe’s Steinofenpizza Cheese Burger Style“, „Papa Joe’s Steinofenpizza Hot Dog Style“, „Papa Joe’s Chicken Cheese Nuggets“ und „Papa Joe’s Emmentaler Sticks“. Und ja, allein dazu ließen sich eine ganze Menge Fragen formulieren, zum Beispiel: Wie nimmt man eine Pizza, die mit der Angabe „Limited Edition“ wirbt, „dauerhaft“ ins Sortiment? Oder: Wozu braucht die bisher genutzte Eigenmarke „American Style“ für Produkte „nach amerikanischer Art, die „hergestellt in Deutschland“ sind, noch ein zweites Eigenmarken-Label?

Im Wissen, dass strategische Brillanz bei Netto (ohne Hund) ohnehin eher zu den Kann-Tugenden zählt, wollen wir darüber aber hinwegsehen.

Anders als über die Frage, wie es angesichts des doppelten Papas eigentlich um die Eigenmarkenentwicklung bei Edeka bestellt ist, auf die man sich sonst ja gerne ganz schön was einbildet.

Nun fällt aber sofort auf, dass der Netto-Papa-Joe nicht mal ein entfernter Verwandter des Edeka-Papa-Joes zu sein scheint; ähnlich sehen sich die Herren eher nicht. Der eine scheint einem zur Zeitmaschine umfunktionierten amerikanischen Diner aus den Sixties entstiegen zu sein; der andere einer Markenabpausanstalt.

Dabei kann es durchaus Sinn ergeben, Eigenmarken aufzubauen, die sowohl im Discount als auch im klassischen Supermarkt genutzt werden. Rewe und Penny machen das seit einigen Jahren ganz gut mit ihrer Drogerieartikel-Dachmarke today vor. Die gibt es bei beiden Handelsketten zu kaufen (siehe Supermarktblog von 2013), und das geht vor allem deshalb gut, weil today dafür ein einheitliches Erscheinungsbild verpasst bekommen hat und (fast) alle Artikel im gleichen Preissegment angesiedelt sind, als günstigere Alternative zu klassischen Marken im Drogerieregal.

Eine Marke, zwei Ziele

Im Fall Edeka/Netto (ohne Hund) ist das anders: Der eine Papa Joe’s klebt auf herkömmlicher Discount-Ware, der andere hingegen wird (bzw. wurde) bloß gebraucht, um einen großen Markenartikelhersteller zu ärgern und ist trotz günstigen Preises klar oberhalb des Discount-Segments positioniert.

Das ist weder nachvollziehbar, noch schlau. Und verrät mehr über die Markenführungskompetenz bei Deutschlands größtem Lebensmitteleinzelhandelskonzern, als dem lieb sein kann.

„Zu den entscheidenden strategischen Hebeln zähle ich unsere Innovationskraft und Geschlossenheit im Warengeschäft“, formulierte der Edeka-Vorstandsvorsitzende Markus Mosa im Geschäftsbericht für das vergangene Jahr (PDF). Ebenfalls dort heißt es:

„je mehr sich die Vertriebsformate des deutschen Einzelhandels im Markenangebot annähern, umso wichtiger werden Eigenmarken zur Differenzierung im Wettbewerb. (…) Daher entwickelt EDEKA (…) mit seinen Partnern aus der Markenindustrie exklusive, auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittene Artikel.“

Exklusive, auf die Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden zugeschnittene Artikel, deren Marken nach Lust und Laune so zurecht gebogen werden, wie sie der zuständigen Abteilung gerade in den Kram passen?

Öfter mal doppelt

Natürlich geht’s am Ende geht’s nur um egale Tiefkühlpizza mit Wurststückchen und eine Ketchup-Markenkopie. Aber genau an diesen beiden Beispielen lässt sich ganz gut demonstrieren, wie weit Edeka von den Ansprüchen entfernt ist, mit denen man sich Jahr für Jahr die Geschäftsberichte dekoriert.

Und die Kund:innen? Müssen sich dran gewöhnen, im deutschen Lebensmitteleinzelhandel öfter mal doppelt zu sehen: Müssen sich dran gewöhnen, im deutschen Lebensmitteleinzelhandel öfter mal doppelt zu sehen: nicht nur Nettos (mit und ohne Hund), sondern auch Papas (mit und ohne Grund).


P.S.: Papa-Joe’s-Ketchup von Edeka gibt’s gerade auch günstig bei Netto (ohne Hund) zu bestellen! Sie müssen aber schnell sein: „Nur noch 6 Stück verfügbar“ (Mindestbestellmenge: 5)!

Fotos: Supermarktblog, Screenshot: netto-online.de

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Wie Haferkater mit gesundem Unterwegs-Frühstück die deutschen Bahnhöfe erobert

Erst per Newsletter, später per App? Auch Kaufland probiert’s mit digitalen Rabatt-Coupons

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Rewe hat sie, Penny hat sie schon länger und Lidl führt sie gerade ein: digitale Coupons, die in der App aktiviert werden müssen, um anschließend mittels Scan an der Kasse spezifische Rabatte freizuschalten. Mal mit, mal ohne vorherige Anmeldung. Verständlich, dass Kaufland da nicht länger tatenlos zusehen will.

In dieser Woche verspricht der Großflächen-Discounter Abonnent:innen seines Newsletters „Exklusive Coupons für Ihren Einkauf“:

„Sparen geht bei uns jetzt noch einfacher – zum Einlösen unserer attraktiven digitalen Coupons* benötigen Sie lediglich Ihr Smartphone.“

Digitale Coupons zum Ausdrucken verteilt Kaufland schon länger. Die neue Variante soll aber rein „digital und ganz ohne Ausdrucken“ funktionieren. Und zwar so:

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„Smartphone beim Bezahlen an der Kasse bereithalten, den gewünschten QR-Code öffnen und beim Bezahlen an der Kasse abscannen. Profitieren Sie jetzt!“

Vergünstigungen gibt es derzeit beim Kauf von Kellogg’s Super Food Crunchy Müsli (3 Euro beim Kauf von zwei Packungen), Kerrygold-Scheibenkäse (1 Euro beim Kauf von zwei Packungen), Rockstar Energy Drink (50 Cent auf eine Dose) und Frosta Gemüse Pfanne (30 Prozent) – aber ausschließlich „in allen teilnehemenden Fililalen der Region Berlin“, also dort, wo die Unternehmensschwester Lidl gerade ihr ebenfalls stark auf Coupons fixiertes Treueprogramm Lidl Plus gestartet hat (siehe Supermarktblog).

Jeder der Coupons, die auch online abrufbar sind, darf nur einmal mit demselben Smartphone eingelöst werden, heißt es im Kleingedruckten. Und auch nur einmal pro Einkauf. „Verbreitungen über Internet-Portale und sonstige Vervielfältigung“ untersagt Kaufland ebenfalls.

„Einfach scannen“ – bloß wie?

Wie ernst es das Unternehmen mit seiner Coupon-Lösung meint, ist momentan schwer zu sagen. Einerseits ist die Mitmachhürde deutlich niedriger als bei allen Wettbewerbern – zum Einlösen muss nicht mal eine App installiert werden. Andererseits sieht die Aktion sehr danach aus, als sei sie mit der heißen Nadel gestrickt.

Die Coupons im Laden auch tatsächlich einzulösen, ist mir jedenfalls nicht gelungen. Die SB-Kasse wertet den QR-Code als „ungültig“; der herbeieilende Mitarbeiter weiß auch nicht weiter. An der regulären Kasse besteht die freundliche Mitarbeiterin erst darauf, den Coupon ausgedruckt vorgelegt zu kriegen, erfragt dann telefonisch bei der Marktleitung, dass es inzwischen digitale Pendants gibt – und weiß dann auch nicht, wie und wo die gescannt werden sollen. Über das reguläre Scanfeld an der Kasse klappt’s schon mal nicht. Handscanner vielleicht? „Sowas hab ich hier nicht.“

Ganz „so einfach“, wie Kaufland per Mail behauptet, scheint die Sache also nicht zu sein – und bevor neue Aktionen an die Kundschaft kommuniziert werden, wäre es hilfreich, das Personal entsprechend einzuweihen.

Mit der Coupon-Flickschusterei per E-Mail dürfte sich Kaufland aber ohnehin nicht lange aufhalten. Anderswo in Europa ist man schließlich schon einen großen Schritt weiter: Im Februar dieses Jahres hat die Handelskette in Rumänien „Kaufland Card“ freigeschaltet – ein digitales Rabattprogramm mit Kundenkarte, die vollständig in die (allgemeine) Kaufland-App integriert ist.

Kaufland Rumänien macht’s vor

Nach dem Kundenkonto-Login ist die Option mit wenigen Klicks freigeschaltet, kann direkt genutzt werden und scheint ziemlich ähnlich zu funktionieren wie Lidl Plus.

Auf dem Startbildschirm werden „Kaufland Card Angebote“ mit Direktrabatten angezeigt, aktuell z.B. zwischen 10 und 30 Prozent für Bananen, Deo, Hackfleisch, Joghurt, Käse, Cracker, Katzenfutter und Nudeln. Darunter sind Prämien aufgelistet, die vergünstigt zu erwerben sind, wenn dafür ausreichend „Treuepunkte“ gesammelt wurden. (Im Moment: Koffer.)


Screenshots [M]: Kaufland/Smb

Die aus einem QR-Code bestehende Kundenkarte ist über ein rotes Kartensymbol aufrufbar, das mittig über dem unteren Hauptmenü leuchtet und nach dem Aufruf die Instruktion mitliefert:

„Bitte zeigen Sie diesen Bildschirm an der Kasse [, um] Punkte zu sammeln“.

(Eine physische Karte gibt’s zwar auch – aber erst auf explizite Nachfrage.)

Schon jetzt ganz gut eingedeutscht

Wenn der Test in Rumänien erfolgreich verläuft, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Kaufland auch in anderen Länder testet – ziemlich gut eingedeutscht wäre das „Kaufland Card“ in der App übrigens schon jetzt.

In Rumänien wirbt Kaufland mit verschiedenen Videos für das Rabattsystem; in denen ist jeweils am Ende auch zu sehen, dass Kund:innen ihr Smartphone-Display unter das Kartenlesegerät an der Kasse halten, um den Code an einer dort angebrachten Leseeinrichtung zu scannen. Auf die u.a. von Lidl, Rewe und Penny installierten Scan-Tulpen („Top Down Reader“, siehe Supermarktblog) scheint Kaufland offensichtlich verzichten zu wollen.

Praktisch ist das nicht. Und der Zorn, den man sich als Coupon-Einlöser an der Kasse zuzieht, wenn man den nachfolgenden Kund:innen wertvolle Sekunden stiehlt, weil nicht alles so flutscht wie versprochen, dürfte so manche Rabbattfreundin und so manchen Rabattfreund davon abschrecken, das Gescanne regelmäßig zu wagen.

Dennoch ist die Entwicklung ein untrügliches Zeichen dafür, dass wir den Zenith des Treueprogramm-Tohuwabohus in deutschen Supermärkten und Discountern vorerst noch nicht erreicht haben.

Nachtrag: Offensichtlich gibt es in Berliner Kaufland-Filialen zusätzlich angebrachte „Side Scanner“, über die die Coupons eigelesen werden können, ohne dass das Smartphone aus der Hand gegeben werden muss. Möglicherweise lässt sich Kund:innen künftig noch etwas transparenter erklären, wie das funktioniert.

Fotos: Supermarktblog


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Kundenführung im Discounter: Aldis Angst, Hofers Antwort und Pennys Pragmatismus

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Zwei Jahre ist’s her, dass Aldi Nord damit loslegte, seinen Filialen ein komplett neues Ladendesign zu verpassen (und mit dem Rumpel-Image der Vergangenheit abzuschließen, siehe Supermarktblog). Vorher hat der Discounter zahlreiche Tests unternommen, um herauszufinden, wie die geplanten Änderungen bei den Kund:innen ankommen – und bei der Umsetzung wohl trotzdem die Macht der Gewohnheit unterschätzt.

Die neuen Farben und die veränderte Sortimentsaufteilung konnten viele gerade noch so hinnehmen; aber bei der Regalanordnung hörte der Spaß auf.

Dabei waren die Aldi-Nord-Ladengestalter eigentlich bloß auf die Idee gekommen, die vom Eingang bis ans Marktende reichende Landebahn auf halber Strecke mit quergestellten Regalreihen zu flankieren. Dadurch wirkten die umgebauten Läden nicht nur deutlich aufgelockerter.

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An den Regalköpfen konnten zudem besondere Produkte bzw. Sortimente aufmerksamkeitsstark hervorgehoben werden: Weine, Bio-Produkte, alles, was „Neu im Sortiment“ war – ähnlich wie in vielen Supermärkten.

Im Discounter ihres Vertrauens scheint das vielen Kund:innen (und Mitarbeiter:innen) aber zu progressiv gewesen zu sein. Seit einiger Zeit baut Aldi Nord die Querregale deshalb zurück – und stellt die Reihen wieder so, wie es sich nach Ansicht vieler Stammkund:innen für den Einkauf im Discounter gehört: längs. Sehr längs.

Auf Supermarktblog-Anfrage bestätigt ein Aldi-Nord-Sprecher:

„Da uns (…) wichtig ist, dass sich unsere Kundinnen und Kunden bei uns wohlfühlen, entwickeln wir unseren Ansatz fortlaufend weiter. Die Querregalierungen zwischen der Saisonfläche und dem Bereich Obst und Gemüse wieder auf eine Längsausrichtung umzustellen, ist eine solche Anpassung, mit der wir vor allen Dingen einem Kundenwunsch Rechnung tragen. Es hat sich gezeigt, dass der Kundenfluss in Längsstellung der Regale noch besser und homogener verläuft. Zudem können unsere Kunden durch die einheitlichere Struktur noch besser navigieren.“

Die Angst in der Essener Zentrale, zu viele Leute zu verschrecken, muss groß sein – vor allem, weil die Umsätze in den modernisierten Läden nicht gleich so wie prognostiziert stiegen (siehe Supermarktblog).

Praktischer ist die neue alte Anordnung nämlich eher nicht. Im Gegenteil:

  • Durch den Rückbau verlieren die Märkte einen Teil ihrer Durchlässigkeit, die im ursprünglichen Konzept dafür sorgte, dass man bereits auf dem Weg in den Markt von einem Sortiment automatisch zum nächsten geleitet wurde.
  • Die Gondelköpfe mit den herausgehobenen Produkten sind zwar noch da; am Obst und Gemüse muss man sich aber einmal um 180 Grad umdrehen, um sie wahrzunehmen. Der Effekt verpufft.
  • Zudem sind die neuen Längsregale sehr viel schlechter einsehbar und bedeuten im Zweifel weitere Laufwege, um alle Produkte zu erfassen. Alle, die sich nicht an die veränderte Sortimentsanordnung gewöhnen wollten, müssen sich jetzt ein weiteres Mal umgewöhnen.

Im vergangenen Jahr hieß es in der Fachpresse, die Querregale seien auch deshalb in Ungnade gefallen, weil durch sie in schmaleren Märkten der Hauptlauf zu eng geworden sei. Aber das hätte sich freilich relativ einfach ändern lassen – indem man sie einen Regalmeter kürzer macht.

Geht nicht, sagen die Verfechter der reinen Albrecht-Lehre: Weil Discount Standardisierung bedeutet, um Aufwand und Kosten gering zu halten und weiter niedrige Preise verlangen zu können!

Falls Sie auch dazu gehören, hab ich schlechte Nachrichten: Diese Zeiten sind ein für allemal vorbei.

Das bedeutet keinesfalls, dass Discounter nicht weiter stärker auf Effizienz schauen müssen als klassische Supermärkte. Aber es hilft wenig, sich dabei hinter den Unflexibilitäten der Vergangenheit zu verschanzen. Wenn der Discount seine Relevanz behalten will, muss er sehr viel agiler werden als insbesondere Aldi Nord das in den zurückliegenden Jahrzehnten gewohnt war (hauptsächlich: von sich selbst). Weil ihm sonst Wettbewerber attraktive Standorte in Städten wegschnappen, die nicht ins Raster passen, das man sich in der Unternehmenszentrale an die Wand getackert hat.

Der österreichische Aldi-(Süd)-Ableger Hofer weiß ziemlich gut, was das bedeutet.

Insbesondere in Wien spezialisiert sich die Handelskette seit einiger Zeit darauf, moderne Stadtdiscounter – Pardon: Stadtdiskonter zu bauen, die sich trotz überschaubarer Verkaufsfläche als Nahversorger für die Nachbarschaft eignen. Und mutet seine Kund:innen dafür bei fast jeder Neu- bzw. Wiedereröffnung eine Führung durch den Markt zu, die sich nicht ihrer Gewohnheit anpasst. Sondern den baulichen Gegebenheiten des Gebäudes.

Der Schlauch: Hofer am Austria Campus in Wien

Im 2. Wiener Gemeindeberzirk hat sich Hofer vor einem Jahr zum Beispiel im Erdgeschoss eines gläsernen Bürokomplexes am Austria Campus einquartiert, gegenüber der neuen Zentrale der Unicredit Bank Austria.

Die 1000-Quadratmeter-Fläche eignet sich nullkommagarnicht für jegliche Form von Standardisierung, weil sie trotz Neuerrichtung merkwürdig verbaut wirkt und einem einzigen Schlauch gleicht. Hofer hat aus der Not eine Tugend gemacht: Direkt am Eingang werden Einkaufende vorbei an einem Niedrigpreis-Apéritiv …

… auf eine der vermutlich längsten Landebahnen geleitet, die ein Diskonter im deutschsprachigen Raum bislang gesehen hat. Vorbei an Keksriegeln und Salzgebäck geht es zum „Hofer Marktplatz“ mit Obst und Gemüse …

… hinter dem sich die Aktionsartikelsteppe öffnet, mit der sich der Laden kurz zur Seite ausbreitet, um kurz darauf im Kühlmobiliarkeil spitz aufs Lager zuzulaufen.

Im Grunde genommen besteht der ganze Laden bloß aus einem einzigen Geradeaus-Flur. (Ein Paradies für jeden Querregalhasser!)

Das liegt auch daran, dass die eine Markthälfte größtenteils aus Fensterfront besteht, die man offensichtlich nicht zustellen wollte, um die Sicht in den Laden hinein zu ermöglichen (obwohl man dafür ziemlich nah ans stark spiegelnde Glas rangehen muss).

Andere Diskontbetreiber hätten angesichts dieser Voraussetzungen vermutlich dankend abgewunken. Bei Hofer scheint man hingegen vor allem die Chance gesehen zu haben, ein ganzes neues Stadtviertel versorgen zu können. Und hat die Herausforderung  angenommen.

Das betrifft nicht nur den ungewöhnlichen Kundenlauf:

  • Weil im Vergleich zu viele regulären Filialen Wandstellfläche fehlt, klappen Backbox und Coolbox (der österreichische Brötchenknast mit Snack-Kühlanbau) im 90-Grad-Winkel voneinander weg.
  • Drogerie-Artikel und Vinothek belegen jeweils eine Seite des frei im Laden stehenden Sonderregals.

Und die Kund:innen? Haben sich einfach dran gewöhnt.

Das Frische-Quadrat: Hofer im 2. (zum Zweiten)

In 1.000 Metern Luftlinie Entfernung eröffnete Anfang Juni die nächste neue Hofer-Filiale, die sich im Aufbau grundlegend vom Campus-Markt unterscheidet.

Die Trennwände zwischen Kassenzone und Markteingang lässt die Handelskette schon seit längerem einfach weg und sorgt damit für einen sehr viel einladenderen Empfang (siehe Supermarktblog). Der Eingang ist auch der Ausgang, es gibt keine Schranken, Zusatztüren oder Rücklaufsperren. Basta.

Die größte Besonderheiten der Filiale in Donaunähe ist aber der neu sortierte „Hofer Marktplatz“, der auf die bisherige eher altmodisch wirkende Schiefertafeloptik verzichtet und Frische stattdessen im Quadrat sortiert.

Obst und Gemüse sind nicht auf die gewohnte drei-etagige Regalschütte verteilt, sondern umgekehrt L-förmig im rechten Winkel zueinander sortiert.

Die gegenüberliegende Seite belegt die Coolbox (mit gekühlten Getränken, Sandwiches und gekühlten Früchten), an die sich die in heller Holzoptik gehaltene Backbox anschließt, welche um die Ecke in den breiter werdenden Markt hineinreicht. In der Mitte ist Platz für Aktionsartikel und Regionales.

Obst und Gemüse werden zwar weiterhin – ganz effizient – kistenweise in die Schütten gewuchtet, und die Durcheinanderanfälligkeit der Mittelinsel ist ziemlich hoch. Aber Edeka-hafter hat sich ein Diskonter mit seinem Frische-Angebot vermutlich selten in Szene gesetzt.

All das gelingt, obwohl 300 Quadratmeter Verkaufsfläche weniger als am Austria Campus zur Verfügung stehen. Und weil Hofer in Kauf nimmt, Kund:innen neben dem „Marktplatz“ durch einen schmalen Gang an der Tiefkühlware zur Kasse zu schleusen.

(Der übrige Laden ist eher klassisch designt, aber eignet sich auch dank seiner Übersichtlichkeit hervorragend als Nahversorger.)

Bei der Flexibilität der österreichischen Nachbarn können sich die deutschen Aldis noch 1 Blatt (Extrawurst) abschneiden.

Die Bucht: Penny am Prager Stadtrand

Hofer-Konkurrent Penny probiert’s im benachbarten Tschechien noch mal ganz anders. Der Rewe-Discounter hat seine Kund:innen gefragt, was denen beim Einkaufen am Wichtigsten ist – und erklärt im gerade erschienenen Rewe-Geschäftsbericht:

„Eine häufig genannte Antwort: Die Atmosphäre soll ansprechend und freundlich sein, mit vielen überraschenden Elementen – eben wie auf einem klassischen Wochenmarkt. Und bitte keine endlosen, langweiligen Regalreihen!“

Keine endlosen, langweiligen Regalreihen? Offensichtlich unterscheiden sich die Vorlieben der Discount-Kund:innen in europäischen Nachbarländern stark voneinander. Penny hat daraufhin ein Filialkonzept mit festem Kundenlauf gebaut, der Kund:innen an sämtlichen Sortimenten vorbei führt, bevor sie bezahlen dürfen.

Los geht’s im Beispielmarkt am Prager Stadtrand mit Backwaren und Bier („beides wichtige Warengruppen in Tschechien“), anschließend folgen Wein und Spirituosen, Wasch- und Reinigungsmittel, Obst und Gemüse, Molkereiprodukte, Süßwaren, Aktionsartikel, alles sortiert in „ausgedehnte Regalbuchten“ (Fotos auf Facebook ansehen).

Der so genannte „forcierte Kundenlauf“, erklärt Rewe, „navigiert die Besucher einmal durch den gesamten Markt“. Das ist mutig – und nur was für Läden, die man regelmäßig aufsucht, um dort seinen Haupteinkauf zu erledigen.

Wie gut, dass Penny mit seinen 380 Filialen nach eigenen Angaben „die Nummer eins im tschechischen Lebensmittelhandel“ ist. Bislang wurden bereits 120 Filialen umgebaut; 2019 sollen weitere 70 folgen.

Alle, die eher Zusatzeinkäufe oder Spätbesorgungen tätigen wollen, bremst das Konzept jedoch ziemlich ab – und sorgt dafür, dass man sich im Zweifel eher nach Alternativen umsieht, um nicht in die Ikea-Irrgartenfalle zu laufen. (Auch wenn es, wie in den langsam aber sicher aus der Mode kommenden Möbelhäusern der Schweden eine Abkürzung zum Kassendurchschlupf gibt, etwas versteckt in der Getränkebucht.)

Für den deutschen Markt dürfte Pennys tschechisches Überraschungskonzept allenfalls an ausgewählten Standorten geeignet sein (und in vielen Stadtteillagen kaum umsetzbar); am Stadtrand von Berlin scheint der Discounter das mal ausprobieren zu wollen. Wie die „Lebensmittel Zeitung“ (Abo) berichtet, hat sich Penny in Brieselang und Teltow mit „ u-förmigen Nischen“ neu sortiert.

Discount-Besucher:innen, denen schon Querregale ein Dorn im Auge sind, dürften davon nur schwer zu überzeugen sein.

Die derzeitige Entwicklung zeigt aber, wie sehr sich die Discounter zunehmend von alten Gewohnheiten verabschieden (müssen), um sich in Zukunft besser voneinander zu differenzieren und Innenstadtlagen für sich zu nutzen. Im Zweifel auch mit dem Risiko, dass das die bisherige Stammkundschaft erstmal als unzumutbare Umgewöhnung empfindet.

Fotos: Supermarktblog


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Tierwohl und weniger Plastik: KFC & Co. entdecken ein bisschen Verantwortungsbewusstsein

Beendet Rewe mit Picadeli das Elend der einfallslosen Salatbars im Supermarkt?

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Sie sind im deutschen Lebensmitteleinzelhandel quasi nicht mehr wegzudenken, gleichermaßen geliebt und gehasst, vor allem aber können sie die unterschiedlichsten Gestalten annehmen.

U-Boot.

Schrankwand.

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Trafo-Häuschen.

Oder Ikea-Bausatz.

Die verflixten Salatbars. Rewe baut sie schon fast aus Gewohnheit in modernisierte Läden ein; jeder Edeka-Kaufmann, der was auf sich hält, errichtet der Kundschaft selbstverständlich einen Grünzeugthron; selbst Penny und Kaufland locken neuerdings in Innenstadtlagen zur Blattsalatselbstbedienung. Es sieht fast so aus, als gehörten die Theken inzwischen zum Standardrepertoire der großen Handelsketten. Obwohl eigentlich allen klar ist, dass es sich dabei unmöglich um eine Dauerlösung handeln kann. Denn die Bilanz ist – zwiegespalten.

Kund:innen schätzen einerseits die Möglichkeit, sich in der Mittagspause im Supermarkt einen frischen Salat nach Wahl kombinieren zu können, ohne beim Verzehr im Büro bleiche Erbsen oder gewürfelten Schinken rauspulen zu müssen.

Andererseits wird die Salatbar mit fortschreitendem Gebrauch zunehmend unbenutzbarer, weil irgendwann sämtliche Portionierlöffel und Zangen einmal quer durch die Theke gezogen worden sind und entsprechende Kontaminationsspuren hinterlassen haben.

Macht Umsatz, macht Mühe

Händler schätzen es, sich mit den Salatbars als Anlaufstelle im Mittagsgeschäft zu etablieren und profitieren vom Zusatzgeschäft, wenn Salatkombinierer:innen mehr einkaufen als geplant. Einerseits.

Andererseits ist es mit verhältnismäßig hohem Aufwand verbunden, die Theken zu dekontaminieren, sauber zu halten und stetig nachzubefüllen; darauf würden die allermeisten Marktleiter:innen am liebsten verzichten.

Das klingt eigentlich, als wäre eine Trennung wegen unüberbrückbarer Differenzen für alle Seiten das Beste. Zumal, wenn wir ehrlich miteinander sind, die allerwenigsten Salatbars so hübsch präsentiert sind wie in Zurheides Düsseldorfer E-del-Supermarkt The Crown (siehe Supermarktblog) …

… sondern in den allermeisten Fällen ein kreativkulinarischer Totalausfall.

„Man vermische Kidneybohnen mit Dosenmais und fertig ist der mexikanische Salat. Oder man fülle den Eimer-Kartoffelsalat einfach in eine der Buffetschalen – fällt ja nicht groß auf“,

hat Supermarktblog-Leser Matthias M. das Problem treffend zusammengefasst, als er kürzlich per Mail fragte, ob es sich nicht mal lohnen würde, das Salatbar-Elend im deutschen Lebensmitteleinzelhandel zu würdigen. Der Mann hat Recht. Und die Beispielreihe ließe sich beliebig fortsetzen:

  • Geraspeltes Gemüse wird nicht automatisch zum „Salat“, wenn man es mit Schnittlauch dekoriert.

  • Cherrytomaten aus der Plastikverpackung zu nehmen und sie übers Salatbuffet zum dreifachen Preis zu verkaufen, ist irgendwie unhöflich.
  • Egal was der Chef sagt: Das mit den Spiegeln ist ein superpeinlicher Supermarktkniff aus den 80ern.

  • Und all das wird nicht besser, wenn man zur Ablenkung drei Musketiere, Pardon: Croutonspender dazu stellt.

Geht das auch anders? Ja, vielleicht schon.

„Wir wissen, was gut ist – schnapp dir einen Salat“, rät der schwarzweiße Rohkosttresen, Modell NCC 1701, gleich am Eingang des Rewe-Markts in Berlin-Friedrichshain – und ein ganzer Schwung vornehmlich junger Kundinnen leistet widerstandlos Folge und schnappt. Schließlich läuft hier einiges anders als in der klassischen Supermarkt-Salatbarsteppe.

Die Präsentation zum Beispiel: Auf dem in die Theke eingelassenen Bildschirm läuft ein Werbeclip für Salatverzehr in der Dauerschleife, Zutaten und Allergene lassen sich über einen Touchscreen an der Seite abrufen, und die Portionierlöffel unter dem sich futuristisch hebenden Glasschutz hängen an Gummizügen, um nicht durch sämtliche Salatvariationen gezogen zu werden.

Auf den ersten Blick macht die Salatbar 2.0 also schon mal vieles richtig – und das liegt vor allem daran, dass sich vorher jemand ausführlich Gedanken dazu gemacht hat: die Gründer des 2009 im schwedischen Göteborg gestarteten Start-ups Picadeli nämlich.

In Skandinavien hat Picadeli, das seit 2015 zur Greenfood Group gehört, schon zahlreiche Supermärkte mit seinen Salatbars (samt Inhalt) ausgestattet; in weiteren europäischen Ländern laufen derzeit Tests: u.a. in Frankreich und Belgien, bei Franprix, Carrefour, Monop, Leclerc, Okay. In Deutschland standen erste Theken bei Edeka-Händlern. Konkurrent Rewe allerdings hat kürzlich bestätigt, sich die exklusive Lizenz für den deutschen Markt gesichert zu haben.

Griffbereit im Kühlerdgeschoss

Im Sommer 2018 wurde ein Testmarkt in Köln ausgerüstet; inzwischen sind Theken in Düsseldorf, Köln, Hilden, Essen, Bonn und Hennef dazu gekommen. (Nicht nur im klassischen Vollsortimenter, sondern auch bei Rewe City und Rewe to go.) Und kürzlich auch Frankfurt, München, Hamburg, Stuttgart und Berlin.

Rewe erklärt über sein Mitarbeitermagazin: „In den nächsten Wochen werden weitere Märkte, auch in anderen Regionen, aufgeschaltet.“ Und ist ganz aus dem Häuschen vor Begeisterung; vor allem, weil der Partner genau das verspricht, was sich jeder Händler wünscht: mehr Umsatz mit weniger Aufwand.

Picaeli baut dafür nicht nur die Bar in den gewünschten Markt, sondern liefert auch die Salate fertig portioniert an.


Foto: Mats S.

Nachschub lagert griffbereit im gekühlten Theken-Erdgeschoss. Nachfüllportionen müssen lediglich gescannt werden – dann weiß das Personal, wie lange ein Salat verwendet werden kann; außerdem behält das System so den Überblick, was neu bestellt werden muss.

Knackpunkt ist aber, dass in der neuen Salatbar mal nicht nur Mixsalat, Thunfisch, Kartoffelpamp und entsteinte Oliven vor sich hinoxidieren. Sondern auch außergewöhnlichere Alternativen: Bulgursalat mit Bärlauch, Bacon Crunch, vegane Chili-Ingwer-Streifen, zitroniger Blumenkohlsalat, Curry-Pasta, marinierte rote Beete, Pesto aus Hafer, indischer Möhren-Linen-Salat usw. Statt sich ausschließlich auf die immer gleichen Salatstandards zu verlassen, sorgt Picadeli für die sonst stark vernachlässigte Variation in der Theke.

Bis zu 150 Produkte stehen (abwechselnd, je nach Jahreszeit) zur Bestellauswahl. Oder wie Picadeli selbst meint:

„Immer nur Eisbergsalat mit Paprika und Mais ist doch langweilig.“

Dafür lässt sich auch der leichte Preisaufschlag rechtfertigen: Statt 99 Cent pro 100 Gramm wie in vielen Läden kostet die Salatkombination aus der Picadeli-Theke 1,11 Euro (in Friedrichshain). Das ist freilich immer noch günstiger als anderswo das reguläre Angebot (Rewe in Hamburg-Altona und München Hopfenpost: 1,29 Euro pro 100 Gramm; Kaufland am Berliner Alexanderplatz: 1,19 Euro; Rewe 5 Höfe in München: 1,39 Euro.) Dressing im separaten Töpfchen muss allerdings extra bezahlt werden (50 Cent).

Und an dieser Stelle könnte die Salatbar-Revolution eigentlich geschafft und dieser Text zu Ende sein – wenn Picadeli nicht auch so seine Tücken hätte.

Kein Salat, sondern ein „Erlebnis“?

Die fangen schon bei der Selbstinszenierung an: „When you buy our salads, you are not simply buying food, but also an experience“, schwärmt Gründer Ragnar Landin, und lässt seinen Laden so tun, als hätte der nicht bloß das System Salatbar in die Gegenwart transferiert und mit einer auf dem Markt frei erwerblichen Bestandsmanagment-Software kombiniert – sondern eine Art Ernährungskult erfunden. Dabei wirkt das „Fast Food de la Future“ (Eigenbezeichnung) allen Anstrengungen zum Trotz leider doch manchmal eher wie das Mitnahme-Essen der Vergangenheit.

Alles, was in die Theke kommt, wird vorher fertig geschnippelt, zubereitet und mariniert in Tüten oder Containern angeliefert. Das ist – so das Versprechen an die Händler – zweifellos „easy for the store to manage“. Allerdings müssen dafür bittere Wahrheiten auf den Produktkennzeichnungsfeldern in Kauf genommen werden. Dort steht, was alles „gewürzt, gebraten, aufgetaut“ bzw. „im Markt aufgetaut“ wurde – ziemlich viel, bis hin zu den Avocado-Würfeln.

Das mag zwar auch in der regulären Systemgastronomie kein Sonderfall sein. Ist aber halt auch nicht unbedingt das, was man sich als Kundin bzw. Kunde von einer „Bar für Frischegenuss“ erhofft, die mitten in der Abteilung mit wirklich frischem Gemüse aufgebaut ist, das bloß keiner schnippeln will.

Dazu kommt, dass das PicaDeli-System mit seiner zweifellos einfachen Handhabe fürs Ladenpersonal in vehementem Gegensatz zu den Anstrengungen steht, mit denen sich Rewe öffentlich für die Reduktion überflüssiger Verpackungen einsetzt.

Überall Verpackungen

Dass das ein Problem sein könnte – erst recht bei der ernährungsbewussten Hauptzielgruppe (vor allem: junger Frauen), scheint man auch in Schweden gemerkt zu haben. Auf Facebook wirbt das Unternehmen deshalb damit, Salatbesteck entwickelt zu haben, das zu 100 Prozent kompostierbar sein soll. Und dass man künftig keine Messer mehr anbieten wolle.

In die nagelneu eingebaute PicaDeli-Salatbar in Berlin-Friedrichshain wurden aber zumindest bei meinem Besuch weiterhin regulär aussehende in Plastik verpackte Plastikbestecke inklusive Messern nachgefüllt; zusammen mit den Plastikdeckeln für die beschichteten Salatschalen. (Auf denen zwar steht, sie bestünden aus „100% Recycled Material“ – mehr dazu lässt sich aber im Thekenumfeld nicht erfahren).

Klassische Salatbars haben zweifellos dasselbe Problem. Bei PicaDeli kommen aber auch Nachfüll-Croutons und Salatkerne nochmal aus separaten Plastik-Portioniertüten; und vorgeschnittene Salate aus riesigen schwarzen Plastik-Containern statt in wiederbefüllbaren Metallwannen. Müllvermeidend ist das nicht.

Wie fantastisch wäre das, wenn PicaDeli zumindest den internationalen Trend zum wiederverwertbaren To-Go-Geschirr aufgreifen und den Erwerb von Mehrwegschalen anbieten würde – zumal die Leute ja ohnehin öfter wiederkommen sollen. Hat auf Facebook auch ein Kunde gefragt – und bislang leider keine Antwort bekommen.

(Offensichtlich war das bislang noch nicht Teil der „studies“, in denen man erfasst hat, auf welche „appearance“ es ankommt.)

Man kann das aber auch positiv sehen: Das „Fast Food de la Future“ kann theoretisch nochbesser werden. Die Frage ist nur, ob sich Lebensmittelhändler allein darauf verlassen sollten. Denn so verlockend es auch sein mag, den Salatbaraufwand teilauszulagern: die eigene Frischekompetenz, die Kund:innen von Händlern in Zukunft zurecht erwarten, lagern die Ketten auf diese Art gleich mit aus. Das bedeutet zweifellos weniger Mühe. Ist womöglich aber gar nicht so schlau.

Deshalb schauen wir uns im nächsten Blogeintrag an, welche Alternativen es zur Systemsalatbar gibt.

Vielen Dank an Matthias M. – und natürlich wieder an Mats!

Fotos: Supermarktblog

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Carrefour, Jumbo, Morrisons – europäische Supermärkte sind sich einig: Lebensmittel-Lieferungen werden richtig wichtig

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Waren Sie auch so erschrocken, als Sie diese Woche beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) von der „große[n] Akzeptanz[,] Lebensmittel online zu bestellen“, gelesen haben? Weil laut aktueller bevh-Verbraucherstudie der Umsatz im 2. Quartal um 17,9 Prozent auf 407 Millionen Euro gestiegen ist (im Vergleich zum Vorjahresquartal)?

Musste kurz zum Fenster rausschauen, aber: ja, da war immer noch das Land der Frische-Bestellskeptiker und Auberginendrücker. Und selbst hier kommt dieses verrückte Online-Lebensmittelbestellen langsam (wieder) an?

Selbst wenn: Eine Revolution lässt sich mit den bevh-Zahlen freilich noch nicht belegen, der Anteil am Gesamtmarkt ist auch anderswo noch gering. Aber dort erkennen das Unternehmen eher als Chance. (Verrückt.) Hierzulande schleicht die Entwicklung der Angebote eher voran. Auch anderthalb Jahre nach dem Start gelingt es Picnic mühelos, sich mit der stetigen Expansion in jedes neue nordrhein-westfälische Städtchen (siehe Supermarktblog) weiter als Innovationsführer zu präsentieren. (Wobei das Modell natürlich erst richtig spannend wird, wenn es unter Beweis stellen muss, ob es auch in ganz großen Städten ohne die hübsch kalkulierbaren Einfamilienhausreihen funktioniert.)

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In jedem Fall dürfte Picnic-Deutschland-Chef Frederic Knaudt einen Heidenspaß gehabt haben, als er kürzlich der „Lebensmittel Zeitung“ erzählte, dass sein Dienst in „den Gebieten, in denen wir aktiv sind, ja schon längst (…) die Nummer eins“ ist – vor dem Rivalen Rewe. (Die „Größenordnung von Wettbewerbern wie Rewe“ erreiche man „innerhalb von zwei Wochen, und nach sechs Monaten sind wir bereits acht bis zehn mal größer“.)

Rewe, einst mit großem Vorsprung online gestartet, hält sich nach der Eröffnung seines ersten vollautomatisierten Kommissionierlagers in Köln vor einem Jahr vornehm mit Innovationen zurück.

Das könnte sich bald ändern.

In dieser Woche haben die Kölner Schutz für die Marke „Rewe express“ beantragt. Und abgesehen davon, dass es sich dabei natürlich um quasi alles handeln kann – vom kassenlosen Testsupermarkt bis zum neuen Gastro-Format (😱) – wäre „Rewe express“ in erster Linie natürlich ein hervorragender Name, um einen Lebensmittel-Schnelllieferdienst in größeren Städten zu testen. So wie es im europäischen Ausland bereits zahlreich vorgemacht wird. Lieferando und/oder Deliveroo stehen als Partner sicher gerne bereit (siehe dazu auch Supermarktblog: Werden Supermärkte und Lieferessen-Dienste 2019 zum Dream-Team?) Mit einem funktionierenden Express-Lieferdienst hätte Rewe nicht nur Picnic, sondern quasi sämtlichen Wettbewerbern wieder etwas voraus.

Unter dem Namen „Rewe Express Drive“ hatten die Kölner vor vielen Jahren ein Abholkonzept getestet (das inzwischen schlicht „Abholservice“ heißt); die URL rewe-express.de leitet derzeit auf den klassischen Rewe-Online-Shop um.

Nach der Stagnation der vergangenen Monate wäre es allerhöchste Zeit, dass im Lebensmitteleinzelhandel mal wieder was ausprobiert wird, anstatt weiter möglichst fest daran zu glauben, es sei schon in Ordnung, die angestoßenen Services einfach auf dem Stand von vor ein paar Jahren einzufrieren. (Bringmeister ist die Innovationsbereitschaft nach dem Amazon-Fresh-Schock auch schnell wieder abhanden gekommen, allen Chancen zum Trotz.)

Zumindest glaubt so ziemlich jede andere europäische Handelskette, dass es notwendig ist, sich auf die rasant verändernden Gewohnheiten der Kund:innen einzustellen. Kleines Update gefällig?


Großbritannien

Morrisons, Waitrose, Ocado fokussieren Delivery

Seit drei Jahren macht Morrisons, aktuelle Nummer vier im britischen Lebensmitteleinzelhandel, gemeinsame Sache mit Amazon und verkauft Eigenmarken über den Schnelllieferdienst Prime Now. Im Juni haben die Briten bekannt gegeben, die Zusammenarbeit zu intensiveren.

Zum einen, indem neue Städte dazu kommen (Glasgow, Newcastle, Liverpool, Sheffield, Portsmouth), schreibt IGD Retail Analysis. Zum anderen, indem Morrisons bei Prime Now nun als eigenständiger Händler aufgeführt ist, der einen großen Teil seines Sortiments selbst kommissioniert und Amazons Kurierlogistik für die Zustellung in Anspruch nimmt.


Screenshot: primenow.co.uk

Möglich ist das, weil zuvor die Vertragsvereinbarungen mit dem langjährigen Lieferpartner Ocado gelockert wurden. Das ergibt schon deshalb Sinn, weil dieser im August sein angekündigtes Joint Venture mit Marks & Spencer auf den Weg bringen will.

Und sich gleichzeitig anstrengt, den mit Stuart betriebenen neuen Schnelllieferdienst Ocado Zoom (siehe Supermarktblog) auf den Straßen Londons zu etablieren – mit einem Frontalangriff auf die zahlreichen Convenience Stores von Tesco, Sainsbury’s und Waitrose, gegenüber denen Ocado das größere (Bio-)Sortiment herausstellt:

„Does your corner shop stock your favourite Organic Raw Fresh Sauerkraut? Can’t get those yummy Daylesford Organic Walnut Halves you love at the convenience store down the road? Don’t worry, we have your organic must-haves (…) and we’ll deliver them in less than an hour.“

Waitrose, zukünftiger Ex-Ocado-Partner, versucht’s seit September des vergangenen Jahres auf eigene Faust mit „Waitrose Rapid Delivery“. The Co-Op liefert bekanntlich mit Deliveroo. Dort wiederum versteht man sich neuerdings recht gut mit Amazon – was das konkret bedeutet, ist aktuell aber noch unklar.


Frankreich

Carrefour klotzt, Casino und Amazon ganz eng

Auf dem europäischen Festland hat sich Carrefour von der Schnelllieferei anstecken lassen und kooperiert künftig künftig mit dem spanischen Kurierdienst Glovo (in den auch der Berliner Lieferdeinst-Aggregrator Delivery Hero investiert hat). Dessen Fahrer sollen online bestellte Produkte innerhalb von 30 Minuten nachhause bringen. Die Auswahl ist vorerst auf 2.500 Produkte beschränkt. Außer in Frankreich wird der Dienst auch in Spanien, Italien und Argentinien angeboten, kündigt Carrefour an.

Gleichzeitig, berichtet das Fachmagazin „LSA“ (englische Zusammenfassung bei IGD), will Carrefour seinen regulären Lebensmittel-Lieferservice bis 2020 in allen städtischen Regionen mit mehr als 10.000 Einwohnern anbieten. Um das zu schaffen, fährt der Handelskonzern zweigleisig: Zum einen sollen große Hypermarchés verstärkt in die Kommissionierprozesse eingebunden werden. Zum anderen setzt man in großen Städten auf zusätzliche Warenlager. Um gleichzeitig die Frequenz in den stationären Läden anzukurbeln, hat sich Carrefour zudem vorgenommen, über 7.000 Non-Food-Produkte künftig innerhalb von zwei Stunden nach Bestellung abholbereit im Markt anzubieten.

Konkurrent Casino scheint sich derweil, ähnlich wie Morrisons in Großbritannien, immer besser mit Amazon zu verstehen. In Paris liefert die zum Handelskonzern gehörende Supermarktkette Monoprix per Prime Now (je nach Standort) bis 0 Uhr; Casino-Eigenmarken (daily, Bio, Délices) im ganzen Land über die reguläre Amazon-Website zu kaufen sein (PDF-Mitteilung). Außerdem darf Amazon seine Locker-Abholstationen in 1.000 französische Casino-Stores stellen.


Irland, Spanien & Co.

Lidl tastet sich voran

Nach dem Rückzieher im deutschen Markt tastet sich Lidl in mehreren europäischen Ländern langsam wieder in Richtung Online vor und bietet die Lieferung von Lebensmitteln gemeinsam mit Partnern an, über deren Apps Kund:innen bei Lidl einkaufen können. Geht jetzt schon in Irland (siehe Supermarktblog) und Spanien, in Italien und Belgien laufen Tests. „The Grocer“ spekuliert, dass es auch bald im Großraum London soweit sein könnte.

IGD fasst Lidls Lieferambitionen in einer hübschen Grafik zusammen.


Niederlande

Jumbo profitiert auch stationär von Online

Sofortverzehr-Sandwiches und warme Mittagessen? Liefert der niederländische Marktführer Albert Heijn mit Thuisbezorgd.nl und Deliveroo nachhause. Konkurrent Jumbo kümmert sich derweil nicht nur um den Ausbau seines traditionellen Lebensmittel-Liefergeschäfts, dessen Kommissionierung aus den Läden in stadtnahe Hubs verlagert wird. In Groningen darf das Start-up FoodDrop online bestellte Lebensmittel auch innerhalb von 45 Minuten zu seinen Besteller:innen nachhause radeln. (In einem 2,5-Kilometer-Radius um den Markt.)

Und dem Branchenmagazin Distrifood.nl (Abo) hat Jumbo-Geschäftsführer Frits van Eerd kürzlich erläutert, dass das Online-Geschäft nicht – wie oft vermutet – zu Lasten des übrigen Geschäfts gehen muss. Die Jumbo-Märkte, aus denen geliefert würde, seien erkennbar schneller gewachsen als jene, in denen der Dienst nicht angeboten würde – und zwar: auch mit ihren stationären Umsätzen. „Es gibt keine Kannibalisierung“, sagt van Eerd, „das Gegenteil ist der Fall. (…) Online zieht nicht nur neue Kunden an, sondern stärkt auch die Kundenbindung. Das ist sehr ermutigend. Und es bestätigt uns darin, Kunden nicht in separate Kanäle einzuteilen – online und offline –, sondern sie als eins zu behandeln.“

Fragt sich bloß: Wer bringt das jetzt den deutschen Lebensmitteleinzelhändlern bei?

Fotos: Supermarktblog

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Supergeil? Edekas wegweisende Ideen für den Lebensmittel-Einkauf von morgen

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Fertig.

 

 

 

 

 

 

 

Nein, hier steht wirklich nicht mehr.

Tut mir leid.*

 

 

 

 

 

 

 

*Ich hab lange überlegt, warum hier im Blog so selten etwas über Edeka steht; ob ich womöglich etwas Grundlegendes verpasse, weil Edeka anders funktioniert als die meisten anderen Handelsunternehmen. Und was Deutschlands größter Lebensmitteleinzelhändler, der sich in der Werbung stets so pfiffig zu inszenieren weiß, dazu beizutragen hat, wie wir in (naher) Zukunft einkaufen: schneller, angenehmer, ökologischer, weniger umständlich? Mir sind dabei zwar zahlreiche selbstständige Kaufleute eingefallen, die ganz hervorragende Märkte betreiben – toll designt, mit regionalen Sortimenten, hoher Beratungskompetenz und nützlichen Services. Aber keine einzige Initiative aus der Zentrale oder den Regionalgesellschaften, die eine Experimentierbereitschaft suggerieren würde, wie sie Handelsketten im europäischen Ausland immer wieder beweisen. Genauso wenig wie kreative Lösungen, die Händlerinnen und Händler unkompliziert bei sich im Laden umsetzen könnten, um damit auf neue Gewohnheiten im Einkaufsalltag zu reagieren. Vielleicht liegt das an mir. An den tendenziell wenig inspirierenden Berliner Edeka-Märkten vor meiner Nase. Oder daran, dass Unternehmen, die sich selbst schon „supergeil“ finden, übermäßiges Ausprobieren gar nicht mehr für nötig halten.


Widerspruch? Gerne, in den Kommentaren.

 

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Zubereitungstheken für Obst und Gemüse bei Merkur und Spar: Das Fenster zur Küche

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„Fertig ist das neue Frisch!“

So wirbt Rewe für Salate, Sandwiches und Smoothies seiner Sofortessen-Eigenmarke Rewe to Go.

Aber, pssst, kleiner Hinweis: Stimmt so gar nicht.

Richtiger wäre: „Frisch und fertig ist das neue Frisch.“ Das hat sich in vielen Supermärkten hierzulande nur noch nicht herumgesprochen. (Auch nicht großflächig in denen, die damit werben, Lebensmittel zu lieben: Viel zu oft endet die Liebe, sobald der Nachschub von der Palette ins Regal eingeräumt worden ist.)

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Im Ausland verkaufen Händler wie z.B. Wegmans oder Whole Foods frisches Obst und Gemüse nicht nur im Originalzustand, sondern alternativ auch für den Direktverzehr vor- und zubereitet. In einigen Filialen können Kund:innen sogar selbst entscheiden, in welcher Schnittform sie ihr Gemüse mit nachhause nehmen möchten. Dabei muss man gar nicht so weit fahren, eigentlich reicht schon ein Blick in österreichische Supermarktkühltheken.

„Frisch zubereitet im Markt“

Dort verspricht eine zunehmende Zahl an Produkten, dass sie „handgemacht im Markt“ sind, „frisch selbstgemacht“ oder „frisch zubereitet im Markt“ und „täglich so lange der Frische-Vorrat reicht“ verfügbar – nicht nur Salate und Sandwiches, sondern auch Pasta, Wurst- und Käseplatten, Sushi, Müslis.

Dieser Trick ist natürlich nicht neu. Die Handelsketten mussten ihn sich bloß bei Anbietern wie der britischen Sandwichkette Pret A Manger abgucken (siehe Supermarktblog). Und natürlich beinhaltet er das Händler besonders nervös machende Risiko, mit  überschüssig produzierter Ware Verluste zu machen.

Zugleich ist die Vor- und Zubereitung im Markt aber ein ideales Mittel, um eigene Frischekompetenz zu demonstrieren. So wie zum Beispiel Merkur und Spar. Im Shoppingcenter The Mall Wien-Mitte kommen Spar-Kund:innen automatisch an der Kombination aus Zubereitungstresen und Kühltheke vorbei, für die im Laufe des Tages permanent Nachschub zubereitet wird.

Auch Wettbewerber Merkur baut „Vitaminbars“ in seine Läden ein, an denen sich jede:r selbst überzeugen kann, was gerade alles frisch geschnippelt wird. Dazu verspricht die Rewe-Tochter:

„Holen Sie sich Vitamine aller Art von uns zubereitet.“

Notfalls reicht auch ein Fenster zur Küche, um zu signalisieren: hier wird frisch zubereitet.

Die Direktproduktion hat zudem den praktischen Nebeneffekt, dass Alternativen zu klassischen Plastikverpackungen eingesetzt werden können, ohne dass wegen langer Anlieferwege erhöhte Durchweichgefahr besteht (was Merkur zwar ausprobiert, bislang aber leider nicht überall durchgesetzt hat; siehe Foto).

Damit senden die Händler drei wichtige Signale an ihre Kund:innen:

  • Frischekompetenz: Vorbereitete Lebensmittel sind vorher nicht bis zum Erwelken durchs Land gekarrt worden, sondern kommen direkt aus der Obst- und Gemüseabteilung.
  • Verantwortungsbewusstsein: Ausverkaufte Salate oder belegte Weckerl können direkt nachproduziert werden – idealerweise in genau der Menge, die sich am selben (oder am nächsten) Tag auch verkaufen lässt.
  • Vertrauen: Wer so frisch und transparent im Laden produziert, muss sich auch sonst ziemlich gut mit Lebensmitteln auskennen.

Nehmt das, Discounter!

Dass die Vor- und Zubereitung im Markt nicht nur einen guten Endruck macht, sondern auch den Verkauf ankurbeln kann, haben freilich auch deutsche Händler erkannt. Hierzulande werden offene Zubereitungstresen aber in erster Linie in Vorzeigeprojekte wie Reals Markthalle (in Krefeld) oder Zurheides E-Center The Crown (in Düsseldorf) eingebaut, viel seltener (oder gar nicht) jedoch in Standardmärkte.

Dabei könnten die Tresen den Supermärkten hervorragend helfen, sich zusammen mit den etablierten Bedientheken für Fleisch, Fisch und Käse wieder stärker von den Discountern abzugrenzen, die immer supermarkiger werden.

Vor allem Rewe könnte längst einen riesigen Vorsprung haben – man müsste sich bloß abgucken, was bei den österreichischen Töchtern gut funktioniert. Sogar einen Prototypen für die hiesigen Filialen hätten die Kölner schon parat: die fürs neue Ladendesign erprobte (und bislang nicht großflächig eingeführte) Feinkost- und Antipaste-Theke (siehe Supermarktblog), die als zentraler Zubereitungsort im Markt nicht nur schick aussähe, sondern noch dazu eine abwechslungsreiche und moderne Produktpräsentation ermöglichen würde.

Am fehlenden Platz im Laden kann die Zögerlichkeit eigentlich nicht liegen: Den überlassen die Supermärkte bislang bloß xternen Partnern, die sich dort mit Sushi-Würfeln und alternativen Salattheken einrichten  – und es spricht ja auch per se nichts gegen Kooperationen, vor allem für gastronomische Angebote (siehe Supermarktblog).

Allerdings wird der Händler dann selten als Absender wahrgenommen – und rückt in der Wahrnehmung der Kund:innen in den Hintergrund. Das führt z.B. bei Rewe in Berlin zu der Kuriosität, dass der Partner EatHappy vorne im Laden fleißig Suhsi rollt, während die Rewe-Mitarbeiter:innen zum Salatschneiden und Sandwichbelegen auf winzige Nebenräume zwischen Geldautomat und Pflanzenregal am Rand ausweichen müssen – ohne dass Kund:innen die Anstrengungen dort zur Kenntnis nehmen. Eine verschenkte Chance.

Schwierigkeitsstufe 2: Bedientresen

Wer die Tresenvielfalt bereits beherrscht, kann sich derweil an die nächste Schwierigkeitsstufe wagen: Bedientresen, an denen nicht nur frisch belegte Sandwiches ausgegeben werden, sondern Kund:innen direkt im Anschluss mit ihrem kompletten Einkauf abkassiert. (Was freilich nur in kleineren Läden oder mit Artikelbegrenzung sinnvoll ist.)

Der Vorteil? Ist eigentlich ganz einfach. Würden Sie lieber ein wie folgt in Plastik verschaltes Eier-Baguette aus der Marktkühltruhe kaufen (Rewe in Berlin)?

Oder nicht doch lieber das mit der Banderole gleich viel hochwertiger wirkende Theken-Pendant, das von einer Mitrabeiterin bzw. einem Mitarbeiter in einer Papiertüte über den Tresen gereicht wird (Merkur in Wien)?

Je größer die Konkurrenz an gastronomischen Mitnahme-Angeboten mit frischen, gesunden Mahlzeiten für zwischendurch wird, desto eher steigt der Druck auf klassische Lebensmitteleinzelhändler, die sich überlegen müssen, wie sie dagegen halten können. Wer „Frisch im Markt“ heute erfolgreich hinkriegt, sichert sich einen großen Vorsprung vor der Konkurrenz.

Und wer das verpennt? Der wird sich ziemlich bald fragen, warum seine Kund:innen in der Mittagspause und zum Feierabend künftig vielleicht lieber woanders einkaufen gehen.

Ihr Supermarkt kriegt das schon jetzt viel besser hin? Teilen Sie Ihr Wissen mit uns in den Kommentaren!


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Fotos: Supermarktblog

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Der Beitrag Zubereitungstheken für Obst und Gemüse bei Merkur und Spar: Das Fenster zur Küche erschien zuerst auf Supermarktblog.

Warum Supermärkte sich fürchten müssen, wenn die Deutschen mehr Lieferessen ordern

Wochenrückblick: Edekas Naturkind-Premiere, Amazons Abholsupermärkte, Lidls Streetfood-Credibility

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Was gibt’s Neues im Lebensmitteleinzelhandel?
Die Nachrichten der zurückliegenden Tage im Überblick.


Edekas erster „Naturkind“-Biomarkt im Oktober

Während Bio im Lebensmitteleinzelhandel immer stärker zum Mainstream wird, hat Edeka den Plan, das Geschäft wieder zurück in die Nische zur holen – und will eigene Bio-Supermärkte unter dem Namen „Naturkind“ eröffnen. Damit setzt der Konzern die schöne Tradition fort, sich auf fremde Marken zu verlassen – denn „Naturkind“ hieß lange Zeit die Bio-Eigenmarke der übernommenen Handelskette Kaiser’s Tengelmann. Die „Lebensmittel Zeitung“ hat nachgesehen (Abo), dass Anfang Oktober der erste Markt eröffnen soll: „in den neu gestalteten Güterhallen“ in Hamburg-Altona nämlich, „auf bis zu 600 qm“.

Betreiber ist Edeka-Kaufmann Benjamin Hirche. Derzeit werden Mitarbeiter gesucht. Neugierige bewerben sich hier. Als nächstes ist laut „LZ“ die Regionalgesellschaft Nordbayern Sachsen Thüringen dran. Edeka wolle für das Sortiment mit regionalen Großhändlern zusammenarbeiten; bei denen werden derzeit die Hersteller gefragt, ob sie ihre Produkte in den Regalen einer Edeka-Biokette sehen wollen. Soviel Demut kommt der deutschen Bio-Branche, die sich und ihr Handelsverständnis weiter am liebsten selbst in der Vergangenheit einmauern möchte, natürlich zupass.

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Edeka hat Naturkind derweil an angemessen spießiges neues Design verpasst. Und arbeitet im Hauptgeschäft hart an der Stärkung der eigenen Bio-Glaubwürdigkeit: „Jetzt auch alle Obst & Gemüse Discountartikel zu Niedrigpreisen“!


Plant Amazon eine Kette aus Abholsupermärkten?

Die „New York Times“ meint, Amazon arbeite vielleicht am Aufbau einer neuen Supermarktkette, die unabhängig von Whole Foods Filialen eröffnen könne und in der Kund:innen einen Teil ihrer Einkäufe im Laden erledigen, während Standardartikel online vorbestellt und parallel dazu im Lager kommissioniert werden. Bloß noch abholen, zahlen, fertig. Falls Amazon dafür noch ein paar Anregungen bräuchte: In Neckarsulm läge noch ein Schwung ungenutzter Pläne herum; das kurz vor seinem Start wieder eingestampfte „Lidl Express“ hätte nach allem, was bekannt ist, nämlich ganz ähnlich funktioniert (siehe Supermarktblog). Diese Gelegenheit zur Profilierung hat man in der Vorstandsetage bekanntlich erfolgreich unterbunden. Amazon, bitte übernehmen Sie.

Abgesehen davon: Plausibel erläutern, warum die vermeintlichen neuen Ambitionen im Lebensmitteleinzelhandel nicht unter der etablierten Marke Whole Foods umgesetzt werden sollen, kann die „Times“ übrigens nicht.

Nahe läge allenfalls die Vermutung, dass die Abholläden in einer niedrigeren Preisschiene etabliert werden sollen. Bisschen doof, dass Whole Foods vor einigen Monaten angekündigt hat, seine exakt so positionierte Zweitmarke „365“ einzustampfen, um sämtliche Läden einheitlich zu benennen. Auch da kann Amazon aber wieder vom deutschen Handel lernen: einfach wiederbenutzen, den Namen! Ungewöhnlich genug, um eine neuartig konzipierte Handelskette aus Abholläden bekannt zu machen, ist „365“ allemal.


Traut sich Sainsbury’s für Lieferpartner mehr Gastro?

Anfang der Woche hat der niederländische Lieferkonzern Takeaway.com angekündigt, mit dem britischen Unternehmen Just Eat fusionieren zu wollen. Dass sich vor allem junge Konsument:innen zunehmend daran gewöhnen, ihr Essen per App zu bestellen, könnte den Supermarktketten bald Kopfschmerzen bereiten – weil dann die Notwendigkeit für den Einkauf im Laden entfällt. Der britische „Telegraph“ meldet jetzt (Registrierung notwendig), dass Sainsbury’s in Großbritannien überlegt, Restaurants in seinen Filialen zu eröffnen, um daraus in großem Stil selbst zubereitete Essen ausliefern zu lassen (via Eater).

In kleinem Stil passiert das längst. Wobei: In erster Linie wären Restaurants doch wohl dafür da, Kund:innen in die Läden zu locken, oder? Sonst ließe sich die Lieferei ja auch sehr viel ökonomischer abwickeln, ohne dafür Verkaufsfläche zu verschenken. Die Frage ist ohnehin: Hat Sainsbury’s ein Konzept? Die Tücken für Händler, sich erfolgreich als Gastronomen zu beweisen, sind bekanntlich groß. (Mehr zu Sainsbury’s Hot-Food-Anstrengungen im Supermarktblog.)


Lidl holt Streetfood ins Regal

Lidl möchte sich „den Geschmack internationaler Straßenküchen“ in die Filialen holen und startet dafür die neue Eigenmarke „My Street Food“ u.a. mit „Coloured Burger Buns“, „Bitie Balls Asia Style“, „Toast Pocket Snacks“, Cookie Doug im Becher. Idee: gut. Ausführung: überambitioniert verpackt. Ohnehin aber vorerst nur per Aktionswochenangebot. Vegane Burger-Patties, die dem gehypten Beyond-Meat-Vorbild nachempfunden sind, soll es ab sofort hingegen dauerhaft im Sortiment geben. Die Ankündigung ist mit Vorsicht zu genießen: gegen die bisherige „Dauerhaftigkeit“ der Produkte in Lidls Veggie-Sortiment wirkt ein durchschnittliches Aprilwetter nämlich verhältnismäßig beständig.


… und sonst:

„Sind Sie schon Lidl-Plus-Kunde?“, fragen Kassierer:innen neuerdings in Berlin-Brandenburger Filialen; vermutlich nicht aus Smalltalk-Gründen, sondern um das digitale Bonusprogramm anzuschieben, das es inzwischen auch auf die Rückseite der Brötchenknasttüten geschafft hat. Wie Lidl seinen neuen Rabattirrgarten sonst noch in die Filialen integriert, steht hier.

Was wäre wenn Carrefour und Casino in Frankreich, wie vielfach spekuliert, fusionieren, fragt retaildetail.eu. Dann wäre die neue Gruppe mit 18,4 Prozent plus 10,1 Prozent Marktanteil der mit Abstand größte französische Lebensmitteleinzelhändler, rechnet die „LZ“ vor.

Edeka, Netto (ohne Hund) und Rossmann kleben ein „Mikroplastikfrei“-Siegel auf ihre (Drogerie-)Eigenmarken; in den USA geht Target einen Schritt weiter und kennzeichnet sämtliche Produkte, die ohne „ungewollte“ chemische Zusatzstoffe auskommen, am Regal unübersehbar grün als „Clean“.

Darauf, dass Aldi Nord in seinen modernisierten Läden nicht nur die Querregalreihen wieder abgeschafft hat (siehe Supermarktblog), sondern in diesem Zuge auch Sortimente wieder umsortiert (z.B. Süßwaren statt Konserven rechts in den Hauptlauf), weist Marcel in den Kommentaren hin. Kleiner Tipp: Wenn das so bleiben soll, wär’s hilfreich, auch die Kennzeichnung im Laden anzupassen. Damit niemand mehr „Schokolade“ sucht, wo jetzt Rinder-Rouladen stehen, „Wurst“ mit den Pralinen verwechselt und „Pralinen“ mit Dosengemüse. (Gern geschehen.)


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