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Ministererlaubnis für Edeka: Die Reaktionen auf einen Blick

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Nach über zehn Monaten Bedenkzeit hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel am 18. März Edeka die Ministererlaubnis erteilt, Kaiser’s Tengelmann übernehmen zu dürfen – gegen den Beschluss des Bundeskartellamts und gegen die Empfehlung der Monopolkommission. Gabriels einziges Argument dafür ist der vorübergehende Erhalt von Arbeitsplätzen – von denen gar nicht klar ist, wieviele langfristig erhalten bleiben werden.

Der Chef der Monopolkommission, Daniel Zimmer, ist kurz darauf aus Protest zurückgetreten. Gabriels Entscheidung sehe er als „unter Gemeinwohlgesichtspunkten als die schlechteste aller Lösungen“. Sie sei zum „Nachteil der Verbraucher, die künftig mit weniger Auswahl und höheren Preisen rechnen müssen“.

Rewe hat am 18. März beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen die Fusion eingelegt und eine „Anordnung der aufschiebenden Wirkung“ beantragt. Damit dürfte die Fusion trotz Ministererlaubnis erstmal nicht vollzogen werden. Rewe geht es wohl in erster Linie darum, die Fusion hinauszuzögern, wenn sie sich schon nicht mehr verhindern lässt.

Am 23. Oktober hat Reuters zufolge auch die Handelsgruppe Markant vor dem OLG Beschwerde eingereicht.

Nummer 1 – bald auch in Berlin und München

Laut Berechnungen von Trade Dimensions, die in Kooperation mit der „Lebensmittel Zeitung“ veröffentlicht wurden (Abo), erzielte Edeka 2015 als Nummer 1 im deutschen Markt einen Umsatz in Höhe von 48,3 Milliarden Euro mit Lebensmitteln, Rewe kommt als Nummer 2 auf fast 20 Milliarden weniger. (Andere Geschäftsfelder eingerechnet liegt der Unterschied bei 13,7 Milliarden.)

Mit Kaiser’s Tengelmann kauft sich Edeka quasi die Marktführerschaft in den Metropolen Berlin und München. Trade Dimensions und „Lebensmittel Zeitung“ haben ausgerechnet, dass Edeka und Rewe in der Hauptstadt bislang gleichauf liegen, was die Verkaufsfläche angeht (162.000 Quadratmeter für Edeka, 165.000 für Rewe). Mit Kaiser’s kann Edeka seine Fläche fast verdoppeln und kommt künftig auf rund 304.000 Quadratmeter. In München vergrößert sich Edeka (179.000 Quadratmeter) mit Tengelmann auf 295.000 Quadratmeter, Rewe bleibt mit 184.000 Quadratmetern deutlich zurück.

Justus Haucap, Professor für Volkswirtschaftslehre in Düsseldorf und von 2008 bis 2012 Vorsitzender der Monopolkommission, glaubt zu wissen, woran Kaiser’s Tengelmann vornehmlich gescheitert ist: „Tengelmann hat es vor 20 Jahren verpasst, auf ein dezentrales Geschäftsmodell umzustellen – so wie die anderen erfolgreichen Lebensmitteleinzelhändler“, hat er n-tv gesagt. Also: Edeka und Rewe, die stark auf selbstständige Kaufleute setzen. „Die Eigentümer der Geschäfte haben viel höhere Erfolgsbeteiligungen. Deshalb haben sie auch ein viel größeres Interesse, ihre Läden effizient zu managen attraktiv zu gestalten.“

Das ist zwar richtig. Und ein Großteil des Umsatzes von Edeka machen tatsächlich selbstständige Kaufleute mit ihren Läden. (Im Geschäftsjahr erzielten sie 23,4 Milliarden Euro Umsatz, die von den Edeka-Regionen selbst betriebenen Läden kamen auf 7,9 Milliarden). Rewe allerdings betreibt immer noch einen Großteil seiner Märkte selbst – und wächst trotzdem (plus 3,4 Prozent in 2014). Bei Aldi und der Schwarz-Gruppe ist es ähnlich.

Fehlende Mittel für die Modernisierung

Als Beleg für seine These sagt Haucap weiter: „Tengelmann ist die einzige Lebensmittelkette, die im Markt geschrumpft ist.“ Das ist falsch. Real hat (durch Filialschließungen und Umsatzverluste) zuletzt 3,7 Prozent Umsatz eingebüßt, fast soviel wie Kaiser’s Tengelmann mit minus 4,4 Prozent (lt. Trade Dimensions/LZ).

Ähnlich wie Kaiser’s Tengelmann hat Real-Eigentümer Metro zuletzt eher zaghaft bzw. zu spät in die nachhaltige Modernisierung seiner Märkte investiert. Das ist der viel wahrscheinlichere Grund für die Umsatzverluste: Die Konkurrenz ist stärker und besser geworden, Kaiser’s Tengelmann und Real haben zu lange nicht darauf reagiert und nicht genügend Mittel zur Verfügung gestellt. (Weil sie nicht konnten oder nicht wollten – oder beides.)

Haucap glaubt außerdem, dass Gabriel mit seinen Auflagen verhindere, „dass die Kaiser’s-Märkte jetzt schnell zu leistungsfähigen Märkten werden, weil diese relativ lange warten müssen, bis etwas verändern werden kann“. Das ist sehr unwahrscheinlich. Edeka wird kaum riskieren, die Läden für Jahre im jetzigen Zustand zu halten, bis sie an Selbstständige übergeben werden können – weil man damit die teuer eingekaufte Marktdominanz in Berlin und München ja gleich wieder aufs Spiel setzen würde.

Außerdem verbietet Gabriel nicht, die Märkte „leistungsfähiger“ zu machen, sondern sagt bloß, dass sich Edeka zunächst selbst drum kümmern muss anstatt das seinen Kaufleuten zu überlassen.

Fortsetzung folgt.


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Fotos: Supermarktblog


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