Lidl ist der erste Lebensmittelladen, der sich anstrengt, gleichzeitig Supermarkt zu werden und Discounter zu bleiben. In den Läden gibt es deshalb seit einiger Zeit mehr frische Lebensmittel, die Präsentation einiger Sortimente ist moderner geworden, nur an den Niedrigpreisen soll sich nichts ändern. Vom ursprünglichen Harddisocunt-Prinzip hat sich Lidl damit aber sichtbar entfernt. Das sieht man nicht nur im Laden, sondern auch: davor.
Supermarktblog-Leserin Julia twitterte kürzlich:
Seit wann & wozu gibt’s denn bei #Lidl 2 unterschiedliche Einkaufswagengrößen? Weiß da vielleicht @imsupermarkt was? pic.twitter.com/4iQHws0GWt
— Julia (@Architexturburo) 12. Januar 2015
Seit wann, verrät Lidl nicht, erklärt aber immerhin warum:
“Unter Berücksichtigung des demographischen Wandels mit zunehmend mehr Singlehaushalten und unterschiedlicher Kundengruppen, aber auch in Innenstadtlagen mit geringerer Filialfläche, setzen wir bundesweit bereits in rund 1000 Filialen kleinere Einkaufswagen ein, die leichter zu handhaben und rückengerecht sind.”
Noch vor wenigen Jahren hätte einem jeder Discounter einen Vogel gezeigt, wäre man mit der Frage gekommen, ob “rückengerechtere” Einkaufswagen für die Kundschaft nicht eine dufte Idee wären. Weil lange Zeit die goldene Regel galt, dass Discount nur funktioniert, wenn er sich mit solchem Schnickschnack nicht aufhält. Einkaufsagen hatten gefälligst groß zu sein, damit möglichst viel hineinpasste. An Kunden, die nur ein paar Besorgungen erledigten, war das Interesse eher überschaubar.
Inzwischen positioniert sich Lidl aber als “Vollversorger”: Kunden sollen sich dort nicht (mehr) nur mit Basisartikeln eindecken und für den Rest dann noch mal zum Supermarkt mit der größeren Auswahl gehen. Sie sollen ihren kompletten Einkauf bei Lidl erledigen. Noch dazu ist die Kette mit ihren Läden stärker in die Städte hineingerückt, und da kaufen die Leute anders ein: weniger, aber öfter. Kleinere Einkaufswagen sind dafür ideal und sorgen für weniger Stau in den Gängen.
(In zahlreichen Filialen biete man auch Einkaufswagen für Rollstuhlfahrer an, heißt es in Neckarsulm.)
Selbst wenn die Wagen zum Teil kleiner sind: In vielen älteren Läden reicht der Platz nicht mehr, um die neue Strategie umzusetzen. Deshalb baut Lidl – ähnlich wie Aldi Süd – diese Flächen massiv aus. Auf dem Bild unten ist ganz gut zu sehen, was eine solche Erweiterung bedeuten kann: einen Markt, der umgebaut (z.B.) rund ein Drittel größer ist als bisher. (An der Farbe der Dachziegel lässt sich der Anbau vom bisherigen Laden unterscheiden.)
Man schaue sich regelmäßig an, ob bestehende Läden noch “zukunftsfähig” seien, erklärt Lidl, “immer mit dem Ziel, unser Sortiment vor allem auch im Frischebereich optimal darstellen zu können”. Auf die Frage, wie groß Läden sind, die neu eröffnet werden, erklärt das Unternehmen:
“Bei der Erschließung neuer Standorte ist es uns wichtig, unsere Sortimentskompetenz und unsere Leistungsfähigkeit ohne Einschränkungen anbieten zu können, um so den Wünschen unserer Kunden gerecht werden zu können. Idealerweise beträgt die Filialgröße rund 1.300 m², der Standard liegt derzeit bei 1.268 m². Für Innenstadtlagen definieren wir die Größe ab 700 m² und in Ortsrandlagen ab 800 m².”
Das ist längst nicht mehr bloß eine Kampfansage an den direkten Konkurrenten Aldi. Sondern auch eine Aufforderung an Edeka und Rewe, sich gefälligst warm anzuziehen.
Fotos: Supermarktblog