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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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Adieu, 1-Cent-Münzen! Warum uns dm heimlich “Rundungsrabatt” gibt

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dm-Logo

Um ihre Rabattaktionen bekannt zu machen, legen sich Händler normalerweise mit schrillen Radiospots und knallbunten Werbeprospekten ins Zeug. Nur über ihren kleinen “Rundungsrabatt” verliert die Drogeriemarktkette kaum ein Wort. Manchmal ist er wie ein schneller Schnupfen: einfach da. Auf dem Einkaufszettel steht dann (je nach Betrag) z.B.:

“Rundungsrabatt -0,02 Euro”

Wollen Sie wissen wieso?

Ganz einfach: Vieles im Leben kostet Geld. Sogar Geld kostet Geld. Damit Sie an der Kasse mit den Scheinen bezahlen können, die der Geldautomat vorher ausgespuckt hat, muss ein Händler Wechselgeld bereithalten. Je nach Laden sogar viel Wechselgeld. Das wird seit zwei Jahren nicht mehr von der Bundesbank ausgegeben, sondern von privaten Unternehmen in Kooperation mit den Geschäftsbanken. Und die verlangen für ihren Wechselgeldservice Gebühren.

Eine Studie der Steinbeis-Hochschule in Berlin ist kürzlich zu dem Ergebnis gekommen, dass die volkswirtschaftlichen Kosten des Bargeldverkehrs sogar bei mehr als 8 Milliarden Euro liegen, zusammengerechnet aus Transport, Bereitstellung und entgangenen Zinsen. Kartenzahlungen würden hingegen “nur” 800 Millionen Euro Kosten verursachen. (Die Bundesbank reagierte daraufhin irritiert: Die Zahlen seien für sie nicht nachvollziehbar. Dabei ist’s ja ganz einfach: Die Studie ist im Auftrag des Karten-Dienstleisters Mastercard entstanden. Mastercard legt übrigens Wert darauf, keinen Einfluss auf die Ergebnisse genommen zu haben. Hm.)

Jedenfalls: Mehr Münzen kosten auch mehr Geld.

Also hat sich dm einfach entschieden, weniger Münzen in der Kasse zu haben – und zwar die zu 1 und 2 Cent. Sämtliche Produktpreise im Laden enden deshalb auf 0 oder 5. Erich Harsch, Vorsitzender der dm-Geschäftsführung, erklärt auf Supermarktblog-Anfrage:

“Im Zuge des Verzichts auf lockende Aktionspreise und der erfolgreichen Einführung der niedrigen Dauerpreise haben wir für unsere Kunden Mitte der 90er Jahre konsequent auf 5er-Endungen bei unseren Preisen umgestellt. Dies soll den Kunden und unseren Mitarbeiterinnen an der Kasse eine komfortablere Kleingeldhandhabung ermöglichen. Darüber hinaus ist uns wichtig, unseren Kunden kein scheinbares (und rein lockendes) Unterschreiten von Preisschwellen zu suggerieren.”

Preise bei dm enden auf 0 oder 5

Innerhalb der EU ist schon öfter überlegt worden, die 1- und 2-Cent-Münzen komplett abzuschaffen. Bisher haben sich aber nur die Niederlande und Finnland getraut, das zu versuchen: In niederländischen Läden wird an der Kasse auf volle 5er-Beträge auf- oder abgerundet, im Mittel gleicht sich das für Handel und Kunden aus.

In Deutschland ist dm mit dem Runden noch allein. (Kennen Sie weitere Händler? Dann schreiben Sie die doch bitte in die Kommentare!) Allerdings mit der Konsequenz, dass Konkurrenten sich wegen der zunehmenden Marktmacht von dm im Drogeriehandel gezwungen fühlen, nachzuziehen. Aldi Nord hat gerade die Preise einiger Drogerieprodukte angepasst: von 9er auf 5er-Endungen.

Aldi passt sich im Drogerieregal dm an

Wenn dm-Kunden an der Kasse mit 1- und 2-Cent-Münzen bezahlen wollen, werden die trotzdem angenommen. Es gibt nur nicht per se einen Wechselgeldvorrat an 1- und 2-Cent-Münzen, weil an der Kasse ja durch die Preisendungen theoretisch nur runde Summen entstehen können. Praktisch passieren aber doch immer mal unrunde Beträge. Harsch sagt:

“Wir runden auch ab auf 0er- oder 5er-Endung der Gesamtsumme, sollte sich aus rechnerischen Gründen, wie beispielsweise bei Foto-Aufträgen, doch eine andere Summen-Endung ergeben.”

Der Rundungsrabatt existiert also, um ungerade Preisendungen auszugleichen und die Kassiererin nicht in Wechselgeldnot zu bringen. Die paar Cent, die dm dabei verloren gehen, dürften sich locker dadurch einsparen lassen, dass weniger Münzen bestellt werden müssen. Und die Rabattbereitschaft hat ihre Grenzen: Sobald ein Kunde an der Kasse einen ungeraden Betrag produziert, aber nicht bar, sondern per Karte bezahlt – wird ihm auch der ungerade Betrag vom Konto abgezogen.

Fotos: Supermarktblog


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