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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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dm startet Online-Shop: Mehr als 140 Liter Windeln kosten extra

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An diesem Dienstag hat die Drogeriemarktkette dm eine umfassende Erziehungsmaßnahme für Internet-Besteller gestartet und sie als Online-Shop getarnt. In dem lassen sich nun von zuhause rund 9.000 Marken- und Eigenmarkenartikel einkaufen. Aber das kann man im Jahr 2015 kaum noch als Revolution bezeichnen. Interessanter ist, wie dm die Kosten weitergibt, die bei der Bestellung entstehen.

Es gibt einen Mindestbestellwert von 25 Euro. Dazu kostet die Lieferung in jedem Fall 4,95 Euro.

Damit setzt sich die Drogeriekette von den zahlreichen Online-Shops ab, die Kostenloslieferungen als Muss betrachten, um im Wettbewerb mithalten zu können. Man wolle Versandkosten nicht in höheren Preisen verstecken, erklärt dm (bzw. natürlich nicht draufzahlen) und verspricht, dass die Sachen dasselbe wie im Markt kosten. (Was aber in Einzelfällen nicht eingehalten werden könnte, weil dm-Dauerniedrigpreise in Filialen mit starkem Konkurrenzumfeld unterschritten werden dürfen.)

„Wer sich vorwiegend Großes und Schweres liefern lässt, zahlt auch mehr Versandkosten“, hatte Geschäftsführer Erich Harsch mir schon im April in einem Gespräch gesagt (siehe auch Supermarktblog). Jetzt ist klar, wie das funktioniert:

Die Versandkosten in Höhe von 4,95 Euro gelten pro Paket.

Das bedeutet, dass jeder Kunde zwar theoretisch palettenweise Windeln und Hundefutter ordern kann, dafür aber entsprechend mehr berappen muss. Im Warenkorb wird eine „Füllstandsanzeige“ für die aktuelle Bestellung angezeigt. Wenn ins erste Paket nix mehr reinpasst, macht dm ein zweites auf – und verlangt konsequent nochmal Versandkosten, nämlich wieder 4,95 Euro.

Das klingt erstmal nach einem ziemlichen Hindernis. Allerdings passen in jede dm-Lieferbox entweder 25 Kilo oder 140 Liter Warenvolumen rein. Selbst Windeln- und Hundefutterbesteller können also ein bisschen auf Vorrat ordern, ohne gleich doppelt zur Kasse gebeten zu werden. In der Praxis gelten die zusätzlichen Versandkosten womöglich nur für wirkliche Großbestellungen. Allerdings hat dm die „Füllstrandsanzeige“ (absichtlich?) ganz gut versteckt: Kunden müssen derzeit erst auf ihren Warenkorb klicken, anschließend auf „Versandkosten“ und kriegen dann im Zweifel angezeigt:

„Für Ihre Bestellung werden 2 Pakete benötigt.“

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Vielleicht fällt den Shop-Designern da ja noch eine elegantere Lösung ein (z.B. die direkte Integration ins Warenkorbfenster).

Auch für eine Abhol-Lieferung in die Filiale berechnet dm die genannte Gebühr. „Damit ist ein Vorteil dieses Services schon einmal hinfällig“, meckert Christian Bach bei „Location Insider“ bereits – und hat bestimmt eine prima Alternativlösung parat, wie sich die Kosten für Individual-Kommissionierung für den Händler in Luft auflösen lassen. (Nicht? Ach.)

Es mag sein, dass Kunden sich daran gewöhnt haben, für Online-Bestellungen keine Gebühren zu bezahlen. Aber das wird auf Dauer nicht funktionieren. (Warten Sie erstmal, bis im Jahr 2025 die Gewerkschaftsvertretung intelligenter Drohnen mit Streiks droht, falls sie ihre zusätzlich geförderten Ölvorgänge nicht zugesagt kriegt!)

Dm testet mit seinem Shop, ob es auch anders geht: Ob Kunden dafür zu zahlen bereit sind, dass ihnen jemand den Einkauf im Laden abnimmt. Deshalb ist es ein bisschen unglücklich, dass man sich nicht gleich auch getraut hat, die „Versandkostenpauschale“ in das umzubenennen, was sie wirklich ist: eine „Einkaufspauschale“. Schließlich übernimmt das Unternehmen eine physische Arbeit für seine Kunden, die sie bislang selbst erledigt haben. Ob ein Paket dann nachhause oder in eine dm-Filiale geliefert wird, ist ja (dem Unternehmen) egal.

In Großbritannien kündigte die Warenhauskette John Lewis kürzlich an, auch für Online-Bestellungen Gebühren zu verlangen, die in der Wunschfiliale abgeholt werden – vorerst nur bei einem Bestellwert bis 30 Euro. „Hinter diesem System steckt eine aufwändige Logistik, und ehrlich gesagt ist das bisher unrentabel“, hat Managing Director Andy Street dem „Grocer“ gesagt.

John Lewis liefert derzeit 6 Millionen Abhol-Bestellungen pro Jahr aus, die wissen also womöglich, wovon sie reden. Dm lässt sich erst gar nicht auf die Kostenlosmasche ein – und stellt es den Kunden frei, ob sie das akzeptieren wollen. Oder künftig einfach weiter auf dem Heimweg in den Laden gehen.

Fotos: Supermarktblog


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