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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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“Mein Laden” in Bayern: Netto (ohne Hund) testet die schnäppchenfreie Einkaufszone

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Galeria-haftes Logo von "Mein Laden" im bayerischen Amberg

Sie wissen ja: Im Ausland gibt’s spezielle Frische-Discounter, Discounter in symbiotischer Existenz mit Fastfood-Ketten – und hierzulande versucht’s Netto (ohne Hund) [Erklärlink] jetzt mit einem ganz speziellen Konzept: einem Discounter ohne Sonderangebote!

Das ist angesichts der Werbeschlacht, die sich die Ketten sonst wöchentlich liefern, ein bisschen so als würde plötzlich die Discount-Hölle zufrieren. Im oberpfälzischen 40.000-Einwohner-Ort Amberg, vermutlich nicht zufällig in der Nähe der Netto-(ohne Hund)-Zentrale in Maxhütte-Haidhof, steht allerdings der Beweis: geöffnet montags bis samstags von 8 bis 20 Uhr.

Mitten in der – parkplatzfreien – Fußgängerzone testet der Aldi-Herausforderer derzeit ein Alternative zum deutschlandweit etablierten Billigprinzip. Die Preise stehen zwar noch in der Netto-(ohne Hund)-Schrift auf den Schildern, Kassenzettel versprechen “Informationen unter netto-online.de” und Prepaidkarten gibt’s wie eh und je vom Fantasie-Provider Nettokom. Äußerlich allerdings sieht die Filiale eher so aus als hätte Galeria Kaufhof Lebensmittelmarktnachwuchs bekommen. Mitte Mai machte der alte Netto City für Umbauarbeiten dicht; Ende des Monats war Neueröffnung – unter dem Namen “Mein Laden”.

"Mein Laden" im bayerischen Amberg

Die auffälligste Veränderung ist: die Farbe. Nicht gelb und rot, sondern in hellen Grüntönen ist der Laden jetzt gestrichen. Die Regale sind niedriger als gewohnt, die Gänge breiter als in üblichen City-Filialen. Das deutet darauf hin, dass Netto (ohne Hund) das umfassende Sortiment, mit dem sich der Drittplatzierte sonst im Discount-Markt gegen Aldi und Lidl zur Wehr setzen will, bei “Mein Laden” deutlich verkleinert hat.

"Mein Laden" in Amberg

Dabei ist der Name gar nicht neu: Vor sieben Jahren berichtete die “Lebensmittelzeitung” bereits über einen Test der Edeka-Regionalgesellschaft Nordbayern, die im nahe gelegenen Erlangen ebenfalls einen “Mein Laden” aufmachte. Es gebe dort keine Babynahrung, auch kein Hundefutter, ein überschaubares Drogeriesortiment, dafür aber einen starken Service. Jeder Einkauf über 15 Euro würde “mit einem Leberkäs-Brötchen oder einen Kaffee” belohnt; Kunden dürften im Laden Tageszeitung lesen und Kaffee trinken; ab einem Wert von 25 Euro würden die Einkäufe nachhause gebracht.

Das war wohl zuviel Convenience – und auch zu teuer. Jedenfalls hat es nicht funktioniert. 2010 gab Edeka das Geschäft an einen unabhängigen Kaufmann ab, der dann wenig später aufgab, weil zu wenig Kunden gekommen seien, schrieb die Lokalzeitung.

Ganz abgehakt war das Konzept danach aber nicht. Stattdessen scheint es der Edeka-Tochter Netto (ohne Hund) vererbt worden zu sein.

Eine eigene Metzgerei und Bistrotische wie im alten “Mein Laden” gibt es in der Amberger Neuauflage zwar nicht; dafür wurde die frühere City-Filiale konsequent auf ein neues Mini-Discount-Prinzip getrimmt. Der Eingang ist, ganz wie im Supermarkt, offen gehalten; in die Obst- und Gemüseabteilung ist eine niedrige Kühltheke integriert, in der es Sandwiches, Salate, Smoothies, Salami und Schokoriegel zu kaufen gibt. (Vereinzelt aber auch Lebensmittel, die nicht mit S beginnen.) Zur Rechten sticht die “Backstube” heraus, die zwar kein eigener Raum ist, entgegen sonstiger Netto-(ohne Hund)-Gewohnheiten aber recht groß ausfällt und vom Design den Brötchenknasts von Lidl auffällig ähnlich sieht; 14 unterschiedliche Aufbackwackwaren (plus separaten Baguettes) gibt es zu kaufen.

Selbstbedienungs-"Backstube" bei "Mein Laden"

Das Weinregal hat ebenfalls eine eigene Optik bekommen; die größte Veränderung betrifft jedoch die Kassenzone. Statt längs im Markt stehender Bänder, gibt es nun auf platzsparende (und automatisch süßwarenfreie) Inseln mit praktischen Korbabstellmöglichkeiten. Das sieht sehr viel schicker aus. Und ist ganz bestimmt nicht für Großeinkäufer gedacht.

Kasseninseln bei "Mein Laden"

Alles sieht so aus als teste Netto mit “Mein Laden”, ob das Konzept sich als Ersatz für die Netto-City-Filialen eignen könnte, über die zuletzt immer wieder spekuliert wurde, sie passten wegen des eingeschränkten Platzes nicht so recht ins Netto-(ohne Hund)-Konzept und würden abgestoßen werden.

“Mein Laden” wäre der Platz egal: Auf begrenztem Raum gibt es dort – zumindest in Amberg – derzeit alles, was Kunden für den täglichen Bedarf brauchen, Netto-Eigenmarken (inklusive den extra hervorgehobenen Produktlinien BioBio und Viva Vital) sowie auffällig viele klassische Marken. Das Einkaufen ist sogar ungewohnt angenehm, weil es ausgeschlossen ist, mit dem Einkaufswagen gegen irgendwelche im Weg stehende Paletten mit Sonderangeboten zu rempeln. Die gibt es nämlich gar nicht. Weder die Paletten – noch (wie eingangs erwähnt) die Sonderangebote. Deshalb fehlen, mit Ausnahme eines “Stop den Ladendiebstahl”-Hinweises und eines verirrten Pasta-Preises, auch lästige Schilder, die von der Decke baumeln.

Angebotsfreie Decke bei "Mein Laden"

Das macht den Netto-(ohne Hund)-Test besonders spannend: Akzeptiert die Kundschaft einen Disocunter, in dem es sich günstig einkaufen lässt, der aber völlig auf die gelernten Lockmittel und vermeintlichen Schnäppchen verzichtet?

Falls ja, ist das natürlich längst keine Garantie dafür, dass das neue City-Prinzip, noch dazu unter einem derart unbekanntem Namen, auch in anderen Städten funktioniert. Das malerische Amberg macht zumindest nicht den Eindruck, als könne man das Verhalten der dortigen Kundschaft nahtlos auf Großstadträume wie Berlin übertragen.

Werbung für "Mein Laden"

Ob eine Umstellung weitere Läden überhaupt in Frage kommt, ist aber sowieso Spekulation. Denn Netto-(ohne Hund)-Sprecherin Christina Stylianou sagt zu alldem auf Supermarktblog-Anfrage:

“Wir bitten um Verständnis, dass wir uns aus Wettbewerbsgründen grundsätzlich nicht zu einzelnen Standorten äußern.”

Fotos: Supermarktblog

Mit Dank an Supermarktblog-Leser Johannes F. für den Hinweis!


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