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Angriff der Pflanzenbuletten – kann Swing Kitchen mit veganen Burgern Europa erobern?

Backwaren, Regional-Bio, offener Eingang: So renoviert Hofer in Österreich den (Innenstadt-)Diskont

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Aus gefühlt jedem zweiten Hauseingang springt Passanten in der Wiener Innenstadt ein Supermarkt bzw. Discounter Diskonter an. Alleine der österreichische Aldi-Ableger Hofer kommt in der Landeshauptstadt auf rund 100 Filialen. Und strengt sich derzeit mächtig an, ihnen ein zeitgemäßes Erscheinungsbild zu verpassen.

An vielen Wiener Märkten hängt bereits das renovierte Logo. Manchmal ist aber auch ein Komplettumbau nötig, um die tendenziell eher kleinen und verwinkelten Innenstadt-Verkaufsflächen aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu beamen.

Zum Beispiel in der Landstraßer Hauptstraße am Rochusmarkt, wo sich ganz gut besichtigen lässt, wie Hofer den Innenstadt-Diskont zu modernisieren versucht.

Für die Neueröffnung Anfang August wurden die hellgrauen Fliesen des alten Markts abgeschlagen und riesige neue Fenster eingesetzt; auch der Eingang des Ladens ist verlegt worden. Drinnen führen bereite Gänge vorbei an der „Vinothek“ im Holzambiente und dem „Hofer-Marktplatz“ für Obst Und Gemüse. Das sind aber nicht die einzigen Überraschungen für Stammkunden.

1. Backwaren als Aushängeschild

Was sein Aufback-Engagement angeht, war Hofer der deutschen Aldi-Süd-Verwandschaft schon länger einen großen Schritt voraus und baute frühzeitig aufgebrezelte Backtheken-Ensembles („Backbox“) samt Kühltheke für frisches Sofortessen („Coolbox“) in seine Läden ein.

(Aldi Süd fühlt sch dadurch spät zur Entwicklung des Pendants „Meine Backwelt“ inspiriert; siehe Supermarktblog).

Großartig weiterentwickelt hat sich die Hofer-Variante zuletzt zwar nicht; die Österreicher wissen ihr Kombiangebot aber hervorragend in Szene zu setzen. Nicht nur in der Filiale, wo Kunden „ofenfrische“ Waren aus „hochwertigen Zutaten“ versprochen kriegen, die „regional aus heimischen Betrieben“ stammen.

Sondern auch draußen an der Ladenfront, wo über den Fenstern statt des Hofer-Logos eine große Tafel mit dem Angebot hängt, sich „Frisch aus der Backbox“ zu bedienen (Titelfoto oben). Damit dürfte ein für alle mal geklärt sein, welche Bedeutung frische Backwaren inzwischen für den regulären Diskont haben, nicht nur in Österreich.

(Die „Frisch aus der Backbox“-Tafel hängt übrigens auch an anderen Hofer-Filialen, zum Teil mit keck aus dem O herausschlüpfendem Symbolbäcker.)

2. Offener Eingang

Während viele Supermärkte ihre Eingänge möglichst offen gestalten, um Kunden willkommen zu heißen, setzen Discounter (und Diskonter) traditionell weiter auf separierte Ein- und Ausgänge, abgetrennt in der Regel durch selbstöffnende Schiebetüren mit Kaffeeautomaten als Empfangskomitee. Geht aber auch ohne: Am Rochusmarkt laufen Hofer-Kunden einfach links in den Laden und zahlen ihre Ware rechts an der Kasse. Trennung gibt es dazwischen keine mehr. Das wirkt sehr viel einladender und freundlicher.

3. Mehr Bio fürs Baby

Mit seiner 2014 gestarteten Eigenmarke „Zurück zum Ursprung“ verpflichtet sich Hofer, garantiert gentechnikfreie Waren anzubieten, bei deren Produktion Regeln zum Tier- und Umweltschutz eingehalten werden. Zugleich ist eine Rückverfolgung der Inhaltsstoffe bis zu den (österreichischen) Erzeugern möglich.

Rund 450 Produkte umfasst das „Zurück zum Ursprung“-Sortiment in den Filialen, dazu gehören u.a. frische Brote, Käse, Obst und Gemüse.

Anfang Oktober ist Bio-Babynahrung dazu gekommen, mit der Hofer „neue Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandards für die Kleinsten unter uns“ verspricht. In den Filialen ist die Werbung für das erweiterte „Zurück zum Ursprung“-Angebot für Babys und Kleinkinder derzeit kaum zu übersehen. Und ein hervorragendes Mittel für Hofer, um junge Familien von Drogerieketten wegzulocken und stattdessen an sich zu binden.

4. Einladung an Verpackungsvermeider

Alle großen Handelsketten haben versprochen, Verpackungen zu reduzieren; Hofer arbeitet dafür mit Aldi Süd und Aldi Nord in Deutschland zusammen, um die Verpackungsmenge bis 2025 um 30 Prozent zu reduzieren. Gleichzeitig sollen notwendige Verpackungen besser recycelt werden können. Die Österreicher gliedern die Initiative in ihr Nachhaltigkeits-„Projekt 2020“ ein und machen sie für Kunden am Regal unmittelbar sichtbar.

„Verzichten Sie auf das Obstsackerl und tun Sie der Umwelt was Gutes!“,

schlägt der Diskonter auf Hinweisschildern an der Knotenbeutelabrollstation vor.

Und probiert gleichzeitig aus, ob die Kunden bereit sind, alternativ auf Beutel umzusteigen, die vollständig biologisch abbaubar sind und zuhause z.B. zum Biomüllsammeln wiederverwertet werden können – an der Kasse allerdings mit 3 Cent zusätzlich bezahlt werden müssen.

Damit bei all diesen Initiativen, die vor ein oder zwei Jahrzehnten vermutlich undenkbar gewesen wären, keine Missverständnisse aufkommen, erinnert Hofer glücklicherweise alle paar Meter daran, worum es immer noch in erster Linie geht: um den „Hofer-Preis“ selbstredend, der „dauerhaft günstiger“ ist.

Mag sein, dass der Discount einst entstanden ist, um Leute unkompliziert, schnell und günstig einkaufen zu lassen. Schnell soll es immer noch gehen. In seiner modernisierten Variante scheint sich das Vertriebslinienkonzept aber zunehmend auf die drei großen B zu fokussieren. Mehr Backwaren, mehr Bio – und trotzdem billig.

Fotos: Supermarktblog

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Edekas Kleinflächenkonzept „E xpress“ in Süddeutschland: Einsatz mit X

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Zwei Jahre ist es her, dass sich der artige Supermarktführer Edeka kurz vor Weihnachten einen lange gehegten Wunsch erfüllte und doch noch die (übrig gebliebenen) Filialen von Kaiser’s Tengelmann übernahm (siehe Supermarktblog). War das ein Fest? Kommt drauf an, wen man fragt. Zumindest scheint es so, als hätten sich die anschließend in die Pflicht genommenen Edeka-Regionalgesellschaften Schöneres vorstellen können als einen Haufen in die Jahre gekommener Kleinflächen in ihre Filialnetze zu integrieren.

Eigentlich seien ihm Filialen ab 1.600 Quadratmetern am liebsten, verriet der Edeka-Südbayern-Geschäftsführer Claus Hollinger im Sommer dem Branchenmagazin „Lebensmittel Praxis“. Viele der Tengelmann’schen Läden waren aber nicht mal halb so groß.

Um die Auflagen der Ministererlaubnis des damaligen Wirtschaftsministers und heutigen Politfrühpensionärs Sigmar Gabriel einzuhalten, war es für Edeka keine Option, die Filialen einfach selbstständigen Kaufleuten zu überlassen. Obwohl die sich zum Teil ganz hervorragend darauf verstehen, kleine City-Supermärkte in Stadtteilzentren zu betreiben, die ebenso funktional wie schick sind (einfach mal Edeka Niemerszein in Hamburg-Pöseldorf anschauen).

Deshalb hat sich Edeka Südbayern „E xpress“ ausgedacht – ein Ladenformat speziell für kleinere Supermärkte mitten in der Stadt (und Kunden, die unallergisch gegen alberne Wortspiele sind).

Mehr Farbe, wenig Entzückung

Inzwischen hängt an zahlreichen Ex-Tengelmann-Filialen draußen das neue Logo im typischen Edeka-Schriftzug vor einer Silhouette mit lokalen Wahrzeichen, u.a. in Augsburg, Bad Tölz, Freising, Starnberg. Drinnen hingegen ist das Ladenformat, auf das man im Handelskonzern stolz zu sein scheint, ein ziemliches Durcheinander.

Nirgendwo lässt sich das so gut besichtigen wie in München, wo „E xpress“ einerseits als klassischer Nahversorger funktioniert (z.B. im Stadtteil Untergiesing, siehe Foto oben); und andererseits als City-Supermarkt mit erweitertem Lunch-Angebot (z.B. in der Karlstraße in der Nähe des Hauptbahnhofs) – also, um’s mal mit der direkten Konkurrenz zu vergleichen: wie eine Mischung aus Rewe City und Rewe to Go. Kann das gutgehen?

Na ja. In Untergiesing hat Edeka vor allem die Obst- und Gemüseabteilung ordentlich aufgeräumt, die Wände knallgrün gestrichen, Boden mit Kopfsteinpflasteroptik verlegt und schicke Lampen im Industriedesign aufgehängt, wie sie bei Supermarktmodernisierungen gerade mächtig in Mode sind.

Im Rest des Ladens hielt sich die Umbauleidenschaft leider in Grenzen. Bereits zwei Meter weiter weicht das Kopfsteinpflasterimitat wieder den alten Tengelmann-Dalmatinerfliesen.

Die Wände sind anthrazit und hellblau gestrichen, die Sortimente in schlichten Großbuchstaben über die Regale geschrieben. Das schafft Übersicht. Aber nicht gerade Entzückung.

Sonst sieht der Laden aber doch noch arg nach dem Vorgänger aus, bloß ein bisschen bunter – und kein bisschen aufgeräumter.

Das mag auch daran liegen, dass Edeka Südbayern, um höhere Umsätze aus den Läden herauszuholen, die Artikelanzahl im Schnitt „um 25 Prozent erhöht“ hat, wie Südbayern-Chef Hollinger der „LP“ erklärte: durch mehr Regalböden und eine Neuordnung der Regale. Zur Übersichtlichkeit hat das nicht beigetragen, ganz im Gegenteil. Vor allem aber erschließt sich den Kunden nicht, warum das alles „E xpress“ sein soll – außer, Edeka bezieht sich damit auf die Umbauzeit. (Die laut „Lebensmittel Zeitung“ für manche Filialen exakt einen Tag betrug.)

Der Markt in der Karlstraße hinterlässt einen anderen Eindruck.

Direkt hinter den Eingang hat die Handelskette drei Sitzbuchten mit Tisch und Bank ins Schaufenster gebaut, wo sich das dahinter an der Back- und Snack-Theke erworbene Sofortessen direktverzehrten lässt. Gute Idee!

Zumal die breite Theke eine ordentliche Auswahl an belegten Brötchen, unvermeidlichem Leberkäse und warmen Mittagsgerichten bietet.

Aus einer Kühltruhe nebenan lässt sich außerdem ein Salat fischen und direkt mitbezahlen, ohne dass man in den Laden muss.

Darauf ist Edeka-Südbayern-Chef Hollinger besonders stolz – offensichtlich, weil ihm bis jetzt keiner gesagt hat, dass diese oder ähnliche Formen der Sortimentsdurchlässigkeit in vielen Standard-Märkten von Konkurrenten inzwischen selbstverständlich ist.

Die Praxistauglichkeit des selbsterdachten „Convenience-Laufs“ gerät noch dazu schnell an ihre Grenzen, sobald der Kunde nämlich auf die Idee kommt, zum Lunch vielleicht noch eine Tüte Chips oder ein paar Kekse verzehren zu wollen. Oder ein Getränk, das an der Snack-Theke nicht verfügbar ist.

Dann heißt’s nämlich doch wieder: ab in den Laden – und an der Kasse anstellen. Mit Bedienung, versteht sich. Für SB-Kassen wäre zwar ausreichend Platz gewesen. Aus einem unerklärlichen Grund hielt man es bei Edeka Südbayern aber nicht für notwendig, in sein „xpress“-getauftes neues Ladenformat in der Münchner City auch Kassen einzubauen, an denen man wirklich expressbezahlten hätte können.

Gut möglich, dass das in weiteren der inzwischen über 40 „E xpress“-Märkte anders ist; und für sich genommen mögen die mal mehr, mal weniger stark modernisierten Läden auch durchaus funktional sein.

Ein großer Wurf ist Edeka mit dem Konzept, das inzwischen von anderen Regionalgesellschaften übernommen wird (von Edeka Südwest u.a. in Aichwald-Schanbach, Gemünden und Stuttgart-Asemwald), aber in seiner bisherigen Variante nicht gelungen.

Sondern eher der Beleg dafür, dass Deutschlands größter Lebensmittelhändler gewaltig ins Schwimmen kommt, sobald’s um die Entwicklung eines stringenten Kleinflächenkonzepts geht, das sich standortübergreifend einsetzen lässt.

Fotos: Supermarktblog

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Neuer Chef und viele offene Fragen: Vapiano verkalkuliert sich mit seiner Expansion

Budnis zweiter Drogeriemarkt in Berlin: Alles nochmal in klein

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Ho, ho, ho: Am Nikolaustag hat die Hamburger Drogeriemarktkette Budnikowsky ihre zweite Filiale in Berlin eröffnet – genau wie die erste in der Schönauser Allee im Bezirk Prenzlauer Berg, allerdings zweitausend Meter weiter südlich Richtung Berlin-Mitte. Und diesmal nicht in einer ehemaligen McDonald’s-Filiale, sondern in einer bislang unbewohnten Hobbithöhle.

(Zumindest sieht die Verkaufsfläche mit dem grasbewachsenen Dach unter der Sommerterrasse einer Pizzeria stark danach aus.)

In Design und Funktionalität hat sich Budni stark am Hauptstadtladen Nummer eins orientiert (siehe Supermarktblog). Allerdings steht diesmal sehr viel weniger Platz zur Verfügung. Anstatt sich auf 600 Quadratmetern auszubreiten, muss sich Budni am zweiten Standort mit 430 Quadratmetern begnügen – und verzichtet deshalb (u.a.) auf einen Café-Tresen mit Sitzplätzen. (Dafür steht am Eingang ein Automat für Coffee to Go, an dem man seinen Mehrwegbecher koffeeinbetanken kann.)

Außer klassischen Drogerieartikeln gibt es erneut ein umfassendes Lebensmittelsortiment inklusive Kühlprodukten, einer Mini-Tiefkühlauswahl sowie Salaten und Sandwiches für die Mittagspause und Bio-Backwaren vom Partner Beumer Lutum im Edel-Brötchenknast.

Zusammengerückte Frische

Das Frische-Ensemble ist diesmal an der linken Ladenseite eng zusammengerückt; in den angrenzenden Regalreihen gibt es Artikel aus dem Alnatura-Trockensortiment zu kaufen, dazu eine schöne Auswahl an Produkten von kleineren Herstellern.

Damit kann sich Budni bei der Nachbarschaft am Senefelder Platz (erneut) als Nahversorger positionieren, bei dem man auf dem Heimweg all das kriegt, was zuhause noch fehlt: Zahnpasta, Tomatenpassata, Joghurt, Toilettenpapier. Dass die direkt daneben gelegene Rewe-Filiale nach einem Brandschaden vor wenigen Monaten immer noch geschlossen ist, dürfte Budni zusätzliche Kunden in den Laden spülen, die froh über eine Einkaufsalternative sind.

Geöffnet bleibt diesmal von vornherein bis 21 Uhr – ideal, um sich abends ein Weg-Craft-Beer aus dem Kühlregal zu angeln. Wenn genügend Kundschaft kommt, könnte demnächst auch länger aufbleiben.

Erstaunlich ist in jedem Fall, wieviele Elemente die Hamburger trotz kleinerer Verkaufsfläche aus dem Prototypen übernommen haben. Es gibt wieder eine große Naturkosmetik-Auswahl, die deutlich aus dem übrigen Sortiment heraussticht, einen Regalkopf mit „Foodstarter“-Produkten des Partners Edeka, und einen Fotodrucker.

Ein bisschen wie bei Tante Emma

Die platzsparenden Tresenkassen sind diesmal direkt an den Ein- bzw. Ausgang geschoben und haben eine Holzeregalinstallation dahinter gesetzt bekommen, in denen zusätzliche Prepaid-Karten, Rasierklingen, Geschenkboxen untergebracht sind. Sieht ein bisschen aus wie früher im Tante-Emma-Markt (und ist sicher kein Zufall).

Trotzdem dürfte es eine Herausforderung gewesen sein, auf der kleinen Fläche sämtliche Produkte unterzubringen, die Kunden von einem klassischen Drogeriemarkt erwarten – und dann noch genügend Platz für die Produkte zu lassen, mit denen sich Budni vom Wettbewerb abheben will.

Auf der rechten Ladenseite sind die Regale in der Neueröffnung deshalb deutlich höher und haben zusätzliche Böden eingesetzt bekommen.

In manchen Sortimenten hat sich Budni schlicht aufs Wesentliche reduziert. Hygiene-Papierartikel (Toilettenpapier, Küchenrollen), bei denen Kunden ohnehin oft zu Eigenmarken der Händler greifen, gibt es fast ausschließlich als Budni-Eigenmarke zu kaufen. (Mit klaren Ausnahmen: Auf Tempo-Taschentücher wollte man z.B. nicht verzichten.)

Die zusätzliche Konkurrenz könnte vor allem der wenige Meter daneben gelegene denn’s Biomarkt zu spüren bekommen; in der direkten Nachbarschaft der Drogerie-Rivalen hat Budni diesmal aber nicht geankert. Die nächste Rossmann-Filiale ist immerhin 300 Meter entfernt; dm in der Ecke gar nicht vertreten.

Expansion auf kleineren Flächen?

So kann der Herausforderer in aller Ruhe ausprobieren, ob das für den Berlin-Start aufgemöbelte Drogerie-Nahversorger-Konzept auch auf kleineren Flächen funktioniert. Wenn das der Fall ist und die Kunden nicht das Gefühl haben, dass ihnen etwas Wichtiges in der Auswahl fehlt, wäre das für Budnikowsky ein Signal dafür, dass es sich lohnen könnte, auch in anderen Berliner Bezirken kleinere Flächen zu besetzen. Zumal die für dm und Rossmann, die immer größere Läden eröffnen (siehe Supermarktblog), gar nicht mehr in Frage kommen. Bislang jedenfalls.

Das würde Budni die weitere Expansion in der Hauptstadt deutlich erleichtern. Und könnte bei zahlreichen Vermietern auf Interesse stoßen, die über genau solche Flächen verfügen.

Dass es weitere Filialen geben soll, steht inzwischen fest, bestätigt Budni-Geschäftsführer Christoph Wöhlke im Supermarktblog-Gespräch: „Das war nicht unser letzter Berliner Laden.“ Die erste Filiale sei sehr gut angenommen wurden, inklusive des Lebensmittelsortiments. Außerdem verkaufe man dort deutlich mehr Eigenmarken-Produkte als gedacht, obwohl Budni als Marke in Berlin noch gar nicht so etabliert sei.

Das dürfte das Unternehmen darin bestärkt haben, seinen Kurs fortzusetzen. Und ist nebenbei gesagt ein positives Signal für den Kooperationspartner Edeka, der sich das Recht gesichert hat, Drogeriefilialen unter dem Budni-Banner in Eigenregie zu betreiben.

Mehr Konkurrenz kann der deutsche Drogerie-Markt derzeit in jedem Fall richtig gut gebrauchen.

Fotos: Supermarktblog

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Nehmt euch in acht, Imbisse: So wird Rewe to go in 5 Schritten zum Gastro-Schreck

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Mit messerscharfer Analytik haben die Marktforscher der npd Group Deutschland gerade fürs kommende Jahr geweissagt, dass „der Lebensmitteleinzelhandel seine Bedeutung für den Gastronomiemarkt weiter ausbauen“ wird (PDF). Anders gesagt: Wenn Brötchenknasts mit Pizzasnacks und Kühlhippos mit Sandwiches überquellen, brauchen Supermarkt- und Discount-Kunden nicht mehr ins Schnellrestaurant oder zum Imbiss zu gehen.

Wobei man ehrlicherweise sagen muss: Bislang hat die Sofortessen-Auswahl im hiesigen Lebensmitteleinzelhandel nicht durch übermäßige Kreativität für sich geworben.

Kaufland und Lidl suchen noch nach der richtigen Strategie für ihre umgetauften Convenience-Sortimente (siehe Supermarktblog); Edeka hat ein paar feine Salate unter der Eigenmarke „Edeka deli“ im Angebot, überlässt Mittagessen aber größtenteils den selbständigen Kaufleuten; Vorreiter Penny irritierte zuletzt durch die Fusion von „to go“ mit „heat & eat“ zu „penny ready“ (siehe Supermarktblog).

Und dann ist da noch Rewe, wo man mit reichlich Verspätung gemerkt hat, dass sich die Eigenkreation „Rewe to go“ nicht nur eignet, um unter diesem Namen Minisupermärkte in Innenstädten und an Tankstellen zu eröffnen; sondern auch, um darunter Produkte zusammenzufassen, die für den sofortigen Verzehr nach Bezahlung gedacht sind.

Über längere Zeit hielt sich in Köln die Ambition in Grenzen, die Eigenmarke weiter als Gastro-Schreck auszubauen; in den vergangenen Monaten hat sich das geändert.

Die Kühltheken am Markteingang haben vielerorts eine zweite Ebene eingezogen kommen, um mehr Produkte unterbringen zu können.

Gleichzeitig testet Rewe neue Produkte, die vom Sofortessen-Standard abweichen, den ja längst auch die Discounter abbilden. Seit Sommer gibt Menüschalen zum Warmmachen (z.B. „Garnelen auf Zucchini-Tomaten-Fenchel-Gemüse, Bandnudeln und Pfefferhollandaise“) mit dem neuen Rewe-to-go-Logo zu kaufen; Protein-Bowls mit viel Gemüse in einer Asia-, Japan- bzw. Veggie-Variante (mit Hähnchen, Thunfischcreme oder Couscous); und Smoothie-Müsli-Kombinationen („Ananas Banana Kokos mit Schoko Knusper“).

Das lässt zumindest erahnen, welches Potenzial in der Eigenmarke steckt, würde man regelmäßig in die Entwicklung neuer Produkte investieren und aktuelle Ernährungstrends aufgreifen.

Schnäppchen-Luncher, die auf jeden Cent schauen, erreicht Rewe damit sicher nicht; die neuen Gerichte sind eher am oberen Ende der Preisskala für Sofortessen aus dem Supermarkt angesiedelt (eine „Bunte Bowl“ mit 275 Gramm Gemüse kostet 3,99 Euro) – in der Regel aber immer noch günstiger als Vergleichbares aus der Fast-Casual-Gastronomie.

Unter den hiesigen Supermarkt-Wettbewerbern liegt Rewe mit seinem Convenience-Sortiment zweifellos in Führung, hat in seinen Kühltheken aber trotzdem massig Luft nach oben. Um sich inspirieren zu lassen, empfiehlt sich eine kleine Lunch-Reise durch europäische Supermärkte. (Oder die Lektüre dieses Blogeintrags.)


1. Darf’s heute mal Luxe sein?

Sandwich mit Gouda ist prima, Salat mit Schinken geht in Ordnung – aber was ist, wenn der geneigte Supermarkt-Mittagspäusler sich zwischendurch auch mal was Besonderes gönnen will? In den Niederlanden baut Albert Heijn dafür Klappbrotvariationen, die als „Luxe Sandwich“ Abwechslung versprechen und so schlicht verpackt sind, dass der Belag der Star bleibt.

Ließe sich jederzeit auch für Rewe to go umsetzen – vorausgesetzt, die Produktentwicklung beschränkt sich nicht länger darauf, gängige Natsu-Snacks eins zu eins zur Eigenmarke umetikettieren zu lassen.

2. Testen, testen, testen

Ausgerechnet die Discount-Schwester Penny macht Rewe schon länger vor, wie man sein Convenience-Sortiment weiterentwickelt. Nämlich indem kontinuierlich neue Produkte getestet werden: Gemüsesalate für gesundheitsbewusste Kalorienzähler, Wurstsnacks für den mit der Zeit gehenden Bauarbeiter, Minikuchenstücke für alle, die einen kleinen Zuckerschub brauchen, um bis zum Feierabend durchzuhalten.

Damit hat Penny im Laufe der Zeit sein Snack-Angebot nicht nur für höchst unterschiedliche Zielgruppen ausgeweitet; sondern kann auch Klassiker und One-Snack-Wonder auseinander sortieren und seinen Kunden regelmäßig Abwechslung bieten.

3. Mittagessen-Deals

In Großbritannien und den Niederlanden sind sie Standard, in Deutschland traut sich Rewe Lunch-Deals allenfalls in Tankstellenshops und am Bahnhof. Dabei würde sich das to-go-Sortiment hervorragend eignen, um zur Mittagszeit Mini-Mahlzeiten mit Getränk und Nachtisch zu kombinieren – und dafür an der Kasse einen Rabatt abgezogen zu bekommen.

Oder wie’s bei Jumbo in den Niederlanden heißt: „Goedemiddag“!

4. Kooperationen

Didi – wer? Didi Maier! In Deutschland hält sich die Bekanntheit des Salzburger Junggastronomen in Grenzen, bei unseren österreichischen Nachbarn allerdings betreibt der Mittdreißiger nicht nur erfolgreich eigene Lokale (eins mit dem sensationellen Namen „Didilicious“) und stürmt durch die Puls4-TV-Show „Kochgiganten“, sondern verkauft außerdem Mützen, Tassen und Schürzen mit seinem Konterfrei. Und seit einiger Zeit auch Salatkreationen im Supermarkt.

Dafür hat sich Maier mit „Spar enjoy“ zusammengetan, der Sofortessen-Eigenmarke der österreichischen Handelskette Spar (die es inzwischen auch als Laden gibt). Die Spar-enjoy-Salate „by Didi Maier“ sind hübscher angerichtet als die Standards, haben ein separates Dressing-Reagenzglas an der Seite baumeln, wurden „frisch im Markt“ verschalt und protzen mit besonderen Zutaten: Drachenfrucht, essbaren Blüten, Grünkohl, Kürbis.

Ist irre teuer; sieht aber hervorragend aus – und dürfte als Kombination aus Premium-Conveneince und Promi-Kooperation vermutlich für beide Seiten ein Gewinn sein.

Wer als Lebensmittelhändler nicht gleich aufstrebende Promigastronomen einkaufen will, kann aber auch eine Nummer kleiner kooperieren: Für ausgefallene fleischlose Varianten seiner Direktverzehr-Sandwiches und Wraps kooperiert Albert Heijn in den Niederlanden mit De Vegetarische Slager, einem Veggie-Metzger aus Utrecht. Im Regal gibt’s deshalb z.B. vegetarische Gemüswraps mit „Spicy Tuna“. Auch nicht ganz günstig – aber ziemlich konkurrenzlos.

Einen weiteren Koperationskniff könnte sich Rewe einfach bei den österreichischen Kollegen abschauen: Die Aufwärmmarke „Simply Good“ mit frischen Fertiggerichten gibt’s Format-Übergreifend sowohl bei Billa als auch bei Merkur zu kaufen, die beide zur Rewe Group gehören.

5. Der große Lunch-Auftritt

Apropos Österreich: „Ein Snack zwischendurch ist immer Freshy“, erinnert Billa Kunden daran, dass sie sich am Kühlplateau ein schnelles Sofortessen mitnehmen können – ohne es sich erst an verschiedenen Kühlorten im Markt zusammensuchen müssen. Einfach auf die gelb-weiße Markise mit dem Logo der Convenience-Eigenmarke achten!

Rewe versenkt seine to-go-Produkte bislang sehr viel unauffälliger in der Truhe, über der mancherorts zwar der Hinweis „Schnell und einfach genießen“ als Hinweis steht. Der hängt aber in neu designten Märkten auch als Generalansage über der kompletten Kühllandschaft.

Ein bisschen auffälliger darf’s schon sein – es muss ja nicht gleich eine ganze Lunch-Wand sein, wie bei Whole Foods in den USA.

Mehr über die langsame Ausbreitung des neuen Rewe-Ladendesigns steht in den kommenden Tagen hier im Blog.

Fotos: Supermarktblog, Logo: Rewe

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„Supermarkt 2020“: Wie schlägt sich Rewes neues Ladendesign im Alltag?

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„Heißzeit“ ist seit vergangenem Freitag das offizielle „Wort des Jahres 2018“, da lässt sich nichts mehr dran rütteln. Weil die Gesellschaft für deutsche Sprache aber erneut versäumt hat, ein Pendant für den Lebensmitteleinzelhandel zu küren, holen wir das an dieser Stelle exklusiv nach. Das „Supermarktwort des Jahres 2018“ heißt – tataaa!:

„modular“

Bisschen unspektakulär? Abwarten.

Eingereicht wurde der Begriff (quasi) vom frisch bis 2023 verlängerten Rewe-Chef Lionel Souque („super Jahr, am Ende“). Der antwortet damit in Interviews gerne auf die Frage, was das neue Rewe-Ladendesigns „Supermarkt 2020“ so besonders macht. (Ist doch klar: „modular“!) Und zwar, weil das Konzept unterschiedliche „Module“ für Obst und Gemüse, für Wein, für Frische-Bedienung und für Gastro vorsieht, die je nach Standort miteinander kombiniert werden können. Klingt einleuchtend.

Laut FAZ sollten im zu Ende gehenden Jahr „180 Märkte umgebaut und 120 Filialen neu eröffnet werden“ – allesamt mit dem neuen Design, das Rewe vor zwei Jahren quer übers Land verteilt in verschiedenen Märkten und Varianten getestet hat. Das war durchaus eindrucksvoll (siehe Supermarktblog 1 und Supermarktblog 2); die entscheidende Frage ist aber, ob es auch im Einkaufsalltag funktioniert bzw. was davon übrig geblieben ist.

Weniger als wünschenswert gewesen wäre nämlich. Zumindest scheint einer der größten Vorteile der von Souque gelobten „Module“ zu sein, dass man sie in der praktischen Umsetzung, wenn’s zu kompliziert oder zu teuer wird, einfach weglassen kann.

Das bedeutet nicht, dass die Umbauläden nicht modern aussehen würden. Im Gegenteil: Mit dem „2020“-Design hat die Kölner Handelskette eine sehr gute Grundlage für ein modernes Supermarktkonzept geschaffen. Und dafür Elemente – Pardon: Module aus allen Testmärkten zu einer Art Best-of vereint. Wobei sich das u.a. in der Münchener Hopfenpost und in Berlin-Lichtenberg getestete Design als Favorit durchgesetzt zu haben scheint, wenn auch in einer abgespeckten Variante.

Das Basisdesign: Es werde weiß!

In den vergangenen Wochen hab ich mir neu umgebaute Märkte in Berlin, Hamburg, Leipzig und Südhessen angeschaut, die alle eines gemeinsam haben: ein sehr viel helleres Basisdesign als es bisher bei Rewe Standard war. Auf weißer Holzverkleidung stehen große Sortimentshinweise in der aktuellen Rewe-Kampagnenschrift an der Wand: „Gemüse“, „Tiefkühlprodukte“, „Süßwaren“.

Über der Obst- und Gemüseabteilung hängen dezente Korbflechtlampen.

Also, manchmal.

Die Regale in den Mittelgängen sind in schlichtem Schwarz gehalten, verfügen (u.a. für Feinkost und Drogerie) über metallene Trenner und haben Produktkategorien an die Stirn getackert bekommen, um mit ihren Regalkumpeln „Wer bin ich?“ spielen zu können.

Gleichzeitig wohlgestalt und praktisch sind die neuen Kühlböcke für Aktionsware, Spezialitäten und Sofortessen, die auf hölzernen Füßen stehen und dafür sorgen, dass man nicht mehr Gefahr läuft, in die Truhe zu fallen, wenn man einen Artikel rausholen möchte. Die Rundum-Verglasung sorgt außerdem für mehr Übersichtlichkeit.

Das „deli am Markt“ scheint (zumindest in Städten) zur Standardausstattung zu gehören und ist in der Regel am Ladeneingang an den stark erweiterten Brötchenknast angedockt, der vom Thekenpersonal mitbefüllt werden kann und jetzt endgültig auf den öden Namen „Brot & Mehr“ getauft wurde.

Selbst im neu eröffneten Stadtteilsupermarkt in Leipzig-Plagwitz hat Rewe dafür Platz gemacht. Viel Platz.

Bei genauerem Hinsehen fällt aber auch auf, worauf die Handelskette für die nationale Umsetzung alles verzichtet hat.

Frischetheken: Da fehlt doch was

Bisschen schade ist’s schon, dass sich das schwarz verkachelte Frischetheken-Quadrat aus Berlin-Niederschönhausen mit der schicken Wandverzierung nicht durchgesetzt hat – das sah schon ziemlich edel aus. Stattdessen hat sich Rewe für die schlichtere Design-Alternative entscheiden: Theken auf Holzfüßen, weiße Kacheln dahinter, Deckenquadrate mit Lichtspots, Holzregaldeko mit eingebauten Aktionsbildschirmen – nur nicht ganz so detailreich beschmückt wie in den Testmärkten.

Von der Decke baumeln keine Holzbrettchen, im Regal stehen keine Flaschen und Töpfe, sondern bloß Rewe-Papiertüten – und auch wenn das Kleinigkeiten sind, schmälern die den Wow-Effekt des ursprünglichen Designs doch deutlich.

Die Fischtheke mit den blau-türkisen Kacheln ist ein hübscher Kontrast, findet aber in vielen Läden keinen Platz. Und dass die in München getestete Confiserie eine Ausnahmeerscheinung bleiben würde, war anzunehmen.

Leider hat es auch die Käse- und Antipasti-Insel in keinen der von mir angeschauten Märkte geschafft. Das ist einerseits verständlich, weil die Konstruktion zusätzliche Arbeit verursachen dürfte, die in der Basisbesetzung von den Mitarbeitern nur schwer zu leisten sein wird.

Andererseits ist die 360-Grad-Universaltheke, die je nach Bedarf (und Personalauslastung) für Bedienung und Selbstbedienung genutzt werden kann, derart besonders, dass sie den kompletten Markt aufwertet. Zumal die Sortimentskombi aus Käse , Antipasti, Feinkost und besonderen Eigenmarken-Produkten hervorragend zusammen passt. Das fehlt, wenn’s fehlt.

Und ist vor allem deshalb ärgerlich, weil auf der Verkaufsfläche stattdessen immer genug Platz war, dem Billigfraß einen „deli am Markt“-Tempel zu errichten oder einen der schwarzen Sushi-Würfel einzubauen, für den der Partner eat happy vermutlich extra Miete bezahlen dürfte. (Obwohl sich frisches Sushi deutlich platzsparender in eine Universaltheke integrieren ließe.)

Sortimentstrennung: Fließender Übergang

Es bisschen hat man in den neuen „2020“-Märkten den Eindruck, Rewe habe unbedingt Umbaukosten sparen wollen – und dafür einfach Elemente zur Sortimentstrennung weggelassen, damiut es nicht so auffällt. Eine abgesetzte Decke mit Lichtspots war z.B. in Berlin-Lankwitz (eine der von Rewe übernommenen Kaiser’s-Filialen) nicht drin, zur Ablenkung hängt ein schlichtes Lampen-Ensemble etwas unmotiviert von der Decke.

Auch die Drogerie ist (in den von mir besuchten Märkten) nicht mehr separat schwarz abgehoben und fügt sich an der Grenze zur Unsichtbarwerdung zwischen die übrigen Sortimente ein.

Regionale Produkte: Adieu, Produktfelsen!

Im ursprünglichen Design-Test hatte Rewe einen Produktfelsen mit anschiebbaren Holzklippen und Kühlböcken prominent zwischen Gemüse und Frischetheken platziert, um damit Kompetenz im Regionalitätstheater auszustrahlen. Die Neuerung scheint es ebenfalls nicht ins reguläre Design geschafft zu haben. Regionale Produkte spielen in den Märkten zwar weiter eine große Rolle, sind aber auf die regulären Plätze verräumt: In normale Kühlböcke, über denen der Kundschaft auf Schildern die freundlichen Erzeuger vorgestellt werden. Und in die Gondelköpfe am Regalende.

Fazit: Ein guter neuer Standard

Keine Frage: Mit dem „Supermarkt 2020“-Konzept ist Rewe ein zeitgemäßer Auftritt gelungen – vor allem im Vergleich mit dem vorherigen Standard, nach dem noch Ende des vergangenen Jahres neue Märkte eröffnet wurden (siehe Supermarktblog), und mit dem Rewe sehr bald das Problem bekommen hätte, hinter die modernisierungswütige Discount-Konkurrenz zurückzufallen. (Die inzwischen auch ziemlich moderne Läden bauen kann.)

Der Verzicht auf – scheinbar – unnötige Deko-Elemente, vermutlich um Kosten zu sparen, scheint erstmal nicht weiter tragisch zu sein. Er sorgt aber dafür, dass die jetzt umgebauten „2020“-Rewes sehr viel weniger Marktplatz-Ambiente ausstrahlen als es nach Vorgabe der Test-Designs möglich gewesen wäre.

Das mag auch den sehr unterschiedlichen Strukturen der einzelnen Läden geschuldet sein. Und am Ende kann Rewe auf der neu geschaffenen Basis zweifellos „emotionale“ Supermärkte bauen, in denen Einkaufen sehr viel mehr Spaß macht. Letztlich hat jedoch der Mut gefehlt, gelernte Strukturen und Sortimentsanordnungen so aufzubrechen, dass ein wirklich unverwechselbares Einkaufserlebnis entsteht. Mit Besonderheiten, die die Konkurrenz so schnell nicht nachmachen wird. Eine verpasste Chance.

Ebenso wie die, in den neu gestalteten Läden in größerem Stil für den eigenen Lebensmittel-Lieferservice als Teil der Rundumversorgung zu werben, wie es anderswo längst üblich ist.

Der „Supermarkt 2020“ ist ein guter neuer Standard. Aber einer, bei dem nach 2020 womöglich schneller wieder nachgebessert werden muss, als das den Verantwortlichen in Köln lieb sein kann.

Fotos: Supermarktblog

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Albert Heijn und Takeaway.com: Werden Supermärkte und Lieferessen-Dienste 2019 zum Dream-Team?

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Instacart bringt Kunden in den USA ihre online bestellten Lebensmittel aus Supermärkten nachhause. Jetzt sofort. Gerade haben die Amerikaner angekündigt, sich nach und nach von ihrem bisherigen Partner Whole Foods zu verabschieden und ihre Lieferstationen in dessen Läden aufzugeben. Hintergrund ist die Übernahme der Biomarktkette durch Amazon, das Whole Foods seitdem konsequent zum Prime-Supermarkt ausbaut und in rasantem Tempo den eigenen Schnelllieferdienst Prime Now in den Filialen installiert (siehe Supermarktblog).

Das führte in den vergangenen Monaten zu der kuriosen Situation, dass in manchen Whole-Foods-Märkten Bestellungen von Instacart und Prime Now parallel zueinander kommissioniert wurden – wobei natürlich ausschließlich Prime-Now-Besteller in den Genuss der Rabatte und Vergünstigungen kamen, für die in den Läden umfassend geworben wird.

Amazon hat sich also mächtig angestrebt, dafür zu sorgen, dass Instacart nicht darauf besteht, seine mehrjährige Vereinbarung mit Whole Foods bis zum bitteren Ende zu erfüllen. Instacart wiederum hatte reichlich Zeit, neue Partner aus dem Handel für seinen Dienst zu akquirieren.

Aus europäischer Sicht ist das ein merkwürdiger Kampf. In den allermeisten Ländern diesseits des Atlantiks ist die Schnelllieferung aus dem Supermarkt nie übers Teststadium hinaus gekommen. Der Instacart-Klon Shopwings segnete schon 2015 das Zeitliche. Mit Prime Now kommt Amazon hierzulande nicht so recht in die Gänge und hat in diesem Jahr eher Rückschritte gemacht (siehe Supermarktblog); gerade meldete die „Lebensmittel Zeitung“, dass sich (nach Basic und anderen) im nächsten Jahr auch Rossmann als Prime-Now-Partner verabschieden dürfte. Das war abzusehen. Eigene Ideen scheinen die Handelsketten aber auch keine zu haben. Einfach mal was ausprobieren? Ist nicht so die Stärke von Edeka, Rewe, Kaufland & Co.

Niederländischer Partner-Verschleiß

Ganz anders als z.B. beim niederländischen Nachbarn Albert Heijn, der schon seit über zwei Jahren mit der Blitzlieferung von Lebensmitteln experimentiert – und dabei zweifellos schon eine ganze Reihe von Partnern verschlissen hat.

Mitte 2016 kooperierte die Supermarktkette mit dem Start-up Tring Tring, das eine „Appie Now“ getaufte App entwickelt hatte, mit der Besteller sich Lebensmittel aus zwei Filialen in Amsterdam per Fahrradkurier nachhause bringen lassen konnten. Kommissioniert wurden die Mini-Einkäufe von AH-Mitarbeitern in den Märkten, die Lieferung war auf 15 Minuten Radelradius um die Märkte beschränkt. Und der Test nach acht Wochen wieder beendet.

Ein Jahr darauf folgte ein neuer Anlauf, diesmal in Rotterdam. Dort übernahm das Start-up Superbuddy die Lieferung der Supermarkteinkäufe per Cargo-Bike, die diesmal über den App-Nachfolger „Rappie“ bestellt werden konnten und innerhalb von zwei Stunden gebracht wurden. Ende November gab Albert Heijn bekannt, die Kooperation nach einem Jahr nicht weiterverfolgen zu wollen.

Gleichzeitig ist Test Nummer 3 gestartet – diesmal allerdings mit einem Partner, der über den Start-up-Status schon weit hinaus ist: dem niederländischen Lieferessen-Dienst Takeaway.com.

100 Artikel für die Mittagspause

Geliefert werden ausschließlich Artikel aus dem Lunch-Sortiment von Albert Heijn to Go, die für den Direktverzehr gedacht sind und von Fahrern des Takeaway.com-Ablegers Thuisbezorgd.nl (dem niederländischen Lieferando) in zwei Filialen in Amsterdam abgeholt werden. Eigene App ist diesmal keine nötig. Die Bestellung erfolgt über die Lieferplattform von Thuisbezorgd.nl, auf der AH to Go mit Pizzerien, Imbissen und Schnellgastronomen in Konkurrenz tritt.


Foto: Albert Heijn

Obwohl diesmal keine keine klassischen Lebensmittel geordert werden können, ist die Auswahl beachtlich: Besteller können aus fast 100 Artikeln für die Mittagspause wählen – Bowls, Sandwiches, Salate, Suppen, Wraps, Foccaccias, Croissants und andere Backwaren, geschnittenes Obst, Säfte, Softdrinks. Liefergebühren fallen für Kunden keine an. Der Testzeitraum ist erneut auf zwei Monate angesetzt – und dürfte vermutlich von der Konkurrenz mit großem Interesse verfolgt werden.

Denn wenn die Bilanz positiv ausfällt, könnte das Kooperationsmodell sehr schnell ansteckend auf andere europäische Märkte wirken.

Zwar stehen Lieferando, Foodora und Deliveroo erstmal in Konkurrenz zu Supermärkten: Wer Burger oder Pizza bestellt, braucht fürs Abendessen nicht mehr im Supermarkt einkaufen. Gleichzeitig sind aber die Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit hervorragend.

Logistik + Sortiment = ein guter Deal

Dienste wie Thuisbezorgd.nl sind darauf spezialisiert, Kleinstbestellungen innerhalb sehr kurzer Zeit zu Kunden zu bringen, und haben dafür in großen Städten entsprechende Fahrernetzwerke aufgebaut; derweil verfügen Supermarktketten wie Albert Heijn über Lunch-Sortimente, die bereits praktisch für den Transport verpackt sind, dazu haben sie ein Interesse daran, auch Kunden zu erreichen, die mittags lieber nicht das Büro verlassen wollen.

Dazu kommt: Wenn Kunden sich daran gewöhnen sollten, von Thuisbezorgd.nl ihr Mittagessen aus dem Supermarkt gebracht zu kriegen, wäre es nur noch ein kleiner Schritt, die Auswahl um klassische Lebensmittel und Drogerieartikel zu erweitern. Die Handelsketten bräuchten sich keine Gedanken über die teure Logistik zu machen; die Lieferessendienste könnten nicht nur ihr Netzwerk besser auslasten, sondern sich auch eine neue Einnahmequelle erschließen. (Und ganz nebenbei Amazon eins auswischen.)

Eigentlich ist es erstaunlich, dass es überhaupt so lange bis zur ersten Kooperation dieser Art gedauert hat. Aber jede Wette: Die Partnerschaft zwischen Albert Heijn und Thuisbezorgd.nl wird im kommenden Jahr nicht die einzige ihrer Art bleiben.

Die Frage ist bloß, ob auch deutsche Handelsketten diese Chance erkennen und aus dem Quark kommen – oder ob sie lieber anderen dabei zusehen wollen, wie die sich auf die schnell verändernden Gewohnheiten der Konsumenten einstellen.

Mehr über die Entwicklungen im wachsenden Delivery-Markt steht regelmäßig bei holyEATS.

Titelfoto [M]: Takeaway.com/Smb; Fotos: Supermarktblog

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Starbucks baut sich ein Lieferimperium – mit Hilfe von Alibaba und Uber

Das Supermarktblog wünscht allen Lesern frohe Weihnachten und ein anstehfreies 2019!

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War das wieder ein Jahr! Mit umfangreichen Markt-Modernisierungen, umfangreichen Bio-Initiativen, SB-Kassenausbreitung und angriffslustigen Newcomern. Ach ja, ein Newsletter-Geschwisterchen zu Themen aus Gastro und Delivery hat dieses Blog ja auch noch bekommen!

Vielen Dank fürs Mitlesen, Kommentieren und die vielen Hinweise auf berichtenswerte Ereignisse aus der kuriosen Welt des Einkaufens. Wenn Sie mithelfen wollen, dass auch 2019 an dieser Stelle wieder kritische, launige, pingelige Texte dazu erscheinen, freue ich mich sehr, wenn Sie das Supermarktblog auf Steady unterstützen. Das hülfe mir sehr, dieses unabhängig von großen Verlagen erscheinende Projekt aufrecht zu erhalten.

(Praktischerweise gibt’s ein E-Book mit überarbeiten Blog-Klassikern und neuem Material gratis dazu – auch prima fürs Last-Minute-Schenken geeignet!)

Wenn Sie wissen wollen, welche Handelsthemen andere Blogleser in den vergangenen Monaten am meisten interessiert haben, werfen Sie über die Feiertage doch mal einen Blick auf die meistgelesenen Texte 2018 (weiter unten).

Oder Sie lesen einen der Hintergründe nach, die die in diesem Jahr erschienen sind – zum Beispiel zur großen Ratlosigkeit der Bio-Fachhändler und der Frage, ob Supermärkte und Drogerien die erfolgreicheren Bioläden sind. Dazu, wie Picnic aus den Niederlanden zum Liefersupermarkt für alle werden will. Oder wie Amazon seinen Biomarktkette Whole Foods in den USA zum Prime-Supermarkt macht. Sollten Sie von den allerletzten Weihnachsteinkäufen nachhause kommen, sehnen Sie sich aller Voraussicht nach einem baldigen Aussterben der Supermarktkassen (wie wahrscheinlich das ist, lässt sich hier nachlesen: Teil 1, Teil 2, Teil 3).

Wenn nichts Aktuelles dazwischen kommt, ist an dieser Stelle kurz Pause.

Zunächst wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie aber ein frohes Fest und einen guten Start ins neue Jahr! Stehen Sie zwischen den Feiertagen nicht so lange an Kassen herum.


Das sind die meistgelesenen Supermarktblog-Texte des Jahres 2018:

  1. Metro trennt sich von Real – die (fast ganz) ehrliche Verkaufsannonce (24. September)
  2. Lidl, Netto (ohne Hund) und der große Discounter-Ganzjahresfasching (26. Juli)
  3. Die große Ratlosigkeit der Bio-Fachhändler: Sind Supermärkte und Drogerien die erfolgreicheren Bioläden? (23. Februar)
  4. Reals Mogel-Modernisierung in Dinslaken: Dasselbe in Grau (25. April)
  5. „Nicht kostendeckend“? Warum Kauflands Lieferservice doch zum Erfolg hätte werden können (2. Januar)
  6. App statt Karte: So funktioniert Lidls Bonusprogramm Lidl Plus in der Praxis (11. Juli)
  7. Adieu, alter Aufbackapparat! Aldi Süd schöpft sich „Meine Backwelt“ (25. Januar)
  8. Budnikowsky eröffnet seine erste Filiale in Berlin – zwischen dm und Rossmann (8. Juni)
  9. Nach Test in NRW: Amazon-Fresh-Herausforderer Picnic kommt nach Deutschland (16. März)
  10. Zu wenig Bestellungen? Amazon Fresh laufen die „Lieblingsläden“ davon (23. Januar)

Titelfoto: Supermarktblog

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Takeaway.com kauft Delivery Hero Deutschland – was die Übernahme für den Markt bedeutet

Warum der Unilever-Rauswurf bei Kaufland eine Chance für den deutschen Lebensmittelhandel ist

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Das neue Jahr beginnt mit einem der interessantesten Experimente, die es im deutschen Lebensmitteleinzelhandel in den vergangenen Jahren gegeben hat. Zum 31. Dezember 2018 hat Kaufland die Geschäftsbeziehung mit dem Konsumgüterhersteller Unilever beendet. Das Aus ist der vorläufige Höhepunkt eines seit Monaten andauernden Streits und hat zur Folge, dass Unilever-Produkte bis auf Weiteres nicht mehr bei Kaufland erhältlich sein werden.

Anders als beim Zwist zwischen Edeka und Nestlé sind diesmal nicht nur einige wenige Artikel betroffen, sondern ein ganzer Schwung bekannter Marken: Axe, Ben & Jerry’s, Bertolli, Coral, Domestos, Dove, Duschdas, Knorr, Lipton, Mondamin, Pfanni, Rexona, Signal, Unox, Viss.

Genau dieser Umfang macht die Kraftprobe zu einer Chance – nicht nur für Kaufland, sondern auch für kleinere Hersteller und letztlich für die Kunden – einer, die allerdings ungenutzt verstreichen könnte.


Der Konflikt

Kaufland und Unilever streiten bereits seit dem zurückliegenden Frühjahr. Grund sind Preiserhöhungen, die der Hersteller gegenüber dem Handelskonzern durchsetzen wollte – und die dieser nicht akzeptieren will, weil sie „zu erheblichen Erhöhungen der Verkaufspreise geführt [hätten], die über marktübliche Preise hinausgegangen wären“, zitiert die „Lebensmittel Zeitung“ aus einer Kaufland-Mitteilung (Paywall). In der Folge wären Unilever-Produkte bei Kaufland wahrscheinlich teurer gewesen als bei der Konkurrenz. Das kam für Kaufland nicht in Frage, um sein Preis-Image als Großflächendiscounter nicht zu gefährden.

Unilever stellt den Konflikt anders dar. Gegenüber dem „Handelsblatt“ (Paywall) hatte Deutschlandchef Ulrich Gritzuhn im Herbst erklärt, Kaufland reagiere überzogen. Preiserhöhungen seien nur für einen Teil der Produkte gefordert worden, Kaufland habe in der Folge aber zehnmal so viele ausgelistet.

Der tatsächliche Konflikt reicht tiefer: Kaufland habe kontinuierlich Konditionenverbesserungen von Unilever gefordert, schreibt die „LZ“, und damit die Marge des Konzerns strapaziert – obwohl die Zeiten des starken Umsatzwachstums, die als Rechtfertigung dienten, längst vorbei sind.

Händler wie Edeka und Rewe dürften für Unilever in Deutschland eine sehr viel wichtigere Rolle für den Umsatz spielen. Auf ganz Europa bezogen sieht das schon wieder anders aus. Indem Kaufland den Bestellstopp für alle europäischen Märkte durchzieht, versucht der Händler den Druck zu erhöhen.

Die Konsequenz

Schon vor Monaten hat Kaufland damit begonnen, einzelne Unilever-Marken nicht mehr nachzubestellen. Dadurch entstanden erste Lücken im Regal. Zum Start des neuen Jahres ergibt sich ein unterschiedliches Bild. Einzelne vom Rausschmiss betroffene Marken (z.B. Fix-Produkte von Knorr, Lipton-Eistee, Dove-Pflegeprodukte) sind – in den von mir angeschauten Läden – weiterhin in größerem Umfang verfügbar; viele wurden aber im Preis herabgesetzt und sind am Regel als „Billiger!“ gekennzeichnet. Offensichtlich versucht Kaufland, Lagerbestände loszuwerden.

In manchen Sortimenten scheint das bereits gelungen zu sein. Axe und Duschdas fehlen im Duschgel-Regal schon komplett, stattdessen stehen als „Neu“ beworbene Artikel im Regal. Zum Teil wurden auch einfach zusätzliche Sorten bereits gelisteter Marken aufgenommen.

Pfanni ist im Laufe der Wochen an die Kartoffelpulver-Regalränder gerückt; stattdessen kommt jetzt Konkurrent Maggi zum Zug. Und in Berlin darf sich der ostdeutsche Hersteller Werner mit seinem Produktsortiment so stark ausbreiten, wie sich das kleinere Hersteller sonst niemals leisten könnten.

Das Risiko

Mal ehrlich: Im Fünf-Meter-Zahnpasta-Regal muss man schon sehr genau hinsehen, um zu merken, dass Signal fehlt.

Auch ein Leben ohne Duschdas ist möglich. (Bei Ben & Jerry’s wird’s schon schwerer. )

Für Kaufland ist der Sortimentsumbau aber zunächst einmal ein Risiko, auch wenn man in der Zentrale ätzt, aus Marktanalysen zu wissen, „dass Unilever-Produkte eine hohe Austauschbarkeit aufweisen“ (zitiert vom „Handelsblatt“). Das ist – wenn überhaupt – nur die halbe Wahrheit; sonst hätte das ja auch schon vor der Preiserhöhung durch Unilever zu Konsequenzen führen müssen, sofern der Handelskonzern sein Sortiment im Griff hat.

Fakt ist aber auch: Kaufland hatte seit dem Herbst Zeit, um zu testen, was passiert, wenn bekannte Produkte plötzlich nicht mehr im Regal stehen. Kaufen Kunden, die sich daran gewöhnt haben, Alternativen? Oder wechseln sie den Laden?

In vielen Fällen scheint die Sehnsucht nach Pfanni und Co. nicht so groß gewesen zu sein, dass es Kaufland es nicht wagen wollte, den Konflikt mit Unilever auf die Spitze zu treiben. Wie stark Kundengewohnheiten aber tatsächlich ausgeprägt sind und wie groß die Verbundenheit zu einzelnen Marken wirklich ist, wird sich erst mittelfristig zeigen. (Zumal Wettbewerber die Situation ausnutzen könnten, indem sie Unilever-Produkte zum Aktionspreis anbieten, um Kaufland-Stammkunden zu sich zu locken.)

Das Risiko für Unilever liegt auf der Hand: Sollten die Auswirkungen der Auslistung für Kaufland überschaubar bleiben, verschlechtert sich die künftige Verhandlungsposition nicht nur für den niederländisch-britischen Konzern – sondern vermutlich auch für andere Hersteller, die ähnliche Konsequenzen fürchten müssten.

Die Chance

Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel hat sich zuletzt immer stärker konzentriert, nicht nur auf Händlerseite. Es mag zwar immer mehr Märkte geben, in denen Kunden Lebensmittel einkaufen können; in vielen stehen aber doch immer bloß dieselben Markenprodukte im Regal.

Dass Aldi seit 2015 mit der Einlistung neuer Marken zusätzlich Druck macht, hat nicht geholfen; und mit dem Ende von Kaiser’s Tengelmann sind auch die Absatzalternativen für kleinere Hersteller weiter geschrumpft. Große Handelsketten und große Handelskonzerne machen zunehmend unter sich aus, was Kunden im Laden einkaufen können.

Diese Ordnung wird durch den Streit von Kaufland mit Unilever empfindlich gestört – und genau darin liegt die Chance.

Der Konflikt zwingt Kaufland zum Handeln: Der Platz im Regal muss mit Alternativen gefüllt werden. Das geht zum einen mit Eigenmarken. Dass Kaufland zuletzt stark an der eigenen Markenarchitektur gearbeitet hat (siehe Supermarktblog), sieht allerdings nur auf den ersten Blick wie ein Vorteil aus. Denn die von der Unilever-Auslistung betroffenen Sortimente standen zuletzt nicht unbedingt im Fokus der Kompetenzausweitung:

  • Die im Mai eingeführte Drogerie-Eigenmarke Bevola eignet sich allenfalls bedingt als Ersatz für alle, die bislang Dove gewöhnt waren und nicht zur Discount-Marke wollen;
  • und die Einführung seiner neuen Mittelmarke „K Favourites“ konzentriert sich derzeit auf andere Kategorien.

Um Kunden dennoch ausreichend Auswahl anzubieten, braucht Kaufland deshalb die Unterstützung anderer Markenhersteller. Das ist eine schöne Ironie – gerade einmal zweieinhalb Jahre, nachdem Vorstandschef Patrick Kaudewitz eigentlich eine radikale Bereinigung des Sortiments durchdrücken wollte und dafür zahlreiche Mittelmarken aussortierte.

„Bis zu 25 Prozent der Artikel“ sollten noch 2016 aus den Regalen verschwinden, um den logistischen Aufwand in den Filialen zu begrenzen und Geld zu sparen, schrieb die „Lebensmittel Zeitung“ damals. Den Kunden allerdings schmeckte die Sortimentsstraffung gar nicht. Auch hier im Blog machten viele ihrem Ärger Luft, manche Marken nicht mehr kaufen zu können.

Ein Jahr später knickte Kaufland ein (LZ, Paywall) und holte zumindest einen Teil der verschwundenen Artikel wieder zurück. Offensichtlich hatte sich der Kundenunmut im Umsatz bemerkbar gemacht.

Keine Frage: Das könnte auch dieses Mal passieren. Umso erstaunlicher ist, dass Kaufland die erneute Sortiments-Rochade (diesmal zu Lasten eines einzelnen Herstellers) in den Läden nicht besser erklärt. Noch dazu, weil sich die vermeintliche Einschränkung den Kunden leicht als Vorteil anpreisen ließe. Dafür bräuchte es eine gezielte Kaufumleitung am Regal – und den Mut, konkrete Alternativen zu empfehlen, z.B. mit dem Hinweis:

„Suchen Sie Produkt X? Probieren Sie stattdessen Produkt Y von Hersteller Z aus der Region!“

Oder:

„Suchen Sie Produkt X? Probieren Sie stattdessen Produkt Y zum selben Preis in Bio-Qualität!“

Auf diese Weise würden Kunden bewusst darauf aufmerksam gemacht, bei Kaufland Produkte von Herstellern zu bekommen, für die in anderen Supermärkten kein Platz ist – ohne Qualitätseinbußen in Kauf zu nehmen; Kaufland wiederum würde sich ein Stück weit der Vergleichbarkeit mit den Wettbewerbern und der permanenten Schlacht um den niedrigsten Aktionspreis entziehen können – ohne sein Preis-Image zu gefährden.

Die Realität

Bislang hab ich in den Filialen nichts dergleichen gesehen; vielerorts wird die Auslastung am Regal gar nicht (mehr) kommentiert. Dass sich etwas verändert hat, stellen Kunden erst fest, wenn sie bislang bei Kaufland erworbene Marken nicht mehr finden; oder weil plötzlich zahlreiche „Neu“-Schilder auf Cliff Duschgel und Denim Deo hinweisen. (Ist das in Ihrer Kaufland-Filiale anders? Dann schreiben Sie’s unten in die Kommentare!)

Dass man die Chance, sich als Einkaufsalternative im deutschen Lebensmitteleinzelhandel zu etablieren, verstreichen lässt, könnte entweder Mut- oder Planlosigkeit geschuldet sein.

Oder der Tatsache, dass man in Neckarsulm überhaupt nicht die Absicht hat, sich stärker als bisher vom Wettbewerb abzugrenzen. Und der Unilever-Rauswurf einzig und allein als Mittel gesehen wird, den Verhandlungspartner in die Knie zu zwingen – um letztlich doch die gewünschten Konditionen zu erhalten, die Produkte zurück in die Regale zu holen und den vorübergehenden Ersatz wieder verschwinden zu lassen.

Das ist der am wenigsten vielversprechende Ausgang des Experiments, weil er die Gleichförmigkeit des deutschen Lebensmitteleinzelhandels nicht nur wiederherstellen, sondern vermutlich sogar verstärken dürfte. (Indem große Markenhersteller dadurch endgültig die Nichtaustauschbarkeit ihrer Marken bestätigt sähen.) Aber gleichzeitig auch der realistischste.

Bereits in der Vergangenheit hat Kaufland bewiesen, dass es dem Unternehmen nicht darum geht, sich bei Kunden ein eigenständiges Profil als moderne Alternative zu den klassischen Vollsortimentern zu erarbeiten – sondern einzig und alleine darum, eine Art Lidl XXL zu sein, der sich ein bisschen was von den Strategien der Supermärkte abguckt. Noch besteht die Möglichkeit, das zu ändern.

Das Unilever-Aus bei Kaufland könnte eine große Chance für den deutschen Lebensmittelhandel sein, wieder stärker auf Vielfalt zu setzen; oder bloß ein Intermezzo, auf das die Einzementierng des bisherigen Status Quo folgt.

Fotos: Supermarktblog

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Rabatt auf Unilever-Marken: Netto (ohne Hund) ärgert Kaufland

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Gerade hat Kaufland die Geschäftsbeziehung zum Konsumgüterhersteller Unilever beendet, weil man sich nicht auf neue Preise einigen konnte. Marken wie Axe, Ben & Jerry’s, Bertolli, Coral, Domestos, Dove, Duschdas, Knorr, Lipton, Mondamin, Pfanni, Rexona, Signal, Unox und Viss werden deshalb nicht mehr nachbestellt und sind in vielen Kaufland-Filialen nicht mehr zu kaufen (mehr zum Hintergrund steht hier im Blog).

Das macht sich nun die Konkurrenz zu Nutze. Edeka-Discounter Netto (ohne Hund) wirbt diese Woche mit „20% auf das gesamte Sortiment der ausgewählten Marken Axe, Dove, Impulse, Viss, Comfort intense, Domestos“ – allesamt Marken von Unilever, die (mehrheitlich) bei Kaufland aus dem Regal verschwunden sind.

Im Handzettel fällt der Hinweis nur Kunden auf, die bis zum Drogerie-Sortiment vorblättern; im Newsletter ist die Aktion aber prominent platziert.

In den Läden widerum weisen eigene Aufsteller in den Gängen auf die Rabatte hin.

Und natürlich am Regal:

Das Discount-Geschäft von Netto (ohne Hund) ist traditionell aktionsgetrieben, insofern ist das Angebot nicht weiter verwunderlich; auch 20%-Rabatte auf ausgewählte Sortimente gehören zur Regel. Aber natürlich ist der Zeitpunkt auffällig. (Zu Jahresbeginn waren bereits Artikel von Axe und Duschdas stark vergünstigt.)

Vereinzelt lassen sich bei Netto (ohne Hund) derzeit auch andere Unilever-Markenprodukte günstiger einkaufen (Knorr Bouillon); zum ganz großen Rundumschlag wollte der Discounter aber nicht ausholen, um Kaufland-Stammkunden zu sich zu locken. Kartoffelknödel von Pfanni stehen z.B. weiter zu unveränderten Preisen im Regal.

Der Edeka-Ableger mochte sich zuletzt ohnehin am ehesten mit Pflege- bzw. Reinigungsartikeln profilieren, um sich gegen die klassischen Drogeriemärkte zu stemmen; vor einigen Monaten wurde die neue Naturkosmetik-Eigenmarke „Blüte-Zeit“ eingeführt.

Mehr als ein Nadelstich gegen den Wettbewerber dürfte die Aktion nicht sein. Netto (ohne Hund) selbstversteht sich zwar als Discounter mit der größten Auswahl an regulären Marken. In seinen Filialen kann Kaufland aber ein deutlich umfassenderes Sortiment bieten. Dass Netto (ohne Hund) Kunden, die daran gewöhnt sind, dauerhaft zu sich locken könnte, scheint unwahrscheinlich.

Korrektur: In der ursprünglichen Version dieses Texts wurden Unox, Bertolli und Lipton Eistee als Unilever-Marken genannt; Bertolli wurde allerdings 2014 verkauft, Unox wird nur noch in den Niederlanden und Belgien verwendet (unilever.nl, Wikipedia); Lipton Eistee gehört inzwischen zu PepsiCo, Unilever vertreibt klassische Tees unter derselben Marke.

Fotos: Supermarktblog

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Amazon holt Whole Foods Market als Produktmarke nach Deutschland

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Mit dem großen Aufschlag im hiesigen Lebensmitteleinzelhandel hält’s Amazon bislang wie die Deutsche Bahn mit ihren Zügen: Bei beiden verzögert sich die Ankunft auf unbestimmte Zeit.

Amazon Fresh liefert bislang gerade einmal in drei deutschen Metropolen; auch beim Schnelllieferdienst Prime ging es zuletzt nicht voran. Das könnte auch daran liegen, dass der Konzern in den USA alle Hände voll damit zu tun, die 2017 übernommene Biomarktkette Whole Foods zum Prime-Supermarkt um- und in das eigene Lieferuniversum einzubauen (siehe Supermarktblog). Laut „Wall Street Journal“ (Paywall) sollen demnächst weitere US-Filialen eröffnen.

Darüber, dass Amazon auch in Europa Supermarktketten übernehmen will, wird seitdem immer wieder spekuliert. Hierzulande beschränkt sich die stationäre Präsenz des Online-Händlers bislang auf Pop-up-Stores zu Marketingzwecken.

Dabei hat Amazon bereits vor einem Jahr europaweiten Markenschutz für diverse Whole-Foods-Marken (in Wort und Bild) beantragt: „Whole Foods“, „Whole Foods Market“, „WFM“ und „365“ (siehe Supermarktblog).

Außerhalb Großbritanniens machte der Konzern von seiner Marke in Europa seitdem jedoch noch keinen Gebrauch. Das ändert sich jetzt.

Cashews, Quinoa, Reis

Erste Anzeichen dafür gab es Ende des vergangenen Jahres rund um das Sonderangebotsspekakel „Prime Day“, als  auf der deutschen Website auch „Festtags-Angebote von Amazon-Marken“ beworben wurden. Darunter abgebildet waren die Logos von Amazon-Handelsmarken wie Wickedly Prime, Mama Bear, Presto! und Happy Belly, die inzwischen auch deutsche Kunden kaufen können. In der Mitte stand ein weiteres Logo: von Whole Foods Market.


Screenshot: amazon.de

Damals waren in der Kategorie „Lebensmittel“ aber keine entsprechenden Produkte zu finden. Und kurze Zeit darauf wurde die Illustration durch eine neue ersetzt, in der das grüne Logo wieder fehlte.

Offensichtlich war man im November ein bisschen früh dran. Inzwischen lassen sich auf amazon.de aber erste Bio-Lebensmittel unter dem Label „Whole Foods Market“ kaufen bzw. vorbestellen: Kürbiskerne, Cashews, Quinoa, Basmatireis, Kokosraspeln, Popcorn-Mais, Sonnenblumenkerne, Bulgur, Walnusskerne, Mandeln, Kokoskrapseln, Couscous, Paranusskerne, getrockenete Früchte usw.


Screenshot: amazon.de

(Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Texts sind die Produkte ausschließlich auf amazon.de, nicht aber über Fresh oder Prime Now verfügbar.)

Die Produktbezeichnungen sind in Englisch auf die cremefarbenen Verpackungen gedruckt; in kleiner Schrift darunter stehen sie aber auch in deutsch, französisch, italienisch und spanisch.

Das lässt Rückschlüsse darauf zu, in welchen europäischen Ländern Amazon Whole Foods ebenfalls als Produktmarke etablieren will (bzw. in welchen nicht: niederländische Produktbezeichnungen fehlen).

Hergestellt für: Amazon

Auf der Rückseite tragen die Artikel das EU-Bio-Siegel mit dem Herkunftszusatz „Nicht-EU-Landwirtschaft“; abgepackt wird die Ware in Großbritannien – und zwar für den darunter stehenden Absender „Amazon EU SARL“ mit Sitz in Luxemburg. Damit tritt Amazon erstmals selbst als Absender auf Whole-Foods-Produkten in Erscheinung.

Zusätzlich sind die Artikel mit dem „Organic Standard“-Siegel der Soil Association gekennzeichnet, einem der geläufigsten Bio-Siegel in Großbritannien, dasWhole Foods auch in den Läden verwendet.

Bei Verbrauchern hierzulande dürfte es weitgehend unbekannt sein. (Ob Großbritannien als Produktions-Basis für Europa nach dem Brexit langfristig eine gute Idee ist, wird sich sowieso erst weisen müssen.)

In erster Linie zielt die Strategie vermutlich ohnehin auf britische Kunden; zumindest in London ist Whole Foods bereits seit Jahren etabliert und betreibt sieben eigene Supermärkte (in höchst unterschiedlichen Größen), u.a. in Kensington, am Piccadilly Circus, in Fulham (Foto unten).

Möglich war das u.a. durch die Akquise der Londoner Biomarktkette Fresh & Wild im Jahr 2004, deren Läden Whole Foods im Anschluss auf den eigenen Namen umstellte. Als Eigenmarke blieb den Kunden der beliebte Vorgänger aber erhalten: Anders als in den USA, wo Whole Foods seine Eigenmarke „365 Everyday Value“ pflegt, wurden ähnliche Artikel in Großbritannien stets als „Fresh & Wild Organic Everyday Value“ verkauft. Sonderlich expansionskompatibel war das eher nicht.

Unter dem neuen Eigentümer scheint Fresh & Wild deshalb sukzessive aus den Regalen zu verschwinden; Nüsse, Hülsenfrüchte und Trockenobst schmücken inzwischen ein neues Whole-Foods-Label.

Januar 2018:

Januar 2019:

Die Umstellung ist noch in vollem Gange. Auf amazon.co.uk herrscht derzeit ein munteres Durcheinander aus Bio-Lebensmitteln vom bisherigen Eigenmarken-Absender Fresh & Wild, Fresh & Wild mit neuem Whole-Foods-Label und Whole-Foods-Produkten in europäisierter Verpackungsoptik.

In den britischen Läden ergibt sich darüber hinaus ein uneinheitliches Bild. Derzeit stehen nur wenige Eigenmarken-Produkte in den Regalen; in vielen Kategorien macht Whole Foods seinen Kunden in London momentan gar kein Handelsmarken-Angebot; in manchen Sortimenten werden weiterhin Fresh-&-Wild-Artikel abverkauft.

Gleichzeitig weitet Whole Foods das Angebot seiner Handelsmarke über das Trockensortiment auch auf frische Lebensmittel – z.B. gekühlte Pasta – aus (und kooperiert dafür mit lokalen Herstellern). Interessant wird sein, ob diese Produkte mittelfristig ebenfalls in anderen europäischen Ländern angeboten werden sollen.

In Deutschland verließ sich Amazon beim Handel mit Bio-Lebensmitteln bislang ausschließlich auf Partner – mit unterschiedlichem Erfolg. Im vergangenen Jahr hatte sich die Biomarktkette Basic als Partner für Amazon Fresh und Prime Now zurückgezogen; lediglich Tegut liefert weiterhin Produkte seiner Eigenmarke Tegut Bio und Artikel von Alnatura über die unterschiedlichen Amazon-Kanäle.

Bestell-Bio nur kiloweise

Im Interview mit der „Lebensmittel Zeitung“ hat Tegut-Geschäftsführer Tomas Gutberlet gerade erklärt, „unsere Eigenmarken [müssen] so stark sein, dass Amazon nicht darauf verzichten will“, wenn sich der Händler seine Ware künftig direkt bei der Industrie beschaffe.

Als ernsthafte Konkurrenz eignet sich Whole Foods als Marke aber erst, wenn es Amazon gelänge, ein sehr viel breiteres Sortiment auf die Beine zu stellen – und in Mengen zu liefern, für die Kunden zuhause nicht den Vorratsschrank anbauen müssen. Damit sich der Versand rentiert, liegt die Mindestabnahme des Whole-Foods-Trockensortiments  auf amazon.de derzeit bei 500 Gramm bis zwei Kilo pro Produkt.

(Ja, genau: Sie müssten derzeit für mindestens 38 Euro Bio-Cashewkerne bestellen.)

Welche Strategie sich Amazon für den erwarteten Einstieg in den europäischen Lebensmitteleinzelhandel zurechtlegt, ist weiterhin ein Rätsel. Sicher scheint bloß, dass der Konzern nicht (mehr) warten mag, bis einer oder mehrere stationäre Händler übernommen wurde(n); sondern auch europäische Prime-Kunden schon mal daran gewöhnen will, wer künftig der Bio-Lebensmittelabsender ihres Vertrauens ist.

Fotos: Supermarktblog

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Blaubeerkuchen trifft Franzbrötchen: Wieso Balzac sich in Espresso House verwandelt

City-Supermärkte (4): Penny in München und Berlin – mein neuer Nachbar, der Design-Discounter

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Mal ehrlich, von den ehrgeizigen Plänen der Tochter von Erwin Lindemann, die mit dem Papst eine Herrenboutique in Wuppertal eröffnen wollte, haben Sie auch nichts mehr gehört, oder? Macht nix. Der Lebensmittelladen in der Münchner Innenstadt, für dessen Gestaltung Darth Vader und Marusha im Auftrag von Penny eine gemeinsame Design-Agentur gegründet haben, ist ohnehin sehr viel spektakulärer zu betrachten.

An der dunklen Decke schwingen sich bunte Neon-Farbstrahlen in den Laden hinein.

Die Sortimentshinweise schimmern farbig auf tiefschwarzen Wänden.

Und die Regale leuchten raumschiffhaft den Weg bis zur schlanken Tresenkasse voraus.

Kurz gesagt: In der Nähe des Königsplatzes hat Penny eine Filiale eröffnet, die (nicht nur) im deutschen Lebensmitteldiscount ziemlich einzigartig sein dürfte. Und die konsequent auf die Bedürfnisse der schnell einkaufenden Stadtbevölkerung ausgerichtet ist.

Das bedeutet vor allem: viel Auswahl auf engstem Raum und ein üppiges Angebot an Sofortessen – nicht nur in der langen Kühlregalreihe, die Kunden direkt hinter dem Eingang mit Artikeln aus dem Penny-Ready-Sortiment empfängt.

Davor hat der Rewe-Ableger eine Salatbar und einen Tresen mit heißen Suppen für Selbstabfüller gebaut – die sehr überschaubare Preise versprechen (1,11 Euro pro 100 g Salate, 69 Cent pro 100 ml Suppe, Croutons kosten 19 Cent extra – wir sind ja immer noch im Discounter).

Unübersehbar ist auch die aus drei SB-Automaten bestehende Kaffee-to-go-Phalanx am Eigang, für die Penny maximal unbescheiden als „World’s Best Coffee“ wirbt.

Wer frische Backwaren kaufen möchte, muss dafür zwar ans andere Ladenende wechseln, wird dort aber nicht nur mit einem XXL-Brötchenknast überrascht, der auch „Lust auf was Heißes“ verspricht (Fleischkässemmel für 1 €, natürlich); sondern auch einen in Betonoptik verkleideten Thekenkumpel namens „Hot to Go“ gegenüber gestellt bekommen hat. Warmen Leberkäse aus der Vitrine gibt’s montags bis freitags zwischen 9 und 15 Uhr dazu.

Gerade hat die Nummer 4 im deutschen Discount einen Großteil ihrer Filialen aufgemöbelt, um gegen die Design-Ambitionen bei Aldi und Lidl zu bestehen (siehe Supermarktblog). Projektleiter Arne Boll erklärte im Rewe-Group-Magazin „One“ gerade, man wolle in den Filialen aber auch

„den sich verändernden Einkaufsgewohnheiten unserer Kunden Rechnung [tragen]. Beispielsweise geht der Trend stärker zu frischen, gekühlten Produkten, wobei Convenience eine wachsende Rolle einnimmt. Es war unser Ziel, diesen Produkten mehr Fläche einzuräumen, die Erweiterung der Kühlung war also ein Kern des Projekts.“

Dabei sollte jeder Penny-Kunde den Discounter seiner Wahl „aber weiterhin als solchen erkennen können“. In schöner Regelmäßigkeit erlauben sich die Kölner inzwischen jedoch, diese selbst auferlegte Vorgabe zu brechen – indem an geeigneten Orten Design-Discounter eröffnen, die deutlich von der üblichen Gestaltung abweichen und andere Sortimentsschwerpunkte setzen.

Damit pflegt Penny sein Nachbarschafts-Image aus der Werbung, weil sich eine Filiale auch in Optik und Auswahl der entsprechenden Nachbarschaft anpasst.

Graffitti für den Kiez

Die Gestaltung seines zweiten Markts im Berliner Bezirk Friedrichshain hat der Discounter kürzlich Künstlern aus der Umgebung überlassen, die den Discounter zur Street-Art-Bühne mit knallbunten Wänden umfunktioniert haben, typische Straßenbeleuchtung und orangefarbene Mülleimer inklusive – im Laden.

Die verordnete Unangepasstheit reicht bis zur Umbenennung der Sortimente in „Grünzeug“ (Obst und Gemüse), „Milchstraße“ (Molkereiprodukte), „Gefrierpunkt“ (für Tiefkühlware) und „Stößchen“ (für Sekt). Allerdings entbehrt es nicht einer gewissen Doofheit, unters „Alles frisch“-Graffitti ausgerechnet das Regal mit den Kartoffelpulverprodukten aus der Tüte zu stellen. Und die riesige Tanzfläche zwischen Aktionsgerümpel und Süßwarenabteilung am hinteren Ladenende lässt  erahnen, dass sich der sonst eher auf kleinerem Raum operierende Discounter mit dem vielen Platz bei maximaler Standardregalierung nicht so arg viel anzufangen wusste.

Anders gesagt: Im „Penny Box 80“ (der wegen des neuen Wohnquartiers an der Boxhagener Straße, in das er sich einfügt, so heißt) wirkt die Coolness ein bisschen arg angestrengt.

Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Penny damit im Verglich zu dem direkt daneben gelegenen, hoffnungslos verschnittenen Lidl in einer völlig anderen Einkaufsliga spielt. (Die Rewe Group hat praktischerweise selbst einen kleinen Ladenrundgang ins Netz gestellt.)

Früher Bio, heute billig

Größtmögliche Flexibilität musste Penny für die Neueröffnung in der Berliner Friedrichstraße beweisen, wo der Discounter seit einigen Wochen – wie angekündigt – die Fläche des früheren Temma-Biomarkts belegt, den Rewe vor einem Jahr dichtmachte (bzw. in Köln in die Eigenständigkeit entließ).

Einen Teil der Sortimentsstruktur hat Penny beibehalten: Obst und Gemüse ganz vorne, Wein am rechten Ladenende, Milchprodukte in Kühlung hinten links.

Die schick verzierten Bodenfliesen grenzen jetzt nur nicht mehr wie früher an eine Frischetheke für Käse und Fleisch, sondern säumen schwarze Kühl-U-Bahnen für die SB-Bedienung.

Und obwohl in der Ladenmitte fast deckenhohe Regalreihen eingezogen wurden, hat Penny auch einen Teil des Ladenmobiliars beibehalten: Aktionsprodukte, Pasta und Wein sind – wie früher bei Temma die Bio-Spezialitäten – auf einfach aneinander gestellten Metallregalen gestapelt.

Die Wände werden von weißen und schwarzen Kacheln geziert. Alles in allem sieht der Laden nicht nur sehr viel moderner aus als der direkt daneben gelegene Rewe City. Sondern kann sich mit dem durchaus auch in der Lunch-Auswahl messen.

Im Mittelteil der Ladenfront sind der Temma-Bistrotresen und die vom Rewe-Gastro-Flop Oh Angie! genutzte Küchenzeile einem Ensemble aus Vorbereitungsküche und Snack-Theke gewichen. Die Idee, den riesigen Brötchenknast bereits außerhalb es Ladens zugänglich zu machen, ist clever und spart drinnen viel Platz – den Penny konsequent genutzt hat, um auch hier eine Salatbar einzubauen.

Man sieht dem Laden an, dass die Designer nicht einfach nur unterschiedliche „Module“ aneinandergestellt haben, um Individualität vorzutäuschen – sondern sich Gedanken machen mussten, wie man die Fläche so gestalten kann, dass sich ein stimmiges Gesamtbild ergibt. (Für einen Lebensmittel-Discounter.)

Bis zur Kassenzone hat die Ambition leider nicht gereicht: Anstatt wie in München schlanke Bezahltresen aufzustellen, stehen am Marktende drei klassische Förderbandkassen, die unnötig viel Platz wegnehmen – den man, um den Wagemut auf die Spitze zu treiben, auch mit Stehtischen für Sofortverzehrer hätte belegen können; oder, sagen wir: „World’s Second Best Coffee“.

(Die ehemalige Oh-Angie!-Restaurantfläche vor dem Laden ist inzwischen übrigens ebenfalls weitervermietet: an einen Zusammenschluss lokaler Asia-Spezialisten.)

Dass sich keiner der oben beschrieben Läden als Discount-Standard eignet, geht völlig in Ordnung – weil Penny damit meilenweit an seiner Kernzielgruppe vorbeidesignen würde.

Discounter mit Street-Credibility

Aber den Versuch, sich mittels derart aus der Reihe fallender Ladendesigns in manchen Nachbarschaften eine Art Street-Credibility als Design-Discounter zu erarbeiten, ist durchaus gelungen. (Besser jedenfalls als die rätselhafte Kampagne mit Nena für die Naturgut-Produkte.) Und ein schönes Zeichen dafür, dass Lebensmitteleinzelhandel keineswegs bedeuten muss, immer nur in Standards zu denken, die auf alle Verkaufsflächen anwendbar sein müssen.

Zumal Penny als Trendsetter schon vor Jahren für sich entdeckt hat, dass Discount-Eigenmarken nicht zwangsläufig billig aussehen müssen, sondern ganz im Gegenteil: manchmal schicker als so mancher Markenartikel.

Dass sich dabe eine gewisse Lücke zwischen Design-Realität und Produktqualität aufgetan hat, gehört aber auch zur Wahrheit. Die schönste Verpackung hilft wenig, wenn die Kartoffelchips, die drin stecken, bloß fettige Paprikapulvertransporteure sind. Und der Brötchenknast mit Fliesendeko mag der schönste im ganzen Viertel sein – am Ende muss aber natürlich vor allem die Warmhaltequiche schmecken, die sich der Kunde rausgeangelt hat.

Vielleicht wird das ja die nächste Penny-Mission, wenn sich bei der Kundschaft der Ruf als Street-Discounter erstmal gefestigt hat: die Arbeit am Geschmacksdesign.

Fotos: Supermarktblog


Supermärkte müssen flexibel sein, um kleinere Flächen in der Stadt zu belegen. Das Supermarktblog stellt eine Auswahl interessanter Läden vor.

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Wie Amazon mit Whole Foods der Einstieg in den deutschen Lebensmittelhandel gelingen kann

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Seit dem Jahreswechsel verkauft Amazon in Deutschland erstmals Lebensmittel unter seiner Bio-Marke Whole Foods Market (siehe Supermarktblog). Auch wenn die Auswahl zunächst eingeschränkt ist, dürfte das der Start eines sehr viel größeren Engagements des Konzerns im deutschen (bzw. europäischen) Lebensmitteleinzelhandel sein, den zahlreiche Experten erwarten.

Die Frage scheint nicht mehr zu sein, ob sich Amazon einen oder mehrere europäische Lebensmittelhändler kauft, sondern bloß: welche?

In den Medien wird immer wieder Real als Übernahmekandidat genannt, weil der bisherige Eigentümer Metro bekannt gegeben hat, die SB-Warenhauskette verkaufen zu wollen. Doch die Kette würde Amazon wenig nützen. Die Läden sind zu groß, die Lagen am Stadtrand wenig attraktiv, der Sanierungsstau ist massiv.

Die Konkurrenten Aldi, Edeka, Lidl/Kaufland und Rewe wiederum werden einen Teufel tun, selbigem den Weg auf ihren Markt zu ebnen.

Drei auf einen Streich?

Im Dezember hat sich die „Lebensmittel Zeitung“ aus der Deckung gewagt und ihre Prognose abgegeben. Amazon werde sich „mit der Übernahme von gleich drei Händlern beschäftigen müssen, um Whole Foods flächendeckend in deutschen Städten einzuführen“. Nach der Auffassung von Autor Björn Weber handelt es sich dabei um die regionalen Anbieter Tegut (in der Mitte Deutschlands), die Bünting-Kette Combi (im Norden) und Drogeriemarkt Müller (vor allem im Süden und Westen). Bünting und Tegut würden ohnehin schon mit Amazon kooperieren, bei Müller gebe es „Unklarheiten in der Nachfolge“.

Das stimmt alles. Dennoch scheint mir die von der LZ ins Spiel gebrachte Variante wenig realistisch – aus einem einfachen Grund: Selbst wenn alle drei Übernahmen gelängen, wäre der Aufwand einer anschließenden Restrukturierung enorm. Amazon müsste sich über Jahre damit beschäftigen, unterschiedliche Unternehmenskulturen und Filialnetze zusammenzuführen. An einer ganz ähnlichen Mission ist hierzulande bereits Walmart gescheitert (mehr dazu im E-Book für regelmäßige Blog-Unterstützer).

Bei Müller käme eine fast vollständig Sortimentsumrüstung vom Drogerie-Kaufhaus zum Lebensmittelhändler dazu.

Vor allem würde die Lösung Amazon nur wenige Filialen (von Müller) in den Metropolen Berlin und Hamburg bescheren, wo das Potenzial für einen Erfolg von Whole Foods Market aber riesig sein dürfte.

denn’s wäre der ideale Partner

Sehr viel plausibler wäre, dass Amazon nicht von seiner bisherigen Strategie abweicht – und auch in Deutschland eine etablierte Biomarktkette erwirbt, um sie zu Whole Foods Market umzubauen.

Bereits Ende 2017 spekulierte der „Focus“, dass es sich dabei um das Münchner Handelsunternehmen Basic handeln könnte, das ohnehin auf der Suche nach neuen Investoren sei. Basic ist zwar in zahlreichen großen deutschen Städten vertreten, mit deutschlandweit 25 Filialen aber eher klein; zudem ging die mit Amazon geschlossene Partnerschaft im vergangenen Jahr schon wieder in die Brüche (siehe Supermarktblog).

Wettbewerber Alnatura wäre nicht nur wegen seines riesigen Eigenmarken-Portfolios interessant (das zum Teil bereits auf amazon.de zu kaufen ist), sondern kommt auf immerhin 132 eigene Märkte in zwölf Bundesländern, viele davon ebenfalls in größeren Städten. Ein wesentlicher Teil der Umsätze (das „Handelsblatt“ berichtete Ende 2018 von rund 40 Prozent) basieren jedoch auf einer engen Partnerschaft mit dem klassischen Lebensmitteleinzelhandel, die von einem neuen Eigentümer Amazon empfindlich gestört würde.

Bleibt noch ein großes deutsches Bio-Handelsunternehmen: denn’s Biomarkt.

Amazon benötigt funktionierende Strukturen, auf die sich Whole Foods Market idealerweise einfach aufsetzen ließe. Genau die bietet die Einzelhandelssparte der Dennree-Gruppe. Das liegt vor allem daran, dass denn’s Biomarkt bereits hochexpansiv unterwegs ist und sich in den vergangenen Jahren zahlreiche City-Lagen gesichert hat, die klassischen Supermärkten und Discountern lange zu klein waren. Seit 2012 hat die Gruppe ihre Filialzahl auf rund 250 verdreifacht – durch Neueröffnungen ebenso wie Übernahmen regionaler Biomärkte. (Genau so wie Whole Foods Market in den USA und Großbritannien gewachsen ist, übrigens.)

Die Expansionskriterien von denn’s lesen sich, als könnte Amazon sie für seine Ausbreitung in europäischen Innenstadtlagen direkt übernehmen: Lagen an Hauptverkehrsachsen, sehr gute Erreichbarkeit und Sichtbarkeit, Flächen von 300 bis 800 m².

Vor allem der Blick auf die existierenden Standorte veranschaulicht jedoch das Potenzial einer Übernahme: In Berlin würde Amazon von heute auf morgen über 24 38 Filialen verfügen, viele davon mitten in der Stadt, oftmals in Neubauten mit guter Verkehrsanbindung. In Hamburg und München verfügt denn’s Biomarkt jeweils über sechs Filialen; auch in Köln (4 Märkte) und Frankfurt am Main (5) ist die Handelskette vertreten. Stuttgart ist mit einem einzelnen Markt ein kleiner Schwachpunkt. Düsseldorf (3), Dortmund (1), Essen (3) und Leipzig (2) bügeln das aber wieder aus.

Kurz gesagt: Nach einer Übernahme von denn’s Biomarkt wäre Amazon auf einen Schlag in den zehn größten deutschen Städten vertreten, im Norden, Osten, Süden und Westen des Landes.

Weil denn’s auch Bio-Kunden in Bremen (4), Dresden (3), Hannover (7), Nürnberg (4) und Duisburg (1) versorgt, und darüber hinaus in Bochum (2), Wuppertal (1), Bielefeld (1), Bonn (2), Münster (2), Karlsruhe (2), im Raum Mannheim/Heidelberg (3), Augsburg (2), Wiesbaden (2) präsent ist, könnte es Amazon gelingen, sich in den 25 größten deutschen Städten bzw. Metropolregionen gegen den etablierten Lebensmitteleinzelhandel in Position zu bringen.

Und der Markteinstieg in Österreich wäre in einem Rutsch miterledigt: Ganze 16 denn’s-Filialen in Wien machen die österreichische Hauptstadt zu einem idealen zweiten Drehkreuz für die Lebensmittel-Expansion im mitteleuropäischen Raum; Linz (3), Graz (2), Innsbruck, Klagenfurt und Salzburg (jeweils 1 Markt) kommen noch dazu.

So würde Amazon seinem Ruf als Angstgegner des klassischen Lebensmitteleinzelhandels quasi über Nacht gerecht.

Nicht nur, weil man zusätzliche Kunden in die eigenen Läden lockte, indem man Prime-Mitglieder dort ihre Pakete am Amazon Locker abholen ließe; sondern auch, indem in den Filialen Kommissionierecken für die Direktzustellung frischer Lebensmittel per Prime Now eingerichtet werden könnten (so wie es Whole Foods in den USA vormacht; siehe Supermarktblog).

Das wäre nicht nur für Edeka, Aldi & Co. ein schwerer Schlag, sondern würde auch den Bio-Fachhandel in eine tiefe Krise stürzen. Über sein Großhandelsgeschäft versorgt die denn’s-Mutter Dennree schließlich mehr als 1.400 Biomärkte in Deutschland, Österreich, Luxemburg und Südtirol mit Ware. Ein Großteil davon würde es als fundamentalen Verstoß gegen die eigenen Werte verstehen, plötzlich ausgerechnet mit Amazon Geschäfte machen zu sollen – vorausgesetzt, das Handelsgeschäft würde bei einer Übernahme nicht aus der Dennree-Gruppe herausgelöst.

Um sich größtmögliche Unabhängigkeit zu sichern, dürfte der Großhandel aber auch für Amazon von Interesse sein, zumal sich eine weitere Filial-Expansion darüber zum Teil von selbst bezahlen würde. Bei Whole Foods Market stellt Amazon dafür entsprechende Investitionen bereit, wie Jim Sud, Executive Vice-President für Growth & Business Development bei Whole Foods Market, kürzlich auf einer Veranstaltung unterstrichen hat:

„(…) when Amazon acquired us, they sort of said: ‚You’re on. Start growing again‘.“

Bio mit „Preistipp“-Versprechen

Es gibt noch mehr Punkte, die denn’s Biomarkt zu einer interessanten Basis für ein deutsches Whole Foods machen:

Das vor zwei Jahren eingeführte Kundenbindungsprogramm „Mein denn’s“ (siehe Supermarktblog) könnte vollständig digitalisiert und mit Amazon Prime verschmolzen werden.

Die Eigenmarken bräuchten bloß einen neuen Namen (so wie in Großbritannien, wo das Label Fresh & Wild gerade endgültig verschwindet). Die Orientierung in Richtung Bio-Preiseinstieg, die Amazon Whole Foods derzeit verordnet, ist bei denn’s in Grundzügen bereits angelegt. Zum Jahresstart hat die Biokette gerade einen kompletten Handzettel herausgegeben, in dem fast ausschließlich Eigenmarken aus dem „Preistipp-Sortiment“ beworben wurden (PDF):

„Das Sortiment umfasst über 200 Produkte in hoher Bio-Qualität mit einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis.“

Vermutlich würde Amazon das Sortiment zudem mit einer Auswahl konventionell erzeugter Produkte ergänzen, um Kunden beim Einkauf die Wahl zu lassen.

All das bedeutet natürlich längst nicht, dass Dennree-Gründer und Bio-Pionier Thomas Greim, der selten in der Öffentlichkeit auftaucht, das von ihm aufgebaute Unternehmen auch tatsächlich an Amazon verkaufen würde. Aber es gibt Gründe, die dafür sprächen:

  • Amazon als Eigentümer wäre für denn’s Biomarkt (unter neuem Namen) eine Entwicklungsgarantie für die kommenden Jahre. Bislang kriegt das Unternehmen die Expansion zwar erfolgreich alleine gestemmt. Aber spätestens mit der aktuellen Kampfansage von Lidl, das eigene Bio-Sortiment vollständig in Bioland-Qualität anbieten zu wollen, und den wachsenden Bio-Ambitionen der übrigen Wettbewerber verschwimmen die Grenzen zum klassischen Lebensmitteleinzelhandel (siehe Supermarktblog). In Zukunft könnte es deshalb sehr viel schwieriger werden, aus eigener Kraft zu wachsen.
  • Dazu kommt, dass denn’s Biomarkt im Online-Handel mit Lebensmitteln bislang nicht mal ein Füßchen in der Tür hat. Sollten sich Kunden in den kommenden Jahren daran gewöhnen, einen Teil ihrer Einkäufe direkt nachhause liefern zu lassen, müsste sich denn’s arg anstrengen, den Anschluss zu finden. Dass das aus eigener Kraft gelänge, wird unwahrscheinlicher, wenn sich die Konkurrenz in Position gebracht hat.
  • Amazon ist auf das Lebensmittel-Know-How des bisherigen Managements angewiesen, das sich auf die Weiterentwicklung des Formats konzentrieren könnte; Whole-Foods-Expansions-Chef Sud erklärt:

„So now we have the freedom to operate the business in a manner that it needs to be operated without the pressure of quarterly earnings, and that has been really great for the management team to be able to focus on the business and do the right things.”

Gewichtige Gründe

Ob das aus Sicht der Eigentümer an Argumenten reicht, um die eigene Unabhängigkeit aufzugeben, lässt sich schwer sagen. Aber wenn ich im Auftrag von Amazon dafür sorgen müsste, einen sauberen Einstieg in den europäischen Lebensmitteleinzelhandel zu organisieren, würde ich mich ziemlich ins Zeug legen, diesen Argumenten das nötige Gewicht zu verleihen. Eine schlüsselfertigere Lösung für den Markteinstieg von Whole Foods in Deutschland werden die Amerikaner hierzulande jedenfalls kaum präsentiert bekommen.

(Wie praktisch, dass es von der Münchner Amazon-Zentrale ins oberfränkische Töpen zum Unternehmenssitz von Dennree bloß zweieinhalb Autostunden Fahrt sind.)

Was natürlich nicht bedeutet, dass Amazon sich nicht alles ganz anders überlegt – und weiter so in den Markt hineinstolpert, wie das in den vergangenen Jahren der Fall war.

Korrektur: Die Zahl der denn’s-Märkte in Berlin war im Text zunächst mit 24 angegeben (die in der Marktsuche auf denns-biomarkt.de angeführt werden). Es sind aber 38. Die zunächst Bremen zugeordneten Läden liegen in Oldenburg. Entschuldigung.

Fotos: Supermarktblog

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Bäcker, Möbelhäuser, Supermärkte: Die dritte Expansionswelle in der Lieferessen-Logistik rollt

Schafft Lidl mit E-Food-Outsourcing den Neustart im Lebensmittel-Liefermarkt?

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Lidl unternimmt noch einmal einen neuen Anlauf zur Lieferung von Lebensmitteln – vorerst aber nur im europäischen Ausland.

Anstatt eigene Strukturen aufzubauen, hat der Discounter sein Lebensmittel-Liefergeschäft in Dublin (Irland) vollständig an den Partner Buymie ausgelagert. Der nimmt Bestellungen aus dem Lidl-Sortiment ausschließlich über seine App entgegen und schickt dann selbstständige Shopper in der Nähe los, damit die den Einkauf bei Lidl erledigen und im gewünschten Zeitfenster abliefern, berichtet die „Irish Times“.

Das Prinzip ist bekannt vom US-Anbieter Instacart, der vor sieben Jahren gestartet ist, heute u.a. für Kroger, Costco und Aldi (USA) Lebensmittel ausliefert und bereits zahlreiche Nachahmer gefunden hat (oft allerdings mit begrenztem Erfolg).

Lidl ist auch in den USA mit von der Partie, hat sich allerdings für den Konkurrenten Shipt als Partner entschieden, bei dem Kunden einen monatlichen (14 Dollar) bzw. jährlichen (99 Dollar) Beitrag zahlen müssen, um sich beliefern zu lassen. (Dafür werden über einem Warenwert von 35 Dollar keine Liefergebühren mehr berechnet.) Shipt wurde vor zwei Jahren von Target übernommen, wo man das Start-up über seine Metropol-Filialen als Schnelllieferdienst anschiebt (siehe Supermarktblog).

4 bis 7 Euro für die Blitzlieferung

Wer seine Lidl-Einkäufe in Dublin nachhause gebracht bekommen möchte, muss dafür ebenfalls etwas tiefer in die Tasche greifen und mindestens für 20 Euro Waren bestellen. Die Lieferung kostet zwischen 3,99 Euro und 6,99 Euro, je nachdem, für welches Zeitfester man sich entscheidet (eine bis drei Stunden nach der Bestellung).

Buymie erhält eine zusätzliche Provision, die sich nach der Höhe der Bestellsumme richtet; das bedeutet, dass der Einkauf zwischen 10 und 15 Prozent teurer ist als wenn der Kunde selbst in den Laden geht. (Lidl stichelt allerdings, dass das immer noch günstiger sei als der Einkauf beim Wettbewerber Tesco – mit dem Buymie ebenfalls kooperiert.)


Screenshots [M]: Buymie/Smb

Das Modell hat diverse Tücken, zuallererst natürlich, dass sich Lidl-Kunden, die vermutlich eine ausgeprägtere Preissensibilität besitzen als die Kunden klassischer Supermärkte, an höhere Produktkosten gewöhnen müssen. Dazu kommt, dass Lidl für die Bestellung seiner Produkte keinen Zugang über die eigenen Webkanäle anbieten kann. Und man im Erfolgsfall abhängig von einem App-Partner ist, der eigene Ziele verfolgt und im Zweifel Prioritäten zu Gunsten von Händlern setzt, die eine intensivere Zusammenarbeit im Auge haben.

(Zu den Buymie-Geldgebern gehört ironischerweise der Konsumgüterkonzern Unilever, mit dem sich die Lidl-Schwester Kaufland mächtig verkracht hat.)

Neuer Standard für US-Händler

Andererseits scheint sich das E-Food-Outsourcing derzeit – zumindest in den USA – als eine der Standardlösungen für die schnelle Lieferung von Lebensmitteln durchzusetzen. Vor allem, weil es Händlern das Risiko und die hohen Investitionen abnimmt, die ein selbst kontrolliertes Liefermodell mit sich bringen.

Bei Lidl Irland heißt es, eine Ausweitung des Tests mit Buymie sei derzeit nicht geplant. Aber das dürfte sich schnell ändern, falls sich tatsächlich Kunden finden, die sich auf diesem Weg das Anstehen im Laden sparen wollen.

E-Food-Outsourcing könnte Lidl auch hierzulande helfen, wieder in den Markt für Liefer-Lebensmittel einzusteigen. Ende 2017 hatte der Discounter den Verkauf von Lebensmittel im eigenen Webshop aus Rentabilitätsgründen beendet (siehe Supermarktblog). Zuvor war bereits das geplante Express-Konzept zur Online-Vorbestellung und Abholung von Einkäufen gestoppt worden (siehe Supermarktblog).

Auf den ersten Blick drängt sich hierzulande allerdings kein Partner für eine solche Kooperation auf. Der von Rocket Internet forcierte Instacart-Klon Shopwings ist schon seit 2015 Geschichte. Selbst Amazon hat bislang darauf verzichtet, seinen Vorsprung mit Prime Now auszubauen.

Wie flexibel ist Getnow?

Womöglich könnte eine Allianz mit Getnow interessant sein, das ehrgeizige Ziele für 2019 formuliert hat (mehr dazu bei Exciting Commerce und Gründerszene) – allerdings mit der Einschränkung, nicht in allen neuen Regionen direkt am selben Tag liefern zu können.

Momentan kauft Getnow die auf seiner Seite angebotene Produkte ausschließlich beim Partner Metro ein; gelänge es, das Angebot so umzubauen, dass Kunden – je nach Region – aus mehreren Händlern auswählen können, ließe sich das Modell aber zügig ausbauen. Und wäre auch für Lidl und Kaufland von Interesse.

Derweil kommt Globus bei seiner angekündigten Partnerschaft mit Food.de laut „Lebensmittel Zeitung“ bislang eher schleppend voran (Paywall).

Die Konkurrenz steht schon bereit: In den Niederlanden bringen Deliveroo und Thuisbezorgd.nl Lebensmittel zum Sofortverzehr von Albert Heijn to go nachhause oder ins Büro (siehe dazu Supermarktblog und holyEATS); in Großbritannien können sich App-Nutzer in ausgewählten Städten ihren kompletten Lebensmitteleinkauf von The Co-Op per Deliveroo heimradeln lassen. (Mehr dazu demnächst.)

Danke an @starflyergold für den Hinweis!

Fotos: Supermarktblog

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