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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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Statistik-Schnäppchen (3): Mango mortale?

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Fragen Sie sich manchmal auch: Wie kommt das Obst vom anderen Ende der Welt eigentlich so günstig zu uns in den Laden? Oxfam hat sich erkundigt: bei den Arbeitern, die in Peru Mangos verpacken, um sie an deutsche Supermärkte zu liefern.

Mangos aus dem Supermarkt

2011 wurden 57160 Tonnen Mangos nach Deutschland importiert, 42 Prozent davon aus Brasilien, 28 Prozent aus Peru, 5 Prozent aus Europa.

Eine Mango kostet bei Netto (ohne Hund) in dieser Woche: 1,19 Euro.

Die staatlich festgelegte Armutsgrenze für die Mango-Anbauregion im peruanischen Piura liegt bei monatlich 417 Euro pro Familie. Für die Landwirtschaft gilt diese Grenze nicht, hat die peruanische Regierung beschlossen – um die Exportlandwirtschaft zu fördern. Die von Oxfam befragten Arbeiter erhalten von den Exporteuren, die sie beschäftigen, monatlich etwa 238 Euro.

Die Erntezeit für Mangos ist auf ca. fünf Monate begrenzt. Die Mehrheit der Arbeiter aus der Oxfam-Studie haben Verträge, die auf drei Monate befristet sind.

In der Hochsaison sind Arbeitstage mit 10 bis 12 Stunden die Regel. In manchen Verträgen ist “die freiwillige Ableistung von höchstens 24 Überstunden pro Woche” geregelt.

Ein Arbeiter muss pro Tag ca. 90 Kisten mit Mangos packen. Eine volle Kiste wiegt 25 Kilo.

* * *

Oxfram schreibt, deutsche Discounter träfen mit ihren Lieferanten keine Saisonabsprachen, in denen Maximum- und Minimumpreise sowie ungefähre Liefermengen pro Woche vereinbart sind, sondern schrieben ihr benötigtes Volumen wöchentlich neu aus. Damit ließen sich Mengen und Preise ständig neu verhandeln. Das Risiko tragen allerdings die anderen, wenn sie auf ihren Früchten sitzenbleiben.

Auf Supermarktblog-Anfrage nennt Netto (ohne Hund) als Grund: eine” bessere Planbarkeit hinsichtlich der verfügbaren Mengen”. Man unterstütze aber “alle Bestrebungen, die bestehenden Standards für den Anbau von Obst und Gemüse weiterzuentwickeln, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung und Kontrolle angemessener Arbeitsbedingungen”. Die Einhaltung sozialer Mindeststandards von Lieferanten werde “verbindlich” eingefordert.

Aldi Nord erläutert auf Anfrage, man könne die Darstellung von Oxfam “nicht nachvollziehen”: Einkaufspreise würden “nicht wöchentlich neu verhandelt”. “Im Gegenteil: Unsere Lieferanten haben durch uns die volle Zusicherung, das ganze Jahr hindurch Mangos an uns zu liefern, sofern unsere Qualitätsvorgaben eingehalten werden.” Die Lieferanten würden die Bedarfsmengen einschätzen können.

Lidl verweist auf seine Stellungnahme gegenüber Oxfam und bestätigt darin, wöchentliche Preise auszuhandeln. Einen Grund nennt Lidl nicht.

* * *

Die Studie “Mangos mit Makel” mit einer ausführlichen Darstellung der Arbeitsverhältnisse in Peru und den Handelspraktiken deutscher Discounter und Supermärkte ist hier als pdf herunterladbar.

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Quellen: Statistisches Bundesamt, Oxfam, eigene Anfragen


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