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Channel: Peer Schader, Autor bei Supermarktblog
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Wie wir einkaufen: Der Siegeszug des „One-Stop-Shoppings“

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Ganz seriös: die Fakten

Die Marktforscher der GfK haben ausgerechnet, wie oft die Deutschen im vergangenen Jahr Lebensmittel einkaufen gegangen (bzw. gefahren) sind: seltener als bisher. Dafür geben sie bei jedem Einkauf etwas mehr Geld aus. Und sind dem Lebensmittelmarkt ihrer Wahl besonders treu.

  • Im Schnitt stand jeder von uns im Jahr 2017 genau 216 Mal im Laden, um Güter des täglichen Bedarfs („Fast Moving Consumer Goods“) zu kaufen, rund viermal in der Woche. In den vergangenen drei Jahren ist die Anzahl der Einkäufe laut GfK um 6 Prozent zurückgegangen (Lebensmitteleinzelhandel und Fachhandel zusammengerechnet).
  • Wenn sie schon mal Einkaufswagen vor sich herschieben, legen die Kunden auch mehr rein: im Schnitt neuneinhalb Artikel, etwa 3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Auf dem Kassenbon steht außerdem eine höhere Summe (plus 9 Prozent).
  • Zu den Gründen für die sinkende Einkaufszahl gehört den Vermutungen der GfK zufolge: fehlende Zeit. Zeitgestresste Konsumenten müssten besser planen, um Einkäufe „eleganter in ihren Arbeitsalltag zu integrieren“.
  • Das führt dazu, dass eine wachsende Zahl an Konsumenten den Großteil ihrer Einkäufe in immer demselben Laden tätigt, ihrem Stammsupermarkt bzw. -discounter. Möglich ist das auch deshalb, weil Handelsketten wie Aldi und Lidl ihre Sortimente stark erweitert haben: mit mehr Marken, frischen Brötchen, größer Auswahl an Obst und Gemüse. Das meiste, was wir brauchen, kriegen wir heute, ohne danach nochmal in einen anderen Laden zu müssen („One-Stop-Shopping“).
  • 55 Prozent ihres Gesamtumsatzes verdankt der Lebensmitteleinzelhandel laut GfK solchen treuen Kunden: „Offenbar ist es so, dass die rückläufigen Einkaufstrips die Händler-Loyalität der Verbraucher stärkt.“

Quelle: „GfK Consumer Index 1/2018“

Reine Spekulation: die Glaskugel

All das liest sich wie eine einzige Einladung an Amazon, dem etablierten Lebensmittelhandel die Kunden wegzunehmen: Leute, die ohnehin wenig Zeit haben und schon jetzt seltener zum Einkaufen in den Supermarkt fahren, müssen im Idealfall nur einmal davon überzeugt werden, dass es ganz bequem ist, sich den Wochenbedarf an die Haustür liefern zu lassen. Dann bleiben sie schon aus Gewohnheit treue Kunden und sparen zusätzlich Zeit, weil Sie keinen Großeinkauf im Supermarkt mehr planen müssen.

Das müsste freilich auch für andere Online-Supermärkte funktionieren. Deshalb wäre es – sagen wir: leichtsinnig, als Händler einen funktionierenden Lebensmittel-Lieferservice von heute auf morgen aufzugeben, weil man dadurch eine Loyalität zerstört, für die im Handel sonst viel Geld ausgegeben wird, um sie aufzubauen.

Gut, man kann’s versuchen und ehemaligen Kunden nachher Gutscheine zuschicken, die sie mit einer einmaligen Vergünstigung nochmal in den Laden locken, wie Kaufland das nach dem überraschenden Aus für seinen Lieferdienst getan hat („Wie Sie sicher bereist erfahren haben, ist unser Lieferservice in Berlin (…) eingestellt worden“).

Eine besonders nachhaltige Treueverlängerung ist das aber vermutlich nicht.

Mit zunehmender Wichtigkeit der Stammkunden, die alles in einem Laden einkaufen, steigt auch die Bedeutung von Kundenbindungsprogrammen, durch die Händler Konsumenten überzeugen wollen, bei ihnen zu bleiben anstatt zur angebotsbesoffen Konkurrenz zu wechseln. Wir können also sicher sein, demnächst an der Kasse mit noch mehr Bonusprogrammen, Treuepunkten, Belohnungsrabatten, Stickern und Plüschgetier überrascht zu werden.

Payback-Partner Rewe will sogar richtig auf Nummer sicher gehen: nicht, indem die Kölner Angebot und Service ihres Lieferdiensts verbessern. Sondern mit einem neuen Treueprogramm:

Screenshot: rewe.de/Smb

„Sie kaufen gerne beim Lieferservice ein? Dann lohnt sich das jetzt doppelt für Sie: Denn zusätzlich zur bequeme Lieferung nach Hause gibt’s jetzt auch noch Treueprämien!“

(Nach jeder vierten Bestellung für mehr als 85 Euro z.B. für einen Yoga-Ball, eine Massagereolle oder ein Allzweckmesser; wer Einkäufe sammelt, kriegt bessere Prämien.)

Manchmal muss man Kunden halt ein bisschen zu ihrer Treue zwingen.
Fotos: Supermarktblog

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