In ihrem unermüdlichen Bemühen, die Zuschauer vor Mogelpackungen und Abrechnungsnepp zu bewahren, führen die Recherchewege der WDR-Sendung “Servicezeit” in regelmäßigen Abständen auch in den Supermarkt – so wie in der vergangenen Woche, als Dieter Könnes einen Film über die “Keiner ist perfekt”-Aktion von Edeka anmoderierte, für die sich die Handelskette von Coop – sagen wir mal: inspirieren hat lassen.
Jedenfalls wird derzeit testweise in ein paar Edeka-Märkten krummes Gemüse und Obst mit Detschstellen verkauft. Und Moderator Könnes erklärte:
“Wir Verbraucher müssen uns echt an die eigene Nase fassen (…) und da mal genau überlegen, was wir kaufen wollen.”
Weil viele Leute das Krummgemüse im Laden dann nämlich doch liegen lassen. (Wie an dieser Stelle auch bereits leidenschaftlich diskutiert wurde.) Dabei mühte sich der Beitrag vorher klarzustellen, dass die Lebensmittel nicht anders schmecken, bloß weil sie schief gewachsen sind. Über die krumme Gurke hatte ein älterer Supermarkt-Kunde den schönen Satz gesagt:
“Ich schneid die ja sowieso in Scheiben.”
Anschließend ging’s in der “Servicezeit” sofort mit dem nächsten Einkaufsthema weiter: Lebensmitteln aus dem Internet. Eine Redakteurin machte mit einer Verbraucherzentralen-Frau den Test, wie frisch Obst und Gemüse zuhause ankommt, wenn man’s online bestellt. Alle drei getesteten Dienste kamen dabei nicht besonders gut weg, und das lag vor allem daran, dass – das Obst und Gemüse nicht perfekt war.
Eine Druckstelle auf der Kiwi?
“Oh, die ist sehr matschig. Sehr matschig. Das ist nicht gut.” – “Im Supermarkt würde man’s nicht kaufen.”
Die Tomate ist an einer Stelle angedetscht?
“Die würd ich schon mal nicht kaufen, hier.”
Okay, es ist also offensichtlich nur eine mittelgute Idee, sich sein komplettes Obst und Gemüse im Internet zu bestellen. Und womöglich sind die deutschen Verbraucher auch stark druckstellensensibilisiert. Aber dass eine Verbrauchersendung im Fernsehen ihre Zuschauer deswegen erst ermahnt, um im nächsten Augenblick sofort wieder das Gegenteil zu praktizieren, darauf muss man auch erstmal kommen.
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Rewe-Chef Alain Caparros hat im “Kölner Stadt-Anzeiger” kürzlich verraten, ab wann sich die Lebensmittel-Lieferung für Rewe lohnt:
“Wir müssen beim Online-Lieferservice etwa 100 Euro Umsatz pro Bestellung machen, um profitabel zu arbeiten. Da sind wir noch lange nicht.”
Das wird auch nicht leicht, vor allem nicht mit den vielen Ein- und Zwei-Personen-Haushalten in den Städten, in denen es Rewe Online bisher gibt.
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Am ausführlichsten hat sich gerade die “Wirtschaftwoche” dem Online-Lebensmittelhandel gewidmet und sich von einem McKinsey-Berater vorrechnen lassen, wieviel Zeit man so als Durchschnittskunde im Supermarkt verbringt: fünf Tage. Einen davon ausschließlich beim Anstehen an der Kasse. Wer mit dem Auto einkauft, braucht dafür 260 Liter Sprit im Jahr. Noch ist so ein Lieferdienst aber für Händler ein kostspieliges Investment: Bei einem Durchschnittseinkauf von 50 Euro würden Logistik und Lieferung rund 15 Euro Kosten verursachen.
Der Bericht über die (mögliche) “Revolution im Handel” ist lesenswert und wägt übersichtlich die Vor- und Nachteile der Lebensmittel-Lieferung ab. Außerdem haben sich Autoren in diversen Zentrallagern und Supermärkten umgesehen und sind auch auf einer Rewe-Liefertour mitgefahren:
“Erster Kunde ist ein Unternehmensberater in der Düsseldorfer Altstadt.”
Kein Wunder, dass der keine Zeit hatte, um selber einzukaufen. War wahrscheinlich gerade damit beschäftigt auszurechnen, wieviel Zeit er theoretisch im Supermarkt verbringen würde.
Screenshot: WDR