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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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Nächster Umbau bei Aldi Nord: Frische-Marktplatz der Eitelkeiten

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Partner und Sponsoren:
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Sollten Sie sich darüber wundern, dass Ihnen beim nächsten Discount-Einkauf plötzlich die Paprika-Schütte vorm Wagen abgebaut wird, die Ananas sich in Ihrem Beisein auf Wanderschaft begeben und die Kartoffeln hinterherkullern: Dass könnte daran liegen, dass Aldi Nord seine Obst- und Gemüsseabteilung umbaut.

Wie es inzwischen halt einmal im Jahr zur schönen Tradition geworden ist.

Angefangen hat alles mit ANIKo – der „Aldi Nord Instore Konzept“ getauften Modernisierung der stark in die Jahre gekommenen Filialen, bei der die Frischware von ihrem ehemaligen Platz vor der Kasse in quer gestellte Markstände ans Ladenende rückte, vor die Kühltheken mit Convenience-Artikeln, Fleisch und Fisch. Das sah zwar gut aus, war aber einem großen Teil der Aldi-Stammkundschaft zu progressiv, sodass sich die Handelskette nach dreienhalb Jahren dazu entschied, Obst und Gemüse wieder wie früher in Längsregalreihen einzusortieren (siehe Supermarktblog).


Frische ganz nach vorn

Das wollte man als „punktuelle Weiterentwicklung“ des Konzepts verstanden wissen, weil „der Kundenfluss in Längsstellung der Regale noch besser und homogener verläuft. Zudem können unsere Kunden durch die einheitlichere Struktur noch besser navigieren.“

2021 rückte Aldi Nord Obst und Gemüse wieder in Längsregale und baute seine Läden dementsprechend um; Foto: Smb

„Ein Großteil“ der rund 2.200 Aldi-Nord-Märkte, auch der bereits umgebauten, sollte bis Ende 2021 dementsprechend umgestellt werden, hieß es zu Beginn des Jahres.

Derzeit sieht alles danach aus, als ob bald der nächste Umbau folgen könnte: diesmal allerdings wieder raus aus der Vergangenheit, und rein in die supermarktiger wirkende Zukunft. Denn zuletzt hatte der Discounter im Vergleich mit seinen Wettbewerbern Marktanteile verloren, und das könnte auch daran gelegen haben, dass die in der Werbung stark betonte Frische-Auswahl auf der Rennstrecke in den Läden nicht ganz ihre notwendige Wirkung auf den Umsatz entfalten konnte.

Deshalb macht’s Aldi Nord nun der kompletten Konkurrenz nach – und sortiert Obst und Gemüse ganz nach vorne, an den Ladeneingang.

Neue Platzierung als Standard?

Das zumindest legen Tests in ersten Filialen nahe; einem Bericht der „Lebensmittel Zeitung“ (Abo-Text) zufolge wird in vier Regionen ausprobiert, wie das neue Design bei der Kundschaft ankommt (Werl, Radevormwald, Hannoversch Münden, Nortorf und Sievershausen), und zwar „vor allem in neu gebauten Standorten“.

Nach Supermarktblog-Informationen wird die neue Sortierung aber längst auch in modernisierten Standorten angewandt (und auch außerhalb der oben genannten Regionen).

Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt ein Sprecher des Unternehmens zum Marktplatz am Ladeneingang:

„In einigen Filialen testen wir (…) auch unterschiedliche Platzierungen unseres Obst- und Gemüse-Bereichs. Weitere Informationen hierzu können wir Ihnen derzeit aber leider nicht geben.“

Dabei täte Aldi Nord gut daran, aus den Tests schnell einen neuen Standard werden zu lassen, weil dadurch das komplette Filialangebot deutlich aufgewertet wirkt. (Aldi Süd hat es wieder mal vorgemacht.) Das Frische-Sortiment wirkt in der neuen Anordnung nicht nur größer, sondern auch sehr viel übersichtlicher sortiert und besser einsehbar.

Brötchenknast und Kühl-Getränke dazu

Die Ware ist zwar weiterhin mehrheitlich in Längsregale verteilt, erlaubt aber jetzt das Abbiegen in eine (umgekehrt) L-förmig gestellte zweite Reihe mit weiteren Schütten. Bloß das gleich am Eingang stehende Obst und Gemüse in Aktion, das sich Kund:innen aus übereinander gestapelten Kisten fischen müssen, passt in seiner gestalterischen Lieblosigkeit nicht zum Gesamteindruck.

Der erweiterte Brötchenknast, aus dem (wie berichtet) jetzt auch Waren regionaler Bäckerei-Partner geangelt werden können, ist unmittelbar an die Frische angeschlossen. Davor steht ein Kühlregal mit Getränken, Kaffee und kühlaffinem Obst – das dort freilich nur Sinn ergibt, wenn das Marktpersonal Zeit hat, es regelmäßig zu befüllen.

Alles in allem macht die neue Aufteilung aber einen sehr viel besseren Eindruck; auch wenn damit mit der Entscheidung des ewigen Nachzüglers nun endgültig besiegelt ist, dass alle großen Discounter – Aldi Süd, Lidl, Aldi Nord – sich im Eingangsbereich mit ihrem Frische-Angebot zum Verwechseln ähnlich sehen. Wenn es dafür sorgt, Kund:innen an sich zu binden, wird das aber zu verschmerzen sein – zumal die drei sich mit dieser Sortierung stark an dem orientieren, was die Supermärkte lange vorgemacht haben.

Unser Bio soll unsichtbarer werden

Auch Lidl ist noch nicht ganz fertig mit seinem neu gestalteten Obst und Gemüse (siehe Supermarktblog); seit einiger Zeit werden die Frische-Abteilungen in allen Märkten nämlich mit elektronischen Preisschildern (ESL – für Electronic Shelf Labels) nachgerüstet. Das spart den Mitarbeiter:innen mühsame Umsteckarbeiten, die im ständig wechselnden Frische-Angebot noch nerviger sind als anderswo im Markt.

Es sorgt aber gleichzeitig dafür, dass die Bio-Alternativen, die Lidl ja aus der schicken Blocksortierung wieder ins reguläre Sortiment zurück geholt hat (siehe Supermarktblog) jetzt noch ein bisschen unsichtbarer werden, weil sie am Regal nicht mehr mit grün hinterlegten Preisetiketten gekennzeichnet sind, wie bisher.

Sondern im selben neutralen Beige wie alle anderen Preisanzeigen (bzw. im Zweifel irritierenderweise in Rot, falls im Angebot).

Laut „Lebensmittel Zeitung“ (Abo-Text) wird zwar schon seit längerem getestet, ob man den Preisschildern bunte Ränder verpasst, um Bio & Co. hervorzuheben – so wie es u.a. die Schwester Kaufland bereits handhabt.

Preisschild mit Bio-Rahmen bei Kaufland; Foto: Smb

Lächelnde Erzeuger:innen aus der Region

Dieser Zusatzschritt scheint sich bislang aber nicht breitflächig durchgesetzt zu haben. Wahrscheinlich, weil man sich noch was aufheben will, um demnächst alles noch mal neu anzufassen, damit auf der Dauerbaustelle Discount auch in Zukunft immer was zu tun bleibt.

Erstmal scheint ohnehin die Regional-Aufrüstung im Vordergrund zu stehen: Von frisch geklebten Folien und neu aufgehängten Pappschildern werden Kund:innen nun von Erzeuger:innen aus der Region angelächelt, die großflächig für das Lidl-Label „Ein gutes Stück Heimat“ werben – womit Lidl endgültig die Strategie der Bio-Fachmärkte kapert.

Kurz nach der Anbringung des „Frische Partner“-Hinweises an der Kühltheke ist das direkt daneben gelegene „Ein gutes Stück Heimat“-Separée in meiner Lidl-Filiale übrigens abgebaut oder anderswohin verlegt worden. Das alles scheint durchaus System zu haben. Falls Sie wissen, welches – ich flehe Sie an: verraten Sie’s mir in den Kommentaren!

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