Drogerieartikel einkaufen, Kaffee trinken, sich ein belegtes Brötchen für die Mittagspause aussuchen, Obst und Käse mitnehmen – und ein gekühltes Getränk für unterwegs dazu? Um all das auf einmal zu kriegen, gehen viele Berliner, wenn sie in der Stadt unterwegs sind, schnell zum nächsten Späti.
Späti? Kennt Christoph Wöhlke auch – und sagt mit einem Lächeln:
„In Hamburg heißt das Budni.“
In Berlin ab sofort auch: Die in der Hansestadt beheimatete Drogeriemarktkette Budnikowsky hat am Donnerstag ihre erste Filiale in der Hauptstadt eröffnet. Mit einem Konzept, das sich deutlich von dem der großen Wettbewerber abhebt. Zusätzlich zum klassischen Drogeriemarktsortiment bietet Budni an der Schönhauser Allee im Bezirk Prenzlauer Berg eine große Auswahl an (frischen) Lebensmitteln, Sofortessen zum Mitnehmen und ein kleines Café im Eingangsbereich.
„Wir haben Budni eigentlich nie als klassische Drogerie gesehen“,
meint Geschäftsführer Wöhlke – und erklärt, warum das Experimentieren in neuen Filialen besonders leicht fällt: Weil Kunden dort noch keinen festgelegten Einkaufsweg haben. Und deshalb offener für neue Sortimente sind.
Viele der Elemente, die jetzt in Berlin umgesetzt wurden, testen die Hamburger zwar auch schon in der Heimat (siehe Supermarktblog); die erste Hauptstadtfiliale ist nun aber sozusagen ein Best-of der bisherigen Experimente, kombiniert zu einem schicken City-Drogeriemarkt, der sich mit den in der Nähe gelegenen Filialen von dm und Rossmann problemlos messen kann – und sogar einige klare Vorteile mit sich bringt.
Kunden haben die Wahl, ob sie ihren neuen Budni ganz klassisch als Drogerieladen mit großer Naturkosmetik-Abteilung nutzen wollen; als Nahversorger für den schnellen Lebensmittel-Einkauf; oder als Snack-Versorger für die Pause.
Sofern sie sich mit den für Berlin-Verhältnisse eher knauserigen und (gar nicht Späti-adäquaten) Öffnungszeiten anfreunden können (Montag bis Samstag nur bis 20 Uhr, dafür morgens schon ab 8 Uhr).
Der Laden im Überblick
Am Eingang fackelt Budni nicht lange, verschwendet keinen Quadratmeter Platz und begrüßt Kunden doch erstmal als Drogeriemarktspezialist: mit dekorativer Kosmetik auf der einen und Zähneputzen auf der anderen Regalseite.
Wer die ersten paar Schritte gemacht hat, steht schon mitten im Laden und findet sich ziemlich schnell von alleine zurecht, ohne dass dafür große Sortimentsbeschilderungen notwendig wären. Rechts geht’s zur holzvertäfelten Naturkosmetik-Abteilung, geradeaus zu Pflegeprodukten bzw. Wasch-, Putz- und Reinigungsartikeln, links in den Mini-Supermarkt, der über Kaffee und Tee zu (Bio-)Süßwaren und Naturkost hin zu Kühl- und Tiefkühlartikeln leitet.
Schon wieder in Richtung Ausgang steht einer der schicksten Brötchenknasts der Stadt, in dem es außer klassischen Bio-Backwaren auch belegte Bagel und Brötchen gibt (mit Lachs, Spinat, Brie-Birne). Dazu Pastasalat und Müsli.
Vorbei an den Mini-Kühltheken mit Salaten, Suppen und dem Regal mit frischem Obst und Gemüse geht es zu einer Auswahl an gekühlten Getränken, mit der sich Budni auch vor nahegelegenen Supermärkten und Kiosken nicht zu verstecken braucht.


Der Durchgang von den Kassen zur stylisch gefliesten Café-Theke ist offen, die komplette Fensterfront des Ladens für Sitzgelegenheiten an Holztischen reserviert.
Das Café betreiben die Hamburger in Eigenregie: Kunden sähen es ohnehin als Teil der Filiale, da lasse sich die Verantwortung schwer an einen externen Partner abgeben, ist Wöhlke überzeugt. Außerdem funktioniert die Theke als zusätzliche Kasse, an der man seinen Einkauf bezahlen kann, wenn gerade sonst nicht soviel los ist im Laden und es sich nicht lohnen würde, mehrere reguläre Kassen zu besetzen.
Wer sich hinsetzt, kann die Zeit nutzen, um per WLAN die Urlaubsfotos vom Smartphone an den um die Ecke stehenden kabellos funktionierenden „Printcube“ zu schicken, der die Erinnerungen direkt zum Mitnehmen ausdruckt.
Um all das auf rund 600 Quadratmetern (die sich zuvor ein McDonald’s-Restaurant und ein 1-Euro-Shop teilten) unterzubringen, war’s notwendig, irgendwo an Platz zu sparen. Deshalb hat Budni darauf verzichtet, klassische Kassen in den Laden zu bauen.
Stattdessen gibt es vier Kassentresen (wie bei TK Maxx, nur schicker und mit Mini-Förderband), deren Rückwand nicht nur als Abgrenzung zu den Sortimenten am Eingang dient, sondern auch gut sichtbar die Auswahl an elektrischen Zahnbürsten und Rasierklingen aushängt, die auf Nachfrage ausgehändigt werden.
Wer unbedingt will, kann einen Einkaufswagen benutzen – besonders viele Exemplare stellt Budni in seinem City-Drogeriemarkt-Café aber nicht bereit; praktischer ist’s, mit dem Einkaufskorb durch die Regalreihen zu gehen. (Und im Zweifel halt morgen nochmal zu kommen.)
Anders als die Konkurrenz
Auch in der Präsentation unterscheidet sich der Neuankömmling von seinen (deutlich größeren) Konkurrenten – allen voran von d(e)m aus Karlsruhe, der in 300 Metern Entfernung eine Filiale betreibt, die sich bereits zu Beginn der Woche aufwändig luftballongbeschmückt hat, Kinderschminken veranstaltet und einen Fantasie-„Geburtstags-Rabatt“ in Höhe von 10 Prozent verspricht, um dem neuen Mitbewerber den Start zu erschweren.
Anders als dm, das großen Wert darauf legt, immer stärker selbst als Absender im Sortiment sichtbar zu werden (und damit seine bisherige Discount-Strategie forciert), setzt Budni eher auf Kooperationen.
Die Partner, mit denen man zusammenarbeitet, sind im Berliner Laden gut sichtbar: Limonaden und Schorlen kommen von Proviant und Fritz, frische Backwaren vom Biobäcker Beumer Lutum, Snacks von Natsu und dem Berliner Büro-Caterer The Breakfast Company, Obst von Greenitsch Fresh Food Deli – und gekühltes Craft Beer von kleineren bzw. mittelgroßen Brauereien.


Und im Drogeriesortiment kann Budni mit zahlreichen Produkten glänzen, die es bei der Konkrrenz (bislang) noch nicht zu kaufen gibt.
Ohnehin legen die Hamburger großen Wert darauf, ein „individuell auf die Hauptstädter ausgerichtetes Angebot“ zu bieten. Dafür hat man auch eine Auswahl regional produzierter Produkte ins Sortiment geholt. (Die bislang aber überschaubar scheint.)
In einem prominent im Mittelgang platzierten Regal machen zudem Start-ups auf Produktinnovationen aufmerksam, die aus der „Foodstarter“-Initiative des Budni-Kooperationspartners Edeka stammen: Bio-Knödel im Glas, Energyballs, ausgefallene Soßen und Ketchups.
Apropos Edeka: Der Zusammenschluss mit dem Hamburger Handelskonzern ist Grundlage für Budni, um auch außerhalb des Heimatmarkts aktiv zu werden – unter anderem, indem über einen gemeinsamen Wareneinkauf konkurrenzfähige Preise angeboten werden können. Im Laden selbst aber ist der Partner quasi unsichtbar. In den Regalen gibt’s keine Edeka-Eigenmarke (mir ist beim Erstbesuch jedenfalls keine aufgefallen).
Stattdessen darf – aus demselben Kooperationskosmos – Alnatura jubeln, sich bei Budni jetzt noch sehr viel stärker als Bio-Frischespezialist präsentieren zu können. Ein Großteil des Platzes in der achttürigen Kühlregalreihe ist für die Eigenmarke des hessischen Bio-Spezialisten reserviert, der damit die fast ungeteilte Aufmerksamkeit der Kunden genießt.
Budnikoswky konzentriert sich derweil darauf, seine eigene Markenwelt im klassischen Drogeriesortiment zu etablieren: Budni Care, Budni Baby, Budni Dent usw.
Expansion als Befreiungsschlag?
Der Schritt nach Berlin könnte zum Befreiungsschlag für das immer noch familiengeführte Unternehmen sein, das sich stets gegen die Übernahmeangebote von Wettbewerbern gesperrt hat – und in der Heimat zunehmend von dm und Rossmann umzingelt wird, die aggressiv auf Expansion drängen. Vor allem mit Niedrig- und Aktionspreisen. (Auch wenn in diesem Prozess bisherige Prinzipien bzw. Kooperationspartner über die Planke geschickt werden müssen.)
Man sei davon überzeugt, dass ein kaufmannsgetriebenes Unternehmen wie Budni sich auf Dauer erfolgreich als dritte Kraft im Markt etablieren könne, sagt Christoph Wöhlke:
„Wir suchen uns einen Standort aus und überlegen: Wie können wir dort das Beste aus dem Laden machen? Was brauchen die Kunden? Wir glauben auch stark an die Eigenverantwortlichkeit des Teams vor Ort.“
Dass eine zweite Berliner Filiale weiter südlich in der Schönhauser Alle eröffnet, wie hier im Blog bereits vermutet am Senefelder Platz neben einem Rewe-Markt, steht inzwischen ebenfalls fest – vermutlich noch Ende des Jahres. Wenn es gut läuft, sollen weitere Läden in anderen Bezirken folgen.
Am zweiten Standort muss Bundikowsky direkt beweisen, wie gut die für sich selbst in Anspruch genommene Flexibilität funktioniert: Die Verkaufsfläche ist nochmal deutlich kleiner als in Laden Nummer eins, mit Café ist da vermutlich nix. Dafür sorgt die ungewöhnliche Ladenkonstruktion mit dem begrünten Grasdach dafür, dass Budni bald von sich behaupten kann, den ersten City-Drogeriemarkt der Welt in einer Hobbithöhle eröffnet zu haben.
Dank des (nicht nur gestalterisch) gelungenen Auftakts in der Hauptstadt stellen die Hamburger in jedem Fall unter Beweis, dass sie es ernst meinen mit der Ambition, im Drogeriemarktgeschäft hierzulande künftig eine sehr viel größere Rolle zu spielen. Konkurrenten sollten sich mit Spott vielleicht besser erstmal zurückhalten. Und die Kunden entscheiden lassen, wie ihnen die neue Alternative gefällt.
Wenn sich auch die Berliner mittelfristig für das Budni-Prinzip begeistern, lohnt sich’s ja vielleicht sogar irgendwann, den Berliner Fernsehturm auf die Küchenrollen-Umverpackungen der Budni-Eigenmarke zu drucken, von denen im Regal bislang der Hamburger Hafen glänzt.
Jedenfalls so lange, wie Exil-Hamburger in der Hauptstadt noch keine sehnsuchtsbedingten Hamsterkäufe getätigt haben.
Fotos: Supermarktblog
- Budnikowsky eröffnet seine erste Filiale in Berlin – zwischen dm und Rossmann
- Wie Budni dafür sorgen könnte, dass sich Rossmann und dm zu Mini-Supermärkten entwickeln
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Der Beitrag Aus der Hanse- in die Hauptstadt: Budni erfindet für Berlin das City-Drogeriemarkt-Café erschien zuerst auf Supermarktblog.