ver | schle | ckern, sich: zu viele Drogerieartikel auf zu engem Raum anbieten
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Im März hat Netto (ohne Hund) [Erklärlink] den Drogerieabteilungen in seinen Läden ein neues Design verpasst und wirbt jetzt damit, mehr als 1000 Artikel anzubieten – das sind so viele wie Aldi Nord bisher insgesamt im Laden stehen hatte. Verschleckert sich Netto (ohne Hund) etwa mit seiner Drogerie-Strategie? Suchen Sie sich eine Antwort raus!
Antwort 1: Ja, ganz bestimmt!
Der plötzliche Sortimentsschub verschärft ein Problem, dass Netto (ohne Hund) schon vorher hatte. Mit über 3000 unterschiedlichen Produkten im Sortiment bietet die Nummer drei im deutschen Discount-Markt viel mehr Artikel an als die beiden Marktführer Aldi und Lidl, die auf 1000 bis 1600 Produkte kommen. Das bedeutet einen enormen Aufwand. Ständig muss nachbestellt oder nachgeräumt werden, wenn die Kunden einen Artikel weggekauft haben. Und damit jetzt auch noch die vielen neuen Duschgels, Badesalze, Haargels und Naturkosmetiksachen ins Regal passen, müssen sie aus den Lieferkartons rausgenommen werden. Das kostet die Mitarbeiter mehr Zeit als ein einfacher Kartontausch. Mehr Zeit kostet wiederum mehr Geld. Und gegen unnötiges Geldausgeben sind Discounter von Natur aus hochallergisch.
Als Netto (ohne Hund) vor vier Jahren Plus übernahm, mussten zahlreiche kleine Innenstadtläden auf das neue Konzept umgestellt werden, obwohl sie von vornherein viel zu klein dafür waren. In viele Filialen geht das alles gar nicht rein, was Netto (ohne Hund) drinhaben will.
Der Edeka-Disocunt schafft sich sein eigenes Schlecker-Problem – und hat Ende des vergangenen Jahres auch noch einen früheren Schlecker-Manager zu sich geholt. Die neuen bunten Hinweisschilder an den Regalen (Foto oben) sehen jetzt auch noch aus als seien sie günstig aus dem Nachlass der Pleite-Kette erworben worden. Das kann ja nix werden!
Discounter sind einfach keine Drogerien. Die Kunden haben sich viel zu sehr daran gewöhnt, zu Spezialisten wie dm und Rossmann zu gehen. Daran werden auch ein paar zusätzlich ins Regal gestopfte Rasiergels bei Netto (ohne Hund) nichts ändern.
Antwort 2: Nein, im Gegenteil!
Quatsch. Mit seiner neuen Drogerie-Strategie macht Netto (ohne Hund) alles richtig. Dass die Edeka-Tochter damit ins Schwarze trifft, hat sich ja gerade gezeigt, als Lidl in seinem Wochenprospekt panisch die Preise für Drogerieprodukte senkte, um sich gegen die Initiative des Konkurrenten zur Wehr zu setzen.
Die neue Drogerie-Abteilung verschafft Netto (ohne Hund) einen ziemlich klaren Vorteil gegenüber Aldi und Lidl und liefert den Kunden ein weiteres Argument, ihre Einkäufe nicht einfach woanders zu erledigen, wenn sie gleichzeitig günstig einkaufen wollen, aber trotzdem gerne etwas mehr Auswahl hätten. Sicher, die Artikel einzeln ins Regal zu packen, macht erstmal mehr Arbeit – es sieht aber auch viel aufgeräumter aus. Genau darauf legen viele Kunden inzwischen großen Wert, wie ja selbst Aldi mit seinen Marktrenovierungen eingestehen muss.
Vor allem passt der Schachzug zur Gesamtstrategie: Während sich viele Discountketten und Supermärkte aus den kleinen Ortschaften zurückziehen, geht Netto (ohne Hund) mit seinen Läden wieder gezielt dorthin und bietet sich mit seinem großen Sortiment als Nahversorger an. Die Botschaft lautet: Komm zu uns, da kriegst du alles, was du sonst mühsam in anderen Läden zusammenkaufen müsstest. Nicht umsonst werden gerade die Backtheken ausgebaut. Und neuerdings können Kunden ab 20 Euro Einkaufswert Geld abheben. Supermarkt, Bäcker, Bank und Drogerie in einem: so geht Discount heute. (Und natürlich immer noch: auf Kosten der Fachhändler.)
Ende des vergangenen Jahres ist ein früherer Schlecker-Manager zu Netto (ohne Hund) gewechselt. Das sind ideale Voraussetzungen, um frühere Drogerie-Kunden zu Discount-Fans zu machen.
Antwort 3: Vielleicht schon, vielleicht aber auch nicht
Alles völlig uninteressant. Mit meinen Restposten aus dem Schlecker-Schlussverkauf kann ich eh Zähneputzen bis zur Rente.
Fotos: Supermarktblog