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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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Startschuss in Berlin: So funktioniert Kauflands neuer Lieferservice

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Noch bevor Amazon seinen deutschen Kunden demnächst per Amazon Fresh auch Lebensmittel nachhause bringt, hat Kaufland in dieser Woche den öffentlichen Testbetrieb seines neuen Lieferservices in Berlin gestartet. Damit ist Kaufland die vierte große Handelskette, die in der Hauptstadt frisches Gemüse, Getränke und Drogeriewaren ausfährt – nach Bringmeister (das aktuell noch zu Kaiser’s Tengelmann gehört), Rewe und Real.

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Die Transporter

Wie die beiden zuerst genannten Wettbewerber liefert Kaufland die Online-Bestellungen mit eigenen Kühlfahrzeugen aus. Deren Design – rote Schrift auf weißem Grund mit dem neuen, entgitterten Logo und frischen Lebensmitteln im Hintergrund – sieht dem Rewe-Design nicht nur von weitem ziemlich ähnlich. Auch die Kühlaufbauten auf den Transportern kommen vom selben Hersteller wie bei Rewe.

Die Lieferbasis

Im Gegensatz zu den Konkurrenten überspringt Kaufland den Schritt, die bestellten Einkäufe in bestehenden Filialen kommissionieren zu lassen, sondern steigt gleich in großem Stil ein – mit einem eigenen Dark Store, also einem Lieferlager, das im Süden der Stadt im Gewerbegebiet von Lichterfelde gebaut worden ist.

Von dort aus will Kaufland die ganze Stadt beliefern. Die Transporterflotte parkt direkt davor, über Rampen werden die Einkäufe in die Fahrzeuge geladen. (Regelmäßigen Supermarktblog-Lesern ist das Prinzip bekannt.) Die Größe des Lagers deutet an, wie ernst es Kaufland mit seiner Online-Offensive meint – angebaut werden muss so schnell vermutlich nicht.

Die Grundlagen

Bestellungen sind zunächst ausschließlich in Berlin möglich, geliefert wird montags bis samstags zwischen 7 und 22 Uhr. Damit bleibt Kaufland leicht hinter dem Angebot von Bringmeister zurück, das seit einiger Zeit in Berlin sogar bis 24 Uhr liefert. Freilich muss die verehrte Kundschaft dann auch so lange wach bleiben.

Um den neuen Dienst bekannt zu machen, wirbt Kaufland in Berliner Märkten bereits per Durchsage für den Start („in Kürze“) und gewährt Kunden 10 Euro Rabatt für ihre Erstbestellung, wenn Sie an einem Rubbelgewinnspiel teilnehmen und sich mit ihrer Emailadresse und Postleitzahl registrieren. Lose werden an den Kassen ausgegeben.

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Die Kostenlos-Lieferung

Wer sich schon einmal von einem anderen Supermarkt den Einkauf hat liefern lassen, ist nach der Anmeldung unter shop.kaufland.de schnell mit dem Prozess vertraut. Der Mindestbestellwert liegt, wie bei der Konkurrenz, bei 40 Euro. Wer für mehr als 100 Euro online einkauft (exklusive Rabatten), zahlt keine Lieferkosten – das ist bitter für Rewe, dessen Bringdienst die den Kunden vertraute Kostenlos-Lieferung gerade faktisch abgeschafft hat. Kaufland wird’s freuen. Für Neukunden sind die ersten drei Lieferungen aber ohnehin kostenfrei. Allerdings verlangt Kaufland auch den bekannten „Getränkeaufschlag“ ab der dritten Kiste, die an die Haustür getragen wird(jeweils 1,50 Euro).

Die regulären Kosten für die Lieferung richten sich nach dem ausgewählten Zeitfenster und sind aktuell noch nicht einsehbar liegen aktuell zwischen 2,75 und 4,75 Euro.

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Das Filialpreis-Versprechen

Rewe hat sich die Finger an seinem ursprünglichen Versprechen verbrannt, die Produkte online zum selben Preis wie im Markt anzubieten. Die Regelung ist seit Anfang 2015 hinfällig, die Preise im Online-Shop unterscheiden sich von denen in den Märkten teilweise erheblich. Bringmeister hingegen wirbt aktuell damit, „garantiert zum Filialpreis“ zu liefern – oder die Differenz zu erstatten. Auch Kaufland verspricht klipp und klar:

„Preise wie in der Filiale.“

Im Kleingedruckten steht, wie das genau gemeint ist. Weil die Preise der Produkte je nach Lage der Kaufland-Märkte variieren können, gilt das Versprechen für einen konkreten Referenzmarkt in Berlin-Schöneberg (Bessemerstr. 57-58). Dazu heißt es:

„Werbepreise können ggf. abweichen.“

Das bedeutet konkret, dass Kunden beim Vergleich mit ihrem Markt um die Ecke durchaus das ein oder andere Mal auf Unterschiede stoßen könnten. Ob es deswegen Ärger gibt, wird Kaufland bald merken. Das „Preise in der Filiale“-Versprechen ist in jedem Fall ein Vorteil gegenüber Wettbewerbern, die darauf verzichten – zumal Kaufland bei den Kunden im Vergleich zu den klassischen Supermärkten ohnehin als günstiger Anbieter wahrgenommen wird.

Das Sortiment

Nach eigenen Angaben liefert Kaufland aktuell „über 10.000 Artikel“, mehrheitlich Markenprodukte. Allerdings gehören dazu auch rund 730 Produkte, die das Eigenmarken-Label „K-Classic“ tragen und zum Discount-Preis zu haben sind sowie rund 120 Bio-Artikel unter dem „K-Bio“-Label. Die neue Vegetarier-Eigenmarke „K – Take it Veggie“ ist ebenfalls komplett erhältlich (vegetarische Wurst, vegetarische Pizza, vegetarische Fertiggerichte).

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Die Abholstationen

Die „Pick-up-Stationen“, die Kaufland als Alternativen zur Heimlieferung etablieren will (siehe Supermarktblog), sind zum Start noch nicht aktiv. Jedenfalls werden Kunden derzeit nicht über eine Abholmöglichkeit ihres Online-Einkaufs informiert.

Der Wettbewerb

Der Shop ist übersichtlich, die Auswahl üppig – zum Start bewegt sich der Kaufland-Lieferservice durchaus auf dem (hohen) Niveau der Konkurrenz. Und könnte deshalb zu einem ernstzunehmenden Problem für Bringmeister und Rewe werden, die preislich im Zweifel das Nachsehen haben. Für den immer noch „Drive“ betitelten Lieferservice von Real, der gerade einmal 5000 Produkte zur Lieferung bereit hält und auf keine eigene Lieferstruktur zurückgreifen kann, dürfte das zumindest in der Hauptstadt der Todesstoß sein. Und Amazon muss sich warm anziehen, um sich mit Fresh durchzusetzen – weil den Kunden zunächst keine bekannte Eigenmarken-Auswahl unter eigenem Namen zur Verfügung stehen wird.

Der Kaufland-Test in Berlin ist zugleich ein Experiment, wieviele unterschiedliche Anbieter den Kunden in einer 3,5-Millionen-Einwohner-Stadt frische und gekühlte Lebensmittel nachhause bringen können – ohne dass auf Dauer einer davon auf der Strecke bleibt.

Keine Ahnung, welche Zahl am Ende unterm Strich steht. Aber jede Wette: eine 5 wird’s aller Voraussicht nach nicht sein.

Weiterlesen: Pünktlich, gut gekühlt, fehlt was? Der Kaufland-Lieferservice im ersten Test.

Fotos: Supermarktblog, Screenshots: shop.kaufland.de


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