Die österreichische Supermarktkette Spar hat die frühere “Sex and the City”-Hauptprotagonistin Sarah Jessica Parker dafür gewinnen können, über den Kühltheken mit dem Sofortessen rumzuhängen. Nicht persönlich, versteht sich. Bei über 1600 Filialen wäre das vermutlich arg anstrengend, und da ist’s natürlich attraktiver, stattdessen weiter belanglose Hollywoodfilmchen zu drehen.
Parker hängt da nur auf Schildern, um Spar-Kunden mit einem pinken Zitat zum Verzehr der darunter zurechtportionierten und plastikeingeschalten Sandwiches und Obstmassaker aufzufordern. Das Zitat lautet:
“relax and enjoy”
Sarah Jessica Parker
Es handelt sich dabei nicht um einen Scherz. Spar hat tatsächlich Carrie Bradshaw eingekauft, damit die für ihr Sofortessen wirbt.
“[Sie] verkörpert wie keine andere den urbanen Lifeytle und ist daher für SPAR das passende Werbegesicht der neuen Convenience-Eigenmarke SPAR enjoy.”
So neu ist “Spar enjoy” zwar gar nicht mehr. Anders als viele deutsche Supermärkte haben die Österreicher jedoch tatsächlich die Chance ergriffen, sich ein Sofortessen-Sortiment zuzulegen, das auch als solches erkennbar und ernstnehmbar ist. Es gibt Säfte, belegte Brote, Obstsalate und Kuchen zu kaufen, alles ist schlicht, aber relativ modern verpackt und auf einen Blick zuzuordnen – ein bisschen so wie “penny to go”, bloß dass es schon über 100 “Spar enjoy”-Produkte gibt.
Nur eins passt so gar nicht dazu: die Frau im rosa Kleidch, die weniger den “urbanen Lifestyle” verkörpert (wie Spar es sich von der zuständigen Werbeagentur hat einreden lassen), sondern eher den Typ essscheue Hollywoodschauspielerin. Also das exakte Gegenteil einer prominenten Fürsprecherin allenfalls mittelkalorienarmer Zwischenmahlzeiten.
Parker wird das egal sein. Die Unannehmlichkeiten hielten sich für sie sichtlich in Grenzen. Für den TV-Spot, der seit Juni im österreichischen Fernsehen läuft (bei horizont.at ansehen), musste sie nicht mal das Land verlassen, sondern ließ sich bloß ebenso sinnfrei wie wortkarg durch den New Yorker Central Park steuern, um auf der Suche nach dem mysteriösen “Enjoy” von einem Unbekannten mit österreichisch draufsynchronisiertem Akzent ein Tütchen “Spar Enjoy”-Produkte überreicht zu kriegen.
Dass sie vor der Kamera nicht am Smoothie nippen und eines der Klappbrote bloß kurz in der Hand zu halten brauchte anstatt reinzubeißen, hat ihr vermutlich das Management klug in den Vertrag reinverhandelt. Obwohl die Spar-Pressestelle behauptet, Frau Brotscheu habe “in den Drehpausen (…) u.a. den [sic!] SPAR enjoy Thunfisch Sandwich und den SPAR enjoy Bunter Obstmix” – Achtung, lustiges Verb: “gekostet”.
Die zuständige Wiener Werbeagentur revanchierte sich im Branchenblatt “Horizont” zum Kampagnenstart mit der fast schon karriereschädigenden Feststellung, es sei “gelungen, einen solchen Megastar zu sehr guten Konditionen, auch im Vergleich mit österreichischen Stars, zu bekommen”. (“Ein wahrer Spar-Star also”, witzelte “Horizont” darauf.)
Vor allem ist die Parker-Spar-Connection aber das derzeit schönste Beispiel dafür, wie schwer es für Supermärkte ist, geeignete Testimonials (also: Promi-Werbegesichter) zu finden. Und ein Plädoyer dafür, dass man’s vielleicht einfach besser lässt anstatt sich in fadenscheinigen Begründungen zu verheddern.
In Deutschland hat Rewe es mit Thomas Müller noch einigermaßen geschickt angestellt, weil man Müller mit seiner demonstrativen Bodenständigkeit unter all den Millionen verdienenden Fußballstars noch am ehesten zutrauen würde, dass er zwischendurch mal kurz in den nächsten Rewe huscht, wenn noch Salami für die Pizza fehlt. Wie Edeka allerdings auf Comedian Kaya Yanar als laufende Werbetafel gekommen ist, ist zumindest mir schleierhaft. Vielleicht, weil man sich in Hamburg ganz gut mit Yanars als weltoffen verkleideter Witzespießigkeit identifizieren konnte.
Dabei muss man sich ja bloß mal kurz in die Prominenten hineinversetzen, die nach der Unterschriftenleistung für Supermarkt-Werbezwecke auf Jahre hin damit zu rechnen haben, über Lebensmittelsortimente getackert zu werden, denen sie sich selbst niemals nähern würden. Ist auch nicht schön, sowas.
In Hollywood kann demnächst die erste Selbsthilfegruppe aufmachen, in der sich die Geschädigten über ihre leidvollen Erfahrungen austauschen. Parker ist nämlich nicht die erste, die Spar für sein “sogenanntes Kult- und Star-Prinzip” eingekauft hat. Vorher gingen schon Gwyneth Paltrow, Heidi Klum und Cindy Crawford in die Falle. Und Pierce Brosnan ist immer noch an die Eigenmarke “Spar Premium” vermietet, obwohl der Vertrag schon vier Jahre alt zu sein scheint.
Damit stehen die zuvor genannten Stars nun in einer Reihe mit dem bei unseren Nachbarn ebenso prominenten “Börserl”, das für die Billigeigenmarke der Kette wirbt. Der einzige Trost für die Hollywood-Prominenz ist, dass sie auf Anhieb mit dem Finger auf der Karte wohl kaum das Land finden dürfte, in dem sie im Supermarkt rumhängt.
Und natürlich: Mirjam Weichselbraun. Die Original-Österreicherin und langjährige Werbefrau für die “Spar Vital”-Produkte hat es schließlich am schwersten getroffen. Nicht, weil die Leute glauben könnte, Weichselbraun sei “Neu im Regal”…
…sondern weil man als Nicht-Hollywood-Star sein Gesicht offensichtlich auch gleich für die Fleischtheke mitzuvermieten hat.
Aber, ach, schauen Sie erstmal die Werbefilme an, die Weichselbraun für Spar gedreht hat. Danach hält sich das Mitleid in Grenzen.
(In Deutschland ist Spar übrigens 2005 zusammen mit Netto [ohne Hund] von Edeka übernommen worden. Seitdem gibt es i.d.R. nur noch “Spar express”-Minimärkte, z.B. in Bahnhöfen. Das Hollywoodstar-Werberisiko in deutschen Supermärkten bleibt also gering.)
Danke an Diana für den Hinweis!
Fotos: Spar (1), Supermarktblog