2015 beschloss die Kaffeekette Starbucks , es ihren Kunden künftig sehr viel leichter zu machen, das Fantasiekaffeegetränk Ihrer Wahl zu bestellen. Aus diesem Grund gab das amerikanische Unternehmen im Sommer bzw. Herbst besagten Jahres Kooperationen mit gleich zwei großen europäischen Handelsketten bekannt: der französischen Groupe Casino und der deutschen Rewe.
In deren Märkten wollte Starbucks mit eigenen Filialen einziehen, um dort präsent zu sein, „wo unsere Kunden das von uns erwarten“, erklärte der damalige Starbucks-Europa-Chef Kris Engskov. Und der heutige Rewe-Vorstandsvorsitzende Lionel Souque freute sich: „Mit diesem innovativen Konzept stärkt REWE seine Convenience-Kompetenz und der Einkauf bei REWE wird noch attraktiver.“
Inzwischen ist Engskov bei Starbucks verantwortlich für Händler-Kooperationen in den USA und die von ihm in Europa vereinbarten „major licensed agreements“ dürfen zumindest in Deutschland als Flop abgehakt werden.
Zwar ist Starbucks tatsächlich in Rewe-Großstadtfilialen eingezogen, allerdings hält sich deren Zahl auch fast zweieinhalb Jahre nach Bekanntgabe der Zusammenarbeit in Grenzen. Und in Berlin ist die bei Rewe im Bezirk Mitte untergeschlüpfte Kaffeekette (siehe Supermarktblog) nach etwas mehr als zwölf Monaten schon wieder ausgezogen.
Die bislang für Kaffeetrinker reservierte Fläche im modernisierten Markt in der Ackerhalle (Foto oben aus dem Dezember) steht seit kurzem leer.
Von der bisherigen Starbucks-Kulisse ist nichts mehr übrig geblieben, nur der Wasseranschluss guckt noch traurig aus der zuggespachtelten Wand.
Und an der Fassade draußen ist das grüne Logo mit Meerjungfrau entfernt worden.
Auf Supermarktblog-Anfrage heißt es bei der Starbucks Deutschland betreuenden Presseagentur:
„Diese Filiale war Teil eines Test-Set-ups und ist mit Ende der Pilotphase wieder geschlossen worden.“
Allzu großer Beliebtheit scheint sich Starbucks dort jedenfalls nicht erfreut zu haben; im Internet beschweren sich Kunden (außer über die wechselnde Qualität der angebotenen Getränke) auch über die tatsächlich arg zugige Sitzatmosphäre im Eingangsfoyer der Rewe-Filiale, wo man seinen Fantasiefrappuccino hinter Rewe-eigenen Prospektstapeln genießen durfte.
München und Frankfurt bleiben übrig
Nach der Schließung hat sich die Zahl der übrig gebliebenen Starbucks-Filialen in Rewe-Supermärkten auf nunmehr zwei reduziert. Ja, zwei.
„Derzeit befinden sich zwei Starbucks Coffee Houses in München und Frankfurt in Rewe-Märkten.“
In der Münchner Filiale im Rewe Hopfenpost ist der Aufenthalt durch eine klarere Abgrenzung im Markt etwas angenehmer.
Eine allzu große Zukunft scheint der Zusammenarbeit der beiden Unternehmen allerdings nicht beschieden zu sein, auch wenn Starbucks Deutschland beteuert:
„Die Kooperation mit REWE besteht nach wie vor, REWE und Starbucks möchten möglichst vielen Gästen auch beim Einkaufen das Starbucks-Erlebnis näherbringen.“
Zu weiteren möglichen Eröffnungen äußert man sich allerdings nicht. Das könnte auch daran liegen, dass sich die Prioritäten der Kaffeekette in Deutschland verschoben haben: Zum Frühjahr 2016 – gerade mal ein halbes Jahr nach Bekanntgabe der von Engskov eingefädelten Allianzen – hatte Starbucks alle deutschen Filialen an den Franchise-Lizenzensammler AmRest aus Polen verkauft, der insbesondere in Osteuropa aktiv ist und dort Burger-King- und KFC-Restaurants betreibt.
Starbucks will leckerer werden
Welche Prioritäten AmRest mit Starbucks in Deutschland verfolgt, behalten die Polen bislang weitgehend für sich. Vermutlich geht es aber eher um Marktstabilisierung als um Expansion und Innovation.
In den USA ist Starbucks dagegen sehr viel experimentierfreudiger, hat frühzeitig (und mit großem Erfolg) die Getränkebestellung per App eingeführt, testet gerade in Seattle die Abschaffung der Barzahlung und hat sich im vorvergangenen Jahr bereits den nächsten Partner aus Europa geangelt.
Nur dass es diesmal keine Supermarktkette ist, sondern der italienische Handwerksbäcker Princi, an dem die Amerikaner sich direkt beteiligt haben.
In seinen eigenen europäischen Läden (fünf in Mailand, einer in London – siehe Foto) bietet Princi nicht nur selbst gebackene Pizza und Foccacia an, sondern auch eine üppige Salatauswahl und Tiramisu zum Nachtisch.
Genau darauf hat Starbucks es abgesehen. Denn für ihre hervorragende Snack-Auswahl ist die amerikanische Kaffeekette bislang gewiss nicht bekannt. (Im Gegenteil zu Herausforderern wie Panera Bread oder Pret A Manger.) Mit Hilfe der Italiener soll sich das zumindest in den Roastery und Reserved-Filialen ändern, die seit einiger Zeit in großen Städten eröffnet werden und ihren Kunden künftig frische Backwaren von Princi zum Kaffee anbieten sollen. Auftakt war im November in Seattle, als nächstes folgen Edel-Starbuckse in Shanghai, New York, Chicago.
Das ändert freilich nichts am traurigen Snackzustand klassischer (Franchise-)Filialen, die weiterhin plastikeingeschweißte Klappbrote und cremeüberladene Kuchen verkaufen, obwohl in den Theken dringend ein Geschmacks-Update nötig wäre.
(Also fast so wie bei Rewe, das derzeit ebenfalls schnurstracks zurück in die gastronomische Diaspora steuert [siehe Supermarktblog] – eigentlich eine hervorragende Voraussetzungen für gemeinsames Filialgeschmuse.)
Die Starbucks-Deutschland-Presseagentur formuliert etwas prosaischer:
„Starbucks ist stets bemüht, seine Gäste mit dem gewohnten Starbucks Angebot an hochwertigen Kaffeesorten, Getränken und Speisen für den direkten Verzehr vor Ort oder für unterwegs zu verwöhnen, (…) auch zwischendurch beim Einkaufen“.
Klasse. Wann geht’s richtig los damit?
Fotos: Supermarktblog
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