Quantcast
Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
Viewing all articles
Browse latest Browse all 1000

Eigenartig eigenmarkig (1): Mehr Design fürs Kühlthekenseparée

$
0
0

togopasta01

Meistens kommt’s im Leben ja doch auf die inneren Werte an, und beim Lebensmitteleinkauf im Supermarkt ist das nichts anderes. Ein Großteil der Deutschen war jedenfalls über viele Jahre hinweg bereit und in der Lage dazu, sämtliche Äußerlichkeiten zu ignorieren und darauf zu vertrauen, dass sich in den abscheulich aussehenden Eigenmarkenverpackungen tatsächlich etwas zum Verzehr Geeignetes befand. Diese Zeiten neigen sich dem Ende zu.

Inzwischen haben die Handelsketten erkannt, dass es helfen kann, wenn der Hausmeister nicht auch noch fürs Produktdesign zuständig ist, das Auge des Kunden kauft ja sozusagen mit.

Seit seinem Umbau zum Querreihenschönling gibt sich Penny besondere Mühe und hat nach seiner Eigenmarke “Penny” vor wenigen Wochen bekanntlich die kleine Schwester “penny to go” in die Läden gebracht, deren Snacks und Smoothies seitdem in einem – neuerdings mit lindgrünem Rahmen verziertem – Kühlthekenseparée am Rande der Obst- und Gemüse-Abteilung einquartiert sind, wo sie auf verzehrbereite Kundschaft warten. Jüngst sind ein paar Fertigfutter-Onkels dazu gestoßen, denen das vorne aber zuviel Chichi ist, weswegen sich die penny-to-go-Fertiggerichte ins normale Kühlregal eingezogen sind, noch dazu, weil sie etwas mehr Platz brauchen.

Die To-Go-Gerichte gibt’s nach italienischer oder chinesischer Art, als Milchrteis, Kartoffelpuffer und Frikassee, und designtechnisch passt das äußerlich alles schon mal ganz gut zusammen. Nur ist’s halt so: Ein schöner Mantel macht noch längst keine schöne Nudel. Deshalb könnte Penny, wenn demnächst das ganze Sortiment ansprechend verpackt worden ist, auch mal dafür sorgen, dass der Inhalt, der darunter zum Vorschein kommt, appetitlicher wird.

togopasta02

* * *

Rewe arbeitet derweil an der eigenen Abschaffung, zumindest in der Supermarkt-Drogerieabteilung. Nachdem dort über Jahre hinweg der eigene Name auf die Produkte gedruckt wurde, ist – ebenfalls bekanntlich – dort inzwischen wieder “today” eingezogen und hat kürzlich einen weiteren Ableger verpasst bekommen: “today dent” heißen Zahnbürsten, Zahnpasta und Zahnseide neuerdings, und sie sehen deutlich schicker aus als ihre Vorgänger.

todaydent01

Am Sortiment scheint sich wenig geändert zu haben – aber Rewe erweckt bei Kunden mit Today Dent geschickt den Eindruck, eine separate Zahnpflegeserie im Angebot zu haben und stärkt damit ganz clever sein Image als Eigenmarkenspezialist.

* * *

Warum das hier alles steht? Natürlich um den ersten Satz dieses Blogeintrags zu widerlegen.

Im vergangenen Herbst hat die britische Supermarktkette Tesco nämlich ihre Luxuseigenmarke “Tesco Finest” grundlegend überarbeitet. Die Produkte waren vorher schon schick, jetzt sehen sie – sagen wir’s ruhig: edel aus. Jede Produktkategorie ist leicht anders designt, mal ist die Schrift schnörkeliger, mal gibt’s Muster statt Illustrationen, mal ist die Packung ganz schlicht gehalten – immer gleich ist bloß das schwarze Grunddesign mit der silbernen Aufschrift: Tesco Finest.

finest01

Beim Eigenmarken-Wettbewerb der britischen Fachzeitschrift “The Grocer” räumte Tesco im Mai gerade haufenweise Prämierungen für die Finest-Produkte ab. Und wenn Sie gerade keinen Hunger bekommen wollen, schauen Sie sich nicht diese Seite an. NICHT!

Aber der eigentliche Clou ist, dass sich, seitdem das neue Design im Laden angekommen ist, auch an der Kasse ordentlich was getan hat.

finest02

In den vergangenen Monaten verkaufte Tesco laut “The Grocer” 53 Prozent mehr “Finest”-Käse, 35 Prozent mehr “Finest”-Kaffee, 50 Prozent mehr Chips, Nüsse und Snacks mit dem Silber-Label und 86 Prozent mehr Tafeln Schokolade.

Nun ist es natürlich in erster Linie immer noch so, dass das, was Tesco seinen Kunden da in den Einkaufswagen legen hilft, vor allem gut schmecken muss. Weil es sonst nicht wiedergekauft würde. Aber wenn uns im Laden eine besonders schöne Eigenmarkenverpackung anglänzt, ist es eben doch so, dass wir das mit den inneren Werten für ein paar kleine, aber entscheidende Momente vergessen.

Mehr zum Thema Verpackungsdesign.

Fotos: Supermarktblog

flattr this!


Viewing all articles
Browse latest Browse all 1000